Felicitas Rose
Provinzmädel
Felicitas Rose

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Einer von Euch Beiden muß mir Rechenschaft über diesen Brief geben, und da Rumohrs Adresse nicht ausfindig zu machen ist, so wende ich mich an Dich.

Kerlchen, Kerlchen, – ich bin in großer Aufregung. Ihr beiden liebsten Menschen! Sollte ich mich wirklich eines von Euch zu schämen haben? Es ist unmöglich.

Gib mir umgehend Nachricht.

Dein Erich-Bruder.«

Brief von Kerlchen an Bruder Erich.

»Lieber Erich, doch, es ist so. Du hast Dich meiner zu schämen. Ich habe nicht gewußt, daß ich den Fritz von Rumohr so ganz schrecklich lieb habe, daß ich's nun beinahe nicht ertragen kann, ihn zu verlieren.

Und weil ich früher nicht so stark drüber nachdachte, tat es mir so sehr leid, daß Ihr alle so traurig über den frühen Termin meiner Hochzeit wart, und ich wollte Euch doch alle dabei haben und Euch zeigen, wie lieb ich Euch hab', und deshalb riß ich aus.

Es war gerade zwei Tage vor dem von Fritz anberaumten Hochzeitstage, und ich fuhr nur zu Bümi, die so schwer krank war und sich so namenlos über mich freute.

Aber dann hat Doktor Schirmer mit mir rasend vernünftig gesprochen, und ich drehte gleich um und fuhr nach Buchenwalde zurück und konnte beinahe nicht atmen vor Glück und der Zug fuhr mir viel zu langsam.

Aber Fritz war schon fortgereist, und Ohm Waldemar erzählte mir, daß ich Fritz bis ins tiefste Herz gekränkt hätte.

Sie meinen auch alle, ich hätte das Ehrgefühl von Fritz ganz schlimm verletzt.

Aber nicht wahr, das kann doch nicht richtig sein.

Ich verehre ja Fritz noch viel, viel mehr, als ich ihn lieb habe und das ist doch schon doll. Aber freilich – sein Herz mag ihm wohl weh getan haben – arg weh, und wenn ich nur wüßte, wo er steckte, dann führe ich gleich hin über Berg und Tal, oder liefe auch zu Fuß – –

Das finden nun alle wieder schrecklich und unweiblich, und ich kann es nicht verstehen und sehne mich nach Väterchen, weil der doch gleich das rechte Wort wüßte.

Ist es unweiblich, wenn man sein Unrecht einsieht und alles gern wieder gut machen möchte und so schnell wie möglich wieder Sonnenschein in das Herz des Gekränkten schicken will?

Ich würde ja auch weiter nichts tun, als rasch einmal Friedels Hand fassen und ihm sagen, daß ich ganz riesig gern seine Frau würde und daß ich ihn über alles in der Welt lieb hab' und es gar nicht ertragen kann, ihn so einsam zu wissen.

Dann könnte er ja immer noch tun und lassen, was er wollte, aber ich wär' doch meine Angst und meine Sorge los und die grenzenlose Scham, daß ich undankbar gewesen bin gegen ihn, den Guten, Treuen, Sorgenden.

Du wirst mir nun gewiß auch sehr zürnen, lieber Erich, nun Du alles weißt, aber ich kann gar nicht mehr sehr stark weinen darüber, denn ich muß immerfort nur an Fritz denken und hab' kaum noch eine Träne. Schreib' mir doch, ob Du mich auch verlassest. Ich bin sehr einsam.

Deine Felicitas.«

Brief vom Schlachter Krone an Kerlchen.

»In Verehrung geliebtes Fräulein!

Es war wie ein Dolchstoß oder auch Schlag auf den Kopf, als ich die Nachricht von Ihrer nicht vollzogenen Vermählung bekam. Und sehe nun wieder, daß Sie in Ihrem undurchdringlichen Edelmut ein krankes, altes Weib pflegen, anstatt mit dem Geliebten am Honigmond zu knabbern.

Konnte diese Großmutter nicht etwas später hinfällig werden?

Doch dies beiläufig und nur in Ihrem Interesse. Denn in meinem liegt es ja, daß Sie nun erst im Oktober Ihr rotes Blut mit blauem vertauschen und ich dem beiwohnen kann.

