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* * *

Von nun an waren wir täglich zusammen, der große Hermann, die schwarzzopfige Minna und das Kerlchen. Frau Fehrs, Minnas Mutter, hatte unserer Dorette mit Thränen in den Augen versichert, daß es eine hohe Ehre für sie sei, wenn ihr Kind mit mir verkehren dürfe; Minna sei leider nicht so, wie sie sein solle, und sie selbst und ihr armer Mann könnten wenig auf das Mädchen acht geben.

Frau Fehrs war Näherin und besorgte in den Honoratiorenfamilien des Städtchens das Ausbessern der Kleider und Wäsche.

Minna und ich vertrugen uns verhältnismäßig gut; sie war gern in unserer schönen Wohnung, stand gewöhnlich vor dem mächtigen Spiegel im Ankleidezimmer meiner Mutter und drehte und wendete sich, flocht ihr Haar auf und wieder zu, legte die schwarzen Zöpfe wie eine Krone auf ihren zierlichen Kopf, so daß sie wie ein erwachsenes Mädchen aussah, und war nur schwer zu bewegen, mit uns Kinderspiele anzufangen. Auch in den roten Sammetsesseln konnte sie halbe Stunden lang sitzen, sie lehnte sich dann graziös zurück, stützte leicht den rechten Ellbogen auf die Lehne des Sessels, brachte ihr Kleid in den richtigen Faltenwurf und betrachtete sich in dem gegenüber hängenden Spiegel.

»Du bist ein Affe,« sagte ich zornig zu ihr, wenn sie nicht mitspielen wollte, »ein Orang-Utang, ein Schimpanse,« aber sie lachte nur darüber und kümmerte sich weder um meinen Zorn noch um Hermanns Traurigkeit über ihr Benehmen. Ab und zu saß sie auch in der Klematislaube und baute mit uns Luftschlösser.

»Ein Arzt möchte ich werden, ein berühmter Arzt,« sagte Hermann begeistert, »ich möchte eine Klinik haben, wie der Geheimrat in Neustadt und die Armen gesund machen ganz umsonst und von den Reichen viel Geld nehmen, und dann nehme ich mir auch 'ne Frau – –«

»Nimm mich dann, Hermann,« bettelte ich, »oh, ich möchte so gerne Kranke pflegen, ich kann es prachtvoll, und wenn ein ganz Kranker so recht, recht traurig ist, dann mache ich »doll« Unsinn und schneide Gesichter, dann wird er wieder froh.«

Hermann verhielt sich ablehnend. –

»Du bist viel zu vornehm, Fee,« sagte er, »und deine Eltern werden es nicht erlauben, aber ich weiß schon jemand anders – –«

»Du meinst hoffentlich nicht mich,« rief Minna schnippisch, »für mich bist du wieder nicht vornehm genug, ich will einen Offizier, einen Grafen meinetwegen.«

»Siehst du, Hermann,« triumphierte ich, »sie will dich nicht, und es wäre sehr freundlich von dir, wenn du mich nehmen wolltest; ich werde die Eltern tüchtig bitten, damit sie es erlauben.«

Andern Tags folgte ich einer Einladung zu Landrats. Hermann strahlte, als er mich sonntäglich geputzt ankommen sah.

»Erzähl' recht viel, wenn du wiederkommst,« bat er; »es muß prachtvoll bei Landrats sein in dem schönen Park.«

Minna sah mich feindselig an, als ich ging, und gab mir nicht einmal die Hand.

»Ich werde auch schon einmal vornehm, verlaßt euch drauf,« sagte sie zornig. – –

Abends, kurz bevor ich ins Bett ging, trafen wir drei uns in der Klematislaube. Ich erzählte sehr begeistert von dem Nachmittage. Ein paar Töchter und Söhne von den Rittergutsbesitzern der Umgegend waren dort gewesen, und wir hatten ganz herrlich gespielt. Auch der junge Offizier hatte sich uns angeschlossen und viele neue Spiele gezeigt.

»Ich mag ihn aber nicht,« bekannte ich ehrlich.

Minna sprach gar nichts, sie rannte fort, ohne uns Gutenacht zu sagen. –

Mein Verkehr mit Landrats wurde in der Folge nicht reger. Hertha von Ballian war unglaublich hochmütig und machte ihre Freundschaft gleich davon abhängig, daß ich nicht mehr mit Hermann Berg zusammen käme; die »Atmosphäre des Schusterjungen« sei ihr unerträglich. Ich verstand natürlich nicht genau, was sie meinte; ich sah meinen Freund an und dann sie und schmiegte mich fest an Hermann.

»Du kannst gehen,« sagte ich zu ihr und wies mit dem Finger nach der Gartenpforte.

