Georg Queri
Die Schnurren des Rochus Mang
Georg Queri

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Die Heiligsprechung

Wie er schon an die dreißig Jahr in Oedgereuth gewesen ist, der Herr Pfarrer, da haben die Bauernleut gesagt: »Er wird heiliger mit jedem Tag, unser Herr Pfarrer.«

In den Wirtshäusern haben sie davon gesprochen und in der Nachbarschaft ist's beredet worden, daß er einen gar so heiligmäßigen Lebenswandel führt, der Herr Pfarrer von Oedgereuth.

Da sind die Leut geschlagene fünf Stund weit gegangen an den Feiertagen, um den heiligen Mann in Oedgereuth zu sehen. Hätten ihn auch gern auf der Kanzel gehört, aber er hat halt nicht mehr predigen können, weil er gar so alt war und weil er keine Zähn nicht mehr gehabt hat. Und das hätt er auch nicht mehr machen können, eine geschlagene halbe Stund auf der Kanzel stehen und reden.

Macht aber nichts, die Leut sind so auch gekommen. Und wann die von Pfeffenhausen, Gütersloh und Ambach, die von Irschendorf, Feldamwand und Inzersbruck, die von Steinebach, Olching und Heggersberg, von Dachelfing, Partachen und Widdershofen in aller Früh fort sind an den Feiertagen, dann hat's ein jeder gewußt, wohin: die gehen zu dem Heiligen von Oedgereuth.

Aber einmal, da hat beim Großen Wirt in Oedgereuth ein Irschendorfer gesagt zu den Oedgereuthern: »Heilig ist er aber noch nit gesprochen, euer Herr!«

»Nein«, haben die Oedgereuther bekümmert gesagt, »heilig ist er noch nit gesprochen, unser Herr.«

Und der Große Wirt hat ein recht langes Gesicht dazu gemacht. Denn das hat er schon gehört, wie sich's gleich umeinander gesprochen hat bei den Auswärtigen, daß er halt doch noch nit heilig gesprochen ist, der Herr Pfarrer.

Und sauber sind am nächsten Feiertag schon ein Stücker Dutzend ausgeblieben von den Auswärtigen. »Er ist ja doch kein Heiliger nit!« haben sie gesagt.

Der Große Wirt hat anders gebrummt, wie er den Abgang gemerkt hat. Ein Stücker Dutzend gleich, das merkt man schon beim Bier und bei den Würsten.

Aber am übernächsten Feiertag sind die Auswärtigen noch weniger geworden. Die von Partachen und Heggersberg haben gleich ganz gefehlt und die Olchinger waren auch nicht viel.

Bekümmert hat da der Große Wirt zum Kirchenpfleger gesagt: »Itzt glauben sie nit mehr an unsern Herrn Pfarrer!

Da ist der Kirchenpfleger zum Herrn Pfarrer gegangen und hat gesagt: »Du, Herr Pfarrer, itzt glauben sie nit mehr an Dich, die Leut!«

»Was sagst?« meint der Herr Pfarrer. (Er hat recht schlecht gehört, weil er so alt gewesen ist.)

»Für die Heiligkeit mußt was tun, Herr Pfarrer!« schreit der Kirchenpfleger.

»Ja, für die Heiligkeit muß man schon was tun.«

»Sollst halt zum Papst gehn, auf Rom hinter, und sollst um die Heiligkeit eingeben!«

Gut, der Herr Pfarrer geht zum Papst, auf Rom hinter, und gibt um die Heiligkeit ein.

»Nein«, sagt der Papst zu Rom, »heilig kann ich Dich nit sprechen, weil Du noch nit tot bist.«

»Aber der Kirchenpfleger hat gesagt, Du sollst mich heilig sprechen. Und einen schönen Gruß soll ich Dir auch ausrichten vom Kirchenpfleger.«

Da hat der Papst was auf ein Papier geschrieben und hat's dem Herrn Pfarrer mitgegeben für den Kirchenpfleger.

Wie der Herr Pfarrer wieder in Oedgereuth angekommen ist, hat er dem Kirchenpfleger das Papier gegeben.

»Hm«, sagt der Kirchenpfleger, »der Papst meint, wenn Du halt scheintot wärst, könnt er's schon machen. Da tät er Dich halt scheinheilig sprechen, der Papst.«

»Scheintot?« sagt der Herr Pfarrer; »ist mir auch recht.«

Und legt sich aufs Bett und macht einen Scheintoten.

Die Leut sind gekommen und haben ihn angeschaut. Und so gut hat er's gemacht, daß der Große Wirt gesagt hat: »Itzt langt's schon. Itzt steh nur wieder auf, Herr Pfarrer!«

Nein, nimmer ist er aufgestanden. Und ist wirklich tot gewesen und der Papst zu Rom hat kein Wörtlein geschrieben wegen der Heiligkeit, obwohl der Kirchenpfleger durch einen Handwerksburschen hat anfragen lassen, der auf dem Weg nach Oedgereuth gekommen ist.

Und seitdem braucht der Große Wirt nicht mehr den zehnten Teil Wurst und Bier an den Feiertagen.


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