Denn das freudige Ereignis ist bei meinem Newö eingetroffen und müssen wir nur um Entschuldigung bitten, daß es so kurz vor Ihrer Hochzeit passierte.

Haben Sie nur die ergebenste Güte, mir den neuen Termin mitzuteilen, wo doch das Hochzeitsgeschenk schon da und eine silberne »Schardiniäre« ist, was meine Frau selbst gekauft hat, dieselbe kostet fünfzig Mark und wird gern umgetauscht, Und hätte ich damals gern selbst die Schardiniäre ausgesucht, konnte es aber wegen meiner großen Notdurft im Geschäft nicht, sondern tat es meine Alte, welche nur noch mit einem Lederlappen sauber abgerieben zu werden braucht, was ich selbst besorge in Gedanken an Sie. Bis zum Oktober muß ich nun noch reisen und große Vieheinkäufe machen und bleibe nun bis dahin in bräutlicher Aufregung

Ihr treuester Freund Krone.

Aus Kerlchens Tagebuch.

So viele Briefe bekomme ich, – ach, es tut wohl und weh, sie alle zu lesen.

Die mir ferner Stehenden glauben, ich sei verheiratet, und schicken viele treue Wünsche für mein eigenes Heim, die andern aber halten mich für das edelmütigste Wesen unter der Sonne, glauben, es würde in Rotbach noch gebaut und ich pflegte nun bis zur Hochzeit die alte Großmutter Tönningsen. Keiner ahnt, daß ich hier wie in der Verbannung lebe, auch Muttchen nicht und die Buchenwälder nicht, denn ich schreibe ganz ruhige Briefe und klage kein einziges Mal.

Denn sonst würde Ohm Waldemar darauf bestehen, daß ich heimkomme zu ihm, aber das darf ich nicht.

Es ist eine Art Sühne für mich, daß ich hier kaum eine frohe Minute habe, – – Fritz hat sie ja auch nicht, – durch meine Schuld.

Großmutter Tönningsen liegt zu Bett, der »Anfall« ist wieder gekommen und hat eine Art Lähmung zurückgelassen, sie kann aber gut sprechen, und nur die rasche Bewegung ist ihr versagt.

Dr. Lorentzen hat sie ins Bett gesteckt, und ich habe ihm in die Hand versprochen, auf sie zu achten und sie nicht herauszulassen; es ist schlimmer, als wenn ein wilder, unbändiger Bub krank ist.

Frau Heinke Tönningsen ist die sonderbarste Großmutter, die ich je kennen gelernt habe.

Ach, aber wie gern wollt' ich sie pflegen, wollte Tag und Nacht nicht von ihr weichen, wollte die schwersten Arbeiten tun, wenn – – ich noch allein hier wäre.

Aber – – Edmund Tönningsen ist angekommen. –

Ich weiß nicht, was das Gräßlichste an ihm ist: sein rotes Gesicht, sein mottenzerfressener Bart, seine großen gelben Zähne, die aufgeworfenen Lippen, die abscheuliche Sprache, oder der blaue Schlips.

Er spricht ganz gut deutsch, aber er »verachtet« unsere Sprache, wie er sich gleich am ersten Tage geschmackvoll ausdrückte.

Die Teller, welche ich gerade herausräumte, wurden lebendig in meiner Hand, ich hätte sie ihm am liebsten samt und sonders an den Kopf geworfen.

Großmutter Tönningsen ist entzückt von ihm, er imponiert ihr mit seinem Schwadronieren, und als wir am Abend seiner Ankunft ziemlich spät zur Ruhe gingen, sagte sie zu mir: »Mein Gott, wie können zwei Enkel so verschieden sein!«

»Ja, das ist wahr!« rief ich, »Fritz von Rumohr so stolz und groß und schön und gut und hochgemut und – dieses Greuel.«

Da war die Großmutter zum erstenmal hart und häßlich zu mir.