Von nun an schlossen wir drei uns noch fester aneinander. Meine Eltern billigten den Verkehr, nachdem sie sich überzeugt hatten, daß er mir keinen Schaden brachte. Mama sah auch Minna Fehrs gern; diese trug zu Hause bei uns ein feines, bescheidenes Wesen zur Schau, sie spielte so still mit meinen dreinndzwanzig Puppen, die sie aus- und ankleidete, denen sie mit geschickten Händen Staatskleider arbeitete, so daß Mama stark mit dem Gedanken umging, Minna nach der Konfirmation als Kammerjungfer ins Haus zu nehmen. Mein liebstes Spielzeug blieb nach wie vor meine kopflose Puppe Emmy; sie war außerdem der Stamm von Hermanns zukünftiger Klinik. Er hatte sie schon öfters seziert und anatomisch präpariert, dann aber wieder kunstgerecht zusammengenäht und verbunden, und ich trug ein weißes Taschentuch um den Kopf und eine Feldbinde um den Arm und war barmherzige Schwester. Minna mußte wohl oder übel Hermanns Frau vorstellen. Sie sträubte sich sehr, aber ich bat so dringlich:

»Bitte, liebste Minna, nur bis dein Graf kommt,« da willigte sie ein.

Nur eine sah mit Mißtrauen unsern engen Verkehr, und das war Dorette.

»Diese Minna ist nichts für unsere Fee,« sagte sie wieder und wieder zu den Eltern, und dann wurde ich jedesmal in strammes Verhör genommen und konnte doch nur berichten, daß Minna wohl öfters mal hochmütig und rechthaberisch, aber im ganzen doch »sehr nett« sei, wunderschöne Geschichten wisse, von Rittern und Edelfräuleins, und mein Zimmerchen und die Puppen musterhaft in Ordnung halte. Auch meine Gouvernante war durchaus einverstanden mit unserm Verkehr, Minna war für sie ein wohlthuender Gegensatz zu mir; sie wohnte öfter den Unterrichtsstunden bei, paßte viel besser auf als ich, und konnte dann zum Schlusse mit so einschmeichelnder Stimme sagen:

»Oh, wie sind Sie klug, liebes Fräulein!«

Ich dagegen war immer froh, wenn die Stunden zu Ende waren, und erklärte bei besonders schwierigen Auseinandersetzungen:

»Das weiß Hermann alles viel schöner zu sagen, er ist der Klügste von uns allen.«

 

So eilten die Tage und Wochen dahin, ich verlangte nach keinem andern Verkehr und war unzertrennlich von meinem Freunde Hermann. Er war nicht stark und spielte nicht gern mit den Knaben des Ortes, seine Gesundheit war schwankend, er mußte eines quälenden Hustens wegen oft im Zimmer bleiben und Minna und ich leisteten ihm dann Gesellschaft. Das waren herrliche Stunden in der kleinen Schusterwohnung. Längst hatte ich es durchgesetzt, daß meine »Strapezierstiefel« von Schuster Berg gearbeitet wurden, und ich sah sie mit hohem Interesse entstehen und fertig werden. Zu meinem Entzücken und Mamas Entsetzen schlug der Meister dann noch um Sohle und Absätze einen Kranz blitzender Nägel, und ich vermochte in den Schuhen ebenso laut einherzustapfen wie Franz, unser Bursche. An stillen Nachmittagen, in denen das Geschäft »flau« ging, wurde auch vorgelesen. Oben auf dem wurmstichigen Schrank bei Bergs lag ein Stapel schmutziger, abgegriffener Bücher, deren Blätter zusammenklebten und dumpfig rochen, was mir schrecklich war, wenngleich ich es mir nie versagen konnte, immer erst tief ins Buch hineinzuriechen, ehe ich vorlas. Wir bildeten zwei Parteien: Schuster Berg, Hermann und ich liebten Helden-, Indianer- und Räubergeschichten, in denen viel geflucht und gewettert wurde, Minna und die Base, sowie unsere Dorette, die oftmals mit zuhörte, wünschten Romane mit schauerlich schönen Bildern und rührenden Überschriften: »Gräfin Helene oder das zerknickte Herz.« Oder: »Die verfolgte Unschuld auf Schloß Rabenhorst.« Leider lachte ich bei den rührendsten Stellen laut und anhaltend über das »Blech« und durfte zur Strafe den »blutigen Schleier« nicht mitlesen. War ich wieder zu Hause, dann »spielte« ich die Geschichten mit meinen Puppen durch, während meine Gouvernante ein »Nickchen« machte, was sich immer ziemlich lange ausdehnte. So konnte ich ungestört in den greulichsten Ausdrücken donnern und schimpfen, aber eines schönes Tages stand meine Miß plötzlich in der geöffneten Stubenthür, gerade als ich in flehenden Lauten zu meiner Puppe Emmy sagte: »Oh mein Kind, mein unschuldiges Kind, wann wird das Scheusal, dein verruchter, treuloser Vater zu mir zurückkehren!« – Das Strafgericht folgte auf dem Fuße, meine Erzieherin schleppte mich »vors Tribunal«, und Vater und Muttchen verboten mir sehr energisch den »Litteraturkursus« bei Schuster Berg. Dafür erzählte mir Minna die ferneren Erlebnisse der »verfolgten Unschuld«, und zwar mit leidenschaftlichem Feuer und allen dazu gehörenden Gesten. Dann aber trat eine Pause in unserm Verkehr ein, Minna und Hermann bekamen mehr als sonst zu thun, da sie sich zur Konfirmation vorbereiteten, die in der Kleinstadt weit feierlicher und wichtiger aufgefaßt und begangen wird als im Gewühl der großen Stadt, und wir bekamen Besuch. Onkel Professor und Erich hatten sich angemeldet, das war ein Ereignis, über das man sich halb tot freuen konnte, und das alles andere in den Hintergrund schob.

