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Zwölftes Kapitel.

Es war früh am Tage, als die Garnison vom Schlosse Douglas gemustert, in kleine Kommandos abgeteilt und ausgesandt wurde, die Spur der Flüchtlinge zu verfolgen. Meilenweit wurde die ganze Umgegend, Wälder wie Moore abgesucht, denn der von Sir John für Auffindung der beiden flüchtigen Personen ausgesetzte Preis war sehr hoch und jeder war begierig ihn zu verdienen. Mittlerweile waren dieselben unfern vom Kloster von einem der Schwester Ursula bekannten Ritter in Empfang genommen worden, von welchem, Lady Augusta oder, wie der Leser sie bislang gekannt hat, der Sängerknabe Augustin aber nicht mehr wußte, als daß er sie nach einem Orte hin geleiten würde, wo sie der Gefahr, wieder festgenommen zu werden, nicht ausgesetzt wären. Endlich begann Schwester Ursula die Unterhaltung. »Ihr habt Euch,« sagte sie, »noch mit keinem Worte erkundigt, wohin wir reisen oder unter welchem Schutz wir uns befinden, Lady Augusta – denn Ihr erlaubt wohl, daß ich Euch hinfort so anrede, nachdem Ihr geruhtet, mich in der Nacht unserer Flucht über Eure Person und Eure Geschichte zu unterrichten – indessen meine ich, es müßte Euch doch viel daran liegen, das zu wissen!«

»Soll es mir nicht genug sein zu wissen, gütige Schwester, daß ich unter dem Schutz eines Mannes reise, der Euer Vertrauen besitzt? Warum sollte ich bangen um meiner Sicherheit willen?«

»Weil die Leute, mit denen ich um meines Vaterlandes willen in Verbindung oder Beziehung stehe, für Euch doch vielleicht die richtigen Beschützer nicht sein mochten«, versetzte die Schwester.

»Wie habe ich diese Worte zu verstehen?« fragte Lady Augusta.

»Jenun, meine Meinung ist,« versetzte die Schwester, »daß schließlich die Männer, die unserer Partei angehören, zum Beispiel ein Bruce oder Douglas, ein Malcolm oder Fleming und andere, zwar nicht imstande sein möchten, den Vorteil Eures Besitzes zu persönlichen Zwecken zu nützen, wohl aber Euch als eine ihnen von der Vorsehung zugeführte wertvolle Geißel betrachten könnten, durch die ihrer verstreuten, vielleicht auch mutlos gewordenen Partei nach mancher Seite hin Stärkung zu schaffen sei.«

»Zu solchem Vertrag,« erwiderte Lady Augusta, »ließe sich wohl gelangen über meine Leiche, nicht aber so lange ich am Leben bin und atme. Glaubt mir, lieber möchte ich mich dem gemeinsten Armbrustschützen meines Vaterlandes ergeben, als daß ich mich mit seinen Feinden zu seinem Unglück vereinigte.«

»Das dachte ich mir Wohl!« versetzte Schwester Ursula; »ich möchte auch, nachdem Ihr mich mit Eurem Vertrauen beehrtet, Euch gern dorthin bringen, wohin Ihr zu gelangen wünschet.« Binnen jetzt und einer knappen halben Stunde werden wir in ständiger Gefahr sein, einer der englischen Abteilungen in die Hände zu laufen, die sicher schon nach allen Richtungen das Land absuchen, um unser wieder habhaft zu werden. Eins aber Möchte ich Euch sagen, Lady Augusta, daß ich nämlich einen Ort kenne, wo ich für meine Person sichere Zuflucht finden kann, bei jenen tapferen Schotten, meinen Freunden und Landsleuten, die niemals, sogar in dieser Schreckenszeit nicht, dem Saal ihr Knie beugten. Zu anderer Zeit hätte ich einstehen können mit meiner für ihre Ehre. Ich darf Euch aber nicht verhehlen, daß sie seit kurzem Prüfungen ausgesetzt sind, die auch die großmütigsten Charaktere verbittern. Wer seines Geburts- und Heimatsrechtes beraubt wird, wer geächtet und seines vom Vater ererbten Gutes entäußert wird, wer sich in ständiger Gefahr seines Lebens und seiner Freiheit sieht, weil er die Sache seines angestammten Königshauses verficht, der wägt nicht mehr, genau ab, wie weit er in der Vergeltung solches ihm zugefügten Unrechtes gehen darf. Glaubt mir, Lady Augusta, ich würde es bitter beklagen, sollte ich Euch in eine Lage gebracht haben, die Ihr für entwürdigend halten möchtet.«

