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Tschink, der Treue.

I.

Tschink war jetzt gerade alt genug, um sich für einen sehr bemerkenswerten kleinen Hund zu halten; das war er auch, aber nicht in dem Sinne, wie er es sich einbildete. Weder reißend und furchtbar noch stark und schnell, war er einer der lärmendsten, muntersten, törichtesten jungen Hunde, die je die Stiefel ihres Herrn zerkauten. Sein Herr, Bill Aubrey, war ein alter Bergjäger, der sein Zelt unterhalb der Garnetspitze im Yellowstonepark aufgeschlagen hatte. Es war das ein sehr stiller Winkel, weit ab von der gewöhnlichen Heerstraße der Reisenden, und Bills Zelt wäre vor unserer Ankunft daselbst sehr einsam gewesen ohne seinen Gesellschafter, diesen unermüdlichen kleinen Hund in seinem Wollkleide.

Nicht fünf Minuten verhielt sich Tschink ruhig; ja man kann sagen, alles, was ihm geheißen wurde, tat er, nur ruhig zu sein war ihm unmöglich. Immer hatte er etwas Närrisches und Unmögliches vor; fing er aber etwas Gewöhnliches an, so tat er das meist in einer Weise, die ihn seine Kraft ganz unnütz anwenden ließ. Einmal kostete ihn der immer wiederholte Versuch, eine große schlanke Tanne hinaufzulaufen, auf deren Ästen ein Eichhörnchen kichernd saß, einen ganzen Morgen.

Einige Wochen lang hatte er keinen größeren Ehrgeiz, als eines von den Präriehörnchen zu fangen, die um das Zelt herumschwärmten. Diese Tierchen bedienen sich einer Kriegslist, indem sie bei drohender Gefahr sich aufrecht auf die Hinterfüße setzen und die Vorderpfoten vorn zusammenlegen, so daß sie, wenn man nicht sehr genau hinblickt, ganz wie Pflöcke zum Anseilen von Pferden aussehen, weshalb man sie auch Pflockhörnchen ( Picket-pin Gophees) nennt. Oft genug ist es uns passiert, daß wir abends, wenn wir unsere Pferde anbinden wollten, auf ein solches Präriehörnchen zugingen, in der Meinung, es sei schon ein Pfahl eingetrieben, und unseres Irrtums erst gewahr wurden, wenn das Nagetier mit herausforderndem Pfeifen in den Boden tauchte.

Gleich am ersten Tage, als er in das Tal kam, hatte sich Tschink entschlossen, eines von diesen Präriehörnchen zu fangen. Natürlich verfuhr er dabei in seiner eigenen originellen Weise, das heißt, er fing die Sache am verkehrten Ende an. Wie sein Herr meinte, hatte dies übrigens seinen Grund in einem Tropfen irischen Blutes von seinen Vorfahren her. So begann Tschink, wenn er etwa noch zweihundert Meter von dem Ziel seiner Sehnsucht entfernt war, sich in ausgesucht schlauer Weise heranzupirschen. Wenn er dann etwa die Hälfte der Entfernung, von einem Grasbüschel zum andern auf der Brust kriechend, zurückgelegt hatte, wurde die Anspannung zu groß, und Tschink, der vor Aufregung nicht mehr kriechen konnte, sprang auf und ging gerade auf das Präriehörnchen los. Dieses, das genau wußte, was die Glocke geschlagen hatte, saß jetzt natürlich neben seinem, jeden Augenblick sichere Zuflucht bietenden Loche.

Hatte er ein paar Minuten in dieser unverhüllten Weise seinem Ziele zugestrebt, so überwältigte Tschinks Aufregung jede Vorsicht. Er fing an zu laufen, und am Ende, wo das behutsamste Schleichen gerade am meisten angebracht gewesen wäre, sprang er mit mächtigen Sätzen und mit lautem Gebell auf das Präriehörnchen zu, das starr wie eine Holzfäule dasaß, bis es im rechten Augenblick mit höhnischem Tschirpen untertauchte und mit seinen Hinterfüßen einen Haufen Sand gerade in Tschinks gierigen offenen Rachen hineinschleuderte.

