Heinrich Schaumberger
Der Dorfkrieg
Heinrich Schaumberger

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»'s ist ein verwünschter Kram,« rief der Zimmerdick und schüttelte zornig den Kopf, als das Getümmel immer größer ward. »Ein verwünschter Kram, sag ich! Meinetwegen möchten sie sich ja die Jacken ausklopfen nach Belieben, juckt ihnen das Fell, – wenn wir nur nicht darein verwickelt wären. Was anders könnte ich mir antun, wenn ich bedenke, daß man uns mit Recht vorwerfen wird: ihr seid die eigentlichen Anstifter des schandbaren Unfugs! – Wer hätte auch denken können, daß die Geschichte solchen Verlauf nähme? Gott im Himmel, und wenn's mit dieser Schlägerei noch abgetan wäre, wollte ich gar nichts sagen, aber es sieht's ein jeder, das ist erst der Anfang des Krieges, – das Elend, was nachkommt, ist gar nicht zu 106 übersehen. Und daß sich auch die Musikanten tätlich dreinmischen, ich möcht aus der Haut fahren!«

»Was du nur jammerst,« klagte der Schneidershannikel. »Was kümmert dich zuletzt die ganze Wirtschaft? Mir aber greift's in den Geldbeutel, mir geht's an Hab und Gut! Ihr wißt, mein Heiner soll den Zipfelschneider beerben, – was wird aber zu erben übrig bleiben bei solchen Prozessen, wie sie nach dem Kampf gar nicht ausbleiben können? Und die Schulzenkarline, das Prachtmädle, meine Freud und mein Stolz, da ist gar nicht mehr dran zu denken, daß sie meine Schwiegertochter wird. Wenn ich das alles so überlege, ich weiß mir meines Elends kein End!«

»Hättest das früher bedenken sollen,« sagte Hansaden verdrießlich. »Jetzt kauf ich dein Lamento für keine Pfeif Tabak. Warst du's nicht, der die Sach zum Ausschlag gebracht hat? War's nicht dein Heiner, der die Geschicht zur Ausführung brachte? – Aber um Gottes willen, ihr Männer, was ist zu tun? Sollen wir das Elend so ruhig mit ansehen? Die schlagen sich wahrhaftig noch krumm und lahm, reißt sie niemand auseinander!«

»Ist dir's zu wohl in deiner Haut?« rief der Schneider giftig. »Geh, wirf dich dazwischen; sieh, was du ausrichtest. Ich für mein Teil bedank mich, für meinen Buckel sind mir Buchbacher und Windsberger Prügel nicht gut genug!«

»Ja, das weiß man, darin bist du eigen,« höhnte Hansaden. »Was Prügel betrifft, kann dir's kein Mensch recht machen außer deiner Alten!«

»Daß dich der Geier,« fuhr Hannikel auf. »Das geht an meine Ehr! – Was willst du damit sagen? – 'raus mit der Farbe, was soll das bedeuten?«

»Nur stet, nur stet,« sagte der Zimmerdick lachend und schob den Schneider, der sich herausfordernd vor Hansaden auf die Fußspitzen gestellt, zurück. »Ist's des Jammers nicht genug? Willst du auch ausarten? Nur ruhig, wir kennen ja dich und deine Alte! So 'ne kleine Tachtel ist gesund, absonderlich Leuten, die so viel sitzen wie du. Nur gleich ganz still!! – Aber wahrlich angst und bang wird einem! Wo will das noch 'naus?«

»Ach du gejechtej Himmel! Da, – da, – so seht doch, – 107 do't den Buchbacher Weg 'jaus,« rief der Bergkasper und deutete nach der bezeichneten Richtung. »So wah' ich lebe, die Lindenbrunne' allzumal, wie sie Gott geschaffen hat, – zwei, – fünf, – sieben, – neun, – zwölf, – fünfzehn, – zwanzig, djeiundzwanzig, – fünfundzwanzig Mann, Gott im hohen Himmel djoben, fünfundzwanzig Mann! – Ach, Herr meines Lebens, hat man je so was ejlebt? – Ich mach mich davon, das wi'd Mojd und Totschlag!«

»Was zu arg ist, ist eben zu arg,« rief der Zimmerdick. »Das geht beim Kuckuck ins Große! Ihr Männer, jetzt dürfen wir nicht länger zusehen, die Lindenbrunner wenigstens müssen wir abhalten! Vorwärts, wir müssen entgegen und sie abhalten!«

»Abhalten?« schrie der Schneider. »Ja, ihr könnt was abzuhalten kriegen, aufhalten werdet ihr die niemals!«

»Probieren wenigstens müssen wir's, 's ist unsere Schuldigkeit,« rief Hansaden. »Vielleicht bringen wir sie doch dahin, daß sie sich mit uns vereinigen, die Ordnung herzustellen!«

»Das ist ein Wort,« stimmte ihm der Zimmerdick aufatmend bei. »Ja, was an uns liegt, dürfen wir nicht versäumen. Kommt, ihr Männer, daß wir mit den Lindenbrunnern reden, eh ihnen auch noch der Verstand davonläuft!«

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