Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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XI.

Antwort auf den vorhergehenden.

Und wenn Sie aller Ihrer Beredsamkeit aufböten, um mir die Schriften, die gegenwärtig in so großer Menge wider die Mönche in die Welt ausfliegen, als aller Aufmerksamkeit würdig anzupreisen, und alles, was wider sie gesagt wird, mir als reine Wahrheit zu insinuiren: so werden Sie doch nichts bey mir ausrichten. Ich bin meiner Sache zu gewiß, als daß ich mich so bald gefangen geben sollte; und meine Absichten sind zu lauter, als daß ich mir, besonders, da, was wir einander schreiben, unter uns bleibt, Parteylichkeit vorwerfen dürfte. Ich will mich nicht darauf einlassen, Ihnen auf das, was Ihr letzter Brief enthält, von Wort zu Wort zu antworten. Vielleicht gebe ich Ihnen doch zu einigem Nachdenken Anlaß, wenn ich Ihnen meine Gedanken von dieser Sache, so wie sie mir beygehen, ohne Kunst und Schmuck überschreibe. Das werden Sie mir doch hoffentlich einräumen, daß, seitdem es Mönchsorden giebt, unglaublich viel Gutes durch sie gestiftet worden, das unterblieben wäre, wenn man keine Klöster und Mönche gehabt hätte. Wenn Sie so begierig wären, das zu lesen, was für, als was wider die Mönche geschrieben worden, so könnte Ihnen das Buch, das vor 12 Jahren in Fulda herausgekommen, nicht unbekannt seyn. Es heißt: »Betrachtungen über die Pflichten und Nuzbarkeit des Klosterstandes für die Kirche und für den Staat; den Mönchen zur heilsamen Warnung, und zur gründlichen Vertheidigung wider ihre Feinde.« Diese Schrift sollte man allen heutigen Freygeistern, die das Kind mit dem Bad ausschütten wollen, zur ernstlichen Lektüre empfehlen, wenn anders diese hartnäckigen Feinde noch zurechtgewiesen und gewonnen werden können. Lesen Sie, was dieser einsichtsvolle und unparteyische Verfasser von dieser Materie sagt. Die Klöster sind von je her offenbar die Oerter gewesen, in denen man sich auf das Studieren gelegt hat, ohne deßwegen die Klosterübungen zu unterlassen. Besonders hat man daselbst die theologischen Wissenschaften getrieben, Schulen unterhalten, viele gelehrte Männer gezogen, und wichtige, und Schäze von Gelehrsamkeit in sich haltende Werke geschrieben. Sie müßten ein Fremdling in der gelehrten Geschichte seyn, wenn Sie dieses im Zweifel ziehen wollten. Ich wette, gegen einen Weltpriester haben die Klöster immer ein halb Duzend Gelehrte und Schriftsteller aufzuweisen. Ist das kein Verdienst? Und die Missionen zur Ausbreitung des Christenthums unter heidnischen Nationen – Wer hat sich zu diesem so schweren und wichtigen Geschäfte mehr brauchen lassen, als Ordensgeistliche? Wie viele Länder kann man zählen, in denen durch sie der christliche Glaube ausgebreitet worden! Man schimpft auf die Faulheit und den Müssiggang der Mönche, als ob sie die nichtswürdigsten Geschöpfe auf Gottes Erdboden wären; und es ist am Tag, daß viele Länder durch ihre Arbeitsamkeit bebauet und bevölkert worden. Lesen Sie, was der unparteyische und von jedermann mit Recht bewunderte Herr Staatsrath Schmidt in seiner vortreflichen Geschichte der Deutschen B. I S. 326. 327. sagt: »Die Mönche und Klöster, schreibt er, wurden zwar von den Fürsten vorzüglich bedacht; sie hatten aber auch noch einige ihnen eigene Quellen der Reichthümer, ihre Arbeitsamkeit nämlich und gute Wirthschaft. Ihre Güter waren selten das von Anfang an schon, was sie in der Folge geworden sind. Man gab ihnen oft ganz öde Pläze, oder große Stücke Waldungen, die sie durch ihren Fleiß erst urbar machten, und die manchmal noch Gelegenheit zur Anbauung von Dörfern, Flecken und Städten, gaben.