Guttenbrunn
Meister Jakob und seine Kinder
Guttenbrunn

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

III.

Vor der Sonne erhob sich Tag für Tag das ganze Dorf. Ehe noch die Schwalben auf ihren Nestern ihr Morgengebet georgelt hatten, standen die angeschirrten Pferde im Hof. Die Kirchenglocke, die frühe Mahnerin zum Tagewerk, rief zu spät zum Schnitt. Niemand fragte, ob die alte Bauernregel »Zu Peter und Paul wird die Kornwurzel faul«, sich auch heuer erfüllt habe, ob man nicht doch noch ein paar Tage zugeben sollte, alles warf sich auf die Erntearbeit. Die Banater Sonnenuhr geht vor. Das Korn musste reif sein. Im Dämmerschein vor Sonnenaufgang schon rasselten die ersten Wagen fort, in allen Höfen herrschte Leben und Bewegung, man molk die Kühe im Dunkeln und trieb sie mit den Kälbern und Füllen und Schweinen auf die Gasse hinaus, denn auf die Halter warten konnte man nicht, die mochten sich das Vieh für die Weide zusammenlesen. An allen Straßenkreuzungen warteten Schnittergruppen auf die Wagen der Bauern, und manch ein junges Blut, das in Taglohn ging, hockte da verschlafen auf einem Eckstein und tunkte mit dem Kopfe bis es angerufen und aufgeladen wurde.

Auch bei den Häusern der Handwerker, die zu selbständigen Schnittern geworden waren, fuhren Wagen vor, niemand brauchte zu Fuß zu gehen, es wäre zu schade gewesen um die Zeit. Kein Rad, das noch lief, kein Gaul, der noch aufrecht ging, blieb ungenützt im Dorfe, und die Halter brachten während der Erntezeit nur Füllen auf die Weide. Leer war das weite Dorf, wenn die Glocke den Tag einläutete, und sie rief später auch vergeblich zur Messe, nur Greisinnen kamen zur Kirche. Wer nicht mehr schaffen konnte, betete für eine gute Erntezeit.

Auch die Weidmannskinder waren sämtlich im Schnitt, zehn Joch hatten sie übernommen. Die Mädeln schnitten mit den Sicheln, der Peter trug hinter ihnen das Getreide auf kleine Haufen zusammen und der Jakob band die Garben. Und manchmal wechselten sie ab, trug die Kathl das Getreide zusammen, und die Susi versuchte ihre strotzende Kraft an den Garben. Aber die Schwielen, die sie an allen Fingern bekam, verdrossen sie sehr bald, und sie überließ dieses Männergeschäft gern dem Jakob. Garstige Hände wollte sie sich doch nicht einwirtschaften für die Kirweih.

In jüngeren Jahren gingen auch Meister Jakob und die Bas’ Eva mit, jetzt überließen sie die Arbeit den erwachsenen Kindern. Die Wagnerei konnte auch während der Erntezeit nicht schlafen wie manch anderes Gewerbe, es gab täglich Kleinarbeit an beschädigten Gefährten, und seit der Johann fort war, musste der Vater hinter allem her sein. Die Mutter bleichte ihre aufgespannte Leinwand draußen im Hof und begoss sie Stunde für Stunde mit frischem Brunnenwasser, sorgte für ihre fünf Schnitter, die immer einen Bärenhunger heimbrachten und arbeitete nebenher in aller Stille an der Ausstattung für die Töchter. Die der Anmerich war schon fällig. Und was sie von der Susi gehört, ließ auch manche Hoffnung zu.

Zum zweitenmal schon pfiff der Tellerjud vor dem Hause. Was der Mensch zu solcher Zeit nur will? Ist doch keine Seele daheim. Wer denkt jetzt an sein Geschirr!

