Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

IV. Periode.

Von der Vereinigung unseres Landes mit den burgundischen Staaten bis an die östreichisch-spanische Herrschaft unter Philipp dem Schönen. Von 1444-1503.

 

Philipp der Gute (1444-1446).

So lange Elisabeth lebte, trug Philipp blos den Titel » Vogt von Luxemburg«. Aber nach ihrem Tode (1451) nahm er den eines Herzogs von Luxemburg und Chiny an und empfing im Oktober desselben Jahres den Huldigungseid von seinen Unterthanen, aber nur in seiner Eigenschaft als Pfandinhaber, d. h. unbeschadet der Rechte des Eigenthümers und rechtmäßigen Oberherrn. Dieser war Ladislas, König von Böhmen und Ungarn, von dem die Kaiserin Elisabeth erst nach dem Tode ihres Gemahls entbunden worden war.

Als nun Ladislas in Wien die Nachricht von Elisabeths Ableben erhielt, ließ er 1452 die Luxemburger durch ein Schreiben auffordern, ihn als ihren rechtmäßigen Landesherr anzuerkennen. Eine große Anzahl beeilten sich freudig dieser Aufforderung Folge zu leisten, und dem Könige machte diese Anhänglichkeit so viel Freude, daß er seinen treuen Luxemburgern alle ihre Rechte und Freiheiten bestätigte. In diesen Umständen waren zwischen Philipp und Ladislas die Feindseligkeiten fast unvermeidlich, und sie brachen auch 1453 wirklich aus, wurden aber noch in demselben Jahre durch die Vermittlung des Erzbischofs von Trier, Jakob von Syrk, gütlich beigelegt. Er bewog die streitenden Parteien, den Pfalzgrafen Ludwig als Schiedsrichter sprechen zu lassen, und bereits am 14. Mai 1455 war der Vertrag beiderseits unterschrieben, als Ladislas, der sich eben mit Magdalena, der Tochter Karls VII von Frankreich vermählen sollte, in einem Alter von 18 Jahren vom Tode dahingerafft wurde.

Nun war zu befürchten, Wilhelm von Sachsen würde seine Ansprüche wieder geltend machen, aber er fand es besser, dieselben 1459 dem Könige von Frankreich zu verkaufen. Doch konnte das nur die Umstände verwickelter machen, indem Karl VII nur die Gelegenheit suchte, seinen mächtigen Vasallen zu bekriegen.

In dieser mißlichen Lage berief Philipp von Burgund die Stände nach Ivoix, und forderte sie zur wiederholten Huldigung; sie thaten es, und erhielten dagegen auf ihre Bitten die Wiedererstattung ihrer verlorenen Rechte und Freiheiten, mit Ausnahme jedoch der Hochgerichtsherrlichkeit.

Um dieselbe Zeit schenkte er der Stadt den Baumbüsch als Eigenthum; auch verdankt ihm das Luxemburger Land die Einsetzung des Provinzialrathes, und die Schenkung des Rechtes, an den Thoren der Stadt eine neue Steuer erheben zu dürfen.

Unterdessen war auch Karl VII (22. Juli 1461) gestorben, und sein Sohn und Nachfolger Ludwig XI verzichtete auf die Wiedereinlösung Luxemburgs zu Gunsten des Herzogs von Burgund und schloß einen Vertrag mit ihm, vermöge dessen Philipp zum rechtmäßigen Eigenthümer des Luxemburger Landes erklärt, und als solcher auf den ausdrücklichen Befehl Wilhelms von Sachsen und seiner Gemahlin Anna anerkannt wurde.

Von dieser Zeit an besteht unser Vaterland nicht mehr als ein unabhängiger, selbstständiger Staat, sondern in Verbindung mit den burgundischen Landen. Es hat nicht mehr seinen eigenen Herrscher, und auch seine Geschichte verliert sich immer mehr in die der benachbarten Länder.

Philipp starb 1467 und wurde in Bruges begraben, von da wurden seine Gebeine nachher nach Dijon gebracht. – Man schreibt ihm die Einsetzung des Ordens des goldenen Vließes zu (1430) Dieser Orden ist einer der ältesten und angesehensten weltlichen Ritterorden. Er ist nur für Katholiken und für Personen aus regierenden Fürstenhäusern vom höchsten Range bestimmt. Er besteht in einer goldenen Kette, auf welcher sich zwei Feuerstrahlen befinden, die mit flammenden Kieseln abwechseln. An der Kette hängt ein Vließ oder Widderfell mit einer lateinischen Inschrift ( Pretium non vita laborum)..

