Martin Opitz
Buch von der Deutschen Poeterey
Martin Opitz

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Στροφὴ α
                  Du güldne Leyer / meine ziehr
    Vnd frewde / die Apollo mir
    Gegeben hat von hand zue handt /
    Zwar erstlich das mein Vaterlandt
    Den völckern gleiche möge werden
    Die jhre sprachen dieser zeit
    Durch schöne verse weit vnd breit
    Berhümbt gemacht auff aller erden:
    (Italien / ich meine dich /
    Vnd Franckreich / dem auch Thebe sich /
    Wie hoch sie fleuget / kaum mag gleichen /
    Dem Flaccus willig ist zue weichen.)
    Vnd dann / das derer heller schein
    Die gantz nach rhum' vnd ehren streben /
    Bey denen welche nach vns leben /
    Auch möge klar vnd prächtig sein:
Αντίστροφος α.
Du güldne Leyer / nun ist zeit
    Zue suchen alle ziehrligkeit
    Die ein Poete wissen soll:
    Jetzt solt du billich mehr als wol /
    O meine lust / Pindarisieren;
    Dein bester freund der leben mag /
    Der Musen rhum / hebt diesen tag
    Ein newes leben an zue führen:
    Sein gantzes wündtschen wird erfült;
    Ein bildt / ein ausserwehltes bildt
    Ersättigt alles sein begehren:
    Die lieder / die gelehrten zehren /
    Darmit er vormals war gewohnt /
    Weit ausser dem gemeinen hauffen /
    Nicht einen schlechten weg zue lauffen /
    Die werden reichlich jetzt belohnt.
Επωδὸς α.
Krieget nicht gar recht vnd eben
    Solchen danck ein hoher Geist /
    Welcher einig sich befleist
    Bey dem Himmel selbst zue schweben /
    Ist auff lob vnd rhum bedacht
    Wenn die schöne Sonn' erwacht /
    Vnd der tag dem schatten weichet
    Wie gar hoch der name reichet
    Welchen giebt der künste liecht /
    Denen die nach tugendt trachten /
    Ist es minder doch zue achten /
    Wann der liebe lohn gebricht.
Στροφὴ β.
Die Lieb' hat erstlich Gott gerührt
    Das er der dinge grund vollführt;
    Sie ist es die den baw der welt
    Vor allem brechen frey behelt;
    Sie pflegt die sternen zue bewegen /
    Das sie den elementen nicht
    Versagen jhrer schönheit liecht;
    Das fewer pflegt die lufft zue regen
    Durch hitz' auff jhren angetrieb /
    Die lufft hat dann das wasser lieb /
    Das wasser das bewegt die erden;
    Vnd wiederumb / die wässer werden
    Gesogen von der erden klufft /
    Das wasser zeucht die lufft zuesammen /
    Das fewer wird mit seinen flammen
    Verzogen in die kühle lufft.
Αντιστρ. β.
Das hier vnd dorte Berg vnd Waldt
    Mit grünen Bäwmen mannigfalt
    Sehr lustig vberschattet steht /
    Das so manch heilsam krauf auffgeht /
    Das Wiesen / Felder / Büsch' vnd Awen
    Mit zarten blumen sein geziehrt /
    Das Saate newes korn gebiehrt /
    Das so viel wildpret ist zue schawen /
    Das wann der Lentz das Jhar verjüngt
    Ein jeder Vogel frölich singt /
    Vnd leßt sich nicht gern' vber stimmen /
    Das so viel Fisch' im Meere schwimmen /
    Ja das wir Menschen selber sein /
    Vnd vns das blutige beginnen
    Der waffen nicht hat tilgen können /
    Das thut die liebe nur allein.
Επωδ. β.
Liebe nun wer nur zue lieben
    Rechten fug vnd mittel hat;
    Es ist keine solche that
    Die verbotten ist zue vben /
    Wann du nur bestrickt nicht bist
    Von der wollust hinterlist /
    Die mit jhrem falschen scheine
    Jung vnd nicht jung in gemeine
    Leitet an verkehrten wahn /
    Außer diesen eiteln sachen /
    Die den klügsten wahnloß machen /
    Liebe wer da lieben kan.
Στρ. γ.
Du / Bernhardt Wilhelm / den zuevor
    Der drey mal dreyen Schwestern chor
    Mit alle dem was er gehabt
    Gantz ohne masse hat begabt /
    Wirst jetzt von Venus auch verehret
    Mit einer ohne welcher gunst
    Du hassen kanst verstand vnd kunst /
    Vnd was zur wissenschaft gehöret;
    In derer augen freundtligkeit /
    Im munde die verschwiegenheit /
    Zucht in den höfflichen geberden /
    Im gange demut funden werden;
    Die der natur bekandte macht
    Am tugendt / witz' vnd andern gaben
    Fast vber jhr geschlecht erhaben /
    Vnd als jhr Meisterstück' erdacht.
Αντιστρ. γ.
Nichts bessers wündsch' ich selber mir:
    Du wirst hinfort mit grosser ziehr /
    Durch deine hochgelehrte handt /
    Die ohne diß weit ist bekandt /
    Dein' eigne frewde können schreiben:
    Du wirst besitzen alles gut
    Was Hermus auß der gelben flut
    An seinen reichen strandt soll treiben;
    Was der verbrandte Mohr besitzt
    Wo stets die rote Sonne hitzt /
    Was Spanien von edlen dingen
    Pflegt auß der newen welt zue bringen.
    Getrewe hertzen bleiben rein
    Von kummer schätz' vnd Goldt zue kriegen /
    Ihr meistes hoffen vnd genügen
    Ist lieben / vndt geliebet sein.
Επωδ. γ.
O jhr seligen zwey liebe /
    Venus schickt jhr abendt liecht /
    Vnd erinnert das man nicht
    Ihre frewde mehr verschiebe.
    Bräutlein leget euch zue rhue;
    Jupiters Fraw saget zue
    Auß den sawersüssen nöthen
    Einen artigen Poeten.
    Was das liebe Kindelein
    Wirdt mit halbem munde machen /
    Was es kürmeln wird vnd lachen
    Werden lauter verse sein.

