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In dem Herzen einer jungen schönen Frau, wenn tödtende Trauer auch schon einmal die Gluth seiner Pulsschläge winterlich anhauchte und erkalten ließ, kehrt jedoch der verrauscht geschienene Jugendmuth schneller und wunderbarer, als auf den Fluren ein neuer Frühling, wieder zurück. Wie die plötzliche Blüthe der Aloe, so überrascht Dich die Leidtragende unversehens einmal wieder durch ihre verjüngte Laune, und in dem noch von der letzten Thräne umschatteten Auge taucht zur guten Stunde ein unerwarteter Sonnenblick hervor, der sich wieder in die Heiterkeit des Daseins hineinzulächeln versucht. Im Lebensüberdruß und hinwelkend in der Ermattung, an der ihre herrliche Seele krankt, legt sie sich noch am Abend nieder zur Ruhe, um ihr Mißbehagen an sich selbst sanft zu verträumen; aber, o Wunder! der andere Morgen, der sie durch den hellen Strahl eines ungewöhnlich schönen Tages weckt, findet sie zu einer ganz verwandelten Stimmung erwacht und entdeckt, daß der muntre Sinn in ihr sich plötzlich seiner Schmetterlingsflügel wieder bedient habe, um aus der dunkeln Vergangenheit, die ihn gebunden hielt, sich sorgenfrei und Alles vergessend herauszuschwingen.

Wer von dem glücklichen Einfluß, den es haben kann, einmal so zur guten Stunde aufgestanden zu sein, nie etwas erfahren, wird die aufgeheiterte Miene unserer schönen Freundin Madelon nicht begreifen, mit der sie heut beim Erwachen dem kommenden Tage entgegenblickte. Nachdem durch die Erstlinge der Frühtoilette die Grazien einigermaßen ihr Opfer erhalten, trat sie in froher Muße an's Fenster und sah einige Zeit lang dem krystallklaren Wintermorgen zu, der draußen in sonniger Frische am Horizont leuchtete, ohne irgend durch empfindliche Kälte an die rauhe Jahreszeit zu mahnen. Unten auf der Straße bewegte sich bereits ein geschäftiges Leben vorüber, das sich in diesen Tagen um so eilfertiger und geräuschvoller zeigte, da die bunte Carnevalszeit mit ihren mannichfachen Vorkehrungen zur möglichst phantastischen Feier derselben herangekommen war. In dieser Absicht trug man Masken, Redoutenanzüge und die verschiedenartigsten und bizarrsten Costüme, die nur der muthwilligen Laune des Parisers zu einem solchen Zweck dienen konnten, vorüber, um sie für die bevorstehende Gelegenheit bereit zu halten, und Madelon beobachtete von ihrem Fenster aus lächelnd diese Zurüstungen, mit denen sie sonst selber wohl ihren bewundernswürdigen Uebermuth hatte spielen und scherzen lassen. Sie fuhr sich mit der feinen Hand sinnend über die Stirn, als wolle sie von dieser weißen Tafel ihres Denkens nun alle dunkle Schrift hinwegwischen, mit welcher noch vor Kurzem die Sorge und Betrübniß darauf hingezeichnet stand, und es fiel ihr die komische Erinnerung ein, wie sie als kleines Mädchen immer ihres schlechten Gedächtnisses wegen von ihrem Lehrmeister ausgescholten worden, wenn sie die unregelmäßigen Zeitwörter nicht hatte behalten können. »So will ich mich denn« – sagte sie lachend zu sich selbst – »auch noch in meinen alten schönen Tagen meines schlechten Gedächtnisses einmal wieder bedienen, um mein Leiden, dies unregelmäßige Zeitwort, das durch den langen Gebrauch fast zu einer regelmäßigen Conjugation meines Herzens geworden, ein wenig zu vergessen!« – Sie stellte sich vor den Spiegel, der die blühende Gestalt, die ihm entgegentrat, glänzend zurückstrahlte, aber auch die sehr erblaßten Rosenfarben der Wangen zeigte er der sich selbst Beschauenden treu und unerbittlich in ihrem zarten, stillen Bleich. »Mein Gott!« rief Madelon spottend aus – »ich möchte roth vor Scham darüber werden, daß ich so blaß aussehe! Hat man so etwas wohl schon an sich erlebt? Ich könnte ja, da wir jetzt Fasching haben, ohne Maske auf die Redoute gehn, so sehr zeigt sich Fastnacht auf meinen vom Harm abgefasteten Wangen, und würde mich nicht Jedermann mit meiner bleichen Larve für eine Charaktermaske der leidtragenden Wittwe von Ephesus Die Witwe von Ephesus ist eine antike Erzählung, deren Stoff in der Weltliteratur oft aufgegriffen wurde. Aus dem Altertum überliefert ist u.a. die Fassung des Petronius, der diese Geschichte in den Roman ›Satyricon‹ (Kapitel 111, 112) eingearbeitet hat. - Eine Witwe aus Ephesus trauert auf dem Friedhof um ihren verstorbenen Mann. Sie wacht an seinem Grab, isst nichts mehr und will ihrem geliebten Gatten in den Tod folgen. In ihrer Nähe hält ein Soldat Wache bei mehreren gekreuzigten Räubern. Er muss peinlichst darauf achten, dass kein Leichnam zur Beerdigung heruntergenommen wird, sonst droht ihm das Kriegsgericht und möglicherweise ebenfalls die Todesstrafe. Dieser Soldat bemerkt die Witwe, tröstet sie, gewinnt ihre Liebe und hält sich mehr und mehr bei ihr auf. Dabei vernachlässigt er seinen Wachdienst, und eines Nachts wird der Leichnam eines Gekreuzigten gestohlen. Der Soldat fürchtet sich vor der Strafe und will sich selbst töten. Doch die Witwe gibt ihm als Ersatz den Leichnam ihres Mannes, ›und am nächsten Tag wunderte sich das Volk, wie denn ein Toter aufs Kreuz geklettert sei‹ (Petronius, Satyricon, 112, 8). halten? Ich muß meinen guten Marquis doch wirklich überreden, in unserm prächtigen Salon, der nun schon seit so langer Zeit keine lustige Gesellschaft gesehn, dieser Tage wieder einmal einen Redoutenball zu veranstalten, damit wir uns auf demselben sehen lassen können, denn auch er wird nicht um eine Maske verlegen sein!« –

