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Fünfundzwanzigstes Kapitel

Die drei Mexikaner waren langsamen Schrittes dem Städtchen oder vielmehr den fünfzehn Häuschen zugegangen, die von einer Klasse Menschen bewohnt waren, die nicht ganz unschicklich Raubvögeln verglichen werden dürften, die, von der Nähe eines fischreichen Flusses oder Sees angezogen, im leichtfertigen Spiele der Wogen eines ebenso leichtfertigen als bequemen Fraßes sich erfreuen. Es waren, ohne Ausnahme, ausländische Abenteurer, Wirte, Krämer und Handwerker, die sich hier eingenistet hatten, um im Verkehr mit Bootsleuten und Negersklaven eines gemächlichen, wenngleich nicht sehr ehrenvollen Erwerbes zu pflegen, und allenfalls bei den umliegenden Pflanzern als Handwerksleute oder Tagelöhner auszuhelfen. Fünf Schilder, die vor den Häusern aufgestellt waren, bezeichneten die Schenkstuben, in deren einer die drei Mexikaner einkehrten und ihre Plätze in einer dunkeln Ecke hinter einem Tische nahmen, der mit Bouteillen und Gläsern bepflanzt war und so verriet, daß sie diesen Posten schon zuvor inne hatten.

Nach den Mundarten zu schließen, die in der Wirtsstube zu hören waren, sollte man geglaubt haben, daß alle Nationen der Erde Bevollmächtigte hierher gesandt hätten, um in ihren Volkssprachen ihre Verstandeskräfte vermittelst der verschiedenen Getränke aufzuhellen. Nur vor dem Feuerplatze hielt eine abgesonderte Gruppe, die nichts mit den Söhnen des Unglücks und Jammers gemein hatte, die ein günstiges oder ungünstiges Schicksal hier zusammengetrieben. Ihre Füße auf dem Kaminbalken ruhend oder kreuzweis ineinander geflochten, so daß einer stets das Knie des Sitzenden berührte, bildeten die Herren des Landes ihre Lieblings-, die sogenannte Jampartie, von der nur zuweilen einer oder der andere sich absonderte, um eine Zigarre anzustecken oder sich eine Dosis Grog oder Toddy geben zu lassen, die er hinabschüttete und dann durch einen Biß in die Virginierpflanze würzte, an der er, gleich gewissen vierfüßigen Geschöpfen, wiederkäute. Die scharfen Blicke, die sie über die dreißig anwesenden Gäste hingleiten ließen, verrieten übrigens, daß, obwohl anscheinend gleichgültig, ihnen keine Bewegung dieser entging.

»Und er hat die sechs Milizen erschießen lassen?« sprach einer, der soeben vom Schenktische zurückgekehrt war.

»Es soll herzzerreißend gewesen sein; besonders ein gewisser Marks soll gar nicht daran gewollt haben. Die Offiziere mußten ihm Mut einsprechen.«

»Ja, Mut einsprechen«, erwiderte ein dritter; »soll sie – – verdammen.«

»Weil die armen Tröpfe glaubten, daß ihre Dienstzeit aus sei, und nach Hause kehrten, so mußten sie nun erschossen werden.«

»Vergeßt nicht, Bob!« fiel der zweite ein, »daß sie wohl wußten, was sie taten, daß ihnen ihre Milizendienstzeit und Pflicht einzeln verlesen ward, und daß sie für sechs Monate den Eid geleistet und den Ihrigen den Sold zugeschickt.«

»Ja, so ist's«, versicherte ein vierter. »Sie waren schon auf dem Heimwege, wurden aber zurückgebracht und vor ihren Särgen kniend erschossen; der arme Dick soll jämmerlich gebeten haben.«

»Das waren doch verketzerte Narren«, entgegnete der dritte. »Hatten sie keine Kugeln?«

»Die hätten weit fliegen müssen,« erwiderte ein fünfter; »der alte Tyrann sitzt unten, und die waren drüben in Mobile. Aber sie sind auf alle Fälle nach dem Gesetze gerichtet worden, und haben es sich selbst zuzuschreiben.«

»Ei, ich glaube,« meinte der dritte, »der macht's mit dem Gesetze auch, wie unsre Bären mit unsern Säuen; die lieben die kleinen mehr als die großen, weil sie zarter sind und weniger beißen.«

»Das nicht, der Richter ist doch ein ziemlich großer«, versetzte ihm ein sechster.

