Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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XII. Brief.

Antwort auf den vorhergehenden.

Weil Sie mir die Stirne in Ihrem letzten Brief so gar herzhaft bieten, so bin ich würklich noch ungewiß, ob ich Ihnen zuerst antworten, oder lieber das Schreiben, das ich letzthin wider meinen Willen abbrechen mußte, fortsetzen solle? – Ehe ich mich lang besinne, will ich lieber wieder schreiben, was mir in die Feder kommt. Der Domprediger H. von B. war dießmal der Mann nicht, den ich sonst an ihm fand. Ich glaubte, in der Unterredung mit ihm damals so viel zu sammlen, daß ich einen recht großen und interessanten Brief an Sie damit anfüllen könnte. Aber ich betrog mich. Sein Besuch war leidlich nichts anders, als daß er sich bey mir von einem verdrießlichen Handel, den er mit ein paar Mönchen gehabt hatte, erholen wollte. Sie bezüchtigten ihn, daß er bey den Schriften wider sie, die in jedermanns Hände seyen, mit unter der Decke liege; und nahmen dabey Gelegenheit, auf die Weltpriester überhaupt loszuziehen, und ihm besonders unangenehme Dinge von einer solchen Art vorzusagen, bey denen er sich auf der Stelle nicht allzugründlich verantworten konnte. Wenn ich Sie auch noch so theuer versichern wollte, daß zwischen mir und dem Domprediger nichts von den Mönchen gesprochen worden sey, so würden Sie mirs doch zweymal nicht glauben. Aber gewiß wenig genug. Er versprach mir, bald wieder zu kommen. Was es alsdenn für Auftritte geben möchte, wenn er sich inzwischen wieder recht gesammelt hat, dafür will ich nicht gut seyn. Erlauben Sie mir nun, den in meinem letzten Brief abgerissenen Faden hier wieder anzuknüpfen. Ich glaube es je länger, je weniger, daß mit dem Sturz der Mönche die Religion fallen würde. Die MönchsReligion wohl – aber das würde auch kein Schaden für die Welt seyn. Denn diese ist so gut, als keine. – Das ist hart! Aber hören Sie, wenn ich den Beweis führe. Die Mönche verderben die Religion, und besonders die Moral. Ihre Theologie ist ganz abstrakt, idealisch, verworren, voll unnützer Zänkereyen, voll von wichtigen Mängeln, von traurigen Vorurtheilen und beissenden Verläumdungen ihrer Gegner. Wenn Sie das läugnen wollten, so müßten Sie nur diejenigen Schriften, in denen man das auf allen Blättern antrift, gar nicht gelesen haben. Eine gute Sittenlehre ist ihr geringster Kummer. Sie gründen solche weder auf die Gebote Gottes, noch auf die Evangelischen Vorschriften; sondern nur auf die Gebote der Kirche. Diese mögen meinetwegen alle Hochachtung und Befolgung verdienen; aber so weit muß man doch die Ehrfurcht dafür nicht treiben, daß man behauptete, sie tragen nur das mindeste zur Verbesserung der Sitten bey. Ich gestehe es, daß ich nicht einsehe, was man einem Lutheraner antworten will, der den Mönchen sagt, Christus habe sie deutlich bezeichnet, da er im Evangelio sprach: Vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebote sind. Lesen Sie doch nur die Briefe aus dem Noviciat, und sagen Sie mir, ob man einem vernünftigen Menschen zumuthen könne, zu glauben, daß Gott, oder auch nur die Kirche solche Dinge befehlen könne. Was für wichtige Sachen in ihrer Polemik vorkommen, davon mag der Streit zwischen den Kapucinern und Franciscanern über die Form der Kapuze des H. Franciscus dienen; ein Streit, der mit der grösten