Tag für Tag wiederholte sich diese Szene genau in derselben Weise, und doch gab Tschink das Spiel nicht auf. Offenbar war er der Meinung, Ausdauer müsse ihn unbedingt zum Ziele führen, und dies war auch wirklich der Fall. Denn eines Tages schlich er ausnahmsweise vorsichtig auf ein ausnahmsweise schönes Präriehörnchen zu, brachte alle seine verkehrten Manöver an und vollführte schließlich seinen letzten großartigen Ansturm mit Pauken und Trompeten und packte in der Tat sein Opfer; aber diesmal war es zufällig wirklich ein hölzerner Pflock. Wer daran zweifelt, daß es ein Hund recht wohl weiß, wenn er eine Dummheit gemacht hat, der hätte Tschink an jenem Tage sehen sollen, wie er mit einem Schafsgesicht aus dem Bereich der Augen seines Herrn hinter das Zelt schlich.

Aber Mißerfolg konnte Tschink nicht lange abschrecken. Neben dem Tropfen irischen Blutes fehlte es seinem Charakter auch nicht an dem nötigen Rückgrat, das ihn jeden Fehlschlag überwinden ließ, und nichts vermochte seine gute Anlage zu unterdrücken. An alles machte er sich mit der größten Energie und mit dem geringsten Maß von Zurückhaltung – immer lustig, immer munter, immer rührig.

Jedem Wagen, der vorbeifuhr, jedem Reiter und jedem weidenden Kalbe mußte er nachlaufen, und wenn die Katze vom nächsten Wachthause vorbeispazierte, so hielt es Tschink für seine heilige Pflicht gegenüber den Soldaten, der Katze und sich selbst, sie mit unheimlicher Schnelligkeit heimzujagen. Zwanzigmal am Tage stürzte er hinter einem alten Hute drein, den Bill absichtlich in ein Wespennest warf mit der Aufforderung: »Such! Such!«

Im Laufe der Zeit mußte Tschink zahllose bittere Erfahrungen sammeln. Er lernte nach und nach, daß es lange Peitschen und häufig bei den Wagen große, grimmige Hunde gebe, daß Pferde Zähne auf den Fersen haben, daß Kälber Verwandte besitzen mit Keulen auf den Köpfen, daß eine langsame Katze sich am Ende als ein Skunk erweisen kann, und daß Wespen keine Schmetterlinge sind. Ja, es dauerte eine geraume Zeit, aber schließlich lernte er das alles und noch einiges mehr. Es entwickelte sich in Tschink ein Korn – ein kleines, aber ein lebensvolles, wachsendes Korn – von gutem Hundeverstand.

II.

Es war, als seien seine Dummheiten nichts als die unbehauenen, unsymmetrischen Bausteine eines Bogens, und der Schlußstein wurde eingefügt und der ganze Bau, sein Charakter, gefestigt und vollendet durch seine Hauptdummheit, die er einem großen Präriewolf gegenüber beging.

Dieser Präriewolf hatte seinen Aufenthalt nicht weit von unserem Zelt. Offenbar war er wie alle Tiere dort der Meinung, es dürfe kein Mensch den wilden Geschöpfen im Park durch Schießen, Fallenlegen, Jagen oder sonstwie nachstellen, am allerwenigsten in diesem Teile des Parkes, dicht bei dem Militärposten, wo beständig Soldaten Wache ständen. Infolgedessen sich sicher fühlend, kam der Präriewolf jede Nacht zu unserem Lager und suchte nach Abfällen. Zuerst fand ich seine Spuren nur im Staub, als hätte er das Lager umkreist und nicht gewagt, ganz nahezukommen. Dann konnten wir ihn seinen schauerlichen Gesang sofort nach Sonnenuntergang oder um die Zeit des Sonnenaufgangs anstimmen hören. Schließlich war seine Fährte jeden Morgen deutlich um den Eimer voll Abfälle herum sichtbar, wenn ich hinausging, um aus den Spuren zu erkennen, welche Tiere während der Nacht dagewesen seien. Dann wurde er kühner und besuchte uns gelegentlich auch am Tage. Zuerst kam er nur verstohlenerweise, bald aber, seiner Unverletzlichkeit sicher, immer zuversichtlicher, bis er schließlich nicht nur jede Nacht da war, sondern auch fast den ganzen Tag herumzulungern schien; alles, was genießbar war, schnappte er, sich einschleichend, weg, oder er saß unweit auf einer Erdwelle, ungeniert und der nächsten Beute harrend, da.