Der Professor war ein Onkel meiner Mutter, ein kleines, bewegliches, aber sehr scheues und ängstliches Männchen. So deutlich sehe ich ihn noch vor mir mit seinem lieben, zerstreuten Lächeln und seinen gütigen Augen. Jedes Jahr kam er auf vier Wochen zu uns und jedes Jahr verwechselte er uns alle miteinander.

Mit Johann fing er an, dem er die Hand beinahe abschüttelte in der Meinung, meinen Vater vor sich zu haben; mich fragte er regelmäßig: »Warst du nicht ein Knabe?« Und Dorette begrüßte er mit einem väterlichen Kusse auf die Stirn und redete sie mit: »Liebe Paula« an, worauf sich ihm Dorette verlegen entwand, und sagte: »I Herr Professor, wo werd' ich mir unterstehn, die Frau Oberst zu sein!«

Auch diesmal war es beinahe so wie immer, nur daß Dorette sich nicht blicken ließ, weil ihr der Kuß vom Onkel »schanierlich« war, und daß der Onkel infolgedessen Muttchen weder Mund, noch Hand reichte, sondern förmlich sagte: »Guten Tag, Dorette, nun, noch immer treu im Dienst?« Erich und ich ließen dem Onkel kaum Zeit, sich den Reisestaub abzuwaschen, und gleich nach dem Mittagessen und dem Mittagschläfchen ging das Erzählen los, und wie erzählte Onkel Professor! Die halbe Welt hatte er durchstreift und von jedem Lande ein großes, dickes Buch geschrieben; kein Wunder, daß es für mich nun nichts Schöneres gab, als dicht neben ihm zu sitzen und seinen anschaulichen Schilderungen zu lauschen. –

Es traf sich besonders gut, daß die Eltern ausgebeten waren, so zog ich den Onkel mit in die Dienerstube, die so urgemütlich war, und in der ein uraltes, braunes Sofa stand: »mit versteinerten Kalbshaaren gepflastert«, wie Erich sagte.

Dorette hatte einen vorzüglichen Kaffee gekocht und Kräpfel dazu gebacken. Jule war »bei 'ne Freundin gemacht«, so daß wir »unter uns« waren, und nun setzten wir uns auf das versteinerte Kanapee, und durften uns jeder vom Onkel eine Geschichte ausbitten. Johann verlangte »was von die Schwarzen«, Dorette »was Sinniges« und ich »was Blutiges«. Dann gings los. Jm Nu befanden wir uns im schwarzen Erdteil, Johann fuchtelte kriegerisch mit den Armen in der Luft – hei, wie herrlich Onkel erzählte! Er war ja »mittendrin« gewesen, so und so oft skalpiert worden, wovon er gewiß seine »Zerstreutheit« hatte, – kurz, wir sperrten Mund und Nase auf. Dann kam das »Sinnige« für Dorette; Onkel sprach über das »Liebesleben und -Werben« der anderen Völker, und jedesmal war Dorette fest entschlossen, nach »Drüben« zu gehen: »Da krieg' ich auch noch einen ab« meinte sie siegesgewiß. Und dann bettelte ich: »Bitte, nun was Blutiges«, und sofort hielten wir ein Mittagsessen mit den Kannibalen, bis es Dorette sterbensübel wurde und ich mich nicht mehr getraute auch nur in die nächste dunkle Ecke zu gucken. Jedenfalls waren wir für Onkel das dankbarste Publikum, denn Vater schmunzelte bloß, wenn Onkel von seinen Reisen erzählte, auch Muttchen hatte immer so ein leises, eigentümliches Lächeln um den Mund, ja Erich lachte Onkel direkt ins Gesicht und das empörte mich.

»Du Frechdachs!« sage ich.

»Du Dummerjahn!« war die freundliche Erwiderung. »Merkst du denn nicht, wie Onkel Professor dich ansohlt?«

»Ansohlt?« fragte ich, ganz starr vor Überraschung.

