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Nachmittags.

– Wer hätte gedacht, daß der alte Metaphysikus so ein Schalk sein könne! Seinen Doctorhut, der schlaff und schlotterig geworden wie eine Nachtmütze, gegen den revolutionairen Kopffang zu vertauschen! Wie ein Pavian sich wendet und der Welt sein rothes Hintertheil aufweist, so lief der Alte fort, es war fast, als hört' ich höhnisch lachen und den Pferdefuß stampfen. Nun ja, was wär's denn weiter! Mephistopheles ist nichts als das personificirte Böse in der Menschenbrust; es tritt heraus als selbständige Macht, so ist's der Teufel. Der ganze Mephisto ist im Faust, und Faust ist überall in jeder Menschenseele. Faust schreit auch aus Börne heraus; hier ist er zum Satan geworden. Der alte Denker kann nicht mehr auf dem hölzernen Katheder heutzutage aushalten, er muß unters Volk und da forschen, was Wahrheit sei. Vox populi, vox Dei! –

Aber daß mir der Alte so kommen mußte, das vergebe ich ihm noch nicht! Wie der Schalk, der Faust, sich ins Fäustchen lachen mag, daß ich so wehmüthig in sein krankes Gesicht blickte und den Trug nicht merkte. Welt, Welt! pass auf, der Faust geht um; Mephisto und Faust haben sich wieder als ein Fleisch und eine Seele zusammengethan, sie spuken chamäleonartig im Volk umher, sie erscheinen seltener jetzt an den Höfen der Fürsten, um ihre Stückchen zu probiren. Nehmt Euch in Acht, der Faust geht um, und sitzt er Euch im Nacken, so ist's noch nicht so schlimm, als wenn er Euch im Leibe zwickt, im Gehirne trommelt, am Herzen kneipt! So muß denn Jeder in sich selbst wieder schauen, Jeder hat Alles in sich, seinen Gott, seinen Faust, seinen Don Juan, seinen Teufel. Jeder ist sich die Welt; sehe Jeder zu, wie er mit seiner Weltgeschichte en miniature fertig werde und Nacht und Tag, Wahnsinn und Wahrheit in sich schlichte.

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