»Ja, der dreht ihm aber den Hals um«, versicherte der erste. »Hätte er nicht seine Tennesseer, die ihm wie Kletten anhängen, so würde er es wohl haben bleiben lassen; aber diesen hat er im Kriege gegen die Creeks das neue Jahr abgewonnen. Wohl, werden ihn doch noch Mores lehren, ehe wir hinabziehen.«

»Wollt', es wäre vorüber«, meinte ein siebenter. »Glaubt mir's, Männer, kommt nichts heraus mit dem Militärwesen, alles verwildert, und Gesindel kommt uns wie Heuschrecken übern Hals und ins Land.«

Der Blick des Sprechers fiel auf eine Gruppe, die zunächst saß, und deren gebräunte, dürre Gesichter Franzosen verrieten.

»Ich glaube,« hob der erste wieder an, »die Versammlung wird allmählich beisammen sein. Es ist Zeit, daß wir gehen.«

Die sieben Männer waren von ihren Sesseln aufgestanden und schickten sich an, die Wirtsstube zu verlassen, als einer der Franzosen mit verbundenem Kopfe an den Amerikaner herantrat und, ihm ein Glas entgegenhaltend, ein zweites ergriff.

» Plaît-il, Monsieur, gefällig?« fragte der muntre Franzose. » Vive la gloire et la liberté! Es lebe Ehre und Freiheit!«

Der Amerikaner maß noch den kastanienbraunen, ziemlich widrig aussehenden Gesellen, als es von der hintersten Ecke, wo die drei Männer saßen, » Badaud« herüberrief.

Das Männchen blickte erschrocken hin und zog sich einen Schritt zurück.

» Callate! Schweigt!« rief ein zweiter aus den dreien.

» Carraco! zum Geier!« ein dritter, und das Männchen setzte sich schnell auf seinen Sitz. » Mais cependant nous sommes dans un pays libre, aber wir sind doch in einem freien Lande«, brummte er.

» El Gojo! Der Hund!« rief der erste wieder.

Die Amerikaner wandten sich befremdend von den dreien und verließen dann die Wirtsstube.

Diese saßen scheinbar unbekümmert bei ihren Gläsern. – Nur zuweilen waren in ihrem Geflüster einige Worte vernehmlicher geworden.

» Et c'est lui, das ist er«, sprach der dritte, der Mexikaner.

» Oui«, erwiderten beide.

» Et comment vient-il donc? Wie kommt er hierher?« fragte er.

» Ah, comment vient-il – ce bougre, il est partout; il nous a trahi deux fois. Nun freilich! Dieser Schuft ist überall, zweimal hat er uns schon verraten.«

Der Verbundene hatte schweigend dagesessen.

Die spanischen und französischen Exklamationen hatten die Aufmerksamkeit von vier etwas weniger verdächtigen Individuen auf sich gezogen, die zunächst der Türe saßen und bei einer Bouteille Claret sich gleichfalls ihres Daseins freuten.

»Wissen Sie nicht, Herr Merks, wer diese Herren sind?« fragte ein etwas aufgedunsener Mann im bescheidenen grauen Rock, mit großen blauen Augen, in denen sich etwas vom Krämergeiste spiegelte, seinen Nachbar, auf dessen hohlen Wangen Irrfahrten und trübe, jammervolle Schicksale in Menge zu lesen waren und der allenfalls ein Hausierer sein mochte.

»Kann nicht dienen, Herr Gieb«, versetzte der höfliche Deutsche zu seinem nicht minder höflichen Landsmanne.