Die Frau Eva meldete sich nicht. Aber der fahrende Hausierer sah sie Wasserschöpfen und kam herzu. »Liebe Bas’, ich hab schönes Porzellan. Ich geb' es billig in der schlechten Zeit. Gar kein Geschäft!«

»Ich kaaf nix.«

»Ach, wer kann das wissen. Ihr habt Töchter, schöne Töchter, ihr werdet im Fasching Porzellan brauchen, aber dann wird's teurer sein.«

»Des hot Zeit. Häb jetzt kein Geld für solche Sache!« »Verlang' ich denn a Geld von Euch? Ihr gebt mir zehn alte Zinnteller und ich geb Euch zehn schöne Porzellanteller. Ware gegen Ware. Ich nehm' auch Getreide.«

»Zinn?« fragte sie. »Unser altes Zinng'schirr is am Bode hinnerm Schornstein. Bis Ihr wieder einmal kommt.«

»Ich hol mer's selber herunter«, sagte der Händler geschmeidig und drang in den Hof. Die Bas’ Eva begoss ihr Linnen und dachte nach. Es lagen sicher zwölf oder fünfzehn Teller und ein paar Schüsseln droben. Sie hatte sie einst mitbekommen in ihre Aussteuer, aber sie waren seither ganz aus der Mode gekommen. Die Kinder hatten noch gegessen auf den alten Erbstücken, die weiß Gott woher stammten. Und jetzt sollte man sie hergeben? Aber der Tellerjud hat recht, sie wird Porzellan brauchen in kommender Zeit. Schon für die Hochzeit der Anmerich. Der Händler, ein kleiner alter Jude von polnischem Aussehen, in Kaftan und Löckchen, wartete geduldig. Und als die Gießkanne der Bas' Eva leer war, sagte sie: »Ihr wollt mei' Zinn. Zeigt mer amol Euer Parzlan! Es hot mich schon amol einer an g'schmiert mit weißlackierte Teller, die irden gewesen sein. So ein G'lumpert nehm ich nit wieder.«

»Aber bitte, liebe Bas’, kommt doch zu meinem Wagen hinaus. Ich zeig' Euch, was ich hab'. Alles Wiener Porzellan. Echte Ware.«

Und die Bas’ Eva folgte ihm zu seinem mit einer Plache überspannten Wagen, in der er zwischen Stroh- und Heuschichten seine gebrechlichen Schätze geborgen hatte. Sie war nicht unbefriedigt. Die geblumten Muster, die roten, die er ihr zeigte, mochten sich auf einer Hochzeitstafel ganz gut machen. Aber was tat sie mit zwölf oder fünfzehn dieser gebrechlichen Teller, wenn sie an eine große Hochzeit dachte. »Kommt zu meinem Mann«, sagte sie und ging voraus. »Nehmt einen Teller mit und eine Schüssel.«

Sie rief den Meister, der, mit einem braunledernen Schurzfell angetan, alsbald aus der Werkstatt trat. Und sie sagte ihm, um was sich's handelte. Er zuckte die Achseln. »Des G'schirr g'hert dir. Mach' was du glaubst. Man müßt' sich's halt noch amol angucke.«

Der alte Jude kroch in der Press bereitwillig die Bodenstiege hinauf und die Bas’ Eva hinter ihm. Sie zeigte ihm, wo alles stand, und er trug es hinab. Viermal machte er den Weg und die Bas’ Eva entdeckte auch noch ein paar Zinnkannen, die sie mitnahm. Als alles von Staub und Ruß befreit auf einer leeren Hackbank stand und der Meister es genau ansah, machte er ein bedenkliches Gesicht. Das war Nürnberger Ware. Zweihundert Jahre alt. Und da und dort war der Namenszug der Vorfahren in das Geschirr eingeprägt und eingeritzt. »Des willscht du hergebe?« fragte er seine Eva. »Und was kriegscht du dafür?«

»Ich will nit«, erwiderte sie, »aber was tut mer damit? Und schönes Parzlan werd m’r im Fasching vielleicht brauche.«

»Was du kriegscht dafür?« fragte er geärgert.

Die Bas' Eva sah den Tellerjuden an: »Na, sagt's!«

Der Händler wand sich, er roch, dass ihm das gute Geschäft zu entgleiten drohte. Dann sagte er resolut: »Herr Meister, ich geb' zwei solche schöne neue Teller für einen alten.«

»Nicht für fünfe«, sagte Meister Jakob. »Das Geschirr ist uns überhaupt nit feil« Er hatte indessen auch das Fabrikzeichen von Mömpelgard auf den Schüsseln gefunden und auf ein paar Tellern eine gar feine Engelmarke. »Das sein Andenke. Die b'halte mer«, sagte er zu seiner Frau.

