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Die Sonne hatte bereits ihre Mittagshöhe erreicht, als die Häuptlinge das Councilwigwam verließen, um die große Versammlung im Freien zu halten, zu der nun alle Vorkehrungen getroffen wurden.
Die Unterhäuptlinge und übrigen Krieger stellten sich in zwei Halbkreisen auf, von denen der innere, kleinere durch die ältern, der äußere durch die jüngern gebildet wurde. Alle saßen nach gewöhnlicher Indianerweise, ihre Schenkel ineinander geflochten, in ihren Gürteln ihre Skalpiermesser und Tomahawks, ruhig die Erscheinung der Hauptpersonen abwartend.
Der Raum gegen das Councilwigwam, als Ehrenplatz, war ganz den Pawnees überlassen, die alle in einer Reihe herumsaßen; ein Zeichen, daß sie insgesamt versuchte Krieger waren. Sowie die zwei Häuptlinge mit ihren Begleitern aus der Stube heraustraten, standen alle auf, und indem sie den Halbring öffneten, gingen jene hindurch und formten einen dritten kleinern Halbmond, in dessen Mitte Tokeah und El Sol sich niederließen. Die ernste, bestimmte und würdevolle Miene dieser sogenannten Wilden, ihr scharf durchdringender Blick, ihre männlichen, obgleich durch Wildheit verstellten Züge und Gestalten gaben der Versammlung ein Gepräge von Würde und Bedeutsamkeit.
Einer der ältesten Oconees aus dem zweiten Halbkreise brachte nun die Kalumet. Er trat vor die zwei Häuptlinge hin, zog den Rauch ein und blies die erste Wolke, die er im Mund gesammelt hatte, aufwärts – dem großen Geiste zu, die zweite abwärts, der Muttererde, und die dritte in gerader Linie an seine Gefährten, ihnen so seinen guten Willen bedeutend. Als er diese drei Wolken geblasen hatte, übergab er die Pfeife El Sol, der gleicherweise drei Wolken ausstieß und sie dann weitergab. Nachdem die Pfeife drei Runden, zur Ehre der drei Völkerschaften, die sich vereinigt hatten, getan, stand Tokeah von der Erde auf und begann seine Rede.
Er eröffnete dann der Versammlung, daß der große Häuptling zweier Völkerschaften der Sohn des Häuptlings einer dritten werden wolle, der Sprosse der Mikos der Oconees, daß die drei Völker künftig bloß ein Volk ausmachen würden und so vereinigt ihrer Feinde spotten könnten.
»Es ist Zeit«, so schloß er, »den Ring wieder zu ergänzen, den Blindheit zwischen den roten Völkern gebrochen; Zeit, die Kinder der großen roten Familie zusammenzurufen, die bisher weit voneinander zerstreut waren. Der große Geist hat gesprochen durch die Tat des mächtigen Häuptlings der Cumanchees und Pawnees, er hat die gebrochene Kette wieder vereinigt. Der Miko hat den Ring erfaßt und will ihn nie mehr brechen. Die Arme Tokeahs fangen an steif, seine Füße schwach zu werden; er hat rundumher um einen Sprößling gesucht, und er suchte vergebens; – nun hat ihm der große Geist einen gesandt in dem Befreier seiner Tochter. Das Blut der Mikos wird nicht von der Erde verschwinden; es wird, vereinigt mit dem des großen Cumanchees, in den Söhnen El Sols fließen. Er wird ein Sohn des Miko, ein Vater der Oconees, ein Häuptling, ein Krieger, ein Bruder ihnen sein. Männer der Oconees! sehet hier den Sohn Eures Miko!«
Die Blicke der Versammlung richteten sich voll Bewunderung und Liebe auf den jungen Mann, der sich nun gleichfalls von der Erde erhob, und nachdem er sich vor dem Miko verneigt, eine Weile innehielt und dann folgendermaßen begann:
»Viele Sommer sind seitdem verlaufen, und El Sol hatte noch nicht das große Tagesgestirn erblickt, als die jungen Männer der Pawnees des Toyaskstammes die großen Berge überschritten, die zwischen ihnen und den Wiesen der roten Männer im weiten Lande des Mexikos liegen. Da bauten sie sich Hütten und sagten: Lasset uns hier bleiben, denn der Büffel und Elens gibt es in Fülle. Nachdem sie zehn Sonnen gejagt hatten, fanden die roten Männer des Mexikos ihre Fußstapfen, und sie kamen mit umwölkter Stirne und Feuergewehren und auf schnellen Rossen. Die Männer der Pawnees sind Krieger, und sie wandten ihre Rücken den Feinden nicht zu. Das Kriegsgeschrei erschallte, und zwei Männer der mexikanischen Krieger wurden erschlagen, die andern flohen auf ihren schnellen Rossen. Von einem der sterbenden Krieger vernahmen die Pawnees, daß sie Tapfere des großen Volkes der Cumanchees waren. Sie kehrten in ihr Wigwam über die Berge mit den Skalps der Erschlagenen zurück.
