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VII. Periode.

Von der Vereinigung unseres Landes mit Frankreich, bis zur Erhebung desselben zu einem Großherzogthum und seiner Einverleibung mit dem Königreich der Niederlande unter Wilhelm I. Von 1795-1815.

 

Dasselbe gewaltsame Schicksal, welches alle Länder traf, über die sich die französische Revolution verbreitete, theilte auch das Luxemburger Land. Alle Einrichtungen, welche Jahrhunderte lang da gestanden, wurden als veraltet und dem Zeitgeiste zuwider niedergerissen, und neue an ihre Stelle gesetzt; auch des Allerheiligsten wurde in diesen Zeiten des republikanischen Fanatismus nicht geschont. Von den geistlichen verlangte man, sie sollten der Republik den Eid der Treue schwören; die meisten aber weigerten sich, dieser Forderung zu willfahren, weil es mit ihrem Gewissen und ihrer Ueberzeugung nicht übereinstimmte, und nun erging eine furchtbare Verfolgung über sie. Man erklärte sie als Hochverräther, sperrte ihre Kirchen, zog ihre Häuser und Güter ein, steckte sie ins Gefängniß oder schickte sie in die Verbannung. Viele von ihnen irrten in den Wäldern umher, oder hielten sich in den Häusern der Bauern versteckt, und lasen heimlich die Messe in den Scheunen oder auf den Speichern. Alle Klöster wurden aufgehoben, und die Mönche entschädigte man entweder mit einer Anweisung auf die Staatskasse, oder mit einem lebenslänglichen Jahrgehalt. Ihre Güter, sowie die Kirchengüter und die der Ausgewanderten, wurden zum Besten der Nation verkauft, um nur Geld in die leeren Staatskassen zu bringen. Aber dieses Mittel half der Geldnoth nicht ab, und nun wurde Papiergeld eingeführt, welches man Assignaten nannte, weil es auf die eingezogenen Güter assignirt oder angewiesen war.

Um auch unter dem Volke das Andenken an alles Frühere zu vernichten, wurden die Namen und Tage der Monate verändert, und eine neue Eintheilung des Jahres vorgenommen. (Siehe Seite 88, Anmerkung.)

Den gräßlichsten Unfug trieb man aber mit der Religion: durch ein förmliches Dekret wurde die christliche Religion für aufgehoben erklärt, die Anbetung des wahren Gottes abgeschafft, und von nun an sollte nur die Vernunft angebetet werden. Man veranstaltete ein großes Fest zur feierlichen Einsetzung des neuen Gottesdienstes, eine berüchtigte Operntänzerin wurde als Göttin der Vernunft auf einem Triumphwagen durch die Straßen von Paris geführt, und um sie her tobte eine sinnlose Volksmenge, worunter Viele, in Priesterkleidern vermummt, die heiligen Gefäße umhertrugen, und mit denselben den abscheulichsten Spott trieben. Die wüthendsten Revolutionsmänner waren Robespierre, Danton, Marat u. s. w. Auch in Luxemburg kamen solche schmutzige, schaudererregende Possenspiele vor: an jedem zehnten Tage ( decadi) zogen die Republikaner in die Kirche zum h. Michael, welche in einen Tempel der Vernunftgöttin umgewandelt worden war, und begingen dort ihren heidnischen Gottesdienst, an welchem jedoch die Luxemburger nie Theil genommen. P. Al. Amherd, Maria, die Trösterin der Betrübten. S. 280 u. ff.

Nach dieser kurzen allgemeinen Schilderung kehren wir nun zur Erzählung der einzelnen, besonders für die Geschichte unseres Landes wichtigen Begebenheiten zurück.