In Madelons Toilettenzimmer pflegte sie und der Marquis das Frühstück gemeinschaftlich einzunehmen. Der alte Herr, der sich heut wie gewöhnlich, in seiner wohlgepuderten Perüque recht morgendlich frisch strahlend, seiner angebeteten Pflegetochter vorstellte, erstaunte nicht wenig, als sie ihm jetzt zur Unterhaltung beim Morgenimbiß von ihrem Selbstgespräch erzählte, das sie eben vor dem Spiegel mit sich geführt hatte und wodurch sie auf den unerwarteten Gedanken gekommen war, ihn um einen Maskenball zur diesmaligen Carnevalsfeier zu bitten.

»So lustig ist Madame wieder geworden?« fragte er langsam, und bespiegelte sich verlegen in der Chokoladentasse, welche sie ihm eben gefüllt darreichte.

»Ja, ja, Trautester!« fuhr sie, ihn schalkhaft anlächelnd, fort – »wenn Fasching ist, muß man zuerst mit sich selbst eine Verwandelung vorzunehmen anfangen, um die alten Sorgen in einem neuen Domino auf den Maskenball des Lebens zum Tanze zu führen. Was meint Ihr, Marquis, zur Figur eines Sorgenbrechers? Könntet Ihr Euch wohl entschließen, auf unserer bevorstehenden Redoute Euch selbst als Sorgenbrecher einzuführen? Das müßte himmlisch sein, und ich würde Euch gern zu der nöthigen allegorischen Ausschmückung dafür verhelfen! In der letzten Zeit, wo ich so herzlich malcontent war, habt Ihr Euch immer so viel Mühe gegeben, mir durch die triftigsten Beweisgründe meine Sorgen auszureden, daß ich Euch jetzt gar zu gern einmal als neu erfundene und gewissermaßen mythologische Person eines Sorgenbrechers maskirt sehen möchte. Ihr müßt dann ganz als Lethe erscheinen, mit einer symbolischen Wasserflasche unter dem Arm, welche den Fluß der Vergessenheit andeutet, den Ihr als Trost, mag er auch etwas wässerig sein, in die Leiden der Menschheit zu tröpfeln versteht, und in die Hand gebe ich Euch zur weitern Costümirung einen Mauerbrecher oder Zahnbrecher, ein ebenfalls nothwendiges und symbolisches Instrument für einen Sorgenbrecher, um dadurch anzuzeigen, wie jeder von Außen kommende Trost einem tiefen Seelenleid gegenüber eigentlich nur so ein gewaltsames Marterwerkzeug ist. Sagt im Ernst, Väterchen, wie würde Euch eine solche Maske für unsere Redoute anstehn?«