»Sagt mir mit kurzen Worten, Schwester,« versetzte Lady Augusta, »wessen ich von Leuten mich gewärtig zu halten habe, für die ich, nehmt es mir nicht übel, keine andere Bezeichnung habe als Rebellen.«

»Wenn die Eurigen,« versetzte die andere, »die in meinen Augen Unterdrücker, Landräuber und Tyrannen sind, sich in den Besitz all unseres Eigentums setzen, so werdet Ihr wohl einsehen müssen, daß den Meinigen das Vorrecht der Wiedervergeltung auf Grund der rohen Kriegsgesetze zusteht. Indessen steht, wie gesagt, nicht zu befürchten, daß unsere Männer sich irgendwelcher Beschimpfung einer Dame von Eurem Range gegenüber schuldig machen werden. Etwas ganz anderes aber ist es, wenn man darauf bauen wollte, daß sie es unterlassen sollten, Vorteile, wie sie im Kriege gelten, aus Eurer Gefangenschaft zu ziehen. Daß beispielsweise den Eurigen die Bedingung gestellt würde, gegen Eure Auslieferung in die Übergabe des Schlosses Douglas zu willigen, möchte Euch doch am Ende nicht genehm sein.«

»Eher stürbe ich,« antwortete Lady Berkeley, »als meinen Namen zu solch schmachvollem Vertrage herzugeben, und fest überzeugt bin ich, Sir John de Walton würde auf solches Ansinnen keine andere Antwort haben, als daß er dem Sendboten, der es ihm stellte, den Kopf vor die Füße legte oder vom höchsten Schloßturm aus ins Lager der Feinde schleuderte.«

»Und wohin, Lady Augusta,« fragte die andere, »gedächtet Ihr Euch zu begeben, wenn Euch die Welt noch freistünde?«

»Auf mein, eigenes Schloß, wo ich im Notfall selbst vor dem König Schutz fände, wenigstens doch so lange, bis ich meine Person unter den Schutz der Kirche gestellt hätte.«

»Solchenfalls ist meine Macht, Euch beizustehen, äußerst beschränkt,« versetzte die Schwester, »nichtsdestoweniger versetzt mich Euer Vertrauen in die Notwendigkeit, Vertrauen auch in Euch zu setzen. Es bleibt Eurer Wahl freigestellt, ob Ihr Euch mit mir zum geheimen Trefforte vom schwarzen Douglas und seinen Anhängern begeben wollt, den ich Euch vielleicht unrechterweise bekanntgebe, oder ob Ihr nicht lieber ohne Aufenthalt den Weg zur Grenze einschlagt. Im letzteren Falle will ich Euch begleiten so weit wie möglich, und wenn ich Euch verlassen muß, für einen zuverlässigen Führer Sorge tragen. Für mich persönlich ist es zunächst kein geringes Glück, einer Gefangennahme zu entrinnen, die für mich wohl gleichbedeutend mit schrecklichem Tode sein dürfte.«

»Solche Grausamkeit, Schwester Ursula, könnt Ihr nicht zu gewärtigen haben, weil Ihr ja noch kein Klostergelübde abgelegt habt und nach den Kirchengesetzen noch das Recht der Wahl zwischen Welt und Schleier besitzt.«

»Ebensolche Wahl, wie ihr Engländer sie anderen Opfern gestattet, die während dieser erbarmungslosen Kriege in eure Hände fielen«, versetzte die Schwester bitter. »Den Kämpfern für Schottlands Freiheit und Recht, Wallace, Hay, Somerville, auch Athol, dem Blutsverwandten von König Eduard zum Beispiel, die sämtlich ebensowenig Verräter waren, unter welcher Bezeichnung sie den Tod auf dem Schafott erlitten, als Margaret de Hautlieu eine abtrünnige Nonne und den Klosterregeln unterworfen ist.«

»Margaret de Hautlieu?« wiederholte Lady de Berkeley.