»In Gottes Namen, so geb' ich drei von den geblumten schönen Tellern für einen«, wandte sich der Händler an die Hausfrau.

»Na, hört Ihr«, rief diese und stemmte die Arme auf die Hüften, »und zuerscht habt Ihr mir nur ein' einzige' gebote? Die Sach g'fällt m'r jetzt selber nit.«

»Mein erstes Geschäft heute, das soll man nit loslassen, sonst hat man den ganzen Tag kein Glück!« flehte der Händler.

»Naa, naa, geiht mit Gott; ich tausch nix und kaaf nix.«

»Liebe Bas'...« »Adjes«, sagte der Meister.

Alsbald hörte man wieder die Holzpfeife des Tellerjuden auf der Gasse, und sein Wagen knarrte weiter. Er wird andere Häuser finden, in denen man sich leichter trennt von dem alten Gelumpe. Pech, dass der Mann auch daheim war.

Und die Bas' Eva trug ihr Zinn wieder auf den Boden hinauf und stellte es hinter den Schornstein. Zwei Kannen behielt sie unten. Die konnte man ja im Hause verwenden.

In Gedanken war sie bei ihren Kindern draußen im Felde. Die Susi, die Susi... Das Mädel beschäftigte sie sehr. Und der Vater wusste noch gar nicht, was neulich passiert war. Sie kam allein nach Hause vom Tanz und schlich sich in ihr Zimmer. Und nachts weinte sie in ihrem Bett. Die Kathl aber, der Dickkopf, sagte nichts, als dass gerauft worden wäre wegen ihr. Die Neurosenthaler Buben hätten Schläge gekriegt. Von fremden Leuten erst hatte die Frau Eva erfahren müssen, um wen es sich handelte. Der Christof Luckhaup also hatte der Susi den Maibaum gesetzt. Und mit ihm allein tanzte sie? Das wird nicht gut enden. Das wird Herzleid geben.

Eine alte Frau humpelte zum Tor herein, und sie trug ein Körbchen im linken Arm, hielt einen Stock in der Rechten, auf den sie sich ein wenig stützte. Unter dem dunkeln Kopftuch, das einen Spitzgiebel über ihrer Stirn bildete, sah man die in der Mitte gescheitelten weißen Haare und auf der Oberlippe sprosste ihr ein kräftiger Schnurrbart. Sie blieb im Hofe stehen, ihre zwei hellen funkelnden Augen gingen suchend umher.

»Ja, die Motter!« rief Frau Eva aus der Press. »Wo soll m'r denn des hinschreiwe?« Und sie kam der alten Frau entgegen und geleitete sie in den kühlen Schatten der Halle. »Bei der Hitz' den weite Weg, Motter!«

»Von euch kimmt doch kein Mensch zu mer' nüber. Muss ich halt 'rüberkumme«, sagte die alte Zengrafin und setzte sich. Das Körbchen hielt sie der Tochter hin, die es nahm und seinen Inhalt beguckte. »In der Ernt' Motter! Bei der veel Arweit!« sagte sie. »Und was Ihr Euch da abg'schleppt habt. All die Sache'.«

»Far die Kinner«, erwiderte die Bäuerin.

Sie saß als Witwe im Vorbehalt auf ihrem Hof in Altrosenthal, und die Eva war ihr jüngstes, ihr zwölftes Kind. An ihr hing sie sehr. Hier war sie noch die Großmutter, bei den älteren aber, die schon Enkel hatten, hieß sie bereits die Fraala. Sie zählte schon vierzig, als das Mädel nachkam und hatte sich geschämt mit ihm vor ihren verheirateten erstgeborenen Kindern, denen die Eva auch immer fremd blieb. Sie wurde weicher erzogen, und die Mutter sah es gern, dass sie keinen Bauern heiratete, sondern einen Handwerker. Der Zengraf hatte die Wirtschaft früh übergeben und widmete sich den Gemeindesachen, die Eva wuchs schon im Vorbehalthaus heran.