Bitterkeit geführet worden, und worüber sich diese zwey Orden gänzlich getrennt haben. In ihren Schriften kommen die einfältigsten Legenden und die abgeschmacktesten Wunderwerke vor; und ich will verlohren haben, wenn nicht eben solche Erzählungen, wider die sich der gesunde menschliche Verstand empört, schon mehr als Einmal die traurige Veranlassung gewesen sind, daß lebhafte Köpfe an denen in der Schrift erzählten Wundern irre geworden, und nach und nach auf den Naturalismus verfallen sind. Kein sonderliches Verdienst für die Mönche! Man kann auch nicht sagen, daß man das nicht auf ihre Rechnung schreiben dürfe. Allerdings. Wenn sie sonst nichts zur Auferbauung der Christglaubigen beytregen können, als daß sie Dinge erdichten, worüber gescheide Leute lachen, so sollen sie lieber gar schweigen, anstatt durch die Wunder der Propheten, Christi und seiner Apostel leichtsinnigen oder starkdenkend seyn wollenden Gemüthern preiß zu geben. Gottes wird in ihrer Sittenlehre gar nicht gedacht. Man lieset da nichts, als Empfehlungen der Geißelungen, der Almosen für die Todten, nicht aber für die Lebenden, ausser daß sie weislich erinnern, bey den Lebendigen können die Almosen nicht besser, als bey ihnen selbst, angelegt werden. Der ehelose Stand wird als ein heiliger, unbefleckter Stand angepriesen, und die Klosteranstalten, sie mögen auch noch so abergläubisch seyn, sind der einzige wahre und Gott wohlgefällige Gottesdienst. Von unnüzen Dingen und Streitfragen, von unsinnigen und zu nichts taugenden Lehren wimmelt ihre Moral dergestalt, daß einer, der mehrere Jahre bey ihnen studirt hat, dennoch nicht das geringste von ächter Sittenlehre weiß. Glauben Sie nicht, daß ich die wahre Tugend und die Ausübung derselben besser aus den alten Griechischen und Römischen Philosophen, und den Schriften einiger neuerer Vernuftweisen lernen wollte, als aus den faulen Büchern der Mönche? Ich will hier kein Kompendium der Sittenlehre abschreiben. Das wissen Sie selbst, daß in einem solchen Abhandlungen von unsern Pflichten vorkommen, und die Menschen zur rechten Verehrung Gottes, zur Liebe der Tugend, und zum wahren Eifer für das gemeine Beste erweckt werden müßen. Von allem diesem aber lehren die Mönche nichts. Die Materien von der Macht und Gewalt des Pabstes, von der Verehrung der Geistlichkeit, von der Bezahlung der Zehenten, von den Almosen für die Heiligen, von öftern Messen, Festen, Wallfahrten, Vermächtnissen zur Befreyung der Seelen aus dem Fegfeuer, und von andern dergleichen abergläubischen und pharisäischen Uebungen, welche von der wahren Religion verabscheut und verdammt werden, sind ihnen weit wichtiger. Anstatt, daß sie diejenigen, mit denen sie umgehen, zu bessern, aufgeklärteren Menschen bilden, und bessere Sitten, weisere Aufführung und tugendhaftere Neigungen in ihnen hervorzubringen suchen, befleißigen sie sich vielmehr, das arme Volk in der Dummheit zu erhalten, allen Begriff der wahren Religion bey ihnen zu verdrängen, und an derselben Stelle eine falsche zu pflanzen. Was für unglaubliche Thorheiten begehen sie nicht mit den Reliquien! Sie sinds, die solche aufsuchen, oder vielmehr dieselben aus aus Knochen verscharrter Missethäter machen, und sich wohl dafür bezahlen lassen. Und was soll ich endlich noch von dem Verfolgungsgeist der Mönche sagen? Diesen haben alle ohne Unterschied. Den