»Jawohl, Lady!« rief die Klosterschwester mit größerer Heftigkeit, als sich mit ihrer bisherigen Ruhe zu vertragen schien, »Margaret de Hautlieu! Die Tochter jenes normannischen Edlen Moritz von Hattely oder Hautlieu, der gleich vielen seiner Landsleute sein Glück am schottischen Königshofe suchte und fand, die Sheriffswürde über diese Grafschaft erhielt und für einen der reichsten und mächtigsten Barone Schottlands galt. Ihr kennt ihn, Lady Augusta, den ich Vater nenne, als jenen Parteigänger König Eduards aus der Schar der sogenannten anglisierten Schotten, der bei jenen seiner Landsleute, die dem Nationalbanner von St. Andrews und Wallace, dem Patrioten, folgten, für den bestgehaßten Mann seiner Zeit galt, der im Zweikampf mit Malcolm Fleming von Biggar, einem durch edle Geburt, glorreiche Taten und hohen Ruhm hervorragenden Ritter Schottlands und feurigen Patrioten, der mich zu seiner Braut erkoren hatte, um sein Leben kam, zuvor aber mich, sein einziges Kind, im Kloster Saint-Bride einmauern ließ, weil ich mich weigerte, ihm zu Willen zu sein.«

»Schwester Ursula! – Margaret de Hautlieu!« rief erschüttert die englische Lady, »was bedeutet mein Ungemach gegenüber solch schrecklichem Unglück!«

»Lassen wir meine Person außer Betracht, Lady!« lenkte die Schwester ein – »ich hätte Euch besser vielleicht nicht über mich unterrichtet, aber es gibt Augenblicke, in denen der Mensch vergißt, Herr über seine Empfindungen zu bleiben.« Sie hielt plötzlich inne. Dann rief sie leise: »Horcht, Lady! Horcht! Was war das? Habt Ihr das gehört? Habt Ihr's gehört?«

Ein Eulenschrei war es, auf den Margaret anspielte.

»Dieser Ruf kündet mir,« rief, sie, »daß jemand in der Nähe ist, der uns besser als ich in solchen Dingen leiten wird. Ich muß vorauseilen, mit ihm zu sprechen. Unser Führer wird noch kurze Zeit bei Euch verweilen. Läßt er Euren Zügel los, so braucht Ihr kein anderes Signal abzuwarten, sondern einfach auf dem Waldpfade zu reiten. Im übrigen richtet Euch nach dem Rate, den er Euch gibt!«

»Bleibt, bleibt!« rief angstvoll Lady de Berkeley, »geht nicht von mir in solchem Augenblick der Not und Unsicherheit!«

»Es muß sein um unser beider willen,« versetzte Margaret, »auch ich bin in Not, auch ich befinde mich in Unsicherheit! Geduld und Gehorsam sind die einzigen Tugenden, die uns beiden Rettung bringen können.«

Mit diesen Worten gab sie ihrem Roß einen Schlag mit der Gerte und war im Dickicht verschwunden. Wenig fehlte, so wäre die englische Lady hinter ihr drein gesprengt; aber der Ritter, der die beiden Damen bis hierher geleitet hatte, packte den Zaum ihres Zelters mit einem Blicke, der ihr deutlich sagte, daß er keine Abweichung von den durch Margaret de Hautlieu hinterlassenen Vorschriften gestatten werde. Nach wenigen Minuten ließ er aber den Zügel wieder aus der Hand und wies mit seiner Lanze nach einem anderen Dickicht, durch das sich ein enger, kaum sichtbarer Pfad wand. Sein Wink schien der Lady andeuten zu sollen, daß ihr Weg in dieser Richtung läge und daß er sie nicht länger hindern wolle, ihn einzuschlagen. Auf ihre Frage, ob er sie nicht weiter begleiten wolle, da sie doch nun an ihn seit ihrer Flucht aus der Abtei gewöhnt sei, schüttelte er mit Ernst das Haupt, als liege es nicht in seiner Macht, solche Bitte zu gewähren, wandte sein Roß nach einer anderen Richtung und war ihren Blicken schnell entschwunden. Ihr blieb nichts weiter übrig als der erhaltenen Weisung zu folgen, und nicht lange war sie dem schmalen Pfade gefolgt als ein seltsames Schauspiel sich ihren Blicken darbot.