»Haben Sie aber bemerkt, meine Herren,« fing ein dritter an, dessen rote Gesichtsfarbe und volle Backen einen Bäcker bezeichneten, »wie der Amerikaner den Herrn angesehen hat, der ihm sein Glas anbot? Sind doch recht stolz, diese Amerikaner.«

»Ja! ja, die sind noch viel stolzer als die Engländer, Herr Prenzlau«, versetzte ein vierter.

»Die brüsten sich gar gewaltig mit ihrer Freiheit. Je nun, sie sind die Herren im Lande!«

»Ja, ja, Herr Stock,« meinte der jammervolle Herr Merks, »Hochmut kommt vorm Fall.«

»Herren im Lande! Saubre Herrschaft! Hat auch am längsten gedauert.« –

»Und so glauben Sie, Herr Merks,« fragte Herr Stock, dessen etwas eleganterer Anzug einen Kleiderkünstler vermuten ließ, »daß es unten nicht ganz richtig aussieht?« Er begleitete seine Frage mit einem pfiffig sein sollenden Blinzeln.

»Gedanken sind zollfrei, Herr Stock«, entgegnete Herr Merks.

»Ei was Gedanken!« fiel der Herr Prenzlau ein. »Wir sind ja in einem freien Lande, Herr Merks.«

»Ja, Herr Prenzlau! Hört der Herr,« versetzte Herr Merks, »es ist auch noch nicht aller Tage Abend geworden. Hätten Sie gesehen, was ich gesehen habe, wie sie alle arbeiten müssen an den Schanzen, alt und jung, schwarz und weiß, und die schönsten Damen kommen in Karossen mit Essen und Trinken.«

»Ja, ja! aber die Zeitungen sagen ja, Herr Merks, daß sie das alles freiwillig tun, und daß selbst Ausländer nicht an die Werke dürfen, und die Stadt hat ja keine Schanzen?«

»Ach! da haben sie so einen Graben aufgeworfen, Herr Prenzlau, und mit Baumwollballen etwas zusammengeflickt. Verstehen ja gar nichts vom Kriegswesen. Nur schade um die schöne Baumwolle. Fünfzehntausend Ballen! Herrje! Aber die Engländer werden ihnen schon einheizen. Das sind ganz andere Leute, die haben's den Franzosen in Spanien gewiesen.«

»Ja, und was die Hauptsache ist, meine Herren,« meinte Herr Gieb, »diese Herren Engländer haben Geld; die brächten doch etwas ins Land.« –

»Nun an Geld fehlt's hier auch nicht, Herr Gieb«, versetzte Herr Prenzlau. – »Und bei den Herren Engländern ist auch nicht alles Gold, was glänzt; aber an Ordnung fehlt's.« –

»Aber Sie sagen ja, meine Herren,« nahm wieder Herr Gieb das Wort, »daß der unten sie so grausam hernimmt. Selbst an einem obersten Richter soll er sich vergriffen haben.«

»Glauben Sie's ja nicht, Herr Gieb«, entgegnete Herr Merks. »Eine Krähe hackt der andern die Augen nicht aus. Ja die Fremden, die mustern sie und beobachten sie, aber untereinander hängen sie zusammen wie die Kletten. Wird keine Ordnung, bis nicht ein König kommt.«

»Ja, Ordnung ist die Hauptsache«, meinte Herr Prenzlau. »Ja, bei uns zu Hause, da sieht's ganz anders aus. Hier haben sie ja nicht einmal eine türkische Musik. Ein Offizier hat einen runden Hut, der andere einen dreieckigen. Und haben Sie, meine Herren, ihr Exerzieren gesehen? Unsre Rekruten treffen's ja besser. Und von Handgriffen verstehen sie schon einmal gar nichts. Hab's ja mit meinen Augen gesehen, wie der General vor der Wache vorbeigegangen, und wie ihm diese, statt zu präsentieren, von ihrem Kautabak angeboten hat.«

»Ja, ja,« versicherte Herr Gieb, »hier fehlt's an der Zucht, an der Gesittung schon in der Jugend, meine Herren. Hier behandeln sie ja ihre Kinder schon wie Männer. Schlagen Sie einmal einem solchen Buben eins hinters Ohr, und sehen Sie zu, ob Sie nicht vor den Squire zitiert werden und schwere Strafe bezahlen müssen? Hab's einmal in meinem Leben getan; will's nimmermehr probieren. Da liegt aber der Fehler, meine Herren. Ja bei uns, da werden wir geledert aus dem Effeff, das ist aber's Wahre; um jeden Hieb schade, der daneben geht.«

»Ja, ja, Herr Gieb«; meinten die drei guten Deutschen.