»Groß war die Freude der Pawnees, als die jungen Männer vor die Häuptlinge traten und diesen die Skalpe ihrer mächtigen Feinde vorzeigten, und laut war ihr Triumph; aber Ettowah, der größte der Häuptlinge, erhob seine Stimme, und alle waren still. – ›Männer der Pawnees!‹ so lauteten seine Worte: ›Ihr habt zwei Skalpe von den Häuptern des mächtigsten roten Volkes genommen, das zwischen der aufsteigenden und der niedergehenden Sonne lebt. Seine Krieger sind zahlreicher als die Büffel, ihre Rosse flüchtiger als der Blitz, ihre Rache tödlicher als der Biß der Schlange. Nicht lange, so werden sie die Berge überschreiten, und die Gebeine der Pawnees werden auf ihren Gründen erbleichen, ihre Wigwams werden in Flammen auflodern, ihre Skalpe von ihren Schädeln gerissen und im Rauche ihrer brennenden Hütten getrocknet werden. Männer der Pawnees! Das Auge Wacondahs sieht finster auf euch herab, eure Söhne sind gegangen, wo ihre Fußstapfen nimmermehr hätten gesehen werden sollen; sie haben das Kriegsgeschrei erhoben, als sie auf unrechtem Wege waren. Sie sind über Berge gedrungen, die der große Wacondah selbst als Grenzscheide zwischen den beiden Völkern gesetzt hat. Männer der Pawnees! Ihr müsset gerade machen, was eure jungen Krieger krumm gebogen; ihr müsset die Rache der großen Cumanchees versöhnen, weil ihr unrecht getan habt. Es ist besser, daß zehn unsrer Männer sterben, als das ganze Volk.‹
»So sprach der große Ettowah. Laut erschallte das Wehklagen unter den Pawnees, als sie die Rede ihres größten Häuptlings vernahmen, aber sie hörten auf seine Worte, keines fiel auf den Boden; denn der große Häuptling sprach wahr.
»Die Häuptlinge und Krieger versammelten sich im Rate, und bald darauf hörte das Wigwam den Todesgesang aus dem Kreise der Krieger und jungen Männer. Es war der Todesgesang von Blackeagle, dem einzigen Sohne Ettowahs, der Stütze seines schwankenden Alters. Der große Ettowah sah den jungen Krieger, seine Ohren fingen den Todesgesang auf, der seinen Lippen entströmte, aber er seufzte nicht, er trauerte nicht – seine Seele war mit Freude erfüllt. Von neun Zungen ertönte noch der Todesgesang, und zehn Krieger der Pawnees verließen ihr Wigwam, ihren eigenen Grabgesang singend. Sie überstiegen die Berge und ritten auf die Wigwams der Cumanchees zu.