Im Innern des Dickichts standen auf einem, von dichtem Unterholz eingeschlossenen kreisrunden Raume nur wenige herrliche Bäume von Riesenhöhe, die des Waldes Ahnen zu sein und, wenn auch, der Zahl nach gering, den ganzen Raum durch ihr ungeheures Zweigdach zu beschatten schienen.

Unter einem der Bäume lag ein graufarbiges Ding, das in größerer Nähe die Gestalt eines Mannes in grauer Rüstung zeigte, aber einer so seltsam und auffallend verzierten Rüstung, daß man deutlich den phantastischen Einfall erkannte, ein Totengerippe zur Darstellung zu bringen, dessen Rumpf durch den Brustharnisch und das Rückenstück gebildet wurde, während das Schild die Form einer Eule mit ausgebreiteten Flügeln erkennen ließ, ein Sinnbild, das seine Wiederholung im Helme fand, der von dem Bilde dieses unheilbedeutenden Vogels völlig bedeckt war. Was aber am meisten Überraschung hervorrief, war die Größe und Magerkeit der Gestalt, die, als sie sich vom Erdboden aufrichtete, eher einem aus einem Grabe aufsteigenden Gespenst als einem gewöhnlichen Menschen in aufrechter Stellung ähnlich sah.

Der Zelter, den die Dame ritt, fuhr schnaubend zurück, vielleicht erschreckt durch die jähe Erscheinung eines Wesens von so schrecklichem Äußern, vielleicht angewidert durch einen häßlichen Duft, der sich von der Gestalt ablöste.

Auch die Dame verriet, wenn nicht Angst, so doch Unruhe. Wenn zu so wunderlichem, manchmal halbverrücktem Mummenschanz die Ritterschaft auch bisweilen griff, so schien es doch wenigstens, zumal für eine einzelne Dame, ein ziemlich gewagtes Abenteuer, einem Ritter, der sich den Tod zum Sinnbild wählte, im tiefen Walde zu begegnen.

Welcher Art aber auch Charakter und Absicht des Ritters sein mochte, so nahm sie keinen Anstand, ihn in der Weise anzusprechen, wie sie aus den Erzählungen des Sängers hatte entnehmen können, in so festem und zuversichtlichem Tone, wie sie seiner irgend fähig war.

»Es tut mir leid, Herr Ritter, Euch durch hastige Annäherung, in Eurer Beschaulichkeit gestört zu haben. Mein Zelter muß Euch gewittert und mich hergetragen haben, ohne daß ich eine Ahnung davon hatte, jemand hier zu treffen.«

»Ich bin jemand, dessen Begegnung nur wenige aufsuchen,« erwiderte der Fremde in getragenem o, »bis die Zeit kommt, da man mich nicht mehr missen kann.«

»Ihr redet dem grausigen Charakter gemäß, den Ihr Euch zum Sinnbild erwähltet«, entgegnete Lady de Berkeley. »Darf ich mich an jemand von so schreckhaftem Äußern mit der Bitte wenden, mir eine Richtung durch diesen wilden Wald zu zeigen oder mir zu sagen, wie das nächste Schloß, die nächste Stadt oder Herberge heißt und wie ich auf kürzestem Wege hingelangen kann?«

»Seltsame Verwegenheit,« antwortete der Ritter des Grabes, »sich in ein Gespräch einzulassen Mit jemand, den die Welt scheut als unerbittlich und alles Erbarmens fremd, den selbst der unglücklichste Mensch nicht um Hilfe anzusprechen wagt, auf daß seine Wünsche nicht zu schnelle Erhörung finden.«

»Die finstere Rolle, in die Ihr Euch kleidet, kann Euch nicht zwingen, auf jene galanten Handlungen Verzicht zu leisten, zu denen Ihr Euch durch das Gelübde des Rittertums verpflichtetet« erwiderte Lady de Berkeley.