»Schämst du dich nicht?« fuhr sie mich an. »Du willst noch hinter jemand herhimmeln, der dich sitzen gelassen hat? Mir ist der Edmund am kleinen Finger lieber, als der Fritz mit Haut und Haar.«

»Mir nicht!«

»Mir nicht!« ahmte die Großmutter zornig nach. –

»Natürlich solch ein dummes Mädchen urteilt nur nach dem Äußeren, und ein »schöner« Mann ohne Ehr' und Gewissen gilt mehr als ein braver, der häßlich aussieht.«

»Der sieht auch nicht brav aus.«

»Schweig'!«

Natürlich schwieg ich, denn es ist unmöglich, dieser Großmutter auf die Dauer zu widersprechen, aber leider sah sie mit ihren schwachen Augen auch nicht, daß ich trotzdem im hellsten Widerspruch mit ihr stand.

Gottlob, – Edmund Tönningsen wohnt nicht in unserm Hof, sondern auf dem Vorwerk, das zehn Minuten von hier entfernt liegt, aber das nützt mir nicht viel, er ist ja immer hier und sieht nach dem Rechten, oder vielmehr nach »der Unrechten«, denn es ist ganz unbegreiflich, daß er mich gern leiden mag und, – wie die Großmutter behauptet – »sofort einverstanden« mit ihrem Plane war.

Sie hat diesen Plan gleich mit dem Amerikaner besprochen, und das finde ich abscheulich. Jawohl!

Ich bin ja gar nicht frei – nein, ich gehöre dem Fritz, – bis, bis Fritz mir selbst sagt, daß ich nie seine Frau werde und nie Felicitas Rumohr heißen kann. –

Und dann gehöre ich ihm immer noch, und nie, nie einem andern. Ich will jetzt gar nicht mehr in mein Tagebuch schreiben, ich will jeden Abend mit Fritz plaudern und wenn ich dann höre, wo er ist, schicke ich schnell alle Briefe auf einmal hin.

Dann bin ich nicht so verlassen, ich denke, Fritz wäre in meiner Nähe und ich brauchte bloß zu jodeln: »Hu – hu,« dann käm' er rasch zu mir.

26. August 18....

Mein lieber Fritz!

Guten Abend! Es ist schon sehr spät, ich komme jetzt nie bald zur Ruhe und stehe doch immer schon um vier Uhr wieder auf, das macht recht müde auf die Dauer.

Aber Großmutter Tönningsen hat so wenig Schlaf und braucht mich abends auch sonst für ihre Person, ich tue auch alles sehr gern, wenn ich ganz allein mit ihr bin.

Aber das kommt nur selten vor, denn sowie sie erwacht, ruft sie auch den Amerikaner, und der sitzt dann bei uns und nimmt alle Mahlzeiten mit uns ein.

Wenn er nicht ein tüchtiger Landwirt wäre, dann wäre er wahrscheinlich überhaupt nicht los zu werden, aber so nimmt ihn die Ernte, gottlob, stark in Anspruch.

Die Großmutter sieht wie in einen Spiegel in ihn hinein, aber es ist ein sehr plumper Spiegel und so fleckig, wie ihn sich das Gesinde kauft und in die Kammer hängt. Und ich hab' ein Grauen vor ihm, lieber Fritz, ich muß es Dir einmal sagen.

Er ist gar nicht wie andere Menschen, er geht nicht fort, wenn man grob und abscheulich gegen ihn ist, er kommt sogar immer näher.

Denke Dir, er hat mir gesagt, ich wäre ein »reizendes Geschöpf«, und als ich zornig wurde, meinte er, das liebte er erst recht, und wenn ich ihn noch ein einziges Mal wegstieße, würde er mich küssen.

Da fühlte ich, daß ich ganz blaß wurde und eiskalt, und ich sagte ganz ruhig zu ihm, so als ob ich es gar nicht selbst sei: »Dann würde ich Sie totschlagen.«

Da ging er und lachte kurz auf, aber er sah sich immer besorgt nach mir um und glaubte nun doch wohl, daß es mir Ernst war.

Ich mußte mich gleich darauf fest hinlegen, denn, lieber Fritz, es war mir so, als hätte mich jemand heftig geschlagen, ich konnte gar kein Glied rühren.

Findest Du nicht auch, daß es furchtbar traurig ist, daß Du nicht bei mir bist und mich beschützen kannst? Ich kann es ja gewiß auch allein und Du mußt ja nicht denken, daß ich nicht tapfer bin, aber ich bin wohl doch nicht so stark wie ein Mann, weil ich nur ein Kerlchen bin, und es fällt mir so schwer, etwas Häßliches anzufassen. Edmund Tönningsen ist sehr häßlich, – innerlich und äußerlich.