allerneuesten Beweis von dem erleuchteten Pfarrer Trunk in Bretten wissen Sie ja? Sie sinds, die die Inquisition ausgeheckt und ausgeübt haben. Sie hassen jeden, der anders denkt, als sie. Noch mehr, Königsmord und Aufwieglung der Unterthanen wider ihre rechtmäßige von Gott gesetzte Obrigkeit sind allezeit Hauptartickel im Mönchscatechismus gewesen. Wenden Sie mir nicht ein, daß der letztere Punkt nur die Jesuiten allein angehe. Ich entschuldige diese nicht. Aber ich halte andere Orden eben so wenig für unschuldig. Pabst Gregor VII war kein Jesuit, sondern ein Benediktiner; aber seine Grundsätze waren ihm gewiß nicht vom H. Geist diktirt, sondern floßen aus seinem Mönchsgeist. Gewiß, Sie können nun nicht mehr im Ernst behaupten, daß mit den Mönchen die Religion selbst fallen würde; und daß man, um diese aufrecht zu erhalten, sich jener annehmen müße. Viele, viele unter ihnen haben weder Vernunft noch Religion. Davon habe ich bisher Beweise angeführt. Ich will Ihnen auch noch mehrere nicht schuldig bleiben. Nun darf ich Ihnen doch auch noch auf Ihren Brief etwas genauer antworten? Es ist viel gesagt, wenn Siemir schreiben, daß, seitdem es Mönchsorden gebe, unglaublich viel Gutes durch sie gestiftet worden sey, das unterblieben wäre, wenn man keine Klöster und Mönche gehabt hätte. Sie haben hievon Beweise angeführt, die ich nicht ganz verwerfen will. Aber den Schaden gegen den Nutzen abgewogen, dörfte doch die Wahrheit auf meiner Seite seyn. Man hat sich in den Klöstern auf das Studieren gelegt. Ist wahr; worauf aber gröstentheils? Auf kirchliche und geistliche Studien, wo alles voller Vorurtheile, Lappereyen, Disputiersucht, Pedanterey und Sophisterey ist. Man lehret Geschichte in den Klöstern. Welche? Fabeln, oder Dinge, die der päbstlichen Hoheit vortheilhaft sind, und Haß gegen die Fürsten einflößen können. Das Nützliche der Geschichtskunde wird verabsäumt. Man lehrt Rhetorik. Aber der ganze Unterricht lauft auf Figuren und Wortspiele hinaus, um den guten Geschmack zu verderben, und nicht um Wahrheiten überzeugend vorzutragen, und den Zuhörer zu rühren. Man lehrt Philosophie. Aber, Gott, welch Gewäsche, bey dem man den gesunden Verstand einbüßen könnte. Können auf diese Weise wohl große, auch nur mittelmäßige und brauchbare Gelehrte gezogen werden? Kirchengeschichte und Canonisches Recht – Nun das sind Wissenschaften, in denen die Mönche zu Hause seyn werden? Allerdings, wenn es darauf angesehen ist, die päbstliche Macht über Fürsten, und alle göttliche und weltliche Gewalt zu erheben, die Immunität der Geistlichen zu preisen, und den Haß der Geistlichen gegen den weltlichen Stand zu nähren. Da hat die Mönchsbarbarey ihren Sitz recht aufgeschlagen – Andere nützliche Wissenschaften hingegen werden gänzlich verabsäumt. Es müßte seit gar kurzer Zeit eine ganz andere Einrichtung mit den Studien in den Klöstern gemacht worden seyn, wenn es nicht wahr seyn sollte, was erst noch vor 13 Jahren ein ächter Katholik von dieser Materie geschrieben hat. »Die Mönche, sagt er, lehren nichts von der Staatskunst, von der Geschichte des Vaterlands, oder überhaupt der neuern Zeiten, von der Kritik, von der Kameralwissenschaft, Wirthschaft, Ackerbau, Handlung, Seewesen, Policey, Baukunst. Alle ihre Gelehrsamkeit ist unnütze Pedanterey. Ihre Schüler verstehen weder ein gutes Latein, noch etwas Griechisch, welche Sprache doch einen guten Geschichtskundigen, Redner, Arzt, Gottes= und Rechtsgelehrten, zu bilden so nothwendig ist; noch etwas von wahrer Beredsamkeit, Geschichtskunde, Kunst einen Staat zu verwalten; noch von den wahren Rechten der Fürsten und Unterthanen.