»Freilich, freilich kann jetzt kein's zur Großmutter kumme«, sagte sie. »Äwer mer möcht' halt doch manchmal wisse, was vorgeht. Die Leut rede allerlei drübe bei uns, was mer mit g'fällt. Und auch sunscht - 's geiht m’r nit gut. Der Martin ist grob, du waascht's ja, und sei' Weib is a Beißzang'. Sie könne's nit erwarte, bis unser Herrgott mich zu sich ruft. Mer scheint, er hot mich vergesse.«

Der Frau Eva schienen diese Klagen nichts Neues zu sein, sie ging darüber hinweg. Aber die Mutter ließ den Faden nicht los. »Mei' Kartoffel werde zuletscht angebaut, mei' Korn werd zuletscht g'schritte, ein G'witter ums anner fahrt 'nein und drischt's derweil aus. Ich zähl gar nit mehr. Die Eltern gelte nix mehr in der neue Welt.«

»Ä wer Motter, Motter! Euch fehlt doch gar nix. Ihr häbt doch alles, und dem Martin sei' Wirtschaft is halt groß. Ihr sollt' ihm nix drei'rede, er besorgt auch Euer Sach', wenn's Zeit is. Und die Nantschi hat halt aa de Kopp voll und's Haus voller Kinner.«

»Im Weg bin ich ehna; fort wolle sie mich häwe; 's dauert ehna zu long.« So redete die alte Frau eigensinnig. Plötzlich erinnerte sie sich, dass sie ja noch etwas anderes sagen wollte. Darum war sie doch gekommen. »Und was geiht denn bei euch vor? Die Weiber drübe klatsche über die Susi. Des brav' Mädel werd uns doch kei' Schand mache?«

»Die böse Mäuler sollte mer mei Mädel in Ruh losse!« fuhr Frau Eva auf »Äwer's is ja nar der Neid, weil ehna wieder amol a Vogl von drübe auskomme will«, fügte sie spöttisch hinzu.

»Evi, nimm's nit leicht. Der Bu werd ehna nit auskomme. Den erschlagt sei Vetter lieber. Oder er steckt 'n unner die Saldate. Ich kenn' den alte Luckhaup besser.«

»Es red't ja auch kein Mensch bei uns davon. Nit ein einzig's Wort hat m’r die Susi g'saat. Vielleicht möcht' der Christof sie, äwer alles anner is doch nar Getratsch.«

»Dernoo is's gut. Macht euch kei' Hoffnung nit. Es führt zu nix. Die Luckhauwe kenn' ich. Hot unser Leni - Gott hab sie selig - ja auch einer habe wolle. Die bilde sich ein' ganze Haufe ein und wolle nar reich heirate. Sie ware die erschte do, sage se, ihr Ururgroßvater war der erscht Dorfrichter in Rosethal. Der Michel Luckhaup, sage se, hat noch den Prinz Eugeni g'sehe, und mit'm Graf Mercy oft gered't. Wie er eing'wannert is mit seiner Famili, war do noch nix. Des steht im Pfarrbuch zu lese. Und sie taun, als wäre sie die Grafe von Rosethal. De schönschte Mädscha laafe sie immer nooch, da sein se nit haaklich, äwer mit'm heirate - heidi! - da pfeife se dir was.«

»M'r hot doch nie nix Schlimmes g'härt von einem«, erwiderte die Frau Eva, die dem Gaste einen Teller saurer Milch vorgesetzt hatte zur Erfrischung. Obwohl die Worte der Mutter alles bestätigt und verschärft zum Ausdruck brachten, was sie selber dachte, ließ sie sich das nicht anmerken. Aber die alte Frau fuhr fort: »Loss des gut sein! M'r erfahrt nit von allem Herzleid und aller stille Schand', die hamlich uf die Seit' g'raamt werd. Ich häb dich und die Susi rar warne wolle. Der alt' Luckhaup is ein Satan. Und die Söhne müsse pariere.«

Sie löffelte die Milch aus dem tiefen irdenen Teller und sagte dazwischen: »Ich wüsst' der Susi 'was G'scheiteres... Der Matz Wörle, mei Vetter, hot a krankes Weib und sucht a Aushilf, a Pflegerin und Wirtschafterin. Find't er eine, die brav is, kann sie vielleicht noch Bäuerin wer'n. Du hoscht drei Töchter, Evi...«

»Für fremde Leut häb ich se mit ufgezoge«, fiel diese schroff ein und trat an die Werkstattür. »Jokob, die Motter is do!« rief sie hinein.