»Ja, ja, meine Herren!« fuhr der durch den Beifall seiner Landsleute etwas aufgemunterte Herr Gieb fort. »Unsern Dicken sollten sie haben, der würde ihnen bald 's neue Jahr abgewinnen.«

»Hören Sie einmal, Herr Gieb,« versetzte Herr Prenzlau, »Ihren Dicken würden sie bald expedieren. Auf stutzigen Pferden ist schlecht reiten; würden ihn über die Achseln ansehen, und er müßte sich's noch zu einer Ehre rechnen, wenn sie ihm die Hand reichten. Bin ja dabei gestanden, wie sie, ohne den Hut zu rücken, mit dem Gouverneur sprachen; kaum daß sie ihm sagten: › Kut morning, saehr koverner Guten Morgen, Herr Gouverneur.‹ Ja, um die zu zeitigen, da gehört ein Mann dazu, der Autorität hat; der Unsrige würde sie Mores lehren.«

»Vergeben Sie, Herr Prenzlau,« fiel ihm Herr Merks ein, »da haben Sie aber unrecht; sie sagen nicht Saehr koverner, sie sagen immer nur Saehr

»Ja, sie mögen sagen, wie sie wollen«, meinte Herr Prenzlau, der ein wenig unwillig über die Zurechtweisung des Hausierers geworden war und deshalb ihn Herrn zu titulieren vergessen hatte. »Ihr Dicker –«

»Ja,« fiel ihm Herr Gieb beschwichtigend ein, »aber was sind das auch für Koverner, Herr Prenzlau. Schaun nicht besser aus, als wie unsereiner. Wo soll denn da der Respekt herkommen? Das muß geboren werden; 's liegt schon im Blute. Herrje, wenn ich so an den Unsrigen denke, wie alles gezittert. Es ist einem gewissermaßen schauerlich geworden, wenn man 'n angesehen; und nun gar, wenn er aus der Ecke herübergerufen; hören Sie, bis zur Hauptwache hat man ihn gehört. Es war nicht anders wie vor einem brüllenden Löwen, so hat alles gezittert.«

»Ja, Herr Gieb,« entgegnete Herr Prenzlau, »da könnte ich Ihnen etwas anderes sagen. Der Unsrige – ja – und dann der liebe junge Prinz! Ach Herrje! Wenn Sie ihn so gesehen hätten! Wie ein junger Herrgott, freundlich lächelnd und, die Reitpeitsche in der Hand, mit den Herrn Offizieren schäkernd; und die Hüte alle ab, wer immer ihn nur sieht; und er so mir nichts dir nichts, ganz gemein und doch so hoch; – ja, wer sich für den nicht mit tausend Freuden totschießen läßt, der muß ja gar kein Deutscher sein.«

Die guten Deutschen wurden in ihren Herzensergießungen über die Herrlichkeiten ihres, und das Elend unsers heillosen Landes, dem es so ganz an aller Hoheit ermangelt, durch einen in die Stube tretenden Milizsergeanten unterbrochen, dessen Uniform und flittergoldene Epauletten den Herrn Prenzlau mit seinen drei Landsmännern plötzlich von ihren Sesseln aufprallen und zugleich mit den Händen nach ihren Kappen und Mützen fahren machten. Des Herrn Prenzlau schärferes Auge hatte jedoch die flittergoldenen Epauletten am ersten bemerkt, und, sich setzend, ermahnte er, ein gleiches zu tun. »Setzen Sie sich doch, meine Herrn,« sprach er, »und behalten Sie auf. Wir sind ja in einem freien Lande, und das ist ja nur ein Sergeant, der Ihnen nichts zu befehlen hat.«

Des Herrn Prenzlau treu gemeinte Vorstellung hatte die etwas erschrockenen guten Deutschen wieder beruhigt; der scharfe und musternde Blick des Sergeanten schien ihnen jedoch alle Lust zu fernern politischen Debatten benommen zu haben, und sie tranken nun still und ruhig ihre Gläser aus, worauf sie sich, unter oftmals wiederholten Wünschen »einer guten, geruhsamen Nacht« trennten.

