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Selbst im eigenen Land wenig bekannt

siehe Bildunterschrift

Der Marktplatz zu Mergentheim. Lithographie von C. Baumann, um 1830

Infolge der besprochenen Weg- und Grenzverhältnisse ist aber das Taubertal nicht bloß auswärts wenig bekannt, sondern die Bewohner selber kennen großenteils das Gesamtgebiet ihres anmutigen Flüßchens weit weniger, als der fremde Wanderer glauben möchte, wenn er so bequem auf belebter Straße talabwärts zieht. Ein Rothenburger wird nicht oft nach Wertheim reisen, und noch seltener kommt ein Wertheimer hinauf nach Rothenburg. Zwischen Detwang und Creglingen ging ich mit einem jungen Bauernburschen aus der Gegend. Er gehörte gerade nicht zu der bäuerlichen Aristokratie, denn er hatte eben ein Schwein zur Stadt getrieben, allein er kannte das obere Tal äußerst genau, hatte fein beobachtet und wußte so gut Bescheid in der Geschichte seiner Gegend, daß ich ihm – geradeswegs aus Altbayern kommend, wo die Bauern, welche Schweine treiben, etwas weniger historisch gebildet sind – mein Erstaunen darüber nicht verhehlen konnte. Er erzählte mir viel vom Dreißigjährigen Krieg, den er, auf nähere Erkundigung, nur um hundert Jahre zu früh setzte, von der Erstürmung Rothenburgs durch Tilly, von Tetzels Ablaßpredigt, von der deutschherrischen Zeit in Mergentheim, welche man dort die deutschnärrische Zeit nennt, von den Hohenstaufen und ähnlichen Dingen. Er war in Stuttgart und Ludwigsburg bekannt und wußte viel von Honduras und Mexiko und von Amerika überhaupt, nur daß er Mexiko beiläufig einmal mit Algier verwechselte; von der unteren Hälfte seines heimatlichen Taubertales dagegen wußte er nichts, und da er gesehen hatte, wie sich bei Mergentheim das Talbecken ausweitet, so behauptete er: der Fluß laufe von dort abwärts durch eine Ebene. Andererseits traf ich in Bischofsheim und Wertheim mit sehr gebildeten Leuten zusammen, welchen ich Rothenburg wie eine ganz fremde Stadt schildern konnte; sie waren niemals droben gewesen.


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