»Die Cumanchees sind ein mächtiges, aber sie sind mehr, sie sind ein großmütiges und tapferes Volk, sie sind die Blüte und der Stolz des roten Geschlechtes. – ›Der große Geist verhüte! sprachen sie, daß wir diejenigen töten sollten, die in Frieden zu uns kommen; unsre Brüder haben nichts zu fürchten. Aber zwei Väter unsrer Krieger sind ohne Söhne; zwei von euern jungen Männern sollen ihnen Söhne sein, die übrigen mögen in ihre Wigwams zurückkehren.‹
»Blackeagle war einer der beiden, die gewählt worden waren, Söhne der Cumanchees zu werden. Blackeagle hatte noch nicht ganz zwanzig Sommer vorüberschreiten gesehen; aber er war bereits dreimal auf dem Kriegspfade gegen die Osagen gewesen, und er verstand einen Feind zu töten und ein wildes Pferd zu zähmen. Die Cumanchees liebten ihn, und ihre Töchter warfen sehnende Blicke nach dem großen Jäger; aber in seiner Seele war's leer und öde, seine Gedanken waren bei seinem Vater – seinem Volke – seinen Brüdern.
»Er liebte die Jagd der Büffel und der wilden Rosse.
»Einst als er durch die endlosen Wiesen der Cumanchees dahinflog, traf sein Blick ein Pferd, das, schneller als der Hirsch, weißer denn Schnee und stolzer als der Elk, über die Fluren hinwegsetzte. – Seine Seele verlangte nach dem Stolze des wilden Rosses, aber es schoß wie ein Blitz vor ihm weg. Zwei Sonnen war er seiner Spur gefolgt, gegen Mittag und immer gegen Mittag war er geeilt, als er es endlich auf den Wiesen des großen Häuptlings der Cumanchees fand, der gegen die heiß brennende Sonne zu lebte. Er warf seinen Lasso, und das Roß war sein eigen, als die Türe des großen Wigwams des Häuptlings aufflog und seine Tochter herauskam. – Es gehörte ihr. – Es war von den Wiesen gesprungen und hatte seine Brüder aufgesucht.
»Blackeagle sah Corah ins Auge, und der Lasso entfiel seiner Hand; denn die Tochter des größten der Häuptlinge der Cumanchees war schön, wie die aufgehende Morgensonne. Das weiße Roß sprang auf die Jungfrau zu, und sie hüpfte auf dessen Rücken.
»›Mein Bruder!‹ sprach sie, ›ist müde, und Corah wird ihn in ihres Vaters Haus führen, daß er seine Glieder ausruhen möge; er ist hungrig, und sie will ihn speisen; er ist durstig, und sie will ihn mit dem Safte der Palme tränken; er ist schläfrig, und sie will ein weiches Lager ausbreiten. Komm, mein Bruder!‹ »Blackeagle hörte auf, nach dem Wigwam der Pawnees sich zu sehnen, denn Corah war ihm nahe, als er das wilde Roß fing, und sein Auge sah den weißen Renner, wenn er auf die Jagdgründe flog.
»›Du bist mir teurer‹, lispelte die Tochter des großen Häuptlings, ›als das Licht meiner Augen, dein Atem ist mir süßer, als der kühle Morgenwind, deine Stimme wohltönender meinen Ohren, als der Gesang der Vögel. Bitte El Sol um Corah, er wird dir seine Tochter geben.‹
»Und El Sol sah die Taten Blackeagles auf den Jagdgründen, und seine Seele war mit ihm.
»›Blackeagle!‹ sprach er, ›meine Tochter sieht mit freundlichen Augen auf dich, den Pawnee; aber der Vater kann die Freude seines Herzens nicht seinem jungen Bruder geben, der noch keinen Feind seines Volkes getötet. Meine Krieger werden in kurzem gegen die weißen Männer Mexikos in den Krieg ziehen. Mein junger Bruder muß sich an sie anschließen. Wenn er mit dem Siegeszeichen wiederkehrt, so wird er El Sol als Sohn willkommen sein.‹
»Blackeagle hatte die Rede des großen Häuptlings gehört, und seine Seele war hoch erfreut. Er ging auf den Kriegspfad und brachte zwei der Häuptlinge, Männer der Mexikos, mit sich, und er wurde der Sohn des großen El Sols und lebte in seines Vaters großem Wigwam.
»Sie wurden«, sprach der junge Mann in langsam feierlichem Tone, »Vater und Mutter von El Sol, dem Häuptlinge der Cumanchees und der Pawnees.« –
Die Augen der ganzen Versammlung hingen in sprachloser Rührung an dem jungen Anführer, als er in tiefer Bewegung innehielt.