Mit dem Sergeanten, der die Mexikaner und Franzosen nach der Reihe angesehen und abgezählt hatte, verloren sich auch die übrigen Gäste, und mit diesen schien plötzlich den olivenfarbigen Wirt die frohe Stimmung verlassen zu wollen, die ihn bisher in der Bedienung seiner Kunden so rührig gemacht hatte. Es fing in ihm zu zucken an, und eine gewisse Unsicherheit und Verlegenheit war an ihm wahrzunehmen. Er verließ die Stube, eilte zur Haustüre, sah sich forschend um – kehrte langsam zurück, und sein Blick, sowie er in die dunkle Ecke fiel, wurde zusehends verstörter. Auf einmal erschallte es aus dieser »Benito!« Der Mann schrak zusammen und rüttelte sich, als ob ihn ein Fieberschauer ergriffen hätte. Als wäre er von einer unsichtbaren, feindlichen Macht getrieben, schwankte er dem Tische zu.

»Benito!« sprach der mit dem verbundenen Kopfe. »Kennst du mich nicht mehr?«

»Wollte die heilige Jungfrau! Ich hätte Euch nie gekannt. Seid Ihr es oder ist's Euer Geist?«

»Beides«, erwiderte der Vermummte und brach dann in ein lautes, widerliches Gelächter aus, in das alle einstimmten, den Wirt ausgenommen, der mit jedem Augenblicke unruhiger zu werden anfing.

»Setze dich, Benito! habe dir etwas zu sagen.«

»Still! kein Wort. Dies ist hier nicht mein Name.«

»Ich glaube, du hast so viele Namen, wie wir Flaggen, nur mit dem Unterschiede, daß wir die unsrigen öfters aufziehen, du aber die deinen für immer ablegst. Bist doch ein wahrer Hasenfuß.«

»Was wollt Ihr mit mir? Hat Euch der Böse auch hierhergebracht? Ist man vor Euch nirgends sicher?«

»So hat er, und zugleich hat er mir eine kleine Sendung mit auf den Weg für dich gegeben.«

Der Wirt zuckte wie Espenlaub zusammen. »Bedenkt, ich habe Weib und Kind und bin ehrlich geworden.«

Alle schlugen ein lautes Gelächter auf.

»Wer nimmt dir deine Ehrlichkeit, Narr!« fuhr der Verbundene fort. »Nur einen kleinen Freundschaftsdienst mußt du uns erweisen.«

»Sucht Euch einen andern.«

»Wenn wir das wollten, so wären wir nicht zu dir gekommen. Ich will dich nicht länger auf die Folter spannen, armer Wicht.«

»Was soll ich wieder?«

»Narr! nichts. Nur unsern armen Doktor Pompey aus dem Loch befreien. Er ist mit uns gekommen und, von seinem vormaligen Herrn erkannt, im Gebäude mit dem Wachtposten logiert worden.«

»Seid Ihr rasend?« winselte der Wirt. »Ihr wollt einen Neger aus der Baumwollenpresse herausholen, wenn, nicht dreihundert Schritte davon, im Gasthause eine Versammlung abgehalten wird, wo über fünfhundert Bürger beisammen sind?«

»Was zu tun ist, wirst du am besten wissen. Nur so viel sage ich dir, daß wenn der Neger noch morgen früh hier ist, er uns und dich in seiner Dummheit verrät, und du uns folglich bei der großen Trauung Gesellschaft leisten mußt.«

Der Mann krümmte sich wie ein Wurm. »Habt Barmherzigkeit mit mir, einem verheirateten Mann, der Weib und Kind hat.«

»Ist sie jung?« fragte der Verbundene.