 

Trawerliedt vber das absterben Herren Adams
von Bibran / auff Profen vnd Damßdorff.

Ex Italico summi viri Abrahami Bibrani,
Adami fratris,
quamuis paullò liberiùs, translatum.

STRO. I.

O Die selig' edle Seele /
    Die sich in die wahre rhue
    Nach dem hohen Himmel zue
    Auß des Leibes finstern höle
    Frewdig hat hienauff gemacht;
    Da sie dann / wie bey der nacht
    Vor den andern kleinen Sternen
    Phebe selber / gläntzt von fernen /
    Da sich Gott jhr vmb vnd an /
    Zeigt zue sehn vnd zue geniessen /
    Da sie mit nicht=menschen=füssen
    Das gestirne tretten kan.

ANTISTRO. I.
Wie die vlmen durch die reben
    Mehr als sonsten lieblich sein;
    Wie der Lorbeerbawn den schein
    Seinen wäldern pflegt zue geben /
    Also war auch deine ziehr.
    Pallas weinet für vnd für /
    Ceres voll von weh vnd zehren
    Leget jhren krantz von ähren
    Vnd die sichel hinter sich:
    Profen / deine lust vnd frewde
    Lieget gantz vertiefft im leide /
    Vnd gedencket nur an dich.
EPOD. I.
Das auch betrübte graß beklagt dich bey den brunnen
                Für das reiche korn
                Wächset tresp' vnd dorn;
Es trawret selbst das große radt der Sonnen /
Vnd hüllet vmb sich her der wolcken schwartzes kleidt;
                Tranck vnd eßen
                Wird vergeßen
Von aller herd' vnd vieh' ohn unterscheidt.
STRO. II.
Berg' vnd thäler hört man ruffen
    Bibran / Bibran / tag vnd nacht;
    Aber nein / des todes macht
    Lest sie gantz vergebens hoffen.
    Wird der klee zue winterszeit
    Durch das eiß gleich abgemeyt /
    Sehen wir jhn doch im Lentzen
    Nachmals auff den awen gläntzen:
    Täglich fellt die Sonn' in's meer /
    Scheinet aber morgen wieder:
    Legt ein mensch ein mal sich nieder
    Er kömpt nimmer zue vns her.
ANTISTRO. II.
Wil derwegen vns gebühren
    Wie es möglich nur mag sein
    Sein begräbniß vnd gebein
    Allenthalben außzueziehren
    Mit dem frembden tulipan
    Tausendtschön vnd maioran /
    Mit violen vnd narcißen /
    Vnd den blumen bey den flüssen
    Die vom Mertzen sind genannt.
    Sonderlich soll jhm sein leben
    Auff das newe wiedergeben
    Der Poeten weise handt.
EPOD. II.
Ihr keuschen Lorbeersträuch' / an denen gäntzlich lieget /
                Das ein mensch der schon
                Muß allhier darvon
Doch in der grub' ein ewiges lob krieget /
Schawt das jhr für den todt dem edlen cörper hier
                Gleichfalls rahtet /
                Vnd vmbschatet
Mit grüner lust sein' asche für vnd für.

 << zurück weiter >>