« Ich weiß, was Sie, mein Freund, zu diesem allen sagen werden. Das sey satyrisch und verläumderisch, und schreibe sich entweder von einem Weltpriester, die alle geschworne Feinde der Mönche seyen; oder von einem treulosen aus dem Kloster entlaufenen Mönchen; oder von einem Freygeistischen Politiker in der katholischen Kirche; oder endlich von einem Protestanten her, der von dieser Sache, wie der Blinde von der Farbe rede, und alles für baare Münze annehmen, was immer von vergällten Leuten wider die Mönche und Klosteranstalten geredet und geschrieben werde. Wollte Gott, jene Nachrichten wären übertrieben und ungegründet! Ich wollte es zur Ehre unserer Religion und des Mönchsstandes selbst wünschen. Aber ich sorge, es seye mehr wahr, als wir wissen. Denn die Mönche verstehen die Kunst, ihre Sachen geheim zu halten, nur allzuwohl, und es ist, wie gefunden, wenn man hinter ihre Streiche kommt. Glauben Sie nun noch, daß der Sturz der Mönche den Sturz der Religion selbst nach sich ziehen werde? Mit nichten, sagte jüngsthin jemand in einer großen vermischten Gesellschaft, die sich eben auch hievon unterhielt, und unter der auch ein paßionirter Vertheidiger der Klöster war, der dieses behaupten wollte; mit nichten. Denn der Mönch ist keine Zahl, die weder Vernunft, noch Religion haben. Vielmehr wollte ich rathen, setzte er hinzu, wenn Vernunft und Religion in der katholischen Kirche wieder auf den Thron, und in ihre alte verlohrne Rechte einzusetzen, alle Mönchsorden aufzuheben; da würden wir es erst mit den Protestanten aufnehmen können, die uns vorhin um diese einzigen Ursache willen überlegen sind, weil sie keine Mönche und Klöster haben. Was meynen Sie, daß ich über diesen Brocken gedacht habe? Und was glauben Sie, daß eben dieser zu Ihren Behauptungen sprechen würde, die Sie in Ihrem letzten Schreiben von dem Nutzen der Klöster aufgestellt haben? Lassen Sie mich meine Gedanken davon ohne alles Vorurtheil niederschreiben. Sie preisen mir die Verdienste der Mönchsorden um die Ausbreitung des Christenthums unter heidnischen Nationen, durch die Missionen, an. Um davon gründlich urtheilen zu können, müßten wir von ihrer Methode, die Heiden zu bekehren, genau unterrichtet seyn. Die Nachrichten davon rühren von diesen Missionairs selber her. Wie unzuverläßig! Sie sind Zeugen in ihrer eigenen Sache. Die Feinde der Mönche sagen: wer selbst kein Christ ist, kann keine Heiden zu einem Christen machen. Das halte ich für ziemlich entschieden. Und die Mönche antworten darauf: das sind Unchristen und Ketzer, die das sagen; wie können diese über das Christenthum und die Rechtglaubigkeit anderer urtheilen? Uebrigens wollen Leute, die Augenzeugen von diesen Heidenbekehrungen gewesen sind, allerhand Bedenkliches bey der Methode der Mönche beobachtet haben. Z. E. in ihrem Religionsunterricht komme wenig oder nichts von Gott und Christo, aber desto mehr vom Pabst vor, den man als den Statthalter Gottes und Christi auf Erden verehren, ihm alles glauben, und ihm blindlings gehorsam seyn müsse. Anstatt diesen armen Leuten eine vernünftige und dem Geist