Er quält Tiere, das habe ich selbst gesehen, und er hat keine so lieben dunklen Augen wie Du, und keine so wunderbar-wunderschöne Nase und nicht so ein längliches edelgeformtes Gesicht, auch keine braunen Locken, ach, und keine liebe, feste Hand, die man gleich so vertrauensvoll festhalten kann, wenn man sie einmal geschüttelt hat.

Die Hände vom Amerikaner sind immer so naßkalt – huh – so abscheulich.

Du weißt ja, mein Väterchen beurteilte jeden Menschen nach seinen Händen, und das ist auf mich übergegangen.

Ich meine immer, wenn Du es so richtig wüßtest, wie einsam und traurig ich hier auf dem Marschhofe sitze und dabei immer auf dem Posten sein muß, – Du würdest ganz schnell herkommen und mir alles verzeihen und mich wegholen.

Lieber, lieber Fritz, es tut mir so leid, daß ich so ein schreckliches Mädchen bin und so unweiblich. Aber ich kann wirklich nicht anders, ich muh es Dir sagen, daß ich mich so unbeschreiblich nach Dir sehne und Dich so – so – so lieb habe.

Dein treues Kerlchen.

P. S. Heute ist Papas Geburtstag. Der 26. August. Ich war im Geiste in Schwarzhausen und habe Blumen auf das liebe Stellchen gelegt, und denke Dir, ich bekam einen Brief von unserm alten Johann und von Dorette, und die schreiben, als sie früh auf den Kirchhof gekommen waren, wär' Väterchens Grab ganz und gar mit den köstlichen Palmen und seltensten Blumen geschmückt gewesen.

Wie ein Märchengarten hätte es ausgesehen.

Wer das Wohl getan hat! Der muß mein Vaterli sehr lieb gehabt haben! Ich hab' ihn gleich in mein Gebet eingeschlossen, den muß ja der liebe Gott behüten, der die Güte selber ist.

den 27. August.

Guten Abend, lieber Fritz! Jetzt bin ich wieder bei Dir, ich kam den ganzen Tag nicht dazu, ein Wörtchen mit Dir zu reden. Aber freilich, die Gedanken und das ganze, ganze Kerlchenherz sind immer bei Dir.

Und weil ich nicht weiß, wo ich Dich suchen soll, nehme ich den Atlas vor und denke überall hin, jetzt bin ich bei den Südseeinsulanern.

Nimm Dich doch ja vor vergifteten Pfeilen in acht und sauge immer gleich die Wunde aus, das ist die einzige Hilfe, wenn jemand auf Dich geschossen hat.

Aber ich kann nicht so doll betrübt sein, wenn ich an so was denke, ich meine, unser Herrgott beschützt Dich allüberall, weil Du so gut und lieb bist, und weil ich Dir so weh getan habe und weil ich so herzlich für Dich bete.

Heute lief ich in großem Zorn hinaus auf die Heide, die so wundervoll duftet und blüht, und ich warf mich längelang auf die Erde und umklammerte die Erika und weinte auf die roten Blüten.

Großmutter und der Amerikaner saßen drinnen im Zimmer und sprachen über den Hof und die Zukunft und – alles – gerade so, als ob ich zu ihnen gehörte und »ja« gesagt hätte und – – als ob ich gar nicht Dein Kerlchen sei.

Und mitten in meinem schönsten Zorn kam der Amerikaner mir nachgestampft und sah mich gleich, warf sich neben mich hin und fragte:

»Warum sind Sie fortgelaufen?«

Ich antwortete ihm gar nicht, – über so was kann man doch nicht reden, sondern guckte ihn nur zornig und verächtlich an.

»Ich will Ihnen etwas sagen,« sprach er da ganz leise und brachte sein Gesicht fürchterlich nah an meins, – »wenn Sie mich so ansehen, ist es ganz und gar um Sie geschehen, und jetzt seien Sie vernünftig. Ich will Sie heiraten, weil ich vom ersten Augenblick an einen Narren an Ihnen gefressen habe, trotzdem ich die beste Partie in der Runde bin, und Sie keinen Pfennig haben, und nun geben Sie mir das kleine niedliche Ringelchen da, Sie bekommen dafür einen Diamanten, der ein Vermögen kostet.«

Fritz, ich schreibe Dir das Wort für Wort. Es gellt in meinen Ohren noch genau so schrecklich wie heute Mittag, und ich fühle mich krank und unglücklich und beschimpft.