»Die Blätter der Palmen«, fuhr er fort, »haben sich nicht öfter denn einmal erneuert, als der große Geist den Vater Corahs in die glänzenden, grünen Wiesen abrief. Die Häuptlinge und Krieger der Cumanchees hatten sich versammelt, um die Worte des sterbenden El Sol zu hören, ihres größten und weisesten Häuptlings. ›Männer der Cumanchees,‹ sprach er, ›Blackeagle ist ein großer Krieger und wird ein großer Anführer werden; aber die Stimme unsrer Väter, die wir hören müssen, verbietet, daß er je Häuptling der Cumanchees werde. Aber das Blut Corahs muß wieder ein Cumanchee sein. Ehret im Sohne Corahs den ersten Häuptling unsers Volkes!‹
»Als der alte Häuptling diese Worte gesprochen, verließ seine Seele den Körper und flog zum großen Geiste. So wurde El Sol Häuptling der Cumanchees, als er nur erst wenige Monden zählte.
»Blackeagle kehrte ins Wigwam der Pawnees zurück, und Corah und El Sol folgten ihm. Vier Häuptlinge der Cumanchees begleiteten die Tochter El Sols und ihren Sohn, um den jungen Sprößling zu beschützen und zu bewahren und ihn zurückzuführen unter sein Volk, wenn er der Milch seiner Mutter nicht mehr bedürfen würde.
»Vierzehn Sommer waren verflossen, als weiße Männer kamen, die sagten, daß der große Vater das Land zwischen dem großen Flusse und der Salzsee der untergehenden Sonne gekauft habe, und daß sie kämen, auf den Jagdgründen der Pawnees sich Hütten zu bauen. Anfangs waren ihrer nur wenige, aber bald kamen sie in größerer Anzahl.
»Die Pawnees sahen ihre Fußstapfen mit gerunzelter Stirne; aber Blackeagle sprach zu ihnen und sie streckten ihre Hände den weißen Männern im Frieden entgegen. – Und die Weißen stahlen ihnen dafür ihre Pferde und betrogen sie um ihre Felle. Einen Sommer hindurch hatte Blackeagle für die weißen Männer gesprochen; aber die Ohren seines Volkes fingen an, sich seinen Reden zu verschließen, und sie erhoben ihre Äxte gegen die weißen Feinde. Das Unkraut begann schnell auf dem Pfade zu wachsen, der zwischen den beiden Völkern lag.
»Blackeagle war auf der Jagd; er folgte einem Hirsche, der schnell vor seinem Feuergewehre flog, als er einem Haufen weißer Männer begegnete, die mit ihren Gewehren ausgezogen waren. Sie sahen in das stolze Auge des Kriegers, und ihre Seelen dürsteten nach seinem Blute. Ehe er sprach, hatte die verräterische Kugel sein Herz durchbohrt, und er wälzte sich in seinem Blute. Die weißen Männer flohen und verließen den Häuptling mit dem tödlichen Blei in seinem Busen.
»Das große Himmelslicht war hinter die Erde gesunken, und Corah wartete vergebens auf die Rückkehr des geliebten Gatten. Sie starrte ängstlich ins dunkle Zwielicht – sie horchte, ihre Ohren waren weit offen – sie warf sich auf die Erde, um die leichten Fußtritte Blackeagles zu hören; – vergebens. – Kein Laut war zu hören, als das Geheul des Wiesenwolfs und das Gebrüll der Büffel. Sie umschlang El Sol mit ihren Armen und stürzte in den dunkeln Wald.
»Als Mutter und Sohn den Fußstapfen ihres Vaters im bleichen glänzenden Nachtlichte eine lange Weile gefolgt waren, hörten sie das Todesröcheln des verwundeten Häuptlings. Das blasse Licht goß seinen Silberschein auf die durchbohrte Brust des großen Blackeagle. Corah sank an seiner Seite nieder. Ihrem Jammer öffneten sich seine sterbenden Augen, und er richtete sie auf Mutter und Sohn. ›Geh,‹ so sprach er, ›und rufe die Häuptlinge und Krieger der Pawnees; die Worte des sterbenden Anführers müssen von vielen aufgefangen werden, auf daß sie die Winde nicht spurlos fortführen.‹ Der Sohn flog zurück in das Wigwam, und sein Geschrei erweckte die Pawnees; sie kamen mit den Häuptlingen der Cumanchees, um die Worte des sterbenden Blackeagle zu hören.
