Paul Schreckenbach
Der König von Rothenburg
Paul Schreckenbach

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I.

Der Tag Sankt Kiliani des Jahres vierzehnhundertundsieben war ungewöhnlich kalt, regnerisch und stürmisch, wie es sich gar nicht ziemen wollte für einen Tag des heißen Julimondes. Trotzdem war die ganze Bürgerschaft Rothenburgs vom frühen Morgen an auf den Beinen; Alte und Junge, Vornehme und Geringe, Männer, Weiber und Kinder summten in der Stadt wie ein aufgestörter Bienenschwarm durcheinander. Aber diese Bewegung und dieses Leben galten nicht dem Heiligen, obwohl er hier besondere Ehren genoß, da er nach der Sage der erste Bischof von Würzburg gewesen war und dem Lande Franken das Christentum gebracht hatte. Vielmehr hatte die Pfaffheit heute ihre heilige Frühmesse vor fast leeren Bänken lesen müssen, und die Predigt zu Ehren des frommen Märtyrers hörten nur einige alte Weiblein und Almosenempfängerinnen mit geringer Andacht und heimlich nach der Kirchtür schielend an. Denn heute gab es in Rothenburg etwas zu sehen, was man um keinen Preis versäumen durfte. Der römische König Ruprecht hatte, jedermann zur höchsten Überraschung, seinen Besuch ankündigen lassen und konnte, da er vom nahegelegenen Ansbach beim Morgengrauen aufbrechen wollte, jede Minute vor den Toren der Stadt eintreffen.

Die Botschaft war dem Rate vor zwei Tagen durch den edeln Herrn von Weinsberg, des Königs Kämmerer, überbracht worden. Heinrich Topler, in dessen Hand das Schreiben übergeben ward, hatte noch am selben Abend den gesamten inneren und äußeren Rat zu einer Sitzung ins Ratshaus laden lassen. Bis gegen Mitternacht waren die Herren zusammengeblieben, aber niemand erfuhr, was sie beschlossen hatten, denn die Verhandlung war streng geheim gewesen. Nur das hatte der Rat öffentlich ausklingeln lassen: Die Bürger sollten von einer Schmückung ihrer Häuser absehen, da eine solche bei den gegenwärtigen Zeitläuften untunlich sei, dagegen habe sich aber auch männiglich vor einem jeden Zeichen des Mißfallens strengstens zu hüten bei Strafe langer Haft im Turm.

Alle Ehrbaren, soweit sie ihres Alters wegen noch imstande waren, ein Pferd zu besteigen, waren hoch zu Roß am Rödertor versammelt. Gegen zehn Uhr kündete Trompetengeschmetter vom Rathausturme und das Anschlagen der Glocke den Harrenden an, daß der königliche Zug die Höhe vor der Stadt erreicht habe und also in einer Viertelstunde zu erwarten sei. Sogleich setzte sich Topler mit einem Dutzend Ratsherren und einer großen Anzahl gewaffneter Knechte in Bewegung, um den König einzuholen, und als er auf etwa hundert Schritte an ihn herangekommen war, sprang er mit seinem Gefolge aus dem Sattel, ging ihm barhäuptig entgegen und hieß ihn im Namen der Stadt willkommen.

Ruprecht lüftete sein Barett, neigte sich gegen ihn und gab ihm mit einigen gnädigen Worten vom Pferde herab die Hand. Das bartlose, blasse, von vielen Furchen durchzogene Antlitz des Königs drückte dabei eine gewisse freudige Überraschung aus, er hatte offenbar gar nicht erwartet, so höflich begrüßt zu werden. Denn von dem unbändigen Trotze Toplers hatte man ihm Wunderdinge berichtet, auch wußte er, daß der Mann im geheimen seines Gegenkönigs Wenzel Freund war. Nun trat ihm der gefürchtete Bürgermeister ehrerbietig entgegen und sprach verbindliche Worte, ja, er ergriff sogar den Zaum des königlichen Rosses, um ihn auf diese Weise ins Tor zu geleiten. So war es doch ein glücklicher Gedanke von ihm gewesen, trotz der Abmahnung seines Schwagers, des Burggrafen, nach Rothenburg zu reiten und durch das Gewicht seiner Persönlichkeit die aufsässige Stadt zum Nachgeben zu bereden. »Mancher«, dachte er bei sich, »hat vorher große Worte, aber vor dem Angesichte des Königs wird er fügsam und schmiegsam.«