»Na, na«, murrte die Großmutter, »nur nit so obenaus.«

Der Meister kam sogleich heraus und begrüßte den Gast. Aber das frühere Gespräch war wie abgeschnitten, die alte Zengrafin war keine Klatschbase und wusste genau, dass man dem Schwiegersohn nicht mit Dingen kommen durfte, die nur die Tochter angingen.

»Was macht der böse Fuß, Mutter? Geht's denn noch immer soweit?« fragte Meister Jakob.

»Du werscht mich auslache, Jakob, ich loss mer jetzt Brauche von der Kern's Kathl und 's is besser. Der Bader hat ein Jahr lang dran rumgedoktert, und 's hot nix g'holfe, die Bas' Kathl hot mer dreimal gebraucht, und 's is mer leichter.« »Dann ist's ja gut«, sagte der Meister lächelnd. »Ob gedoktert oder gezaubert, wer hilft, der hat recht.« »Häb's jo gewißt, du werscht mich auslache. Was ich g'schpür, des g'schpür ich. Und wo kei' Doktor mer helfe konn, da hilft Gott.«

»Des unterschreib' ich, Motter! Gott in Ehren. Aber vom Brauche halt ich nix.«

»Loss mer mein Glaube«, sprach die alte Frau heftig und stieß mit ihren Stecken auf den Boden. »Die Bas' Kathl red't heilige Sprüchl und ich bet' derzu. Und des hilft! Des hilft!«

»Hätt'scht g'sehe, wie die Motter da 'reikumme is. Wie a Wiesl«, warf Frau Eva ein.

»Des is g'scheit«, sagte der Meister. »Do werd se jetzt mit mer in de Garte springe, und ich werd' ihr ein paar Rose abschneide.«

»Rose? Far mich? Lass gut sein, Jokob, 's wär schad drum. Bis ich derhaam bin, sein se welk in der Hitz, so wie ich. Und jetzt muss ich a wieder geihn.«

»Naa, naa, Motter, du werscht mit uns esse«, sagte Frau Eva. »Ich back' der 'was.«

»Ich dank' schön. Wo denkscht du hin! Die Nantschi möcht' mich schön runnerputze, wann ich nit käm'. Ich muss haam. Mei' Hausdrach leid't's nit annerscht«, sagte sie und erhob sich.

Und Frau Eva ließ sie gehen. Sie gab ihr langsam das Geleite bis an das Haustor.

»Ich loss die Kinner schön grüße. Soll halt wieder amol eins' nüber gucke zur Fraala, wann die Ernt’ vorüber is.... Schick mer die Susi.... Jessas, mei Körbl. Gib mer doch g'schwind mei Körbl!«

»Da is es schon«, rief der Schwiegersohn, der nachkam. Und er hatte ihr doch ein paar Rosen in ihr leeres Körbchen gelegt. »Du bischt und bleibscht a Narr, Jokob«, sagte sie, schon gehend, zärtlich polternd. »Die muss ich rein verstecke, sunscht halte mich die Leut far a walachisch' Braut.« »Kimm gut haam!« rief Frau Eva ihr nach.

Lächelnd sah sich die Alte noch einmal um, und ihre hellen Augen blitzten. »Schick mer die Susi«, sagte sie noch einmal.

Die beiden blickten ihr noch nach, wie sie munter gegen das Tal zu humpelte, das sie zu übersetzen hatte, um hinüber zu gelangen nach Altrosenthal. Eine Lehne hinab, eine hinauf. In der brennenden Mittagshitze, »Wie alt ist die Mutter?« fragte Weidmann. »Ach, das sagt sie gar nit. Es werd ihr wohl vom Achtziger kein Tag fehle«, erwiderte Frau Eva. »Und was will sie denn von der Susi?« »Waaß ich's? Sie hot se halt gern. Gute Lehre werd se ihr gäwe, und die konn se brauche.« »Meinst?«

»Die Buwe sein wie die Teixeln her hinner dem Mädscha; neulich häwe se g'raaft wege ihr im Groß' Wertshaus.« »Wann's weiter nix is, Alte, des häwe mer auch getan«, sagte der Meister. Und sie gingen ins Haus. Frau Eva schwieg. Sie hatte genug gesagt. Und sie begoss ihre aufgespannte rauhe Leinwand im Hof wieder und fütterte zuerst ihre drei Mastschweine. Dann rief sie den Mann zu Tisch.


 << zurück weiter >>