Als er eines Morgens auf einer Erdbank etwa fünfzig Meter entfernt saß, sagte einer von uns, von Übermut getrieben, zu Tschink: »Tschink, siehst du den Präriewolf da drüben, der sich über dich lustig macht? Geh und treib ihn fort!«

Tschink tat immer, was man ihn hieß, und voll Begier stürzte er auf den Präriewolf zu, der ohne Anstrengung davongaloppierte. Bald aber wandte sich das Blatt, der Verfolgte drehte sich um und griff seinen Verfolger an.

Sofort mußte Tschink erkennen, daß er in die Übermacht eines Barbaren gelockt worden war, und strengte jeden Muskel an, um das Lager wieder zu erreichen. Jener aber war schneller, holte den Hund bald ein und kniff ihn mit offenbarem Vergnügen bald auf dieser, bald auf jener Seite.

Tschink schrie und heulte und lief, was das Zeug halten wollte, wurde aber seinen Quälgeist erst los, als er das Lager erreicht hatte. Und wir, fürchte ich, freuten uns mit dem Präriewolf, und Tschink fand nicht das Mitgefühl, das er dafür verdient hätte, daß er infolge seines Gehorsams leiden mußte.

Noch eine ähnliche Erscheinung dieser Art, wenn auch nicht ganz so schlimm wie die erste, machte Tschink gewitzigt und dämpfte seinen Eifer; er beschloß, in Zukunft mit diesem Präriewolf sich überhaupt nicht mehr einzulassen.

Anders der Präriewolf, der an dem Spaß großes Vergnügen gefunden hatte. Er kam nun jeden Tag und trieb sich um das Lager herum, denn er wußte ja, daß niemand wagen würde, nach ihm zu schießen. In der Tat waren alle unsere Gewehrschlösser durch die kontrollierenden Beamten des Parkes versiegelt worden, und allenthalben fanden sich Soldaten, die auf der Befolgung der Gesetze bestanden.

So wartete der Präriewolf beständig auf eine gute Gelegenheit, den armen Tschink zu plagen und zu zausen. Der Kleine merkte, daß er nicht hundert Meter allein vom Lager weggehen durfte, ohne daß der Präriewolf hinter ihm her war und ihn beißend und jagend ins Zelt seines Herrn zurücktrieb.

Dies wiederholte sich jeden neuen Tag, bis Tschinks Dasein nur noch eine unaufhörliche Reihe von Quälereien wurde. Jetzt wagte er sich keine fünfzig Meter mehr allein von dem Zelt zu entfernen, und selbst wenn er uns auf unseren Ausritten begleitete, stellte sich unfehlbar der unverschämte Präriewolf ein und trottete neben uns oder hinter uns her, um jede Gelegenheit wahrzunehmen, den armen Tschink zu quälen und ihm alles Vergnügen an dem Ausflug zu rauben; er hielt sich aber vorsichtig außerhalb des Bereichs unserer langen Peitschen oder noch etwas weiter entfernt, wenn wir anhielten, um Steine aufzuheben.

Eines Tages schlug Aubrey sein Zelt anderthalb Kilometer weiter oben im Tal auf, und wir sahen fortan nicht mehr viel von dem Präriewolf, einfach weil er mitgezogen war. Da der Wolf aber, von niemand in seine Schranken zurückgewiesen, wie alle Frechlinge immer unverschämter und zudringlicher wurde, so lebte der kleine Tschink schließlich unter einer Schreckensherrschaft, für die sein Herr nur ein Lächeln übrig hatte.

Angeblich hatte Aubrey sein Zelt verlegt, um bessere Weide für sein Pferd zu haben. Bald stellte es sich jedoch heraus, daß er allein sein wollte, um ungestört den Inhalt einer Branntweinflasche, die er sich irgendwo verschafft hatte, genießen zu können. Aber eine Flasche reizte nur seinen Appetit. Am zweiten Tage stieg er in den Sattel, sagte: »Tschink, du bewachst das Zelt« und ritt weg über die Berge zur nächsten Wirtschaft, während Tschink folgsam auf irgendeinem Sacke zusammengerollt zurückblieb.

III.

Nun war Tschink bei aller jugendlichen Unbesonnenheit und Torheit ein treuer Wächter, und sein Herr wußte, daß er das Zelt nach bestem Vermögen behüten würde.