Er wußte nicht, daß Topler noch vorgestern im Rate gesagt hatte: »Herr Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, trägt den Namen eines römischen Königs, und wir haben ihm vor fünf Jahren, sintemalen es derzeit nicht anders ging, als unserem Herrn gehuldigt. So empfängt er die Ehren, die einem Könige zustehen, es wird mit den Glocken geläutet, er wird vor dem Tore willkommen geheißen, und die Schlüssel werden ihm voraufgetragen. Aber da er uns ein ungnädiger Herr sein will und es mit unseren Feinden hält, so wird ihm auch nicht mehr getan. Rothenburg hat keine Ursache zu kriechen und zu heucheln. Und des seid versichert, liebe Ratsgesellen: Begrüß' ich ihn mit Höflichkeit, wie sich's geziemt, so laß ich ihm doch keines Fingers Breite nach in der Sache, die er von uns fordern wird.«

König Ruprecht ahnte davon nichts und konnte davon nichts ahnen, denn daß einer die höfliche Form wahrte und dabei sein Gegner bleiben wollte, das war ihm auf deutschem Boden noch niemals vorgekommen. Selbst die vornehmsten Fürsten des Reiches pflegten die feindliche Gesinnung, die sie gegeneinander oder gegen ihr gewähltes Oberhaupt im Busen trugen, nicht hinter verbindlichen Formen zu verbergen, sondern legten in solchen Fällen zumeist eine hagebüchene Grobheit an den Tag. So mußte er sich trotz seiner Menschenkenntnis Toplers Art und Wesen fälschlich zu seinen Gunsten deuten.

Sobald aber der König das Rödertor passiert hatte und sich in der Stadt befand, sank seine frohe Zuversicht um ein Bedeutendes. Denn wohl summten und bimmelten die Glocken von allen Kirchen und Kapellen der Stadt, wohl stand das Volk in dichten Massen links und rechts des Weges, aber kein Heilruf erklang, stumm und still standen die Leute, Neugier malte sich in den Gesichtern, hier und da auch Abneigung und Trotz, nirgendwo Freude und Ehrfurcht. Es sah aus, als wäre das Volk gekommen, um den prunkvollen Leichenzug eines unbeliebten Großen anzuschauen, wo auf den Sarg nur unfreundliche und schadenfrohe Blicke fallen und doch der Majestät des Todes gegenüber alles in Schweigen verharrt.

Die Mienen des Königs wurden immer kälter und düsterer, als er so die Rödergasse und Hafengasse durch die stumme Menge hindurchritt, und er verabschiedete Topler hastig, nachdem ihn der Bürgermeister in die prächtig ausgestatteten Fürstenzimmer der Ratsherberge am Markt geleitet hatte. In einer Stunde, sagte er, wolle er drüben im Rathause den Vätern der Stadt seinen Willen kundtun. Bis dahin lehnte er außer dem Willkommenbecher, den ihm Topler bot, jede Bewirtung ab. Auch die Ritter und Räte entließ er auf der Stelle, er wollte allein sein.