des Evangelii gemäße Sittenlehre zu predigen, werden ihnen eine Menge Histörchen von Heiligen, von den abgeschmacktesten Wunderwerken und dergleichen erzählt; Reliquien um schwer Geld verkauft, die sie küssen, anbeten, aufheben, und als die untrüglichsten Mittel wider Krankheiten, Unglücksfälle, Unfruchtbarkeit der Weiber, u. s. w. gebrauchen sollten. Auch habe es nicht an Missionarien unter den Mönchen gefehlt, die ihren Neubekehrten erlaubt haben, neben dem Gott der Christen auch noch ihre Götzen zu haben. Sie haben manche ihrer Meynung nach zu Christen gemacht, die selbst nichts davon gewußt haben, daß sie Christen geworden seyen; z. E. einen Heiden von hinten ganz unvermerkt mit geweihtem Wasser besprüzen, ohne ihm den geringsten Unterricht in der Wahrheit des Evangelii zu geben, das habe für die Taufe gegolten, und ein solcher seye alsdenn in die Liste der Bekehrten eingeschrieben worden, wenn er nach, wie vor, der schändlichsten Abgötterey ergeben geblieben sey. Ich bitte Sie, Freund, soll das Verdienst um die Fortpflanzung des Christenthums in heidnischen Ländern seyn? Und wäre es nicht besser, die Heiden blieben, was sie sind, als daß sie von den Mönchen zu solchen elenden, abergläubischen Christen, (sie verdienen nicht einmal diesen Namen) gemacht werden. Ich komme auf eine andere Stelle in Ihrem Schreiben . Sie sagen: viele Länder seyen, Troz allen Lästerungen, daß die Mönche die nichtswürdigsten Geschöpfe auf Gottes Erdboden seyen, eben durch sie angebaut und bevölkert worden. Das wäre in der That ein schönes Argument wider diejenigen, die die Entvölkerung der allermeisten katholischen Staaten auf die Rechnung der Mönche und Klöster schreiben. Also diesen Leuten hätte man die Anbauung ganzer Länder, die vorher Wüsteneyen gewesen, zu danken? Davon möchte ich Beyspiele wissen. Mir sind keine bekannt. Denn das wird man doch nicht hieher rechnen, was die Jesuiten in ParaguayJesuiten in Paraguay – s. Dictionnaire Sachen »Paraguay« gethan haben; noch viel weniger das, daß manche Klöster ganze Strecken von Feldern besitzen, die durch die arme Bauern gebaut werden müßen, die sich dabey oft kaum des bittersten Hungers erwehren können, und unter dem unerträglichen Joch ihrer Geistlichen Herren mit Weib und Kindern ihre Lebenslage erbärmlich hinbringen. Eben so wenig das, daß bey den Klöstern gemeiniglich Blumen= und andere Gärten sind, die von den Mönchen zu ihrem Vergnügen und zur Vertreibung der langen Weile, an der diese Herren keinen Mangel haben, gepflanzt werden – Ueber die Bevölkerung durch die Mönche mag ich mich lieber gar nicht herauslassen. Wenn Sie, lieber Freund, weiter zum Vortheil der Mönche, in Ansehung der Chroniken sagen, deren man jetzt entbehren müßte, wenn sie nicht in den Klöstern geschrieben worden wären, darinnen muß ich Ihnen Recht geben, aber dem ungeachtet den Schluß, den Sie daraus ziehen, verbitten. Wenn die Mönche vollends gar nichts Gutes an sich hätten, so wären sie nicht werth, von der Sonne beschienen zu werden. Daß sie allein lesen und schreiben konnten, zu einer Zeit, wo alle andere Menschen, Fürsten, Edelleute, Bürger und Bauern in der abscheulichsten Barbarey lebten, das verpflichtete sie gerade, doch etwas nutz zu seyn, und so oft ich ein Buch zur Hand nehme, das aus dem Alterthum auf uns gekommen, und auch von den Mönchen abgeschrieben worden