»Beim heiligen Jakob!« fuhr der Spanier giftig heraus, »wenn Ihr mir da zu nahe kommt – – –«

»Halt's Maul, Hasenfuß! – haben andere Dinge im Kopfe, als deine Seespinne von Weib zu amüsieren, wenn's die ist, die ich gesehen. Verdammter Narr! Wer wird sie dir nehmen?«

Der Wirt lief in der Stube wie ein Rasender herum.

»Bist doch ein erbärmlicher Wicht, Benito! Haben dich die zwei Jahre unter den Republikanern so zum Hasenfuß gemacht?«

»Lacht nur,« sprach Benito; »aber wenn man einmal den Satan abgestreift und Weib und Kind hat und von allen Seiten beobachtet wird! Wenn sie das mindeste spüren, so bin ich auf immer ruiniert. Man muß hier ehrlich sein.«

»Genug des Geschwätzes,« sprach der Verbundene; »kein Wort weiter.«

»So muß ich denn?«

»Glaubst du, ich scherze oder sei des Spaßes wegen gekommen? – Fort mit dir!«

Der arme Benito fuhr schaudernd zusammen und zog sich ächzend zurück und durch die Türe hinaus, aus der ihm ein höllisches Hohngelächter nachhallte. Es war schon spät in der Nacht, als er, in einen Mantel gehüllt und ein Bündel in der Hand, wiederkam.

»Wenn die Regulären in der Kottonpresse sind, dann kann ich absolut nichts tun«, sprach er in einem Tone, dem man es ansah, daß er sich Gewalt antat, entschlossen zu scheinen.

Der Vermummte trank sein Glas aus, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

»Es sind ihrer zwei mit einem Sergeanten und Leutnant da, die die Milizen einexerzieren.«

Der Verbundene schwieg noch immer. »Ich sag' es Euch nochmals,« fuhr der Wirt fort, – »ich will es versuchen; aber nur auf den Fall, als diese sich entfernen. Und wer wird mich begleiten, und was wollt Ihr mit dem Neger?«

»Ihn über den Mississippi bringen, wo er auf dem Wege, den wir von Nacogdoches kamen, wieder zurück muß.«

»Um der heiligen Jungfrau willen! Was denkt Ihr? Ihr wollt über den Mississippi? Ihr seid nicht in drei Stunden zurück. Und wenn die Milizen aus der Versammlung zurückkehren? Es schlafen ihrer vier oben in der Stube neben Euch.«

Der Vermummte schenkte sich wieder ein und trank, ohne aufzublicken.

»Ihr kommt nicht von Nacogdoches,« fuhr Benito fort, »Ihr habt Arges mit dem armen Neger vor; dazu will ich mich bestimmt nicht hergeben.«

»Höre, Benito,« sprach nun der Vermummte, »ich habe dein Geschwätz satt; du kennst mich. Ich gebe dir vier unserer besten Männer mit; sie sind verwundet, werden aber den Neger über den Strom schaffen.«

»Und Ihr bleibt zurück?« brummte der Wirt.

»Narr, um deiner Frau die Cour zu machen. Glaubst du, man denk' an solche Lappalien, wenn einem der Tomahawk einen Zoll tief im Kopfe gesessen?«

Benito schlich jedoch zur Seitentür und zog den Schlüssel ab. »So kommt in Teufels Namen!« sprach er. »Es sind doppelte Wachen des Spions halber aufgestellt; es wird schwer halten. Heiliger Jakob, steh' uns bei! Seid Ihr auch sicher, daß er unten in der Kottonpresse ist?«

»Wir haben ihn alle dahin abführen gesehen«, erwiderte der Vermummte. »Benito, nimm dich zusammen. Ich gebe dir meine besten Freunde mit. Wenn du einen dummen Streich machst, so sind wir und du verloren.«

»Teufel!« murmelte Benito. »Warum laßt Ihr mich nicht in Ruhe! Unser Kontrakt ist zu Ende!«


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