Ihm folgte sein Sohn

Karl der Kühne oder der Verwegene (1467-1476).

Es war einer der reichsten und mächtigsten Fürsten seiner Zeit, denn außer seinem Herzogthum besaß er noch die Freigrafschaft Burgund ( Franche-Comté) und das Luxemburger Land, welches er mit dem Herzogthume Geldern und der Grafschaft Zütphen vergrößerte.

Mit dem Besitze einer königlichen Macht wollte er auch den Titel eines Königs verbinden, und wandte sich deßhalb an den Kaiser Friedrich III, damit ihm dieser, als erster weltlicher Fürst, diese Würde verleihe. Friedrich fand sich durch diesen Antrag nicht wenig geschmeichelt; auch hoffte er bei dieser Gelegenheit eine Verbindung zwischen seinem Sohne Maximilian und Maria, der reichen Erbin der burgundischen Erbstaaten zu bewerkstelligen. Er begab sich deßhalb mit seinem Sohne nach Trier, und beschied auch den Herzog dahin. Karl erschien mit einer Pracht, welche die kaiserliche weit überstrahlte. Sein Kriegsmantel blitzte von Perlen und Juvelen, und wurde allein auf 200 000 Thaler geschätzt. Sein Gefolge bestand aus verschiedenen Fürsten, Grafen und Rittern, die auf ihren stolzen Rossen prächtig einherzogen, und aus einer auserlesenen Mannschaft von 8000 Reitern und 6000 Füßern. Er hielt sich der Königswürde so gewiß, daß er bereits Kleinodien zur Krönung mitgebracht, und die Krönungsfeierlichkeiten im Dome veranstaltet hatte. Friedrich aber verlangte vor der Krönung die Verlobung und Vermählung seines Sohnes mit Maria, und da Karl zauderte, wurde er in seinem Mißtrauen bestärkt, welches Karls größter Feind, der eifersüchtige Ludwig XI, ihm eingeflößt hatte, als strebe der herrschsüchtige Herzog nach der Kaiserkrone. Sogleich brach er die Unterhandlungen ab, und reiste plötzlich, ohne einmal Abschied zu nehmen, nach Köln. Tief gekränkt verließ auch Karl die Stadt, und schwur in seinem Herzen, seine Tochter nie dem Sohne des Kaisers zu geben, so lieb er auch den blühenden Jüngling gewonnen hatte, »der in allen ritterlichen Uebungen ein Meister war. Nach seiner Rückkehr entwarf er seiner Tochter das schönste Bild von dem Kaisersohne, so daß sie eine stille Neigung zu ihm faßte, und sich ihm nachher in einem Briefe verlobte.

Bald darauf, im Jahre 1476, griff der ehrsüchtige Herzog, dem thatenlose Ruhe unmöglich war, seinen Grenznachbarn, den Herzog Renatus von Lothringen, und die ihm verbündeten Schweizer an, und zwar unter dem Vorwande, sie wegen eines Einfalls in das Herzogthum Luxemburg zu bestrafen, in der That aber, um diese Länder zu den seinigen zu schlagen. Nachdem er die Hauptstadt Nancy erobert, und den Herzog verjagt, drang er mit großer Heeresmacht voran, um die Schweizer in ihrem eigenen Lande anzugreifen. Das Städtchen Granson wurde eingenommen, aber da er bei dieser Gelegenheit gegen sein Versprechen den größten Theil der Besatzung, welche sich das Leben ausbedungen hatte, theils an den Bäumen aufknüpfen, theils in einem nahen See ersäufen ließ, wandte sich sein Glück, und er wurde in zwei blutigen Schlachten bei Granson und Murten so völlig aufs Haupt geschlagen, daß er Kriegskasse, Gepäck und Artillerie im Stiche lassen mußte, und nur mit wenigen Begleitern entkam.

Diese wiederholten Niederlagen feuerten den Herzog von Lothringen zur Wiedereroberung seines Landes an, welche ihm auch vollends gelang. Karl wollte ihm die Stadt Nancy wieder entreißen, und wandte sich mit dem Rest seines Heeres gegen ihn: aber seine letzten Hoffnungen wurden getäuscht; er sah einen seiner besten Generale vor der Schlacht zum Feinde übergehen, und als er sich auf sein Schlachtroß schwang, fiel plötzlich von seinem Helme der goldene Löwe, der denselben zierte, vor ihm auf die Erde. » Das ist ein Zeichen von Gott!« rief Karl betroffen und sprengte nicht ohne düstere Ahnung vorwärts. Und diese traf auch ein; er ward geschlagen, und, von den Fliehenden mit fortgerissen, fiel er mit dem Pferde in einen Graben, wo er durch Lanzenstiche getödtet wurde.