»Na freilich – Onkel ist ja nie über seine Stube hinausgekommen – Onkel reist bloß theoretisch, all die schönen Schilderungen hat er aus Büchern – der würde weit kommen mit seiner entsetzlichen Zerstreutheit. Einmal, ganz früher, da ist er eines schönen Tages losgereist; – hurrjeh, das is 'ne tolle Geschichte gewesen. Bis auf die Haut hat man ihn ausgeplündert und schließlich noch als Vagabunden in Arrest gesteckt. Seitdem hat er's Reisen verschworen, hockt über seinen Büchern und ist fest davon überzeugt, alles genau wie Wirklichkeit zu erleben.«

»Oh, Erich! Pfui, wie abscheulich!«

Ich war wütend, ganz außer mir. Und als Onkel an demselben Abend wieder eine anschauliche Schilderung von Schottland entwarf, vom herrlichen Hochland, da verzog ich keine Miene, saß wie ein Stock da und schoß grimmige Blicke hinüber zum lachenden Vater, zur liebenswürdig lächelnden Mutter und zum laut jubelnden Bruder.

»Bist du nicht wohl?« fragte mich Onkel.

»Mir fehlt nichts« gab ich unwirsch zur Antwort.

»Na, freut dich denn die schöne Welt nicht?«

»Nein!«

»Gefällt dir Schottland nicht, das herrliche Schottland?«

»Nein!«

»Warum denn nicht?«

»Weil du gar nicht dort warst!«

Eine verlegene Pause entstand. »Fee, geh' ins Bett!« riet mein Vater.

Onkel zog mich liebevoll an sich. »Unser Kerlchen liebt gewiß die Heimat mehr, als fremde Länder« sagte er, »warte nur, morgen erzähle ich dir vom lieben, schönen Thüringen, von den rauschenden Tannen, von den klaren Waldbächen, von den Felsen mit ihren Burgen, und im Thale die Saale – vom stillen Schwarzathal. O wie ruht sich's da so traut neben der sanft murmelnden Schwarza – wie träumt sich's da so schön, bis – hei mein Feechen – bis die Wildschweine dich aufschrecken, die schwarzen, borstigen, die durch das Unterholz brechen – unaufhaltsam – wild –«

»Warst du dort?« fragte ich atemlos – er sprach so voll Feuer und Begeisterung, daß er mich ganz mit fortriß. – –

»Natürlich war ich dort – – das heißt – – (er rieb sich verlegen lächelnd das Kinn) – das heißt – siehst du Kerlchen – so ganz in Wirklichkeit nicht – aber ich durchlebe alles genau so, als wenn ich – hm – ja –«

»Dann will ich nichts hören, nichts!« schrie ich aufgebracht.

Ich riß mich von ihm los, rannte zur Thür hinaus und schmetterte sie ins Schloß. Oben in meinem Zimmerchen warf ich mich auf mein Feldbett so energisch, daß es auf seinen leichten Rollen gleich ein gutes Stück in die Stube hineinlief. Da lag ich nun, grollend mit aller Welt, am meisten aber mit dem guten Onkel Professor, der mir doch so sehr lieb war. Nun saß er unten und ließ sich zum Narren halten, – denn ich hörte ja Erichs schallendes Lachen bis hier herauf. O wie konnte der Onkel nur so sein! Warum reiste er nicht in die Welt hinein, es gab ja so viele nette Schaffner, die ihn zurechtweisen konnten, war doch selbst ich – das kleine Kerlchen – schon ganz weit allein gereist, und war ich auch mit zerschundenem Knie, ausgerenkter Schulter und einer klaffenden Wunde am Hinterkopf heimgekommen, edle Teile waren nicht verletzt worden.

Jetzt sagte man sich unten »gute Nacht«, dann ging Onkel langsamen Schrittes die Treppe hinauf und betrat sein Zimmer, das neben dem meinigen lag. Mit einem Satz war ich vom Feldbett herunter, und zur Thür hinaus, dann klopfte ich energisch an Onkels Stube.

»Wer da?«

»Kerlchen.«

»Ei der Tausend!« Die Thür wurde schnell geöffnet und so recht verlegen stand das gute alte Onkelchen vor mir. »Willst du mir gute Nacht sagen, mein liebes Feechen? Bist du mir nicht mehr böse, kleine Wildkatze? Sieh, wir haben da unten noch so viel Schönes erlebt; ich durfte die lieben Deinen nach Italien führen – wo ich vor zwei Jahren so viel schönes sah – – – –«

»Onkelchen«, sagte ich bittend, und faßte seine Hand. – Du wolltest mir doch 'ne mächtige Puppe schenken – aber sieh', vierundzwanzig Babys hab' ich schon und das ist am End' genug – aber nun hab' ich einen Riesenwunsch!«

»Hi, hi, das wäre – nur zu, lieb' Feechen!«

»Onkelchen, – du mußt mit mir verreisen, – du mußt!«

Onkel fuhr bestürzt zurück. »Ver – reisen?«

»Ja« – sagte ich sehr energisch – »zuerst mal in den Thüringer Wald – bitte – bitte, liebes Onkelchen – und dann nach Schottland, und dann so weiter.«

»Fee!!!«

»Onkelchen, hab' keine Angst, ich beschütze dich!«

»Mein Feechem du denkst dir das so leicht – ach Gott – die vielen Züge, das Hin und Her, die groben Schaffner – nichts Ordentliches zu essen –«

