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Das letzte Almosen.

Den Dichter und das Mißgeschick –
Ein Mutterschoß hat sie gereift;
Als Zwillingsbrüder haben sie
Das Leben stets vereint durchstreift.

Der Baum, wie heut, wuchs damals auch,
Es bot sein Schatten Vielen Rast;
Dem Dichter auch hat er genützt:
Zum Bettelstab dient ihm sein Ast.

Es waren ihm Genossen nun:
Das Mißgeschick, der Bettelstab;
Die beiden blieben stets ihm treu,
Wandt' Alles auch von ihm sich ab.

Doch wo, wo kam die Laute hin?
Die doch der Dichter nie entbehrt ...
Ach ja, die Laute hatt' er auch,
Die klang so wundersam verklärt.

Er griff in ihre Saiten ein
Einst in gewitterschwang'rer Nacht,
Des Donners Tosen wurde da
Durch ihren Klang zur Ruh' gebracht.

Der Himmel auch, so düster schwarz,
Als er vernahm den süßen Laut,
Vergaß den Groll und hat auf ihn
Mit Sternenlächeln mild geschaut.

Der Dichter darbte und er warf
Auf Menschen seine Blicke bang,
Er wähnte: ist ihr Herz auch hart,
So wird es milde durch Gesang.

Und was das Firmament geklärt,
Und was den Sturm zur Ruh' gebracht
Von seiner süßen Laute klang
Aufs Neue: des Gesanges Macht.

Was Himmel selbst und Sturm versteht:
Dies Lied – der Mensch versteht es nicht ...
Beschämt die Laute jetzt verstummt,
Bis sie entzwei vor Wehe bricht. –

Dies war der Laute Lebenslauf.
Doch was ward nun des Dichters Loos?
Der lebte fort – man weiß nicht, wo? –
Ein Leben voll Entbehrung bloß.

Vor einem jüngeren Geschlecht
Nach Jahren er zum Vorschein kam.
Er ward nicht grau ... sein Lockenhaar
War längst dahin vor Sorg' und Gram.

»Paar Groschen gebt, paar Groschen gebt!«
Rief flehend er zur Welt hinaus;
Gleich einem dürren Zweig im Wind,
Streckt' bebend er die Hände aus.

Da fragte ihn das Mitleid einst:
»Wer bist Du, Mensch des Elends, sprich!
Den eines Gottes Flammenzorn
Getroffen hat so fürchterlich?«

Da nennt er sich und fleht aufs Neu':
»Paar Groschen gebt ...« – »»Halt ein, o Mann!
Du Sohn des ew'gen Ruhm's! o komm',
Im Überfluß lebst Du fortan.

Dein Name strahlt dem Himmel gleich,
Von Silbersternen reich besetzt;
Und was einst ungehört verklang:
Dein Lied – die Welt bestaunt es jetzt.

So komme denn! so wechsle nur
Die Lumpen mit dem Purpurkleid;
Der Lorbeer kröne Dir das Haupt,
Der reichste Tisch sei Dir bereit!««

»O schöne Red' ... o habe Dank!
Doch hab' ich keinen Hunger mehr,
Auch hat's nicht Noth, daß ich vertausch'
Die Lumpen hier mit Purpur schwer.

Der Lorbeer auch ... o wie so gut,
Lässt einem Jüngling solch ein Preis –
Allein, auf dürren Stamm gepflanzt,
Schlägt keine Wurzel mehr sein Reis.

Doch wirfst Du mir paar Groschen zu:
Sollst Du bedankt vom Herzen sein;
Der Schreiner harret schon aufs Geld ...
Er macht mir meinen Todtenschrein.«


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