»Kann das nicht so vorläufig beurtheilen, mein Schatz!« entgegnete der Marquis achselzuckend, indem er die Persiflage der muthwilligen Dame wohl verstand, welche sich auf die vielen und gut, gemeinten Trostsprüche beziehen sollte, durch die er bisher immer die Trauernde, statt zu erheitern, vielmehr gequält hatte. »Einen bal masqué soll ich also geben? Schöne Madame, bedenken Sie, daß ich jetzt zu eingezogen in Paris lebe und zu wenig Bekanntschaften mehr habe, um die Gesellschaft so, wie ich es wünschen müßte, zu Stande zu bringen, d. h. eine Gesellschaft von meiner Farbe und meiner Partei, mit der auch meine politischen Gesinnungen übereinstimmen.«

»Auf was für Gedanken kommt Ihr, Marquis Cidevant, die gar nicht zur Sache gehören!« versetzte Madelon lebhaft, und machte ein schmollendes Gesicht, durch das er immer am leichtesten für ihre Absichten zu gewinnen war. »Gerade zu einem bal masqué ladet man alle Welt ein ohne Unterschied von Farbe und Partei, damit alle Farben und Parteien hier einmal ihre Tollheit auf's Freundschaftlichste an einander austoben können! Liberale und Jesuiten tanzen hier nach einer Pfeife mit Royalisten und Jacobinern, denn sie sind jetzt Alle auf der Redoute gewissermaßen maskenfrei gegen einander, d. h. sie haben nun die lästige Maske abgelegt, durch welche sie sich in den Parlamenten wechselseitig zu fürchten machen, und sich da, für in die Ballmaske geworfen, in der sie mir dann wahrhaftig erst als wirkliche Menschen erscheinen, oder, wie meine deutschen Landsleute sagen würden, ein allgemeinmenschliches Interesse für mich haben. Ja, ist es denn nicht zum Todtlachen, alter Marquis, daß es eigentlich mehr Masken als Menschen in der Welt gibt, und daß die Redouten nur entstanden sind aus der schauerlich lustigen Wahlverwandtschaft zwischen Mensch und Maske? Auf einer Redoute, mein theurer Freund, reichen sich dann auch Classiker und Romantiker die Hand zum eintrachtsvollen Cotillon, aber ich glaube, daß die Romantik, die ja immer etwas Royalistisches an sich hatte, auch bei dieser Gelegenheit als die Königin des Festes gefeiert werden dürfte; denn was ist ein bal masqué in seiner phantastischen Erscheinung anders, als eine schöne Wildfangslaune der romantischen Poesie? Darum müssen wir denn auch unsern romantischen Freund Dubois vor Allen dazu einladen, und es ist auch überhaupt nur eine leere Ausflucht Eurer Hypochondrie, Marquis, daß es uns an Gästen fehlen sollte zu unserer bevorstehenden Redoute, von der ich mich nun einmal nicht wieder abbringen lasse. Werden wir nicht täglich vom Osten und Westen der ganzen Stadt zu den glänzendsten Soirée's eingeladen, und weil wir bisher aus Einsamkeitsgrille fast nur abschlägliche Antworten ausgetheilt, ist es nicht jetzt einmal unsere Schuldigkeit, unsere vernachlässigten Bekanntschaften durch einen Maskenball zu begütigen, welcher der prächtigste werden soll, den Paris seit lange in seinen Salons gesehn, und für den Ihr auch Euer Gold nicht sparen müßt, das sich auch einmal aus der Einsamkeit der Schatulle in die Welt hinaus sehnt? So sind wir besonders der angesehenen Familie des jungen Romantikers Dubois, die mir seither so viele Aufmerksamkeit erwiesen, jetzt endlich eine Gegeneinladung schuldig, mein lieber Vater Marquis!«