»Sofern Ihr Euch meiner Führung anvertraut,« erwiderte die grausige Gestalt, »so kann ich Euch die gewünschte Auskunft bloß auf eine Bedingung hin geben: daß Ihr meinen Fußtapfen folgt, ohne über die Wegrichtung Fragen zu stellen.«

»Ich meine, mich solcher Bedingung unterwerfen zu müssen,« antwortete Lady Augusta, »mein Herz sagt mir, daß Ihr einer jener schlimmberatenen Herren seid, die zur Verteidigung ihrer vermeintlichen Freiheit zurzeit in Waffen stehen. Mich hat ein rasches Unternehmen in den Bereich Eures Einflusses gebracht. Indessen dürft Ihr mir glauben, daß alles, was ich von Eurem Aufenthalt und Eurem Tun und Treiben hier sehe, für mich so unwichtig sein soll, als läge es unten im Grabe, dessen Sinnbild Ihr für Eure Rüstung gewählt habt. Gebt mir keine abschlägige Antwort, königlicher Bruce oder fürstlicher Douglas, falls ich mich in meiner Not wirklich, an einen aus solchem Geschlecht gewandt haben sollte! Man spricht von Euch als furchtbaren Feinden, aber edelmütigen Rittern und treuen Freunden. Handelt mit dem Bedenken, wie sehr den Eurigen an Mitleid liegen muß, wenn sie unter gleichen Umständen sich an englische Ritter wenden müssen.«

»Haben die Unsrigen dort Milde, geschweige Mitleid gefunden,« antwortete der Ritter noch finsterer als vordem, »und handelt Ihr weise, den Schutz eines schottischen Ritters um bloßer Verwegenheit willen anzurufen? Jemand, den Ihr um seiner äußeren Erbärmlichkeit willen für einen schottischen Ritter haltet, an die Art und Weise zu erinnern, wie die Lords von England Schottlands liebliche Mädchen und hochgeborene Frauen behandelten? Wurden sie nicht in Käfigen an die Zinnen ihrer Schlösser gehängt, dem niedrigsten Bürger zur Augenweide und Warnung? Kann solche Erinnerung einen schottischen Ritter zum Mitleid gegen eine englische Dame stimmen? Oder muß sie nicht vielmehr zum tiefsten Hasse gegen diesen König Eduard aus dem Hause Plantagenet, den Urheber all dieses Elends, spornen? Nein! Nichts anderes könnt Ihr erwarten, als daß ich erbarmungslos wie das Grab, für das ich gelten will, Euch in dem hilflosen Zustande lasse, in welchem Ihr Euch, Euren Worten nach, befindet.«

»So grausam könnt Ihr nicht sein,« versetzte die Dame, »denn Ihr seid ein Ritter und Edelmann, welchem Pflichten geboten sind, die Ihr nicht außer Acht lassen dürft.«

»Diese Pflichten sollen mir heilig sein,« sagte der gespenstische Ritter, »mich binden aber auch andere Pflichten, und ihnen muß ich diejenigen opfern, auf die Ihr mich hinweist. Das führt mich zu der weiteren Frage, ob Ihr es nicht für besser halten möchtet, daß jeder sich auf die eigenen Hilfsmittel beschränkt und, auf die Vorsehung bauend, seinen eigenen Weg geht.«

»Wie soll ich in meiner dermaligen Bedrängnis zu einem selbständigen Entschlüsse gelangen? Es ist doch nicht anders, als riefet Ihr einem Unglücklichen zu, der in einen Abgrund stürzt, er möge sich das Gestrüpp aussuchen, durch das er seinen Fall am besten aufhalten könne! Was könnte er antworten, als da er alles ergreifen wolle, was sich am leichtesten greifen lasse? Wenn er überhaupt noch antworten kann? Ich wiederhole, daß ich mich Eurem Angebot füge. Indessen müßt Ihr doch, um mir helfen zu können, Namen und Lebensumstände von mir kennen?«

»über alles dies bin ich durch die Gefährtin Eurer Flucht unterrichtet. Indessen dürft Ihr nicht meinen, junge Dame, als seien Bildung, Schönheit, Rang und Reichtum auf einen Mann, der die Sinnbilder des Grabes trägt und der schon längst alles ins Leichenhaus geschafft hat, was andere als Wunsch oder Neigung kennen, von irgendwelchem Einflüsse.«

»Möge Eure Treue so fest sein,« versetzte Lady Augusta, »wie Eure Rede finster! Ich unterwerfe mich Eurer Führung ohne Zweifel und Furcht!«


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