Heinrich Schaumberger
Der Dorfkrieg
Heinrich Schaumberger

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»He, Kasper, so wache doch auf!«

»Laß mich in Fjieden,« knurrte der im Schlaf Gestörte ärgerlich. »Was willst?«

»Ich habe keine Ruhe,« entgegnete der Schneidersheiner. »Denk doch: 's ist heute schon der dritte Kirmestag und noch nicht einen dummen Streich hat's gegeben. Das ist keine Art! – So hör doch, – mir ist grad ein Gedanke gekommen! – 's ist nicht mehr weit vom Tag, – wie wär's, wenn wir in aller Stille die Musikanten zusammentrommelten und auf meinem Paten-Hausdach den Morgen anbliesen?«

»Die Sache wär authientisch,« erklärte der Bergkasper, der nun auch vollständig ermuntert um sich schaute. »Dann müssen wij abej bald Anstalt tjeffen, sonst ist's zu spät! – Abej, Heinich, Heinich, was wijd dein Pat dazu sagen? Nimm dich in acht, e könnt's kjumm nehmen!«

»Ach was,« lachte Heiner. »Lärmen wird er freilich, – das ist eben der Witz, aber ernstlich bös wird er nicht, er müßte ja nicht der Zipfelschneider sein! Donnerwetter, werden die Buchbacher auffahren, geht droben die Musik los! Auf jetzt, wecke die Musikanten auf dieser Dorfseite, ich hole die über dem Wasser, im Schrot hinter meinem Patenhäusle kommen wir zusammen. Vorwärts!«

»Ist schon jecht,« lachte Kasper, nahm seine Klarinette vom Nagel und schlüpfte hinter dem Schneidersheiner die Treppe hinab.

Noch war es dunkel, aber ein heller Streifen über dem nahen Waldgebirg verkündete den erwachenden Morgen. Im Dorf war es tief still, selbst die Mühle war gestellt, und das Wasser schäumte über das Wehr in den sonst leeren Abzugsgraben; nur die Hähne krähten, da und dort bellte ein Hund. Leise flüsterte der Morgenwind in den Baumkronen und trug von den Wiesen süßen 88 Heugeruch herein; vom kranzgeschmückten Plan dufteten die Blumen stark und die Seidenbänder rauschten. Im Wald dicht über dem Dorf erwachten die Vögel, starker Tau lag auf den Büschen und dem rotköpfigen Klee. Ein Hase tauchte plötzlich aus den Blumen auf, arbeitete mit den Löffeln, dann floh er den Hang hinan, daß der Tau wie ein Staubregen umhersprühte, Erde und Steine in die Tiefe prasselten. Gleich danach rauschte und krachte es in den Büschen, unterdrücktes Lachen ward laut, vorsichtige Schritte kamen näher. »In's Kuckucksnamen, was soll das einmal wieder bedeuten?« zankte der Zimmerdick mit unterdrückter Stimme. »Was habt ihr wieder für eine Narrheit vor?«

»So seid doch gescheit,« zankte der Heiner ebenso. »Seht Ihr nicht, daß es auf einen Spaß abgesehen ist? – Vorwärts, – das Leiterle reicht eben, jetzt fix aufs Dach!«

»Und meinst du, ich werd für nichts und wieder nichts dem Zipfelschneider sein Dach in Gefahr bringen? Nichts da, du Hansdampf! Ich geh heim! Und läßt du dir nochmal beikommen, mich solcher Nichtsnutzigkeit wegen aus den Federn zu jagen, rede ich anders mit dir!«

»So? Ihr wollt fort? Den Spaß verderben? – Zimmerdick, von Euch hätte ich auch was anders erwartet! – Ist das Musikantenart?« zankte der Heiner.

»Er hat recht,« stimmte Hansaden bei. »Marsch vorwärts, Dicker, das Dächle wird dich wohl tragen. Ein Musikant muß alles mitmachen. Vorwärts, Kasper, geh voraus, du bist ja solch ein Dachreiter!«

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