»Zu mir sind Schaffner immer sehr nett, ich bin schon erster Klasse gefahren mit 'n Billet zweiter – und das Essen packt uns Muttchen ein, und wenn's alle ist, geh'n wir im Hotel »Tafeltodt« essen.«

Onkel hatte noch viele Gegengründe, aber ich übertrumpfte alle siegreich. Am anderen Morgen wurde der Plan den Eltern vorgelegt. Muttchen jammerte auch noch etwas, aber Vater entschied zuletzt: »Laß sie reisen, Fee ist nicht so dumm, wie sie aussieht, sie kriegt den Onkel schon zurecht – na, und sind sie bis Sonnabend nicht zurück, lassen wir sie ausklingeln.«

»Phhhhh!« sagte ich bloß. – – – Donnerstag war's, ein strahlend sonniger Tag, ziemlich heiß, doch im Thüringerwald würde es ja schon kühl werden. Mit Ermahnungen »bis oben hin« vollgepfropft, stand ich abschiednehmend vor den Eltern. Der echt thüringische »Freßkober«, von Muttchens liebevoller Hand gepackt, stand neben mir und lächelte mich an.

»Fee, daß du immer bei Onkel bleibst,« schärfte Vater mir noch ein, »zu zweien trägt sich alles leichter.« – »Ja, Papa!« – »Und streck' nie die Zunge 'raus; wenn der Zug 'n Ruck giebt, beißt du sie dir ab.« – »Und komm nicht unter die Wildschweine!« ermahnte Erich.

Endlich, endlich – waren wir auf dem Bahnhof. Begleitung hatte ich mir strengstens verbeten, wir wollten von Anfang an alles allein machen. Onkel nahm die Fahrkarten. »Warum hast du dritter genommen?« fragte ich naserümpfend, »ich fahre nie dritter.«

»Weil ich das Stehen in der vierten nicht lange aushalten kann,« entgegnete Onkel, und ich schwieg etwas verblüfft.

»Na, macht nichts,« sagte ich und wandte mich freundlich an den nächsten Schaffner: »Wollen Sie, bitte, meinen Onkel und mich in die erste Klasse setzen?«

»Gewiß, gewiß,« sagte er diensteifrig, und riß ein Kupee auf, dessen rote Sammetpolster uns freundlich einluden. Wir machten es uns bequem.

»Fee mit dir reist es sich prachtvoll,« sagte Onkel Professor anerkennend. Langsam setzte sich der Zug in Bewegung und dann erschien der Schaffner wieder am Fenster und verlangte unsere Fahrkarten.

»Huh, wie veränderte sich plötzlich sein freundliches Gesicht! »Sie haben ja »Dritter!« schrie er Onkel an. Weiter raste der Zug. Onkels Entschuldigungen verschlang das Gerassel des Wagens, der Schaffner schimpfte, ich auch; – zuletzt hörte ich nur noch: »Naseweise Kröte, – nächste Haltestelle – 'raus – nachbezahlen.«

Und richtig, als der Zug hielt, umstand uns gaffendes, neugieriges Publikum, Onkel mußte tief in seine Börse greifen, und dann wurden wir in die dritte Klasse gesteckt, wo schon sechs Menschen drin waren. Ich trat sofort einer Bauernfrau auf den Fuß, was sie mit einem ärgerlichen: »Domme Schniegans« quittierte, und als ich mich nicht weiter entschuldigte, rief sie den Mitreisenden zu: »Een eenzges Hihnerauge hab' ich man, un ausgerechnet uff dies Eenzge muß sich das Knettelchen henbratsche.«

Oh, wie sie alle lachten, die entsetzlichen Menschen! Onkel Professor schien schon ganz hinfällig zu sein, seine Nachbarin führte einen Steintopf Thüringer Käse mit sich.

»Wenn Sie's nich baßt, stecken Se den Kopp zum Fenster 'naus,« sagte sie zu Onkel, »nur nich so de Nase gerimpft, als ob Sie der Ferscht von Ro'lsch't wären.«

Ich streichelte liebevoll Onkels Rockärmel. »Es wird schon wieder besser werden,« tröstete ich ihn leise, »in Weimar steigen wir um.« Er lächelte mir dankbar zu.

»Station Weimar!«

»Oh, das Gedränge auf dem Bahnhof.«

»Halte dich nur an meinem Kleide fest,« rief ich Onkel zu, was die Umstehenden wieder zu lautem Lachen veranlaßte. Wir steuerten nun der andern Seite des Bahnhofes zu, wo der Zug nach Göschwitz stehen sollte. Auf einmal aber riß sich Onkel von mir los, und lief auf einen großen Herrn zu, der mit einem Dienstmann verhandelte. »Himmel, da ist ja mein Freund Müller!« rief er, »Müller, Müller, 'n Tag altes Haus!« Er umarmte den großen Herrn, der ihn gleichfalls hocherfreut und doch sehr ehrerbietig begrüßte. »Kerlchen, lauf einstweilen nach dem Zuge und belege Plätze,« rief mir Onkel zu, »ich komme gleich, wir haben zwanzig Minuten Zeit.«

So ging ich denn mit der großen Menge und kam mir sehr wichtig vor. Ich buchstabierte auch sämtliche Aufschriften an den Wagen, brachte aber nur »Raucher, Nichtraucher, Frauen- und Dienstkoupee« heraus, vergebens aber spähte ich nach einem Abteil für »Onkel oder Kinder«, und stieg endlich in ein »Frauenkoupee« ein, da es mein Selbstbewußtsein erhöhte, heute mal als »Frau« zu gelten. Zwei alte Damen saßen drin, die eine half mir sehr liebreich, während die andere mich mißtrauisch ansah.