Der Marquis seufzte tief, als er den Namen des bekannten Romantikers hörte, und stützte sein Haupt schwermüthig in die Hand, ohne zu antworten. Madelon aber näherte sich ihm liebkosend und sagte im zärtlichsten Tone: »Seid Ihr wirklich schon wieder eifersüchtig, Väterchen? Glaubt doch nur ja nicht, daß ich den jungen Poeten jemals heirathen könnte! Euch sind meine Tage gewidmet, Euch lebe und sterbe ich, und habe ich Euch denn nicht schon hundertmal versichert, daß ich auch überhaupt noch zu jung bin, um mich schon zum zweiten Mal zu verheirathen?«

Sie lachte selbst laut auf, als sie dies gesagt, und machte darauf, sich umdrehend, ihrem eignen Bilde, das ihr zunächst an der Wand hing, einen spöttischen Knix. Dann eilte sie singend und trillernd hinaus, wo ihr im Vorzimmer der Bediente begegnete, welcher Herrn Dubois anmeldete. »Der Wolf aus der Fabel ist da, Marquis!« sagte Madelon, zu ihm zurückkehrend. »So eben sprachen wir von dem Wolf, der mich Euch rauben will, und nun läßt er uns schon freundschaftlich seinen Morgenbesuch anmelden. Gewiß hat er sich bereits sein Hochzeitsgedicht gemacht, sowie andere Poeten sich ihre Grabschrift selbst zu dichten pflegen, und das will er mir nun vorlesen, der Unglückliche, Ungeliebte!«

Dubois trat jetzt ein und wurde von der Dame, der seine unablässigen Aufwartungen zu gelten pflegten, mit der ausgezeichnetsten Freundlichkeit willkommen geheißen. Obwohl sie noch den Augenblick zuvor gegen den Marquis so kalt und abweisend über den Dichter gesprochen, blieb die Unbeständige doch in seiner Gegenwart ihren Worten keineswegs getreu, sondern es schien ihr auf Einmal wieder ein Vergnügen zu sein, den neuen Sonnenstrahl ihrer beweglich schönen Augen verführerisch leuchten zu lassen, und sowohl ihren väterlichen und altclassischen Liebhaber ein wenig durch Eifersucht zu beunruhigen, als auch den jugendlichen und romantischen durch die Himmelsaussicht einer unerhofften Gunst zu verwirren.

Der arme Marquis wollte sich nach einer stummen Verbeugung gegen Dubois aus dem Zimmer entfernen, aber Madelon eilte ihm schnell nach, und führte ihn, seine Hand mit den ihrigen beiden streichelnd, wieder in's Zimmer zurück, indem sie sagte: »Meine Herren, heut ist ein guter Tag, wie mich dünkt, und wie wäre es, wenn Sie sich heut einmal recht miteinander versöhnten, denn ich will von nun an keinen Groll mehr vor meinen Augen dulden!«

Dubois näherte sich auch sogleich mit Zeichen des freundschaftlichsten Entgegenkommens dem alten Herrn, dem es für sein Theil schwerer werden mußte, den Aerger, den er immer an dem jungen Romantiker gehabt, zu überwinden und ihm, dem unwiderstehlichen Befehl Madelons gemäß, eine günstigere Miene zu zeigen.

» Ein Band soll Euch fortan umschlingen, Freunde!« fuhr Madelon mit komischem Pathos fort. Sie begab sich zu einem Schrank, wo sie unaufgewickeltes Garn herausnahm und alsdann mit muthwilligem Andringen die beiden Herren ersuchte, ihr dasselbe zu halten, während sie es ab, wickele. Wer hätte sich geweigert, ihr in diesem beglückenden Dienst zu willfahren, den die Herrin selbst mit den anmuthigsten Geberden im Auf- und Niederbewegen der schönsten Arme und Hände leitete, während Dubois und der Marquis in ihrem sie so nahe miteinander vereinigenden Geschäft freilich die lächerlichen Figuren der Scene zu spielen hatten.

