Johann Kaspar Riesbeck
Neue Briefe, für und wider das Mönchswesen
Johann Kaspar Riesbeck

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I. Brief.

B – g. Den I Sept. 1781.

An seinen Freund M – g in N – M.

Sie haben mir mit den Briefen über das Mönchswesen, über den Cölibat, aus dem NoviziatNoviziat – s. Pezzl im Dictionnaire Personen der katholischen Geistlichen, über das Grab der Bettelmönche, und: Nicht mehr und nicht weniger als XII Apostel, und anderm mehr ein sehr angenehmes Geschenk gemacht. Zwar fiel mir, da ich nach Eröfnung Ihres Pakets mit meinen Augen auf so viele Stücke von ähnlichem, oder beynahe ganz einerley Innhalt stieß, Gellerts grüner EselGellerts grüner Esel – eine Fabel von Gellert. (»Ein Ding mag noch so närrisch sein, / es sein nur neu; so nimmt's den Pöbel ein; / Er sieht und er erstaunt. Kein Kluger darf ihm wehren. / Drauf kömmt die Zeit und denkt an ihre Pflicht; / denn sie versteht die Kunst die Narren zu bekehren, / sie mögen wollen oder nicht.«) ein. Sie wissen, daß Menschenliebe meine Leidenschaft ist, und daß mir aus diesem Grunde nichts unausstehlicher seyn muß, als Ausfälle auf Menschen, die nicht allemal dafür können, daß sie sind, was sie sind; und die sehr oft unter ihrer äusserlichen Lage seufzen, ohne den geringsten Strahl der Hofnung eine Veränderung auch nur von ferne zu erblicken. Alles scheint sich wider die Mönche verschworen zu haben; und wer von der Erziehung nichts zu schwätzen weiß, wählt sich flugs die katholische Geistlichkeit, in und ausser den Klöstern, um entweder seinen Witz einen Tummelplatz anzuweisen, oder seine Galle auszulassen. Laß leben, laß leben, sagte ein Franzos in gebrochenem Deutsch, als er einen muthwilligen Buben in einem Wirthshause auf eine Wefze Jagd machen sah; es ist Platz genug in der Welt. In der That, Freund, es könnte sich leicht zutragen, daß die Verfolgten am Ende mehr bey dieser Scene gewännen, als die Verfolger. Sie wissen ja das Sprüchlein: Sanguine plantata est – fanguine creuit – fanguine fuccreuit.Sanguine ... – Durch Blutvergießen ist sie gepflanzt worden – durch Blutvergießen ist sie gewachsen – durch Blutvergießen ist sie groß geworden. – Wie manchem ehrlichen Bewohner einer Zelle mag das ein herzerquickender Zuspruch seyn, der sich bereits bey den so sehr gespitzten Federn antimönchischer Schriftsteller, und den Anstalten einiger gegen diese bedenklichen Einstreuungen gar zu folgsamen Höfe vor Angst nicht mehr zu fassen wußte. Durchs Gedränge, zum Gedränge, denkt er nun, und macht es zum Innhalt seines täglichen Gebets, daß Gott ihn und seine bedrängten Brüder die Erfüllung dieses trostvollen Wortes je bälder je lieber wolle erfahren lassen. – dieß waren meine ersten, schnellen Betrachtungen, die mir der Anblick der Schriften, die ich Ihrer Gütigkeit zu danken habe, ablockte.

Nun habe ich sie durchgelesen – Sie erwarten meine Gedanken darüber. Ich eile, Ihnen solche mitzutheilen, und bitte nur, mir der Simplicität, die Sie in meinen Briefen antreffen werden, Geduld zu haben. Doch, sie sind ja nicht für das Publikum bestimmt; und wenn wir die große Entfernung von Ihnen die mündliche Unterhaltung nicht unmöglich machte: so würde ich mich bey aller Behutsamkeit, die ich mir im Schreiben zur Regel mache, doch gewiß nicht dazu entschlossen haben, die Feder anzusetzen. Ich fürchte überdieß, mich selbst zu verurtheilen, da ich Ihnen bereits bezeugt habe, daß ich mit der Schreibseeligkeit unserer Tage über diesen Gegenstand, aus mehr als einer Ursache, die Sie in den folgenden Briefen finden werden, nicht so ganz zufrieden bin. Lassen Sie mich vom Herzen weg sprechen. Ob die Schriften, von denen die Rede ist, Katholiken oder Protestanten zu Verfassern haben; ob es Gelehrte, oder Laien seyen; – ob sie in Oesterreich oder in Schwaben, in Franken oder in Westphalen, in Baiern oder in dem Burgundischen Kreise sich aufhalten; – ob hin und wieder Erdichtungen, oder wahre Begebenheiten eingeflossen seyn; – ob bey diesem oder jenem Verfasser hämische oder redliche Absichten zum Grunde liegen, – davon sichere Nachrichten zu haben, werden sie, mein Freund, wohl so sehr wünschen, als ich. Wir würden natürlicher Weise dadurch in der gründlichen Beurtheilung dieser Aufsätze sehr gefördert werden. Manches würden wir sonnenklar verstehen, das für uns nun in grosse Dunkelheit eingehüllt ist. Vielleicht würden wir auch von manchem Argwohn geheilt werden, den wir nun nähren, wenn wir bald da, bald dort Anekdötchen antreffen, die auf gewisse Personen sicher zu passen scheinen, da sie doch kein Haar davon angeht. – Eben werde ich durch zween Terminanten abgerufen. – Sie sollen nächstens, wenn Ihnen anders dieser Brief nicht mißfallen hat, einen zweyten von mir erhalten; aber unter keiner andern Bedingung, als daß Sie mir auf jede meiner Zuschriften redlich und pünktlich antworten.

Ich bin etc.


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