Als sie alle gegangen waren, warf er sich in einen Armstuhl und stützte das Haupt schwer in die Hand. Die Sache ließ sich übel an, um deretwillen er gekommen war, das fühlte er. Sein sehnlichster Wunsch war, die Fehde zu verhindern, deren Ausbruch jeden Tag erfolgen konnte. Deshalb hatte er den immerhin ungewöhnlichen Weg eingeschlagen, persönlich als Friedensmahner in eine Stadt einzureiten, die er schon mit der Reichsacht bedroht hatte. Aber er hatte zu diesem Schritte seine sehr gewichtigen Gründe. Er wollte die Schwerter in der Scheide halten, nicht nur, weil er von Natur ein Mann des Friedens war, der am liebsten durch kluge Unterhandlungen seine Ziele erreichte, auch nicht nur deshalb, weil es seinem königlichen Ansehen nur schaden konnte, wenn wieder einmal ein Teil des heiligen Reiches in grimmem Zwist sich zerfleischte. Seine Friedensliebe entstammte vor allen Dingen der Besorgnis, sein Schwager, der Burggraf, könne nach dem Siege allzu mächtig werden. Er hatte ihn schon im geheimen kraft seiner königlichen Gewalt in alle Güter und Habe der Rothenburger eingesetzt, wenn er die Stadt bezwungen hätte, denn er mußte dem zu Willen sein, der ihn zum Könige gemacht hatte. Aber er fürchtete, dieser kühne Zollern könne selbst nach der Krone greifen, wenn er erst Herr in Franken wäre. Unerhört und neu wäre so etwas im römischen Reiche deutscher Nation nicht gewesen, und der kriegerische und entschlossene Burggraf war – das mußte er sich heimlich eingestehen – viel mehr als er selbst ein König nach dem Herzen der Deutschen. Daher mußte er die Rothenburger bereden, ihm die Schlösser zu öffnen, das war immer noch besser, als wenn der ehrgeizige Schwager Herr der Stadt und des ganzen Gebietes wurde.

So saß er denn in dumpfem Brüten da und merkte nicht, wie die Zeit verging. Fast erschrocken fuhr er auf, als sein alter vertrauter Rat Johann Kirchheim bei ihm eintrat und meldete, daß vier Ratsherren auf dem Vorsaale warteten, um ihn ins Rathans zu geleiten.

»Hast du das Privilegium bei dir, so ich der Stadt verleihen will, Kirchheim?« fragte er, sich erhebend.

»Jawohl, gnädigster Herr, doch fürchte ich, daß wir damit den rollenden Stein nicht aufhalten werden.«

Ruprecht seufzte und strich sich das dünne graue Haar aus der Stirn. »Wir müssen das Gott überlassen. Wir haben dann jedenfalls alles getan, was wir für den Frieden tun konnten.«

Darauf ließ er sich von den herbeigerufenen Dienern den Kronhelm auf sein Haupt setzen und den scharlachnen Mantel umlegen und zog unter Vorantritt der Rothenburger Ratsherren mit seinen Räten und Hofherren zum Rathause hinüber.

Die breiten Türen des großen Saales flogen auf, und der König trat ein. Aber befremdet ließ er seine Augen umherschweifen, denn es war wohl für ihn ein erhöhter Thronsessel bereitgestellt, auch die Stühle für sein Gefolge fehlten nicht, aber von den Ratsherren, zu denen er hatte reden wollen, war niemand zur Stelle, nur der Bürgermeister bewillkommte ihn an der Tür.

»Wo ist der Rat, den ich zu versammeln gebot, Herr Topler?« fragte er verwundert, »Haben die Herren die Stunde versäumt?«

»Der Rat der Stadt hat mir Gewalt und Macht gegeben, mit Eurer Königlichen Hochwürdigkeit in seinem Namen zu reden und zu handeln,« erwiderte Topler mit einer Verneigung.

»Ach!« rief Ruprecht mit einem herben Lächeln, »da seid Ihr ja in Wahrheit der König von Rothenburg!«

Der Bürgermeister hob erstaunt den Kopf. »Das Wort war nicht zu Euch geredet und nicht für Euch bestimmt, gnädiger Herr,« sagte er gelassen. »Doch da es Euch einmal hinterbracht ist, kommt mir's nicht in den Sinn, es abzuleugnen. Wollen denn Eure Hoheit als römischer König verhandeln mit mir als dem Könige von Rothenburg!«

Im Gefolge Ruprechts entstand bei Toplers Worten ein unwilliges Gemurmel, und einige der ritterlichen Hofleute stießen ihre Schwerter klirrend auf den Boden auf. Die kühle, überlegene Art, mit der dieser Stadtbürger dem König entgegentrat, empörte sie.