« Wie viele Chroniken haben ihr Daseyn bloß den Klöstern zu danken, besonders von den Zeiten her, in denen niemand lesen und schreiben konnte, als die Mönche! Wie armselig würde es um die Geschichte aussehen, wenn uns nicht die Klöster mit den wichtigsten Urkunden beschenkten! Wie viele Geschlechtsregister vornehmer Häuser sind nicht durch die in diesen heiligen Gebäuden sorgfältig aufbehaltene und verwahrte Stiftungs= und Schenkungsbriefe gerettet worden! Ich will mich aber nun auf einer andern Seite dieser Nothleidenden annehmen, und erwarten, ob das nicht etwa Eindruck machen wird. Der strengste Protestant, der an seinen aus dem Kloster gesprungenen Luther, wie an Gott, glaubt, muß es, wenn er den hellen Tag nicht läugnen will, eingestehen, daß es zu allen Zeiten wahrhaftig fromme und andächtige Seelen in den Klöstern gegeben habe. Haben ja selbst die Lutheraner Bücher in den Händen, die von Mönchen geschrieben worden, und lesen solche zu ihrer großen Erbauung, wen sie schon mit unter drüber seufzen, daß diese ihrer Meynung nach arme Seelen keine Lutheraner gewesen sind. Ich könnte Ihnen dergleichen Schriften an führen. Wie viel thun manche Orden an Kranken, Armen, und Sterbenden! Das vierte Gelübde der barmherzigen Brüder ist, daß sie Leib und Leben wagen wollen, um nur ihren Nächsten von allen, auch den gefährlichsten, Krankheiten zu befreyen. Heißt das nicht, dem Staat nutzen? Und kann nicht dieser einzige Umstand manches aufwiegen, das diesen ehrwürdigen Personen in diesen unsern Tagen, wo man alles Gute verkennt, und nur das Böse heraushebt, zur Last gelegt wird? Was würden manche Protestantische Länder darum geben, wenn sie solche Anstalten zur Versorgung der Armen, und zur Berathung unheilbarer Kranken hätten, als man in katholischen Staaten in Menge findet! Was sind die Klöster nicht für sichere Zufluchtsörter für so manche Nothleidende, die man verschmachten lassen mü´te, wenn ihnen nicht durch die Barmherzigkeit der Mönche unter die Arme gegriffen würde! Und daß ich auch das noch hinzuseze: wie wenig darf es einem Vater von vielen Kindern in einem katholischen Land bang für die Versorgung derselben seyn! Man hat die Wahl, in welches Kloster man den Sohn oder die Tochter bringen will; und wenn sie da sind, so sind sie auf ewig versorgt. Einem Lutheraner machen 5 – 6 Töchter schlaflose Nächte, wie er sie berathen wolle. Am Ende bleiben sie ihm auf dem Hals liegen; und wenn er ihnen nicht große Mittel hinterläßt, so sind sie nach seinem Tode der Spott und die Verachtung der Welt. Machen Sie mir den Einwurf nicht, daß eben dadurch die Bevölkerung, dieser so große Endzweck eines jeden Regenten in seinem Lande, gehindert werde. Sie wissen doch, in wie fern die Bevölkerung das Glück des Staats ausmacht. Nicht in so fern, daß der Fürst nur viele Unterthanen hat; sondern daß diese, wo nicht reichlich und bequem leben, doch ihr nothdürftiges Auskommen haben. Dieser Endzweck wird aber nur desto eher erhalten, je mehr dafür gesorgt wird, daß große Familien ihre Kinder in Klöstern unterbringen können. Es ist unverantwortlich, daß man in unsern Zeiten das gerade umkehren, und die Klöster als die gröste Hinderniß der Glückseeligkeit eines Staats erklären will. Auf was für seltsame Sprünge werden unsere neue Finanzräthe