Ich riß mich von ihm los mit beinahe übermenschlicher Kraft, denn er hielt meine Hände wie in einem Schraubstock.

Den Ring wollte er mir abreißen, meinen Verlobungsring, den ich von Dir bekommen, mein Liebstes! Nun habe ich ihn selbst abgenommen und auf die rechte Hand gesteckt, gerade als wäre ich nun doch Dein liebes Frauchen, – denn an dem Ringfinger der linken Hand ist alles blutig und tut auch sehr weh.

Und dann hab' ich dem Amerikaner draußen auf der Heide gesagt, daß ich ihn verabscheue, daß er mir widerlicher sei, als irgend etwas auf Gottes Erdboden, und daß ich längst, längst verlobt sei.

Da hat er ganz abscheulich geflucht und ist hineingelaufen zur Großmutter.

Und nun ists gar schwül, im Hause sowie draußen, denn ein starkes Gewitter steht am Himmel.

Deine Großmutter hat mir nichts gesagt, aber ich weiß, daß sie furchtbar böse ist, denn sie hat sich keine Handreichung von mir tun lassen, sondern ließ sich von Stina bedienen. Und Edmund Tönningsen ist gleich nach dem Vorwerk gegangen in hellem Zorn und hat sich auch zum Abendbrot nicht blicken lassen, das ist noch das Beste.

Nachts.

Das Gewitter tobt furchtbar. Ich bin wieder aufgestanden, denn sie sind alle wach auf dem großen Hof, aus jedem Fenster schimmert Licht. Ich höre drunten im Zimmer der Großmutter lautes Sprechen, sie hat wohl das ganze Gesinde um sich versammelt.

Friedel! Das Wetter ist furchtbar. Blitz folgt auf Blitz, Schlag auf Schlag – es ist, als sollte die Welt untergehen.

Mich ruft niemand, ich fürchte mich auch nicht. Viel lieber solch ein Toben in Gottes herrlicher Natur, als so ein häßliches, leises Flüstern von einem verhaßten Menschen, – ich bleibe oben in meinem Stübchen und der liebe Gott ist bei mir. – – –

Den 28. August.

Lieber Fritz, das war ein grelles Leuchten, als ich gestern: »Mein Liebster« schrieb, und dann war ich fast betäubt, denn der Blitz hatte in das Vorwerk geschlagen, und es loderte hell auf, – die ganze Nacht brannte es bis heute morgen um zehn Uhr, da lag es in Asche. –

Und der greuliche Amerikaner ist aus der Asche, hervorgekrochen, – nicht wie ein Phönix, sondern wie ein geprügelter Hund, und er ist nach Hamburg gereist, weil er sagte, diese letzte Nacht sei ihm auf die Nerven gefallen.

Er will sich nun von dem Schreck erholen und auch mit einem Architekten sprechen, der ihm das Vorwerk mit verschiedenen Neuerungen wieder ausbauen soll.

Ich atme nun auf, trotzdem er der Großmutter gesagt hat, sie möchte mich bis zu seiner Rückkehr »bearbeiten«.

Aber Großmutter ist gottlob viel zu schwach dazu, – das Gewitter hat ihr übel mitgespielt, und sie scheint sich außerdem, seit sie mich als Pulverfaß erkannt, zu fürchten, die Lunte an mich zu legen.

Nun wollen wir wieder abends gemütlich zusammen sitzen, und ich will der Großmutter vorlesen, – wenn wir nicht gerade von Dir oder vom Heiraten sprechen, dann hat sie mich doch recht lieb.

Sie will ja auch mein Bestes, nur meint sie, das »Beste« läge wo anders, und weiß nicht, daß Du es bist.

Heute haben Dich meine Gedanken in Rußland gesucht, – ich kam gerade bis zur oberen Tunguska, da wurde ich gerufen und mir wars zu Mute, als sei ich wirklich in der sibirischen Verbannung.

Friedelfritz, wann kommst Du zu

Kerlchen?


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