»Wo willst du denn hin,« fragte sie.

»In den Thüringer Wald.«

»Auf wie lange?«

»Drei Tage.«

»Ist das dein ganzes Handgepäck?«

»Nur noch 'n Onkel. Ich habe bis jetzt auf ihn aufgepaßt, aber jetzt spricht er mit dem Müller.«

»Wer ist Müller?«

»Ein altes Haus.«

Die eine Dame lächelte, die andere aber fragte gleich: »Dein Onkel wird doch nicht ins Damenkoupee steigen wollen?«

»Ach, Onkel wird Ihnen schon gefallen,« tröstete ich, »er erzählt wundervolle Räubergeschichten und sohlt Sie an.«

»Nichts da, gleich steigst du in einen andern Wagen.«

Ich wollte schon die Zunge hinausstrecken, behielt sie aber, Vaters Ermahnungen eingedenk, lieber im Munde, und dann kam der Schaffner und schloß die Thür.

»Hier kommt aber noch 'n Onkel 'rein,« rief ich ihm zu.

»Dann muß er sich beeilen, der Zug geht gleich ab.«

»Ich will ihn lieber holen,« sagte ich, und kletterte mit Hilfe der netten Dame wieder heraus.

Weit und breit kein Onkel zu sehn! Ich lief denselben Weg, den ich gegangen, wieder zurück, hui, da pfiff mein Zug auch schon, und fuhr schnöde davon.

»Mein Kober, mein Kober,« schrie ich und stürzte dem Zuge nach, aber, er entschwand schnell genug meinen Blicken. Ich stampfte mit dem Fuße und rief abwechselnd nach dem Onkel und nach dem Kober. Dann lief ich nach dem Bahnhofsgebäude zurück und stürzte in den Wartesaal.

Da – saß mein Onkel so recht behaglich im schwarzen Ledersofa, sein Notizbuch vor sich, in welches er Einzeichnungen machte, und mit seinem zerstreutesten Lächeln blickte er auf, als ich ihn anrief.

»Sieh, sieh, das Kerlchen,« sagte er ruhig, »ei ei, wo kommst du denn her?«

»Onkel, aber Onkel, der Zug ist weg, unser Zug und der »Kober!«

»Was sprichst du da?« sagte Onkel, – er war augenscheinlich mit seinen Gedanken weit, weit weg, »sieh' mal, ich muß mir da noch schnell ein paar Notizen machen, – behauptet da dieser Mensch, der Prosessor Müller: Thüringen sei, nachdem es im fünften Jahrhundert Königreich gewesen, immer von Herzögen verwaltet worden, während es doch feststeht, daß es seit Pipins Zeiten unter Grafen stand und erst 849 wieder –«

»Ach laß doch die dummen Herzöge und Grafen,« rief ich außer mir. »Der Zug ist fort und all unser schönes Essen mit, das futtern nu die zwei Damens.«

Onkel faßte nach seiner Stirn.

»Ach so, – hm – ja –« sagte er und steckte seufzend sein Notizbuch ein, »ja was machen wir denn da?«

»Geht noch ein Zug ganz schnell nach Rudolstadt?« fragte ich eine freundliche, dicke Frau, die am Büffet stand. »Heute Abend um 1/2 6,« war die niederschmetternde Antwort, »aber die Herrschaften können sich ja Weimar ansehen, Schillern un Gethen un de Ferschtengruft.« Damit verschwand sie.

»Onkel, ich habe furchtbaren Hunger!«

»Ei, ei, lieb Kerlchen, iß nur, iß,« sagte Onkel und zeigte auf den Tisch, der mit einladenden, winzig kleinen Brödchen bestellt war, und ich ließ mir's nicht zweimal sagen, sondern nahm mir eins nach dem anderen herunter, und wurde immer hungriger, je mehr ich vertilgte. Onkel Professor nahm wieder sein Notizbuch vor und vergaß mich vollständig.

Die feinen Caviar- und Lachsbrödchen machten mich aber auch tüchtig durstig, und da halfen die hübschen Flaschen aus, die neben zierlichen, kleinen Gläschen standen; ich probierte eine nach der anderen, oh wie stark und süß war der Wein, mancher brannte aber auch wie Feuer. Mir wurde plötzlich höchst sonderbar zu Mute, ich sprang über Tische und Stühle in dem leeren Wartesaal, bis die freundliche Wirtin wieder erschien und sich den »Schkandal« sehr unfreundlich verbat. Onkel Professor schrieb und schrieb.

