Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein
Franz Pocci

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I. Aufzug.

Wilde, felsige Gegend.

Prinz Rosenroth sitzt erschöpft auf einem Felsblock. Nicht weit von ihm liegt Casperl auf dem Boden.

Prinz Rosenroth. Ich bin ein unglücklicher Prinz; ein ganzes Jahr schon durchziehe ich die Welt, ohne das Ideal zu finden, welches ich erringen möchte, ja erringen muß! Wie viele Gefahren und Abenteuer habe ich schon überstanden und noch bin ich nicht am Ziele! Wie am Himmel ein helles Gestirn – so leuchtet mir das Bild der Prinzessin Lilienweiß von ferne; seine Strahlen dringen bis in das Innerste meines Lebens – aber unerreichbar ist daß himmlische Bild, wie mir däucht, und ich werde endlich aus Sehnsucht verschmachten! Ja, ich bin recht unglücklich!

Casperl. Jetzt hören's a mal auf mit dem Lamentiren! Was soll denn ich nachher sagen? Sie haben alle Tag eine Portion Sehnsucht zum verzehren; aber ich hab gar Nix als Hunger und Durst und bin alleweil hundsmüd dabei. Ja, wie wir noch geritten sind, da war's doch passabel zum aushalten; aber seit sich uns're Rößeln die Fuß' abgelaufen haben vor lauter Hetzen und Jagen und seit wir z'Fuß auf Abenteuer ausgehen, ist's schier nimmer ausz'halten. – Was habn 'S denn alleweil mit der Prinzessin? Muß's denn grad die sein. Prinzessinen gibt's ja genug auf der Welt, reich und schön, die einen Mann brauchen können. Ich thät mir halt so Eine holen, und nachher hatt' die Seel an Ruh.

Rosenroth. Casperl, du bist zwar ein treuer Kerl, aber das verstehst du nicht. – Wenn du nur genug zu Essen und zu Trinken hast, dann bist du auch zufrieden. Höheres als dieß begreifst du nicht.

Casperl. Jetzt möcht ich aber doch wissen, ob denn's Essen und 's Trinken nit a Hauptsach ist? Das halt Leib und Seel' zusammen. Schaugen's Ihna nur in Ihren Rasirspiegel – auweh! Den hab'n wir beim letzten Kampf mit dem Riesen z'brochen! – Sie seh'n ja aus wie a Haring, ganz ausg'hungert und abgezehrt; es ist eine wahre Schand für an Prinzen von Geblüt. Und ich geh' auch z' Grund nach und nach, als wie ein Jagdhund, der auf seine letzten Fuß lauft. Ich halt's nimmeraus und lauf Ihnen doch nächstens einmal davon; nachher können's allein herumvagiren; auf d' letzt kommen wir noch mitenand auf'n Schub nach Haus, wenn uns ein Gendarm in dem elenden Zustand antrifft.

Rosenroth. Schweig einmal mit deinem Geschwätz. Ich will dich nicht zurückhalten, wenn du mich verlassen willst.

Casperl. So, und wer putzt Ihnen dann die Stiefel in der Früh, wenn ich nimma bei Ihnen bin? und wer macht den Caffé, wenn wir Ein' haben? und, wer stickt Ihnen die Panzerhosen?

Rosenroth. Das sind Nebensachen. An derlei Kleinigkeiten des Lebens denkt ein Held nicht, der nach seinem Ideale strebt.

Casperl. Und alleweil das Lineal da! Wenn's nur Einmal die Idee'n aus'n Kopf brächten! (Gähnt.) Auweh, jetzt werd' ich schon schläfrig. Nacht wird's auch und alleweil im Freien campiren! Das gibt wieder ein' Mordscarthar Morgen früh. Nur Einmal möcht' ich wieder – in – ein – Wirthhaus – kommen – – – (schläft ein.)

(Es wird Nacht, der Mond steigt hinter den Felsen auf.)

Rosenroth.

Sei mir gegrüßt du stille Nacht,
In der mein Herz in Sehnsucht wacht.
Doch schlummer' ich ein aus Müdigkeit,
So geb' der Traum mir das Geleit
Zu der geliebten Lilienweiß,
Die strahlet in der Sterne Kreis!
O Mondenlicht senk dich herab
Zu leuchten auf mein stilles Grab;
Du, Traum, pflanz eine Lilie dann,
Daß Rosenroth sanft ruhen kann!

(Er schlummert ein. Es öffnet sich ein Felsen im Hintergründe; die Fee Liebinniglich erscheint im rothen Schimmer. Neben ihr Prinzessin Lilienweiß.)

Die Fee.

Was du ferne noch siehst prangen,
Ja dein einziges Verlangen
Sieh hier, deine Lilienweiß!
Treu halt' aus und ringe ständig,
Denn der Kampf ist unabwendig
In des Erdenlebens Kreis!

Wer nicht durch das Leid gedrungen,
Hat auch keinen Sieg errungen
Und pflückt keinen Lorbeerkranz;
Aber wann der Kampf bestanden,
Lösen sich des Schmerzes Banden
Und es winkt des Himmels Glanz!

(Die Erscheinung verschwindet unter sanfter Musikbegleitung.)

Rosenroth (erwachend). Himmlische Erscheinung, verweile! – Weh mir, es war wieder nur ein Traum! Aber das Engelsbild senkte den Balsam der Hoffnung in diese Brust und mit neuer Kraft gestählt erwache ich zum Bewußtsein meiner Berufung.

(Es wird Tag.)

Casperl (gähnend.) Gut g'schlafen hab' ich, aber jetzt sitz'n wir halt noch auf'm alten Fleck. Der Durst hat mich eing'schläfert und der Hunger hat mich wieder aufgeweckt. Das ist eine saubere Gesellschaft.

Rosenroth. Auf Caspar! Laß uns unsern Weg weiter suchen! Die Hoffnung winkt und der Trost spannt die Segel meines Lebensschiffleins auf. Die Wimpel wehen! Folge mir! (geht ab.)

Casperl. Ja die Gimpel gehen! Ich folge dir! (ab.)


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