Georg Queri
Die Schnurren des Rochus Mang
Georg Queri

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Medizin

Der müßt nicht von der Karpetsriederau sein, der nicht weiß, wie viel gut die Medizin ist für die Bauernleut.

Die von der Karpetsriederau haben keinen Doktor und keinen Apotheker, aber Medizin können sie haben, schubkarrenweis. Der Bader Flinserer versorgt sie mit dem teuren Sach.

Der hat Dachsfetten und Schmalz von der grönländischen Löffelgans, der hat den schwarzbraunen Schmerztöter in dicken Flaschen, der hat kleine Pillen in schönen Schachterln, der hat alles, der Bader Flinserer.

Und alles schmeckt so gut aus seiner Apotheken und süß wie die Weinbeerln.

»Ich wüßt schon, was ich am liebsten essen tät«, sagt die Gorihoferin, »ich tät am liebsten eine ganze Apotheken essen.«

Und da meint sie die Apotheken von dem ehrengeachteten Herrn Bader Flinserer, die so süß schmeckt.

Ein kleines vernickeltes Thermometerl hat er auch, der Bader. Für kranke Leut und für's kranke Vieh.

Damit hat er einmal ein krankes Roß gemessen beim Zillibartl. Aufs Fieber hin. Am Freitag hat er's gemessen und am Samstag hat die Zillibartl Ev gesagt: »Das hat ihm halt gut getan, das Röhrl, das du ihm eingesteckt hast. Ganz gesund ist er wieder, der Bräundl.«

Freilich schaut sie der Bader etwas blöd an. Aber dann nickt er ernsthaft, der ehrengeachtet Herr Bader Flinserer.

Für den alten Kitschenthaler braucht er alle heiligen Zeiten einen guten medizinischen Trunk. Fehlen tut ihm nichts, dem Kitschenthaler; aber warum fehlt ihm nie was? Weil er die medizinischen Trankl zur richtigen Zeit einnimmt, daß ein böser Wehdam gar nicht in den Körper einziehen kann.

Und der Bader tut auch einen Wohlgeschmack hinein in die Trankl, daß sie wie ein alter Wachholder schmecken.

Der Berghäusl Simmer hat's einmal mit der Verstopfung gehabt.

Schier hätt ihm der Bader nicht helfen können mit dem ganz winzigen Pillenschachterl, das nicht größer war wie ein halber Gulden und nicht dicker als wie ein Brillenfutteral.

Drei Täg lang hat der Bader nachgefragt:

»Hat's doch schon gewirkt, das Pillensach?«

»Noch nit!« hat der Berghäusl Simmer gesagt, drei Täg lang.

Hat sich der Bader denkt: »Warum will's nit angreifen, das Mittel? Hab ich ihm vielleicht ein falsches geben?«

Ja, einmal hat er schon ein falsches erwischt, für den Langthoma Andresl. Freilich. Schwefelsäure ist drin gewesen und da hat's in der ledernen Hosen ein Loch gegeben.

Aber dem Simmer hat er doch keine solche Schwefelsäure nicht geben? Es war doch ein Pillenschachterl, freilich. Von dem die Weberzenz geschrieben hat aus Hirschenreuth:

»Lieber Bader, schieck mir nocheimal den Stulgang wo ich das lestemal gehabd hab.«

Das sind Anerkennungen!

Aber die Sach mit dem Berghäusl Simmer?

Der Bader kriegt's mit der Angst zu tun . . .

Aber am vierten Tag – Gott sei gelobt und seine Heiligen! – da hat der Simmer auf die Nachfrag schon anders geantwortet: »Itzt hat's gewirkt. Weißt Bader, bis daß halt der Magen den Deckel weggefressen hat von der Schachtel. Das ist halt nit so schnell gangen.«

»Bis daß halt der Magen den Deckel weggefressen hat – –« hat der ehrengeachtet Herr Bader Flinserer gesagt.

Ist sehr ernsthaft dabei geblieben, der Bader.


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