»Als sie alle um ihren Häuptling versammelt waren, so öffnete dieser noch einmal seine Lippen: ›Die Kugel des Weißen hat den Busen des Häuptlings zerschmettert; er ist gefallen und muß in der Erde schlafen; aber die Seele Blackeagles wird das Angesicht des in seinen Wolken thronenden Wacondah sehen, und seine Bitte wird die eines Pawnee sein. Für El Sol wird er die Seele eines großen Kriegers erbitten und die Stärke des Büffels. Höret, Männer der Pawnees, auf die Worte des sterbenden Blackeagles. El Sol ist durch das Blut seiner Mutter der größte Häuptling der Cumanchees, des mächtigsten Volkes der roten Männer; zu ihnen muß mein Sohn mit den edlen Cumanchees eilen, die wie getreue Wächter seinen Pfad im Wigwam der Pawnees bewacht haben. Er muß gehen, sowie das Streitroß auf dem Grabe seines Vaters getötet ist. Sie werden ihn als ihren Häuptling empfangen, werden ihn lehren, das wilde Pferd und seine Feinde zu fangen, und sie werden seinem schwachen Arme die Strenge des Mächtigen, seinen Füßen die Schnelle des Elens geben. Sie werden ihn zu einem gewaltigen Anführer machen, der seiner Feinde lacht. Wenn El Sol sieben Sommer und sieben Winter in den ewig grünen Fluren der Cumanchees gelebt, wird er zum Volke seines Vaters zurückkehren und ihm sagen, was er gesehen und es führen in die grünen Fluren über den bläulichen Bergen. – Höret, meine Brüder! das letzte Wort Blackeagles. Die Pawnees sind große Krieger; aber ihre Anzahl ist gering, und die Weißen sind die Todfeinde des roten Geschlechtes; ihre Seelen sind finster von Falschheit, ihre Zungen schwarz von giftigen Lügen; sie sind immer hungrig, ihre Hände immer ausgestreckt nach dem einzigen, was die roten Männer haben; sie kamen und hielten uns ihre Hände als Freunde hin, aber ihre Seelen brüteten Verrat; sie rauchten die Friedenspfeife mit den roten Männern, aber sie begegneten Blackeagle auf seinem einsamen Pfade, und sie sendeten ihm das tödliche Blei verräterisch ins Herz. Meine Kinder sind tapfer, aber ihrer sind wenig; der Weißen sind mehr als der Bäume des Waldes. Höret die letzten Worte, meine Brüder! El Sol ist der erste Häuptling der Cumanchees; er wird die Kette, die Blackeagle zwischen den beiden Völkern angeknüpft, noch fester schlingen; die Lande der Cumanchees sind viele Sonnen lang, ihre Büffel und Pferde kann keine Zunge zählen. Meine Kinder müssen dahin gehen. El Sol, wenn er nach sieben Sommern von ihren Wigwams zurückkehrt, wird ihren Pfad von Dornen reinigen. Noch dürfen meine Brüder den Tod Blackeagles nicht rächen. Noch ist es nicht Zeit. – Der Panther kauert sich nieder, er lauert und bereitet sich für den Sprung, ehe er ihn wagt. Meine Brüder müssen warten, bis sie stark werden, bis sie mit den Cumanchees vereinigt sind. Wenn sie den Tomahawk nun schärfen, so werden sie vom Angesicht der Erde weggeblasen werden; die Arme der Pawnees sind zu schwach, einen Streich zu führen, aber die vereinigten Arme der Pawnees und Cumanchees werden den Tod Blackeagles rächen. Von den grünen Fluren der Cumanchees‹, sprach die sterbende Stimme des Sehers, ›wird der Baum der Freiheit für das rote Volk erwachsen, und unter seinen duftenden Zweigen werden sie sich versammeln, und er wird stehen, gleich den ewigen Felsenbergen, die für immer mit Schnee bedeckt sind. Das Volk von Mexiko wird die eiserne Rute brechen, mit der es der blöde Häuptling, der jenseits der Salzsee wohnt, züchtigt. Nicht viele Sommer werden vergehen, und der Tomahawk wird für immer zwischen den Männern Mexikos und den Cumanchees begraben werden. Der Geist Blackeagles, der Sohn der Cumanchees, sieht den Stern Tlaskalas wieder erglänzen und gleich dem großen Mittagsgestirn seine Strahlen über die weiten Flächen Mexikos und der Cumanchees strömen – dann meine Brüder – dann ist die Zeit gekommen, den Tomahawk zu erheben.‹
»Die silbernen Wolken, die das bleiche Angesicht des Nachtlichtes verhüllten, flossen nun hinweg, und als die Männer der Pawnees wieder herabschauten auf Blackeagle, war seine Seele zum großen Geiste entflohen.