Mit einem Male schrie die Wirtin auf.

»Was ist denn das?«

Sie zeigte auf die bedenklich leere »Anrichte« und auf die angebrochenen Flaschen.

»D – D – Das – ha – ha – habe – iich – ge – gessen,« stotterte ich, denn mir war die Zunge plötzlich so schwer, und die Wirtin konnte ich gar nicht genau erkennen, die schwankte so und sah aus, wie zwei Wirtinnen.

»Herr du meine Gite,« brach sie nun los und stellte sich vor meinen Onkel hin, »wie kann mer au nur so ä Kind ohne Aufsicht lasse? Alle die belegten Bredchen hat's neingeleiert, fuffzen war'ns mindestens, un en Schwips hat's au von die vielen Schnäpse; gleich gehste här, du Unglicksworm!«

Ich wehrte mich unter ihren derben Händen.

»Ich will nach Hause,« rief ich, »oh ich will nach Hause. Onkel, ich muß gewiß sterben, oh wie schlecht ist mir!«

Onkel sah mich kläglich an.

»Werde mir bloß nicht krank, Kerlchen,« sagte er zärtlich, und streichelte mein kaltes, blasses Gesicht; dann bezahlte er in Bausch und Bogen fünfzehn Butterbrote und sieben Liköre und brachte mich an die frische Luft. Hier wurde es mir aber nicht besser; glühend heiß brannte die Julisonne hernieder, die Häuser tanzten auf und ab, ich klammerte mich an Onkel.

»Komm, wir gehen wieder auf den Bahnsteig,« sagte er liebreich, »da weht eine schöne Zugluft, da wird dir schon besser werden.«

Nun wanderten wir auf dem menschenleeren Gange auf und ab und genossen abwechselnd Juliglut und Zugluft.

»Sieh mal, Kerlchen,« sagte Onkel plötzlich, »da steht ja unser Zug nach Göschwitz schon, geht er auch erst heute Abend ab, so könnten wir uns doch gemütlich hineinsetzen, eine Lokomotive ist auch noch nicht davor, passieren kann uns also nichts.«

Ich ließ mich willig nach dem Zuge schleppen, ich fühlte mich so krank, so müde und zerschlagen. »Das giebt sich alles«, sagte Onkel Professor, »laß uns nur erst in Rudolstadt sein – oh das schöne, schöne Schloß, die Heidecksburg, die wird dem Kerlchen gefallen und Volkstedt mit seinen Porzellanfabriken und dem Hause, wo unser Schiller so viel Schönes schuf –«

Ach ja, ich freute mich schon recht auf die Weiterreise, mir wurde schon wohler zu Mut, als ich im Kupee saß, mit dem Gedanken an die kühlen Tannenwälder. Hier war ja die Hitze schier erdrückend – Onkel zog sorglich die dunklen Vorhänge vor das Fenster, nun war es so dämmrig im stillen kleinen Raum, Onkels sanfte Stimme erzählte so schön – Gott sei Dank, nun wurde ja auch die Lokomotive vor den Zug gespannt und kein böser Schaffner störte unsere herrliche Fahrt.

 

Hei, wie der Zug durch Thüringens liebliche Gefilde jagte, wir waren ja wie der Blitz in Göschwitz und die Wartezeit dort verging wie im Fluge beim Anschauen der uralten Lobedaburg. Das Umsteigen in den Rudolstädter Zug ging so glatt von statten, der freundliche, liebe Schaffner setzte uns ohne weiteres in die erste Klasse, und ich muschelte mich so recht behaglich in die weichen Sammetpolster. Ach, und wie schön war dann später Rudolstadt mit seinem Anger und dem grünen »Damm«, wie prachtvoll schmeckten die Rostbratwürste, und wie staunte ich die Heidecksburg an. Meine Bewunderung gefiel auch dem Fürsten Günther so gut, sonst hätte er doch dem Onkel und mir nicht seine herrliche Equipage zur Verfügung gestellt, mit den reich gekleideten Dienern darauf, und den vier kohlschwarzen Rappen, die in Silbergeschirr gingen. Und mit diesen Rappen fuhren wir nach Schwarzburg und im sausenden Galopp den Trippstein hinauf, daß wir beinahe aus dem Wagen gepurzelt wären. Nun erst hielten die feurigen Rosse, und da lag es vor uns im Sonnenschein: Schwarzburg, die Perle Thüringens. Ganz in Anschauen versunken standen wir da, aber – hui, da brach es hervor aus dem Unterholz, unaufhaltsam, ein Rudel Wildschweine, borstig und schrecklich, sauste an uns vorüber, und hui! hatte sich das alte Oukelchen auf das größte geschwungen und galoppierte mit ihm davon. Ich erwischte gerade noch das letzte, aber das jagte wie der Böse mit mir durch den Wald und stieß entsetzliche Töne aus; hu, wie es grunzte und schnarchte. »Onkel,« schrie ich, »Onkel!« Bums, rannten wir gegen einen mächtigen Baumstamm, ich war ganz betäubt, rieb mir die Augen, – was war das? Wo war ich?

