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Vorwort.

Als Eduard von Bauernfeld in seiner Spätzeit angegangen wurde, seine Erinnerungen an den Personenkreis der freundesfrohen und liederreichen zwanziger Jahre in zusammenhängender biographischer Form mitzuteilen, gab er zu verstehen, es sei mit Biographie nicht getan, nur eine Dichtung sei imstande, den Genius jener Zeit und ihrer Menschen zu vergegenwärtigen.

Bauernfeld hatte recht, denn er war Poet. Sein Wort ist gut und sinnvoll, es bleibe unvergessen.

Auch wir Heutigen blicken mit einer Art von zärtlichem Familienstolz auf jene Zeit und ihre berühmten Größen zurück, als wär's unsere persönliche Vergangenheit; sie steht unserem Herzen am nächsten; wir wollen ihr ins liebe Antlitz schauen, in ihren Augen lesen, ihre Seele ergreifen, ihr inneres Leben, also das, was unsterblich ist und als allgemein Menschliches und Schicksalmäßiges auch für uns einen bleibenden Sinn hat.

Überlieferte Daten, Jahreszahlen, zusammenhanglose Notizen, Briefe und ähnliche etwas spröde biographische Einzelheiten sind die spärlichen Bruchstücke des äußeren Lebens, mit denen der Dichter nicht rekonstruierend sondern freischaffend verfährt, durch nichts gebunden als durch das Gesetz der inneren Wahrhaftigkeit und der poetischen Gerechtigkeit. Er ordnet die Ereignisse nach diesem künstlerischen Gesetz und hat darum den Vorwurf eines Anachronismus nicht zu fürchten, obgleich ihm wichtiger als die überlieferte chronologische Folge die psychologische Wahrheit dünkt, die zugleich im geistigen Sinn die historische Wahrheit enthält, und wie alle Geschichte eine persönliche Schöpfung ist. Daten sind Rohstoffe und an sich tot. Gestalt und Leben empfangen sie nur durch die persönliche Zeugenschaft. Wer also den Liebes- und Dichterfrühling dieser zwanziger Jahre innerlich erlebt und als Heutiger sagen kann, wie er ihn sieht, der ist trotz der zeitlichen Ferne gewissermaßen – dabei gewesen, und darauf kommt es an.

Seit mehr als zehn Jahren habe ich mit den unvergeßlichen Menschen dieser köstlichsten Altwiener Vergangenheit intimen seelischen Umgang; ich brauche nur nach innen zu horchen, und ich höre sie reden; ich höre ihr Lachen und Jubeln, ihr Weinen und Klagen, und was ich auf diese Weise hörte, habe ich niedergeschrieben.

Das ist sehr einfach. Aber der Dichter hat nicht mehr zu geben als diese inneren Stimmen.

Joseph Aug. Lux.


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