»Seht Ihr, Marquis, Ihr werdet auf Eure alten Tage noch ein Herkules!« sagte sie, hurtig in der Arbeit fortfahrend. »Herkules mußte ja auch Garn wickeln und spinnen, und Alles aus Liebe! –Nun aber die moralische Nutzanwendung oder die Allegorie unsers Thun und Treibens! Diese ist keine andere, als daß ich Euch zeigen wollte, wie ein Band, ein Faden der Verbindung uns Drei und besonders Euch Beide umschlingen muß, und so wie Ihr mir jetzt in herrlicher Eintracht den Garnfaden haltet, so sollt Ihr von nun an nimmer wieder den Faden der Seelenfreundschaft aus den Händen verlieren. Ja, ja, meine theuern Garnhalter, Ihr seid mir jetzt Beide in's Garn gelaufen, und habt Euch so hübsch von mir umgarnen lassen, daß es fade von mir wäre, wenn ich diesen Faden unserer Verbindung jemals zerreißen könnte!«

Sie setzte darauf, bei diesen letzten Worten dem Dichter einen bedeutungsvoll glühenden Blick zuwerfend, das lustige Arbeitsspiel nur um so emsiger fort, und ließ eine Pause der Unterhaltung eintreten, während die Andern gleichfalls schwelgend, aber mit wahrer Andacht ihren Liebedienst verrichteten. Dann aber wandelte die Aufgeregte auf Einmal wieder ein unauslöschliches Gelächter an und sie rief überlaut aus: »Mein Gott, mir fällt ein schrecklicher Gedanke ein! Stehen wir jetzt nicht gerade so beisammen, wie die drei Parzen, welche den Schicksalsfaden in ihren Händen drehn? Ach, und nun weiß ich auch, in welchem Kostüm wir auf unserer Redoute erscheinen müssen! Unser Garnabwickeln hat mich so eben darauf gebracht! Laßt Euch das schnell von mir erzählen, Ihr Freunde!«

Sie nahm ihnen darauf das Garn von den Händen ab und warf es nebst dem Wickel hastig in eine Ecke des Sopha's. »Fort mit dem langweiligen Garnwickeln!« sagte sie, und begann jetzt ein feierliches Wesen zu beobachten, indem sie den Marquis und Dubois neben ihr niederzusitzen nöthigte. »Ich hoffe, Sie billigen es, meine Herren!« fing sie darauf mit erhobener Stimme an, »daß wir zusammen uns die großartige Charaktermaske der drei Parzen, der den Lebensfaden webenden Schicksalsgöttinnen, wählen für den Ball! Etwas gespensterhaft wird es sich ausnehmen, aber doch reizend sein, und wenn es uns am Ende langweilt, so haben wir ja als Parzen selbst das Recht, unsern Schicksalsfaden mit der Scheere abzuschneiden und uns in einem Nebenzimmer wieder als Menschen zu demaskiren! Außerdem sind wir ja auch die Redoutenmeister unseres Festes, die Alles in's Werk setzen, und schon deshalb, meine ich, müssen wir als Parzen auf demselben figuriren, denn die Parzen sind ja auch nichts Anderes als die Redoutenmeister des taumelnden Lebens. Was sagt Ihr dazu, mein erfindungsreicher Freund Dubois? Strengt einmal Eure Phantasie an, auf die gehörige Ausschmückung dieser unserer Schicksalsmasken zu denken!« –

Dubois wurde jetzt erst im Zusammenhange von dem unerwarteten Plan unterrichtet und der Marquis mußte es dulden, ihn als einen schon ausgemachten besprechen zu hören. Es läßt sich denken, daß der romantische Dichter diese Gelegenheit nicht verabsäumt haben wird, in die Vorstellungen seiner Freundin einzugehn und sie durch den Reichthum seiner eigenen Einbildungskraft weiter ausbilden zu helfen. –



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