Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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Verwandlung.

Gaststube einer Schenke an der Heerstrasse. An der Wand hängt Dornrösleins Bildniß.

Christoph (alt und taub.) Wie sich die Zeiten ändern! Vormals war ich der Diener eines Poeten am Hofe eines Königs und repräsentirte den Humor ich war eigentlich der Lustigmacher – – da brach die Nacht herein. Wir floh'n; ich verlor meinen guten Herrn und mit ihm meinen guten Humor. Lautenklang zog in die Einsamkeit und harrt am Fuße des verzauberten Königsschlosses, bis die Nacht des Schlafes entweicht! Und ich, was bin ich jetzt? Ein alter Bursch, den die Last der Jahre taub gemacht; ich habe mich sozusagen überlebt, kein Mensch frug mehr nach mir. Da bin ich denn in der Schenke in Dienst getreten; man nährt mich und ich zehre nebenbei an alten Schwänken. Der Gäste sind wenig; die Umgegend ist verrufen wegen der Nähe des verhexten Königsschlosses.

(Es pocht an dem Thore.)

Holla! ein Gast; etwa so ein Schnapphahn, deren wir nicht selten beherbergen.

(Minnamunt geharnischt tritt ein.)

(Unter der Thüre.)

Minnamunt. Führt mein Roß in den Stall, reibt ihm den Schweiß ab und schüttet ihm auf.

(In der Stube.)

Heda! wo ist der Wirth? Ich bin müde und Mich dürstet. Gebt mir einen Imbiß.

Christoph. Bei uns wird Niemand gebißen, wir sind zahmes Volk, edler Ritter.

Minnamunt. Reicht mir einen Humpen!

Christoph. Ei, was meint Ihr! Wir sind keine Lumpen. Der Wirth ist ein ehrlicher Mann und ich bin noch ehrlicher als er. Aber taub bin ich – also vergebt, wenn ich Euch nicht gleich verstehe.

Minnamunt (laut.) Einen Becher Wein!

Christoph. Ein verständlich Wort. Gleich sollt Ihr bedient sein. (ab.)

Minnamunt (wirft sich auf einen Stuhl.) Wie lange schon suche ich das verzauberte Schloß und die schlafende Prinzessin! Ich muß sie finden! Ueberall vernehm' ich die Kunde davon – mein ritterlicher Sinn verlangt nach solchen Abenteuern – aber Niemand konnte mir noch Näheres von dieser Volkssage erzählen.

(Christoph bringt Krug und Humpen.)

Christoph. Nun löscht Euern Durst, edler Herr.

Minnamunt. Du bist wohl der Diener in diesem Gasthofe.

Christoph. So lange wohl, daß ich nicht mehr weiß wie oft das Jahr mittlerweile umgelaufen.

Minnamunt. Also bist du schon lange in diesem Hause.

Christoph. Wie gesagt und ich war sonst ein lustiger Bursch, allein die Zeit hat mich beim Schopf genommen und hat mich derb geschüttelt wie der Wind einen alten Baum.

Minnamunt. Da weißt du vielleicht auch Etwas von dem verzauberten Königsschloß, das in dieser Gegend sein soll.

Christoph. Allerdings auch. Es sind nur ein paar Stunden hin, aber kein vernünftiger Mensch traut sich in die Nähe zu kommen, denn der Wald ringsum ist voll von Heren und Teufeln!

Minnamunt. Ha gerade recht für einen Ritter, der auf Abenteuer ausgeht.

Christoph. Ich sage Euch, daß es hier im Hause gar nicht theuer ist, weder des Abends, noch Mittags noch Morgens. Die Gäste loben den Preis und sagen stets: Wenn auch euer Wein sauer ist, so ist er doch wohlfeil und nach meiner dummen Ansicht ist ein saurer Wein immer besser schlecht bezahlt als ein guter mit Verdruß getrunken.

Minnamunt. Du kannst mir wohl den Weg angeben, der zu dem Zauberwalde führt?

Christoph. Ob ich's nicht kann! Da schaut einmal zum Fenster hinaus. Rechts um die alte Eiche dort, dann links durch den Sumpf, dann gradaus über die lange Wiese, dann obenauf über den Hügel, auf dem der Galgen steht, und abwärts durch den Fluß, dann etwas mehr rechts und dann wieder links um den Tannenwald und noch drei Stunden geritten oder gegangen – dann seid Ihr auf dem rechten Wege.

Seht hier an der Wand das Bild. Es ist die schlafende Prinzessin, das liebe schöne Dornröslein!

Minnamunt. Himmel, welche Schönheit!

Christoph. Köhler haben es einst am Gemäuer gefunden, dort unter der Dornhecke, die das Schloß überwuchert hat. Das arme, liebe Dornröslein! (weint.)

Minnamunt. O reizendes Bild, wie bin ich von dir begeistert! Dornröschen, dich muß ich erlösen! Dich muß ich besitzen!

Christoph. Hütet Euch, edler junger Herr, Euch in so namhafte Gefahr zu begeben! Mit Riesen und Heren ist kein Spaß zu machen.

Minnamunt. Gleichviel! Es läßt mir keine Ruhe mehr! Auf, Auf! Zu ihr, zu ihr! und sollt ich mit allen Teufeln um sie kämpfen müssen! (Stürzt hinaus.)

Christoph. Armer junger Held! Fürwahr, ich meine, daß ist so Einer wie mein guter Herr war, so eine romantische Natur, die auch Stoff sucht. Gott schütz' ihn! Mag er mit Riesen kämpfen, ich leg' mich auf die faule Haut. Ich denke ich werde bald einschlafen und kein verliebter Prinz wird mich wecken. Also gute Nacht! (ab.)


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