Seit dem 24. Oktober 1795 wurden die Niederlande durch eine allgemeine Verwaltungs-Kommission, welche die Abgeordneten des Volkes selbst in Brüssel eingesetzt hatten, regiert, und für die Verwaltung der einzelnen Provinzen wurden andere besondere Kommissionen ernannt. Die für's Luxemburger Land hatte ihren Sitz in St. Hubert bis zum 27. Juni 1795, wo derselbe nach der Hauptstadt verlegt wurde, und ihr erster Akt war, dieser eine Kriegssteuer von anderthalb Millionen Franken aufzulegen. Durch einen glücklichen Zufall fand man in dem Hause des Emigranten Cüstine von Wiltz eine bedeutende Summe, welche jene drückende Steuer um ? verminderte, und nun ward eine Kommission ernannt, um das noch Fehlende unter die Zahlungsfähigen zu vertheilen, und aufzuheben. Als dies nicht schnell genug einkam, steckte man mehrere Mitglieder der Kommission in's Gefängniß, und bedrohte die übrigen mit derselben Strafe, wenn das Geld nicht zur bestimmten Frist bereit läge. Man suchte nun von allen Seiten Geld herbeizuschaffen; die Zufluchtshäuser von fünf Abteien brachten allein eine Summe von 342,027 Fr. 15 Cent, auf, und es gelang, den übermäßigen Forderungen der habgierigen Kommission nachzukommen.

Dieses war aber nur das Vorspiel zu den Steuern an Geld und Menschen, welche unser bedrängtes Vaterland an Frankreich entrichten mußte; denn durch einen Beschluß vom 31. August 1795, der 1797 durch den Frieden von Campo-Formio seine Bestätigung erhielt, wurde es Frankreich einverleibt, und theilte fortan dessen Schicksale. Am 8. Oktober desselben Jahres wurde die französische Gesetzgebung eingeführt, und zwei Drittheile unsers Landes bildeten das Wälderdepartement ( département des Forêts) Die alte Eintheilung Frankreichs in Provinzen war durch die Revolution abgeschafft, und eine neue in 86 Departemente eingeführt worden. Diese Departemente waren nach ihrer Lage, nach den Flüssen oder Gebirgen u. s. w. benannt. die übrigen Theile wurden mit den benachbarten Departemens der Ourthe, Sambre und Maas vereinigt.

Nur mit Widerwillen beugte man sich der Fremdherrschaft. Ein Umstand, der noch drückender schien, als Alles, was man erduldete, war die Einführung der bisher noch unbekannten Conscription. Wer mit dem Heere ziehen mußte, glaubte nie wieder zurückzukehren, und um einen Mann für sich in's Feld stellen zu können, mußte man sehr reich sein. Die Entrüstung über eine solche, als eine förmliche Blutsteuer betrachtete Maßregel, ging in unserm Lande bis zur öffentlichen Widersetzlichkeit. Im Oesling rotteten sich die Bauern zusammen, bewaffneten sich mit Allem was sie vorfanden, und bildeten die sogenannte Knüppelarmee. Aber sie hätten klüger gethan, beim Pfluge zu bleiben, als sich gegen die französische Uebermacht zu sträuben. Eine Abtheilung Franzosen zerstreute sich nach allen Winden: mehrere wurden verwundet, und die, welche man gefangen nahm, nach Luxemburg gebracht, wo sie ihre Tollkühnheit auf dem Schaffot büßen mußten.

So war die Lage der Dinge, als der General Buonaparte an die Spitze der Regierung trat. Im Jahre 1769 zu Ajaccio auf der Insel Korsika geboren, wo sein Vater Advokat war, aber schon durch seinen ungewöhnlichen Heldenmuth und seine außerordentliche Feldherrntalente berühmt, schwang er sich zum Gipfel der höchsten Macht empor, und leitete unter dem Titel erster Consul der Republik die Angelegenheiten derselben mit fester Hand. Er war einer jener Männer, welche die Vorsehung von Zeit zu Zeit erscheinen läßt, um die empörten Völker zu züchtigen, und sie zum Gehorsam zurückzuführen. Durch die Kraft und den Ernst seiner Regierung ward den Ausschweifungen und Gräueln des republikanischen Schwindels bald ein Ende gemacht, und Ordnung und Sicherheit wieder hergestellt. Die Religion trat wieder in ihre früheren Rechte, in Folge eines im Mai 1801 mit dem neu gewählten Papste Pius VII geschlossenen Concordates.