Spät am Nachmittag kam ein vorbeireitender Bergjäger des Weges. Als er in Rufweite war, hielt er, wie es Sitte ist, an und rief: »Hallo, Bill, hallo!«

Da er keine Antwort erhielt, sprang er ab, ging zum Zelteingang und traf dort »einen merkwürdig aussehenden kleinen Hund mit gesträubten Haaren«, und Tschink – dieser war es natürlich – warnte ihn durch langes wildes Heulen vor dem Betreten des Zeltes.

Der Bergjäger verstand sofort die Sachlage und ritt weiter. Der Abend kam heran, aber kein Herr erschien, Tschink, der jetzt sehr hungrig wurde, zu erlösen.

Im Zelt lag allerdings, in ein Tuch gewickelt, Schinken, aber der war unverletzlich. Sein Herr hatte ihn geheißen Wache zu halten, und Tschink wäre lieber umgekommen, als daß er sich an dem, was er bewachen sollte, vergriffen hätte.

Er lief vor das Zelt, in der Hoffnung, eine Maus oder dergleichen zur Stillung des wütendsten Hungers zu finden, aber da stieß er wieder auf den unvermeidlichen Quälgeist von Präriewolf, und die alte Jagd begann aufs neue, indem Tschink zurücksprang auf das Zelt zu.

Doch da ergriff ihn ein neues Gefühl. Der Gedanke an seine Pflicht schien ihn auf einmal zu einem andern zu machen und ihm das Rückgrat zu stärken, so wie das Klagen ihrer Jungen eine furchtsame Katze in eine Tigerin verwandelt.

Freilich war er noch ein junger Hund und in vieler Beziehung nichts als ein kleiner Tapps, aber zugrunde lag bei ihm ein Element der Kraft, das mit der Zeit immer mächtiger wurde. In dem Augenblick, als ihm der Präriewolf in das Zelt – das Zelt seines Herrn – folgen wollte, vergaß Tschink alle seine Furcht und wandte sich wie ein kleiner Dämon auf seinen Feind.

Auch die Tiere empfinden die Gewalt des Rechts dem Unrecht gegenüber und haben ein Gefühl für sittlichen Mut gegenüber der Feigheit, hier war die sittliche Kraft ganz auf seiten des kleinen verschüchterten Hundes, und beide Tiere schienen sich dessen bewußt zu sein. Der Präriewolf kniff mit grimmigem Geheul zurück und verschwor sich in der Sprache der Präriewölfe, diesen Hund bei nächster Gelegenheit in Stücke zu reißen. Trotzdem hatte er nicht den Mut, in das Zelt einzudringen, wie er es anfangs offenbar hatte tun wollen.

Nun kam es zu einer Belagerung im wahrsten Sinne des Wortes; denn der Präriewolf kam nach kurzen Pausen immer wieder und ging um das Zelt herum, wobei er verächtlich mit den Hinterfüßen kratzte oder auf den offenen Eingang zuschritt, wo ihm sofort unentwegt der kleine Tschink entgegentrat, der, in Wahrheit halb tot vor Furcht, sofort seine Kraft wieder gestählt fühlte, sobald er sah, daß ein Versuch gemacht wurde, sich an den ihm anvertrauten Sachen zu vergreifen.

Diese ganze Zeit hindurch hatte Tschink nichts zu fressen. Einen Schluck Wasser konnte er hin und wieder in dem nahen Fluß zu sich nehmen, aber zu beißen und zu brocken gab es nichts. Wohl hätte er ein Loch in das den Schinken bedeckende Tuch reißen und von dem Schinken nehmen können, aber das wollte er nicht, weil es anvertrautes Gut war; er hätte auch eine Gelegenheit abpassen können, um seinen Posten zu verlassen, und zu unserm Lagerplatz schleichen, wo er sicher war, ein reichliches Mahl zu erhalten. Aber nein, das Unglück hatte den echten Hund in ihm geweckt; seines Herrn Vertrauen wollte er in keiner Weise täuschen. Mußte es sein, so wollte er auf seinem Posten sterben, während sein Herr maßloser Trunkenheit frönte.

Vier jammervolle Tage und Nächte hielt der kleine Held auf seinem Platze aus und wahrte Haus und Habe vor dem Präriewolf.