noch verfallen, wenn nicht bald ein Arzt über sie kommt, der ihnen den Staaren sticht, und ihnen wieder zu ihrem Gesicht hilft, da sie bey aller ihrer stolzen Einbildung, daß sie allein Augen haben, bisher stockblind gewesen sind. Erlauben Sie mir noch eine Betrachtung, die hier nicht am unrechten Ort stehen wird. Ich habe auf meinen zwey kleinen Reisen katholische und protestantische Länder gesehen, und dabey immer die Bemerkung gemacht, wie die prächtigen Kirchen und Klöster, die man in jenen antrift, den Umlauf des Geldes offenbar befördern, und die schönen Künste, z. E. Bildhauer= Maler= und Baukunst ganz ausnehmend in Aufnahme bringen müßten. Klöster haben die Protestanten gar nicht, so viel mir bekannt ist; und ihre Kirchen sind Gebäude, bey denen nicht viel zu verdienen seyn kann. Hingegen die Kirchen der Katholischen – welche Pracht, welcher Aufwand, an dem sich das Auge nicht satt sehen kann. Es sind wenige Wochen, daß ich in einem B. Kloster in B. einen Besuch machte, wo man würklich im Begriff ist, eine neue Kirche zu bauen. Sie ist bereits angefangen. Der erste Schritt, den ich in dieselbe that, erfüllte mich mit Bewunderung und Erstaunen. Wenn sie fertig ist, und das kann noch etliche Jahre anstehen, so wird sie weniger nicht, als 50.000 fl. Kosten. Die vortreflichsten Malereyen, die in Italien sich sehen lassen dürften, die reiche Vergoldungen, die Statuen, die hin und wieder angebracht sind, müssen grosse Summen kosten. Wie viel läßt sich da verdienen! Und ist es nicht besser, das Geld dazu anzuwenden, um die Talente solcher Künstler zu erwecken, anzufeuern und zu erhöhen, als zu weiß nicht was für Versuchen und Anstalten, deren Ausgang und Nutzen ungewiß ist? Sollte auch Gott ein Mißfallen daran haben können, da es Gebäude sind, in denen seine Ehre wohnet, und wo manches Herz, das mit den eitelsten Gedanken hineinkommt, durch den Anblick des gekreuzigten Christus auf einem Altarblatt, bewegt, gerührt und zu den ernsthaftesten Betrachtungen veranlaßt werden kann? Doch, so überzeugt ich von der Nuzbarkeit der Klöster und Ordensgeistlichen aus den bisher angeführten Gründen bin, so würde mir dennoch das alles noch nicht hinreichend seyn, mich so angelegentlich für sie zu erklären. Ich weiß nicht, ob Sie mich belachen werden, wenn ich Ihnen sage, daß mich erst gestern eine Stelle aus dem Tertullian, auf die ich von ungefehr fiel, völlig zum Vortheil der Mönche eingenommen habe, auf die man sie ganz bequem bedeuten kann. Meine ganze Beschäftigung, sagt dieser Kirchenvater, geht auf mich, und meine einzige Sorge ist, daß ich keine Sorge mehr habe. Das ist in der That der glückliche Zustand der Ordensgeistlichen. Beynahe komme ich auf den Gedanken, daß ihre Feinde sie deswegen beneiden, und, um ihrer Misgunst Nahrung zu geben, mit solcher Heftigkeit auf sie losgehen. Wenn die Mönche klug sind, so werden sie sich das nicht irren lassen; sondern vielmehr ihrem Grundsatz in diesen bedenklichen Zeiten desto getreuer bleiben: Unsere Sorge ist, daß wir keine Sorge, auch wegen unsers künftigen Schicksals, mehr haben. Das gönne ich ihnen von Herzen, und wünsche, daß ihre Feinde an ihnen zu schanden werden mögen! Nicht wahr, das ist kühn, daß ich Ihnen so schreibe? Wie übel werde ich bey Ihnen ankommen! Doch, Sie haben ja Ihre Freyheit auch, mit Ihre Gedanken dießfalls offenherzig mitzutheilen.

Ich erwarte sie ohne Furcht, und bin etc.


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