Dadurch aber, daß er an der Spitze der französischen Republik stand, war Bonaparts Herrschsucht noch nicht befriedigt; er wollte einziger und unumschränkter Herr sein. Das war das Ziel, nach welchem sein Riesengenie strebte, und dieses Ziel wußte er auch zu erreichen. Am 18. Mai 1804 ward der erste Consul durch einen Senatsbeschluß zum erblichen Kaiser der Franzosen unter dem Namen Napoleon I erhoben. Noch in demselben Jahre kam er nach Luxemburg, wo er mit großem Aufwande empfangen wurde, und bei dieser Gelegenheit schenkte er der Stadt, durch einen Beschluß vom 18. Vendemiaire des XIII Jahres der Republik (10. October 1804), das Franziskanerkloster nebst Kirche, und die Kapelle Mansfeld, mit den umliegenden Gärten, zu einer Waarenniederlage, einem Marktplatze, einer Getreidehalle und einem öffentlichen Spaziergange (der Napoleons- späterhin Wilhelmsplatz). Die Gebäude wurden 1829 niedergerissen, um auf ihrer Stelle das jetzige Stadthaus zu erbauen, wozu im Juli 1830 der Grundstein gelegt wurde.

Am 26. Juni traf ein schweres Unglück die Vorstadt Grund. Der Blitz schlug nämlich in das am Thionviller Thor gelegene Pulvermagazin, und die zunächst befindlichen Häuser wurden in Schutthaufen verwandelt; bis 30 Menschen verloren das Leben und viele andre wurden gefährlich verwundet.

Napoleons Macht wurde immer größer; seine Feldherren schlugen in allen Schlachten die Feinde, die sich seit dem Ausbruche der ersten Unruhen gegen Frankreich verbündet hatten; ein Volk unterwarf er nach dem andern, und fast ganz Europa gehorchte seinen Befehlen. Um nun seine Herrschaft völlig zu befestigen, und in den Augen aller Fürstenhäuser Europa's zu rechtfertigen, beschloß er, sich mit einem derselben zu verbinden. Er ließ sich von seiner bisherigen Gemahlin Josephine, mit der er keine Kinder hatte, scheiden (16. Dezember 1809), und vermählte sich mit Maria Louise (am 10. April 1810), der Tochter des österreichischen Kaisers, wodurch das österreichische Kaiserhaus auf immer für Frankreich gewonnen schien, und der Kaiser die Herzen der alten treuen Unterthanen desselben für sich gewann. Noch mehr schien Napoleon das Glück an sich gefesselt zu haben, als am 28. März 1811 aus dieser Ehe ein Sohn geboren wurde, der bei seiner Geburt den Titel eines Königs von Rom erhielt, aber schon 1832 zu Schönbrunn bei Wien starb.

Aber eben von diesem Augenblicke an fing das Glück an, ihm untreu zu werden. Nach unzähligen Siegen, die dem Reiche, und auch unsrem Lande ungeheures Geld und die Blüthe seiner Jünglinge gekostet hatten, wußte er seinem Uebermuthe und seiner Herrschsucht keine Grenzen mehr zu setzen, und das war die Ursache seines Falles. Er begann ungeheure Rüstungen, wobei ihm alle, dem französischen Reiche unterworfenen Völker Zuzug leisten mußten, und so brach er mit über einer halben Million von Kriegern in das russische Reich ein, um zuerst dieses und dann nachher England unter seinem gewaltigen Scepter zu beugen. Er drang auch siegreich bis an das Herz von Rußland vor, aber der Brand von Moskau, das die Russen selbst anzündeten, zwang ihn zum verderblichen Rückzuge aus Rußland, auf welchem Frost, Hunger und Feindesschwert fast sein ganzes Heer vernichteten. Von jener schönen und großen Armee, wie die neuere Zeit noch keine gesehen, kamen nur elende Trümmer, ohne Waffen und Geschütz, halb nackt, von Wunden entstellt, und von Hunger zu Gerippen abgemattet, nach Frankreich zurück. Auch mancher von unsern Landsleuten liegt auf den Schneegefilden Rußlands begraben!

Mit Blitzesschnelle brach nun das Verhängniß über den Welteroberer herein; die Völker Europas sahen seine Macht erschüttert, und benützten den günstigen Augenblick, das Joch von sich zu werfen, und ihre Freiheit wieder zu erkämpfen. In der Ebene von Leipzig traten die verbündeten Mächte gegen den übermüthigen Unterjocher ihrer Freiheit in die Schranken, und die große Völkerschlacht am 16., 18. und 19. Oktober 1813 vernichtete mit einem Male Frankreichs Herrschaft über Deutschland. Nach einem überaus hartnäckigen Kampfe wurde Napoleons Heer völlig geschlagen, und durch Thüringen unter beständigen Kämpfen bis in den Rheingau getrieben. Eine Seuche wüthete unter dem französischen Heere, und überall, wo es durchzog, blieb diese zurück. In unserm Lande, besonders in der Hauptstadt, raffte sie, namentlich unter den Truppen, unzählige Opfer hinweg, so daß man kaum nur Zeit fand, die Todten in große Gruben zu werfen.