Am fünften Morgen erwachte Aubrey zu dem Bewußtsein, daß er nicht zu Hause war und daß er sein Zelt in den Bergen nur in der Hut eines kleinen Hundes zurückgelassen hatte. Er hatte jetzt übergenug von dem erst so verführerischen und dann so schauderhaft wirkenden Stoff genossen, schwang sich aufs Roß und ritt, ernüchtert, aber noch nicht völlig klar, über die Berge. Erst als er halbwegs seinen Ritt hinter sich hatte, dämmerte plötzlich in seinem verdüsterten Hirn der Gedanke auf, daß er Tschink ohne Futter gelassen hatte.

»Hoffe, das kleine Vieh hat nicht meinen ganzen Schinken gefressen,« dachte er und drückte sein Pferd etwas schärfer, bis er auf den Höhenzug kam, von dem aus man das Zelt sehen konnte. Richtig, dort war es, und dort am Eingang standen, heulend und nacheinander schnappend, der mächtige reißende Präriewolf und der arme kleine Tschink.

»Verdammt auch!« rief Aubrey. »Hab' ich doch ganz den vermaledeiten Präriewolf vergessen. Armer Tschink, du mußt 'ne schlimme Zeit durchgemacht haben. Man muß sich wundern, daß es nicht ganz aus ist mit ihm und das Zelt in Stücken.«

Da war der Brave und hielt mit seinen letzten Kräften stand. Vor Furcht und Hunger zitterten ihm die Beine unter dem Leibe, aber in seinen Augen glühte dieselbe Willenskraft, und er war offenbar so entschlossen wie nur je, das Zelt bis zum letzten Atemzuge zu verteidigen.

Zitternd vor Furcht und Schwäche, war er entschlossen, bis zuletzt auszuhalten.

Mit dem ersten Blick überschauten die kalten grauen Augen des Bergjägers die Sachlage, und als er dann herbeigaloppierte und sah, daß der Schinken unberührt geblieben sei, da ward ihm auch klar, daß Tschink, seitdem er fortgeritten war, nichts zu sich genommen hatte. Als der junge Hund, vor Furcht und Schwäche bebend, herankroch, ihm ins Gesicht blickte und die Hand leckte, als wollte er sagen: »Ich habe getan, was du mich zu tun geheißen hast,« da wurde es für den alten Aubrey zu viel. Die Tränen standen ihm in den Augen, als er eilig Futter für den kleinen Helden herbeiholte.

Dann wandte er sich ihm zu mit den Worten: »Tschink, alter Kerl, ich hab' schmutzig gegen dich gehandelt, und du bist immer so treu wie Gold gegen mich gewesen. Nie werd' ich wieder in die Wirtschaft gehn, ohne dich mitzunehmen, und ich werd' dich so treu halten, wie du mich, wenn ich nur weiß wie. Kann ich auch sonst nichts Großes für dich tun, so, denk' ich, kann ich dir doch einen schweren Stein aus deinem Wege räumen, und das soll auch sogleich geschehn.«

Darauf nahm er von dem Hauptbalken des Zeltes den Stolz seines Herzens, seine kostbare Repetierflinte, herab, zerbrach und zerriß – koste es, was es wolle – das von den Parkbeamten angelegte Siegel, den Adler von Siegellack, den roten Pergamentstreifen und was sonst dazu gehört, und wandte sich zur Tür.

Der Präriewolf saß wie gewöhnlich in geringer Entfernung mit einem teuflischen Grinsen in seinem Gesicht da; aber die Büchse knallte, und die Schreckensherrschaft war für Tschink vorüber für immerdar.

Was machte es, wenn die Soldaten kamen und feststellten, daß die Parkgesetze verletzt worden waren und Aubrey eines von den geschützten Tieren im Park erschossen hatte?

Was machte es für Aubrey aus, wenn man ihm seine Flinte wegnahm und vernichtete, und wenn er samt allem, was ihm gehörte, aus dem Park gewiesen wurde mit der Drohung, wenn er sich je noch einmal sehen ließe, würde man ihn ins Gefängnis werfen? was machte das alles aus?

»'s ist schon gut,« sagte er. »Hab' für mein Teil das Richtige getan; er hat auch immer treu gegen mich gehandelt.«


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