ist, so danke ich diesen dafür. Aber dieß Verdienst ist doch nicht so groß, daß man deßwegen entweder alle andere Menschen aus jenen Zeiten für Taugenichtse erklären, oder den Mönchen ihre anderweitige so beträchtliche Gebrechen übersehen, und sie für untadelhaft erklären müßte. Es lautet freylich sehr komisch, wenn man ließt, daß Kaiser Karl der Große den Bischöffen ernstlich befohlen habe, auch Lesen und das Vater Unser zu lernen. Sie müssen also auch keine große Schreibmeister gewesen seyn; denn, wenn sie nicht lesen konnten, wie konnten sie abschreiben? Waren die Bischöffe so unwissend, so darf man sicher schließen, daß es in den Klöstern auch nicht viel besser werde ausgesehen haben. Vielleicht waren in manchem Gotteshaus 2 – 3 die lesen und schreiben konnten. Und was ist das gegen so viele, die heutiges Tags bey den neuen Schuleinrichtungen in Bayern, im Maynzischen, u. s. w. gegen manchem Bauernjungen Ignoranten vorstellen würden, damals aber für die Leute gehalten wurden, bey denen alle Weisheit und Gelehrsamkeit allein zu suchen sey. Sie sehen also, daß, wenn ich Ihnen hierinn im Allgemeinen Recht gebe, Sie doch mit Ihrer Behauptung in der Hauptsache nicht ganz gewonnen haben. Nun aber rechnen Sie sehr viel in Ihrem Brief darauf, daß es doch nach dem Geständnis der Protestanten selbst zu allen Zeiten wahrhaftig fromme und andächtige Seelen in den Klöstern gegeben habe. Sie fragen mich, daß, wenn das nicht Eindruck bey mir mache, so geben Sie alles verlohren. Selbst Lutheraner haben Bücher von Mönchen in Händen, die sie zu ihrer großen Erbauung lesen. Ich wünschte, daß Sie mir nur wenige davon angeführt hätten; es hätte sich ohne Zweifel einiges dabey erinnern lassen. Doch, ich will Ihnen alles einräumen. Meynen Sie, daß diese so erbaulichen Schriften schlechterdings niemand anders, als ein Mönch hätte schreiben können? Und Sie werden doch mit diesem nicht sagen wollen, daß Frömmigkeit nur in Klöstern wohne? Das glaubt der Pöbel in der katholischen Kirche, der sich diesen Satz von den Mönchen aufbinden läßt. Ich kenne einen Bauren von ansehnlichem Vermögen, der auch einen seiner Söhne zum geistlichen Stand widmete. Der Sohn wollte ein Weltpriester werden. Der Vater aber sagte: Nein, in den Klöstern werden die Leute frömmer. Ich will einen frommen Sohn an dir haben, der zeitlich und ewig versorgt sey; du mußt also ins Kloster. Woher wußte das der Vater? Wahrlich nicht von seiner Bekanntschaft mit den Mönchen; sondern weil diese, die sein Reichthum in die Augen stach, ihm solches weiß gemacht hatten. Daß manche Orden an Armen, Kranken und Sterbenden viel thun, – ein neues Argument, das Sie mir entgegen setzen, – will und kann ich nicht in Abrede seyn. Aber auch damit werden Sie nicht viel gewinnen, wenn wirs beym Licht besehen. Einige Orden müssen das thun; wie gerne sie es thun, das ist eine andere Frage. Und wie ihre Hülfe allemal ausfällt – Ich habe Kranke gesprochen, die nach ihrer Genesung, die vielleicht auch ausser dem Kloster erfolgt wäre, nicht auf das vortheilhafteste über die Mönche sich heraus liessen, in deren Hände sie gerathen waren. Ich könnte es urkundlich belegen, daß auch schon mehrere unter ihren Händen gestorben sind, derer sie gern los gewesen wären – Und was die den Armen von den Mönchen dargereichte Hülfe betrift, so fällt mir jener Schuster ein, der Leder