Zwei Tage nach der Schlacht fand man seinen Leichnam, von Blut und Wunden entstellt, im Moraste eingefroren; so erkaufte er (14. Jan. 1477) mit seinem Blute den Beinamen des Kühnen, den die Nachwelt ihm gegeben hat. Seine Leiche ließ der Herzog von Lothringen feierlich zu Nancy in der St. Georgenkirche beisetzen, und von da wurde sie später nach Brüges gebracht, und ihr dort ein prachtvolles Grabmal errichtet.

Karl war ein herrschsüchtiger und starrsinniger Fürst, weßwegen ihn Ludwig XI auch nicht mit Unrecht den Stier von Burgund nannte. Bei dem geringsten Widerstande brauste er auf; dann trat ihm der Schaum vor den Mund, und die gräßlichste Wildheit entstellte seine Züge. In solchen Anfällen von Wuth beging er oft Grausamkeiten, die er bei kaltem Blute nachher bereute, die ihn aber nichtsdestoweniger um die Liebe und Anhänglichkeit seiner Umgebung brachten.

Er liebte Verschwendung und Pracht, bloß aus Stolz und Ehrfurcht; während durch jene ungeheure Abgaben auf seinen Unterthanen lasteten, verwickelte diese ihn in beständige Kriege, so daß seine Regierung ein wahres Unheil für seine Lande war. Auch das Luxemburger Land hatte sich keiner Wohlthat zu erfreuen; vielmehr mußte es auch schwere Lasten tragen, und als er einst eine Summe von 120,000 Thalern von ihm forderte, war es kaum im Stande, 4000 rhein. Gulden aufzubringen.

Die Regierung seiner ausgedehnten Staaten ging über an

Maria von Burgund (1477-1482),

seine Tochter aus seiner zweiten Ehe mit Isabella von Bourbon.

Gleich bei ihrem Regierungsantritte bestätigte sie nach dem Beispiele ihrer Vorfahren die besondern Vorrechte der Luxemburger, schenkte ihnen das Rathhaus wieder, welches ihnen Philipp der Gute entzogen hatte, und ließ die Vertheidigungswerke der Stadt gegen Norden und Westen neu aufbauen und befestigen.

Sie fand ihre Staaten in einer höchst traurigen Lage. Die meisten Städte waren ohne Besatzung, die Heere aufgelöst, der Schatz erschöpft, und die Unterthanen außer Stand neue Auflagen zu bezahlen. Dazu kam noch, daß der alte Erzfeind der burgundischen Staaten, Ludwig XI, nach seiner gewohnten Weise diesen Augenblick der Schwäche benutzt hatte, um sich durch List und Gewalt mehrerer Städte zu bemächtigen; ja durch seine Ränke und Intriguen hatte er es dahin gebracht, daß Maria selbst zu Gent in einer Art von Gefangenschaft gehalten wurde.

Aus dieser trostlosen und fast verzweifelten Lage konnte sie nur durch ihre Vermählung mit einem mächtigen und tüchtigen Fürsten gerettet werden; auch fanden sich viele Fürstensöhne, die um ihre Hand warben. Am meisten aber bemühte sich Ludwig XI, eine Verbindung zwischen seinem 7jährigen Sohne und der reichen Erbin von Burgund zu Stande zu bringen. Aber hier wurden seine Hoffnungen getäuscht: Maria antwortete ihm, » sie brauche einen Mann zum Gemahl, und kein Kind.« Als darauf die Gesandten Friedrich's kamen, und den Brief vorzeigten, in welchem sie sich an Maximilian verlobt hatte, da antwortete sie freudig: » ihn habe sie in ihrem Herzen erkoren, ihn wolle sie zum Gemahl, und keinen andern.« Die Vermählung wurde zu Gent am 18. August 1477 mit großer Pracht vollzogen.

Maria und Maximilian (1477-1482).