In einem dämmerigen, fast dunkelen Raume lag ich auf dem Boden und neben mir saß Onkel Professor und schlief und schnarchte.

»Onkel, wach auf,« rief ich ängstlich, »Onkel, wir sind gar nicht im Thüringer Wald – oh lieber Onkel, wo sind wir?«

Erst murmelte er etwas Unverständliches, reckte sich, dehnte sich: »Kerlchen, was schreist Du?« fragte er gähnend.

»Onkelchen, es ist alles so sonderbar, – wo sind wir nur?«

Onkel erhob sich schwerfällig und tastete nach dem Fenster, dessen Vorhänge er zurückschob. Etwas heller wurde es in dem Raum, aber dämmrig blieb's trotzdem.

»Merkwürdig, merkwürdig«, sagte Onkel kopfschüttelnd und ich kletterte auf die Bank und schaute über seine Schulter durch das Fenster. Da war ein mächtiger Raum, durch den lauter Schienen liefen und viele Eisenbahnwagen standen darin.

»Ach, Onkelchen, liebes Onkelchen, wo sind wir?«

Onkel sah nach seiner Uhr und schüttelte wieder den Kopf. Dann öffnete er mit Mühe die Thür unseres Kupees und wir kletterten hinaus. Wir befanden uns in einem großen Eisenbahnschuppen, durch hohe Glasfenster fiel mattes Licht in den Raum.

»Onkelchen, ach Onkelchen!«

»Kerlchen! Liebes kleines Kerlchen!« Wir faßten uns wie zwei bange Kinder an den Händen und stolperten über die Schienen nach der hohen Pforte. Sie war verschlossen. Und nun erhoben wir gemeinsam unfere Stimme: »Leute, Leute, kommt! Helft uns!«

Ganz heiser waren wir schon, da kamen Schritte und ein rasselnder Schlüsselbund kündete Erlösung. »Alle guten Geister loben Gott den Herrn,« rief das kleine Männchen, welches uns öffnete; »ne, da hört doch alles uff, machen Se geene Sachen, da gann eener ja de »Grebibse« kriegen, wo gommen Sie änn här?«

Fragen und Antworten flogen hin und her – die Thatsache blieb bestehen: Wir waren in einen Rangierzug gestiegen und gestern Mittag einfach in den Schuppen geschoben worden, worin wir bis jetzt geschlafen hatten, – drei Uhr morgens war es!

Onkel nahm plötzlich sehr energisch seine Börse aus der Tasche und drückte dann dem Manne einen blanken Thaler in die Hand. »Reden Sie nicht weiter drüber, lieber Mann, – schon gut, schon gut – man muß auch so was durchgemacht haben – Studien halber – adieu!«

»Kerlchen!«

»Onkelchen?«

»Kerlchen, wär' es nicht besser, – wir – wir führen wieder nach Hause? Mir ist – garnicht wohl –.«

»Wie Du meinst, Onkelchen!«

»Und nicht wahr, Kerlchen, wozu da unnütz drüber schwatzen –«

»Onkelchen, ich sage keiner Katze was.«

Um die Frühstückszeit kamen wir zu Hause an. Papa, Muttchen und Erich fielen beinahe auf den Rücken.

»Warum seid Ihr nicht länger geblieben?«

»Es – es – es war zu heiß, Papa!«

»Ja, lieber Schlieden, es war zu heiß!«

»Na, habt Ihr Euch denn vergnügt gemacht?«

»Riesig, Papa!«

»Riesig, lieber Schlieden!«

»Wie weit seid Ihr denn gekommen?«

»Bis – oh – bis – bis – – –«

»Seid Ihr komische Leute! So sprecht doch! Hast Du denn wenigstens Wildschweine gesehen, Kerlchen?«

»'ne Masse, Papa, 'ne Masse.«

»Habt Ihr viel blechen müssen?« fragte Erich.

»Allerdings – man bekommt nicht viel zu sehen für sein Geld – ich bin ordentlich ausgebeutelt worden.«

Papa lachte laut und anhaltend.

»Na Kinder, etwas ist faul im Staate Dänemark, Ihr kommt mir sehr gekniffen vor, aber wir wollen Euch in Ruhe lassen, Dorette bringen Sie Frühstück für unsere »hohen Reisenden«.

Ich nickte Onkelchen vergnügt zu, und er nickte etwas wehmütig wieder.

»Kerlchen,« sagte er nachher zu mir, »ich werde bald wieder abreisen. Erstens hat mich der Professor Müller auf neue Ideen gebracht, die ich sofort zu Hause ausarbeiten muß, und zweitens, – – es ist mir zu fatal, Deine Lieben hier anzulügen, – das – das liegt nicht in meiner Natur.«

Ich sah Onkel Professor starr an und dann lief ich hinüber zu Hermann, um ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit unsere Abenteuer zu erzählen. Ich hatte ja Onkel nur versprochen, »keiner Katze« was zu sagen.


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