Die Niederlage bei Leipzig brachte ein Land nach dem andern zum Abfalle von Napoleon, und die Verbündeten, ihre Siegesbahn verfolgend, drangen unaufhaltsam gegen die französischen Grenzen vor. Am 1. Januar 1814 zogen sie über den Rhein, am 6. erschien ein Theil des Heeres in Trier, am 7. in Grevenmacher, wo es sich in mehrere Arme theilte, und von allen Seiten gegen Luxemburg vorrückte, das sich am 15. von den Feinden eingeschlossen sah. Die französische Besatzung war sehr schwach, und auch diesmal mußten die Einwohner den Militärdienst in der Stadt versehen, während die Besatzung einige Ausfälle machte. Die Truppen, welche Luxemburg umlagerten, waren Hessen, und hatten ihr Hauptquartier in Sandweiler aufgeschlagen; mit ihnen traten einige Einwohner der Stadt zusammen, und überlieferten ihnen die Schlüssel des Mansfelder Thores. Von dort aus wollten sie die Vorstadt Pfaffenthal überrumpeln, dann, nach dem Plane, den ihnen die Verräther mitgetheilt, an einer schlecht vertheidigten Stelle die Felsen erklettern, und sich so in die Oberstadt einschleichen. Die Ausführung dieses Planes war auf die Nacht vom 21. auf den 22. Februar festgesetzt. Schon hatten sie das erste Thor geöffnet, schon waren sie bis zu der Zugbrücke, wo sie die Sturmleitern an die Mauern anlegten, vorgerückt, als die benachbarte Wache, den Verrath vermuthend, ihr Gewehr auf's Geradewohl abfeuerte, und sie dadurch in einen solchen Schrecken setzte, daß sie in der größten Eile und Unordnung davon liefen. Am 27. März machte ein Theil der Besatzung von Metz einen Ausfall, und entsetzte Thionville und Luxemburg, aber bald nahmen die Belagerer ihre Stellungen wieder ein, und so blieb dieser Versuch ohne dauernden Erfolg.

Unterdessen waren die Verbündeten unter manchen Kämpfen bis ins Herz von Frankreich eingedrungen, und hatten am 31. März ihren Einzug in Paris gehalten. Die Siegesbotschaft erscholl in ganz Europa, und am 1. April erklärte der bisher so sklavische Senat die Absetzung Napoleons, und die Ernennung einer provisorischen Regierung: dem tiefgestürzten Kaiser wurde die einsame Insel Elba angewiesen! In Folge dieser Ereignisse mußten die Franzosen am 31. Mai Luxemburg räumen, worauf die hessischen Truppen in dasselbe einzogen, es aber bald einer preußischen Besatzung übergaben.

Die provisorische Regierung (1814-1815).

So war unser Land wieder von Frankreich losgerissen; es kam nun im Namen der verbündeten Mächte provisorisch unter preußische Oberhoheit, und gemäß einer Verordnung von Justus Gruner (Trier, den 9. März 1814) wurde das Wälderdepartement mit der Provinz Mittel-Rhein (der Landstrich zwischen der Maas, Mosel und dem Rhein) vereinigt. Bald darauf wurde eine Regierungs-Commission in Echternach errichtet, aber späterhin, in Folge einer Verordnung des Regierungs-Commissärs Baron von Schmitz-Grollenburg, nach Luxemburg versetzt, und zum Sitz des Commissärs für das Luxemburger Land war Aachen bestimmt. Nun wurde auch, durch eine Verordnung vom 8. Juni, das Appellationsgericht von Metz, unter dessen Gerichtsbarkeit Luxemburg stand, nach Trier verlegt, und in der Verwaltung trat jetzt die deutsche Sprache an die Stelle der bisherigen französischen. Darauf beschränkten sich auch die Veränderungen, die an der frühern Verwaltung getroffen wurden; unterdessen seufzten Stadt und Land unter dem Drucke der beständigen Militäreinquartirungen.


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