Der König beschwichtigte den Ausbruch ihres Zornes durch eine Handbewegung und wandte sich dann wieder zu Topler. »Ein Gutes hat der Beschluß des Rates, Euch alle Vollmacht zu übertragen: Ich kann mich kürzer fassen, wenn ich zu einem rede, als wenn mir viele gegenüberstehen. Zuvörderst, auf daß Ihr erkennt, ich sei mit gutem Willen und nicht in Ungnade zu Euch geritten, so nehmet hier aus den Händen meines Kämmerers und Geheimen Rates das Privilegium entgegen, das Rothenburg schon längst begehrt. Der Jahrmarkt auf Sankt Bartholomäitag sei Euch verwilliget unter des Königs Schutz und Frieden.«

Auf einen Wink seines Herrn überreichte Kirchheim dem Bürgermeister das Pergament. Der griff freudig zu. »Das ist ein königlich' Geschenk, erhabener Herr! Die Stadt Rothenburg dankt Euch dafür durch meinen Mund. Indessen – es gibt selten etwas in der Welt ohne Gegengabe. Was verlangt Eure Hoheit dafür?«

»Dafür nichts,« entgegnete Ruprecht. »Doch bin ich geneigt, aus dem Jahrmarkt eine Messe zu machen, wie sie Frankfurt hat von altersher und sie euch beizulegen, wenn ihr meinem Wunsche, den ich Euch künden werde, willfahren wollt.«

»So gebe Eure Königliche Hoheit ihren Willen kund!«

»Als christlicher König will ich verhindern, daß wieder eine große Fehde das Reich verwüstet und mit Blut überschwemmt. Darum will ich Euch mahnen, daß Ihr Eure Schlösser dem Burggrafen öffnet zu seinem Aus- und Eintritt. Das verlangt er als der Schutzherr eurer Stadt und als mein, des Königs, Landvogt in Franken, und Ihr müsset eingestehen, es ist nicht Herkommen und Recht im Reiche, daß Bürger ihrem Schutzherrn ihre Festen verschließen und wie die edeln Herren oder die Grafen und Fürsten ihre Burgen besitzen.«

»Die Burgen haben wir zu unserem Nutz mit unserem Gelde gekauft und uns zur Wehr mit unserem Gelde ausgebaut. Das Reich hat uns keinen roten Heller dazu gegeben. Und wenn wir unsere Schlösser dem Burggrafen verschließen, so haben wir alle Ursach' dazu, denn wir kennen seine Pläne wohl. Und mich wundert, daß Ihr selbst ihn so fördern wollt, denn seine Gedanken fliegen hoch. Wäre er erst Herr in Franken – weiß Gott, er möchte dann bald etwas ganz anderes noch sein.«

Ruprecht zuckte zusammen. Das Wort traf ihn wie ein Stich ins Herz. Hätte er ehrlich sein dürfen, so hätte er sagen müssen: »Ihr habt recht. Ich schneide mir selbst ins Fleisch, wenn ich einen Fürsten neben mir zu mächtig mache.« Aber er war an den Burggrafen durch schwere Eide gebunden, und deshalb schwieg er und stand verlegen da.

»Endigt dieses Gespräch, gnädiger Herr König!« rief da der Edle von Weinsberg aus dem Hintergründe. »Es ist Eurer königlichen Würde zuwider, daß Ihr von diesem Herzoge der Pfahlbürger Lehren anhöret!«

Topler blickte ihn kalt an und sagte halb über die Achsel: »Schweigt, Ritter, bis Euch einer fraget! Wenn Herren sich bereden, haben Knechte zu schweigen.«

»Was?« schrie der Edle und fuhr ans Schwert. »Wir sagst du das, Krämer? Das Wort sollst du fressen!«

»Weinsberg!« donnerte ihn Topler an, »Ihr steht auf Rothenburger Grund. Und wer im Frieden der Stadt das Schwert zückt, verliert die rechte Hand. Das merket! Bei Sankt Jakob, unser Marktplatz hat schon manchmal besseres Blut getrunken als Eures!«

In diesem Augenblicke ward die Tür geöffnet, und bewaffnete Knechte drangen ein, meinend, der Bürgermeister habe sie gerufen. Man sah, daß der ganze Vorsaal und auch noch die breite Ratstreppe von Spießen und Hellebarden starrte.

Weinsberg ließ die Hand sinken und blickte blaß und verstört um sich. Er merkte, daß er mit seiner hochfahrenden Grobheit an den Unrechten gekommen war, und daß ihn selbst des Königs Fürsprache nicht retten würde, wenn er weiterhin dieses Mannes Zorn reizte.