stahl, und armen Leuten die daraus gemachten Schuhe schenkte. Wenn Klöster ansehnliche Güter besitzen, die dem Landesherrn entzogen werden; wenn die Bettelmönche ihre Nachbarschaft durch Terminiren aussaugen; wenn für Seelmessen Jahr aus Jahr ein ansehnliche Summen an die Mönche abgegeben werden; so ist es keine Kunst, Armen Gutes zu thun. Könnte man die Almosen, die sie geben, als Interesse, zu ihrem Vermögen, als Capital berechnen, so würde das, was sie mittheilen, nicht Eins aus tausend ausmachen. Darüber aber mußte ich lächeln, daß Sie mir in vollem Ernst sagen, manche Protestantische Länder würden weiß nicht was geben, wenn sie solche Anstalten zur Versorgung der Armen, und zur Berathung unheilbarer Kranken hätten, als man in katholischen Staaten in Menge finde? Sie werden doch Ihre Ergebenheit an die Katholische Kirche nicht bis zur Ungerechtigkeit wider die Protestantische treiben? Wo haben Sie die Nachrichten her, daß die Lutheraner und Reformirten ihre Arme uns Nothleidende hülflos verschmachten lassen? Merken Sie das voraus, Freund, die Protestanten brauchen nicht so viel Anstalten zur Versorgung der Armen, als wir Katholiken. Die Ursache ist leicht zu errathen. Sie haben nicht so viele Arme, als wir. Schreibt doch selbst ein Katholik, daß protestantische Staaten ordentlicher Weise in aller Betrachtung glücklicher, reicher und mächtiger seyn, als Katholische. Gegenwärtig sey England unstreitig der mächtigste Staat unter allen. Ehedem, da noch die Mönche in jenen protestantischen Ländern herrschten, seyen sie gerade die elendesten und armseligsten Länder unter allen gewesen. Ich will jetzt unter den protestantischen und katholischen Ländern Deutschlands keine Vergleichung anstellen. Sie errathen ohne mein Zuthun, für welche das Urtheil ausfallen würde. Haben die Protestanten nicht auch Armenhäuser und Hospitäler, Siechenhäuser , Stiftungen, die in allem Betracht vortreflich sind? Gehen Sie einmal nach Holland, wo alle Religionen zu Hause sind. Es fehlt den Protestanten daselbst keineswegs an Anstalten, durch welche, ohne daß man seine Zuflucht zu Klöstern und Mönchen nehmen müßte, die Armuth nicht nur versorgt, sondern zum Besten des gemeinen Wesens berathen wird. Ich will sagen: man giebt den Armen nicht Essen und Trinken und Kleidung umsonst, und läßt sie, wenn sie auf einige Tage ausgefüttert sind, etwa hernach wieder dem Bettel, dieser Pest in der Republik, nachlaufen; sondern man giebt ihnen Arbeit, damit sie ihr Brod selber verdienen können. Arme giebts in Holland genug, aber keine Bettler; weil sich diese nicht auf diesem schändlichen Handwerk dürfen betreten lassen, sondern augenblicklich in Spinn= und andere Arbeitshäuser gesteckt werden. Die Protestanten dürfen uns daher gar nicht in diesem Betracht beneiden. Sie sind besser daran, als wir – Felices nimium, sua si bona norint. – Sie brauchen nicht so viele Zufluchtsörter für Nothleidende, als wir. Und wenn ich die Wahrheit sagen soll, so ist es nicht mehr als billig, daß die Mönche Armen zu statten kommen, da sie so viele Leute arm machen helfen. – Verzeihen Sie mir dießmal meinen über Gebühr langen Brief. Ehe Sie mir wieder auf diesen antworten, sollen Sie noch ein Schreiben von mir haben, in welchem ich Ihnen meine fernere Gedanken mittheilen werde.

Ich bin etc.


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