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Vorwort.

Wohl kaum Einer hat weniger daran gedacht, einst an der Niederschrift seiner Lebenserinnerungen mitzuwirken, als Präsident Krüger. Was für Mühe hat man sich jahrzehntelang gegeben, ihn dazu zu bewegen. Und immer vergebens. Seine Bedenken waren zu schwerwiegend. Schriftstellerische Neigungen hat Paul Krüger nie gehabt, und das Bedürfnis, seine Politik Anderen durch Belehrung annehmlich zu machen, ist ihm ebenso fremd, wie das, sich persönlich zu rechtfertigen. Die Notwendigkeit, daß neben den Thaten auch noch Worte reden, hat er allezeit bestritten und die Möglichkeit, durch Worte zu überzeugen, wo es Thaten nicht vermochten, allezeit bezweifelt. Und selbst den Gedanken, seinem Volke und den Freunden seines Volkes eine einfache Beschreibung seiner Erlebnisse und seiner Thaten als Vermächtnis zu hinterlassen, damit sie wenigstens auf Grund einer solchen authentischen Darstellung sich gegen die Verdächtigung eines Mannes wehren können, der ihnen ein Gegenstand der Bewunderung und Hochachtung ist, hat er lange von der Hand gewiesen. Sein Leben und Wirken ist ja nichts anderes als ein Teil, der Hauptteil der Geschichte seines Volkes, und diese Geschichte als göttliche Führung zu ehren und für alle die Thaten, welche die Höhepunkte seines eigenen Lebens bilden, Gott zu danken: dazu sein Volk zu erziehen, hat Paul Krüger als seine wichtigste Lebensaufgabe angesehen. Er hat sich viel zu sehr allezeit als Werkzeug, als Diener Gottes betrachtet, als daß er unbefangen von sich reden könnte; und die Furcht, dem göttlichen Meister die Ehre zu nehmen und sich widergöttlicher Selbstüberhebung schuldig zu machen, hat ihm gar oft das Wort, wenn es schon auf der Zunge lag, wieder zurückgedrängt. Es mußte eine Zeit kommen wie die gegenwärtige, wo seiner Arbeitskraft die Bethätigung fehlte und vertrauten Freunden Gelegenheit gegeben war, im steten Umgang mit ihm Schritt für Schritt seine Bedenken zurückzudrängen, bis er in völlig selbstloser Weise sich entschloß, nachzugeben. Aber die Aufzeichnungen mußten in dritter Person niedergeschrieben werden, als rede Krüger nicht von sich selbst, sondern von einem, der nicht sich selbst, sondern nur der Geschichte angehört. Sein religiöses Gefühl hat dieses Zugeständnis erfordert.

Es hätte einen Weg gegeben, das Ziel zu erreichen ohne dieses Zugeständnis, nämlich: zu warten bis nach Krügers Tode. Aber das war unmöglich, weil Krüger keinerlei eigenhändige schriftliche Aufzeichnungen besitzt und nach seinem Tode eine Prüfung dessen, was sich dann als Lebenserinnerungen von ihm ausgeben könnte, auf seine Echtheit und Zuverlässigkeit unmöglich wäre. Und zudem ist es auch jetzt niemand verwehrt, beim Lesen in Gedanken die dritte Person, von der erzählt wird, in die erste umzuwandeln, die erzählt.

Was nun hier von Krügers Leben vorliegt, sind im vollsten Sinne des Wortes »Erinnerungen.« Es ist eine Wiedergabe dessen, was zur Zeit in des Präsidenten Erinnerung haftet. Mit Ausnahme des letzten Teiles ist alles aus dem Gedächtnis diktiert, und daß dieses Gedächtnis wunderbar stark ist, habe ich mich zu überzeugen reichlich Gelegenheit gehabt. Daß in diesem Gedächtnis am lebendigsten der Kampf lebt, unter dessen erschütterndem Ausklang noch alle Saiten seines Gemütes zittern, ist gewiß nicht zu verwundern.

Hinter dieser einen großen, alles erdrückenden Erinnerung treten einstweilen die Erinnerungen an die inneren Kämpfe und Sorgen noch etwas zurück, die ohnehin schonend behandelt werden müssen, wenn das Volk, das sich erst neu wieder aufrichten muß, nicht durch Uneinigkeit noch mehr geschwächt werden soll. Daß prinzipielle und theoretische Erörterungen größeren Umfanges hier nicht zu finden sind, darüber wird man sich nach dem vorher Gesagten nicht verwundern. »Außerdem aber«, so hat Paul Krüger schon vor 20 Jahren in seinem Wahlprogramm gesagt, »sind meine Ideen deutlich zu ersehen aus meiner ganzen politischen Laufbahn.« Und diese schildert ja das vorliegende Buch. Einen Einblick in seine ganze Empfindungswelt und Denkart, wie er ihn in Stunden der Begeisterung eröffnet hat, geben zudem die Reden, die in ihrem amtlichen Wortlaut als Anhang beigegeben sind.

Der Herausgeber.


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