»El Sol ist mit seiner Mutter und seinen Brüdern, den Cumanchees, zu seinem Volke wiedergekehrt. Er blieb bei seinem Volke sieben Sommer, ehe er zurückkam zu den Pawnees, um die Worte seines sterbenden Vaters zu erfüllen. Er hat oft seine Lippen geöffnet und zu dem Volke der Pawnees gesprochen, aber das Herz vieler ist gebunden an das Wasser, wo sie in ihrer Jugend ihre Kanus gerudert; ihr Auge liebt es, die Gräber zu sehen, wo ihre Väter ruhen. Sie haben El Sol angehört, aber ihr Herz war in ihrem Wigwam und auf ihren Jagdgründen, die sie nicht ihren Feinden, den Osagen, überlassen wollten. – Aber die Stimme Wacondahs, der durch die Zunge Blackeagles gesprochen, muß gehört, seine Befehle müssen erfüllt werden. El Sol darf nicht länger unter den Pawnees bleiben. Die Todesrede seines Vaters ist in Erfüllung gegangen, und die Cumanchees sind Brüder der Männer Mexikos geworden – Herren ihrer weiten Lande. Ihre Häuptlinge und Krieger rauchen die Pfeife des Friedens mit den großen Kriegern und weißen Männern von Mexiko, ihre Krieger sind die ersten unter ihnen. Männer der Oconees!« beschloß der junge Häuptling, indem er seine Rechte erhob und stolz in der Richtung der sinkenden Sonne hinwies, »der Pfad El Sols führt zum niedergehenden Gestirne, das spät in unsre Fluren kommt, aber lange leuchtet.«
Der Eindruck, den seine Worte auf die Versammlung hervorbrachten, war unbeschreiblich. Alle sprangen auf, und ohne selbst auf die gewöhnliche Beratung und Entscheidung der ältern Krieger zu warten, riefen sie ihn alle einmütig als ihren Führer und Nachfolger in der Würde des Miko aus.
Der alte Miko erhob sich mit all dem Anstande seiner königlichen Gewalt und sprach: »Die Arme des Miko sind welk und morsch gleich den Ästen eines verdorrenden Baumes geworden; aber die El Sols sind stark; seine Füße werden langsam und erstarren, aber die El Sols sind schnell; – der alte Baum erstirbt, aber er läßt einen Sprößling zurück, der ihm Kinder geben wird, unter dessen Schatten sich seine Brüder laben, der ihnen Vater, ein Bruder seines Volkes sein wird. El Sol wird den Oconees ein gütiger Miko sein, wenn Tokeah zu seinen Vätern geht.«
Mit diesen Worten nahm er von seinem Haupte die Federkrone der alten Mikos, und sie auf das El Sols setzend, begrüßte er ihn als seinen Nachfolger.
Die Oconees kamen nun nach ihrer Rangordnung, sich vor ihm als Häuptling zu neigen und die Cumanchees als Brüder zu begrüßen, worauf sich die Versammlung unter lautem, anhaltendem Freudenrufe zerstreute.