Diese Vermählung mußte natürlich einen blutigen Krieg zwischen Maximilian und Ludwig XI veranlassen. Wenn auch Maximilian so glücklich war, die Franzosen aus den Niederlanden zu vertreiben, so hatte das Luxemburger Land doch viel von ihnen zu leiden; denn sie überzogen es mit ihren Kriegsschaaren, und bemächtigten sich unter dem Befehle Johannes von Domarien der Hauptstadt selbst (1479), die jedoch bald wieder vom Markgrafen von Baden, Mariens und Maximilians Statthalter, befreit wurde. Endlich wurde ein Waffenstillstand geschlossen, aber das Land erfreute sich doch noch keines dauernden Friedens.

Im Jahre 1480 kamen Maria und Maximilian nach Luxemburg, und schenkten den Bürgern wegen ihrer stets bewährten Treue und Anhänglichkeit mehrere Vorrechte, unter andern den Weinpfennig auf zwölf Jahre, damit sie ihre Stadt verschönern könnten; auch erneuerten sie ihnen alle Rechte und Freiheiten, versprachen sie mit Güte und Milde zu behandeln, und befahlen die Wiederherstellung der Siegel, welche ihnen Philipp der Gute zurückgezogen hatte. Auf diese Weise erhielten die Luxemburger einige Entschädigung für die vielen Beschwerden und Drangsalen, die sie aus Anhänglichkeit an ihr Herrscherhaus hatten erdulden müssen, während aber auch die Treulosigkeit Anderer streng bestraft wurde. Denn im folgenden Jahre erklärte Maximilian die Herren von Rodenmachern, die es mit Ludwig XI gegen ihn gehalten hatten, wegen Hochverraths ihrer Lehen für verlustig, und ließ das Schloß Hesperingen, welches ihnen gehörte, schleifen.

Während dieses Krieges, im Jahre 1482, ward Maria in ihrem 25. Lebensjahre ihrem Gemahl und ihren Unterthanen durch einen Sturz vom Pferde auf der Jagd entrissen; ihre Leiche wurde zu Brüges, wo ihr Grabmal neben dem ihres Vaters steht, beigesetzt.

Sie hinterließ einen Sohn, Philipp den Schönen, und eine Tochter, Margaretha. Ein zweiter Sohn, Namens Franz, war in seiner frühen Kindheit gestorben. Als

Maximilian (1482-1495)

nach Maria's Tode die Regierung als Vormund seines Sohnes übernehmen wollte, fand er einen hartnäckigen Widerstand bei den flandrischen Ständen, die ihn sogar von jeder Theilnahme an der Regierung ausschlossen, in einen Bund mit Frankreich traten, und dem unmündigen Philipp den Eid der Treue leisteten.

Während dem man nun nirgends Maximilian anerkennen wollte, und man sogar seine Anhänger, besonders in Gent, öffentlich verfolgte, erhielt er von den Luxemburgern die schönsten Beweise der Treue und Anhänglichkeit. Sie schlossen ein Bündniß, und schwuren, ihr Vaterland und ihren Herrn bis auf dem letzten Tropfen Blut zu vertheidigen. Dann zogen sie gegen die Schlösser Rodenmachern und Richemont, welche gegen Maximilian in den Bund mit Frankreich getreten waren, belagerten sie, und nahmen sie ein. Maximilian schenkte sie dem Marquis von Baden, dem General-Gouverneur des Landes, als Belohnung treu geleisteter Dienste, und verlieh ihm zugleich die Pfandinhaberschaft des Herzogthums Luxemburg.

Unterdessen hatten die fländrischen Stände sich ihrem rechtmäßigen Herrn unterworfen, aber der Friede war leider nicht von Dauer. Als Maximilian 1493 zum deutschen Kaiser gewählt, und noch dazu in einen neuen Krieg mit Frankreich verwickelt ward, konnte er die dadurch veranlaßten ungeheuren Ausgaben nicht ohne eine allgemeine Steuererhöhung bestreiten. Als nun aber die Stände sich nicht dazu verstehen wollten, und Maximilian Gewalt gebrauchte, wurden alle Gemüther erbittert. Die ohnehin schon leicht reizbaren Flamänder empörten sich, nahmen ihn in Brüges gefangen, und gaben ihm erst nach einer neunmonatlichen Haft die Freiheit als die übrigen Provinzen sie mit Bitten bestürmten, und ein deutsches Heer, welches Friedrich III sandte, zur Hülfe heranrückte.

Als Maximilian darauf den Kaiserthron bestieg, überließ er 1495 seinem Sohne Philipp dem Schönen die Verwaltung der Niederlande. Er regierte noch in Deutschland bis zum Jahre 1519, wo er starb.


 << zurück weiter >>