Aber auch der König war erblaßt. Einen Moment schoß ihm sogar der Argwohn durch den Kopf, der verwegene Bürgermeister habe es darauf abgesehen, ihn hier mit seinem ganzen Gefolge festsetzen zu lassen und vielleicht gar dem Burggrafen gegenüber als Geisel zu behalten. Er erinnerte sich, daß etwas Ähnliches dem Könige Rudolph von Habsburg begegnet war, der dann nur durch die List eines Weibes gerettet ward, und der war viel mächtiger gewesen als er. Aber Topler wandte sich an ihn mit einer tiefen Verneinung und sagte: »Ihr müsset mir zugestehen, daß ich mich höflich und ehrerbietig Euch gegenüber gehalten habe, aber einen Schimpf stecke ich nicht ein von einem, der sich dünket, er sei ein Herr, weil er des Königs Rosse zäumen und füttern darf.«

Er sprach das alles in sehr verbindlicher, fast unterwürfiger Haltung, aber Ruprecht sah doch ein, daß er mit seinem Ritte nach Rothenburg eine Torheit begangen habe, und daß ein Wortstreit mit dem Bürgermeister, bei dem er unfehlbar den kürzeren ziehen mußte, für einen deutschen König wenig rühmlich sei. Der Mann war nicht einzuschüchtern und nicht durch Geschenke und Angebote zu gewinnen, wie es vielleicht eine Ratsversammlung gewesen wäre. Sein Plan war durchkreuzt, indem er auf ein Stadthaupt traf, statt auf deren hundert, es kam jetzt nur noch darauf an, einen möglichst würdevollen Abgang zu gewinnen.

Daher richtete er sich steif auf und fragte ernst und nachdrücklich: »Sogar gegen das Meßprivilegium seid Ihr nicht Willens, die Burgen zu öffnen?«

»Privilegien sind nur etwas wert, wenn man sie schützen kann, gnädigster Herr, und die Burgen sind unser Schutz.«

»Dann also kann ich das Unheil nicht wenden, das über Euch und Eure Stadt kommen wird. Es ist mir leid darum, sehr leid. Weinsberg, sagt den Knechten, daß sie die Rosse vorführen! Und Ihr, Herr Topler, spart Euch jegliches Geleit. Ich scheide von dieser Stadt in Ungnade, das mögen alle Leute wissen.«

»Die Ungnade Eurer Königlichen Hoheit tut mir weh, doch kann ich sie nicht ändern,« entgegnete Topler, und da der König ausdrücklich sein Geleit abgelehnt hatte, so ließ er ihn, ohne auch nur einen Schritt zu tun, ruhig aus dem Saale gehen. Da sich nun draußen das Volk fast verlaufen hatte, sintemalen es Mittagszeit war, so kam es, daß König Ruprecht von fast niemandem beachtet wurde, als er aus der Stadt entwich, die er wenige Stunden vorher mit so großem Gepränge betreten hatte. Sein Abreiten sah beinahe einer Flucht ähnlich.

Zwei Tage später aber erschien der Ritter von Egloffstein vor dem Rödertore und heftete den Achtbrief König Ruprechts an. Darin stand geschrieben, daß die von Rothenburg ob der Tauber auf Klage Herrn Friedrichs, Burggraf von Nürnberg, in des heiligen Reiches Acht mit rechtem Urteile geteilet seien, daß jedermann gehalten sei, besagtem Friedrich zu seinen Rechten wider die von Rothenburg zu verhelfen, daß niemand die Bürger hausen, ätzen, tränken, noch irgendwelche Gemeinschaft mit ihnen haben dürfe, sondern daß jeder sie ergreifen und so mit ihnen verfahren solle, wie man mit des Reiches Ächtern verfahre.

»Hebe das Schreiben sorgfältig auf!« sagte Topler zu dem neuen Stadtschreiber. »Lege es in einen großen Kasten zu unterst. Es wird Junge kriegen in den nächsten Wochen, lauter Absagebrieflein wird es ans Licht der Welt bringen, zuerst des Burggrafen, dann der anderen Herren. Sie alle bewahre wohl! Unsere Nachkommen sollen wissen, welcher Macht sich ihre Väter einstmals erwehret haben.«


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