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Achtes Kapitel.

Eine Reise auf der Eisenbahn

Versetzen wir uns auf die Eisenbahn, die von Orleans nach Paris führt, in einen der Wagen oder Diligencen, wie man sie nennt, wo die Reisenden auf ziemlich weichen Polstern sitzen und vor dem Einflüsse der Witterung geschützt sind.

Der Wagen, welcher zehn Plätze in sich faßte, war mit neun Personen besetzt.

In einer Ecke fiel zuerst eine große starke Frau von fünfundvierzig Jahren in die Augen, welche den Vorzug hatte, wie fünfzigjährig auszusehen. Ihr ziemlich nußbrauner Teint und ihre große platte Nase verliehen ihr eine bedeutende Ähnlichkeit mit einer Beduinin; sie hatte dabei übrigens noch ziemlich lebhafte schwarze Augen, ihr Mund zeigte auch noch etliche Zähne, und ihre Häßlichkeit wäre im Ganzen nicht so auffallend gewesen, hätte sie sich nicht so herausfordernd frisirt und gekleidet, und durch ihre Manieren und ihr Gespräch die Blicke und Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen gesucht.

Neben dieser Dame saß ein fünfzigjähriger, kleiner aber breitschultriger, vierschrötiger Mann mit einem großen Kopfe und einer niedern zurückstehenden Stirne; die Haare fielen ihm fast über die Augen herein, diese waren hervorstehend und ausdruckslos, seine Nase sehr kurz und geknippen, die Backenknochen stark hervortretend, der Mund einfältig, kurz, die ganze Physiognomie gemein, seine Miene aber trotzdem sehr zuversichtlich, ja beinahe unverschämt, wenn er glaubte, man sehe ihn an; so beschaffen war die Person, welche die Dame, seine Nachbarin, bald Herrn St. Godibert ... bald mein liebes Herz ... bald mein liebes Männchen oder mein Gemahl nannte ... je nachdem sie bei Laune war; im Wagen nannte indessen die große Frau ihren kleinen Mann beinahe immer Herr St. Godibert.

Neben diesem Herrn befand sich ein etwa zwanzigjähriger Jüngling, der, wie alle jungen Leute von Paris, die Vermögen haben und sich gut anzuziehen wissen, gekleidet war. Er war nicht hübsch, obgleich in seinen Zügen nichts Unangenehmes lag; allein seine Adlernase, sein eingekniffener Mund, seine blaßblauen Augen und seine hellbraunen Haare, was Alles einzeln betrachtet, tadellos war, bildete zusammen ein nichtssagendes Ganzes, dem jeder Reiz abging; endlich fehlte es dem jungen Mann an einer freien, offenen Miene, und seine etwas süßthuenden Augen schienen die Gewohnheit angenommen zu haben, die Gegenstände nur von der Seite anzusehen; vielleicht durfte man das Zurückhaltende seines Wesens auf Rechnung der Schüchternheit schreiben, die er stets in Gegenwart seines Vaters, Herrn St. Godiberts, und besonders seiner Mutter empfand, welche viel Unterwürfigkeit und Respekt von ihrem Sohne zu verlangen schien.

Die darauf folgende Person, welche die andere Ecke einnahm, weil dort ein Platz unbesetzt blieb, war ein bejahrter Mann, der unter seinem Paletot, seinem Ueberzieher, seiner schwarzseidenen Mütze, seiner ungeheuren Perrücke und seiner mit Pelz verbrämten Reisekappe fast ganz versteckt war, denn obschon es erst Ende August war, hatte sich dieser Herr doch eingehüllt, als ob es friere. Beim Einsteigen in den Wagen hatte er mehrere solcher runden grünledernen Kissen unter dem Arme, wie man sie gewöhnlich auf seinen Lehnstuhl oder Sessel legt, wenn man mit einer gewissen Krankheit behaftet ist, die Einem das Sitzen schwer macht. Der Herr hatte zuerst zwei seiner runden Kissen über einander auf seinen Platz gelegt und nachdem er mit sich zu Rath gegangen, ob er nicht noch ein drittes, das er unter dem Arm hielt, darauf legen sollte, sich entschlossen, bloß auf die zwei hinzusitzen, was er unter erschrecklichen mit Flüchen und Grimassen gewürzten Seufzern ins Werk setzte; übrigens behielt seine Miene während der ganzen Reise den griesgrämigen, beinahe zornigen Ausdruck bei, den sie bei seinem Niedersitzen angenommen hatte.

Ein solcher Reisegefährte gehört nicht zu den gesuchten; da man aber unter dem Pelzwerk und den doppelten Westen des alten Herrn eine prachtvolle Diamanten-Stecknadel und an den Fingern zwei Solitäre vom reinsten Wasser entdeckte, so betrachtete ihn das Ehepaar St. Godibert mit einer Art Hochachtung, und der Gatte hatte mehrmals die Aufmerksamkeit so weit ausgedehnt, daß er zu seinem Sohne sagte: »Julian, nimm Dich in Acht, daß Du den Herrn nicht genirst ... laß ihm gehörig Platz ... er scheint unwohl ... setze Dich nicht zu nahe neben ihn!«

Dem jungen Mann war durchaus nichts daran gelegen, sich dem Herrn auf den Lederkissen zu nähern, und dieser erwiderte Herrn St. Godiberts Höflichkeit nur mit einer Art Gegrunze, in dem man folgende Worte unterschied: »Ach, der Kuckuk! ... ach ja ... ach! Platz! ... ich habe genug! ... Ach, Sapperment! ... wenn sie wüßten, wie mir wäre, würden sie nicht so unruhig sein.«

Auf der andern Bank sah man Frau St. Godibert gegenüber einen schön frisirten Herrn, der über sich selbst, über die Fahrt auf der Eisenbahn, über die Reisegesellschaft, kurz, über Alles entzückt schien; keine zwei Minuten vergingen, ohne daß dieser Herr mit seinem frischen Teint und seinen rothen Lippen (der jenen Wachspuppen glich, die man so prächtig frisirt in den Läden der Haarkünstler sieht), seine Cravattenzipfel betrachtete und seinen Backenbart strich. Er war mit allen möglichen Wohlgerüchen einbalsamirt; es war eine Mischung von Vanille-, Jasmin-, Rosen- und Patchouli-Duft, daß man nicht wußte, welcher der stärkste war, der Einem aber sogleich in die Nase stieg und Kopfweh verursachte.

Neben diesem Herrn saß ein junges hübsches Frauenzimmer mit einem pikanten, heitern, sogar herausfordernden Gesichte, schönen dunkelblauen Augen, die sie nicht häufig zu Boden schlug, rosigen Lippen, schneeweißen Zähnen, einem schelmischen Lächeln, braunen Haaren, kurz, einem höchst angenehmen Ganzen, dem ein mäßiges Emponpoint, das die Formen hob, und eine entzückende Taille noch mehr Reiz verlieh.

Der Anzug dieses jungen Frauenzimmers war kokett und ganz darauf berechnet, ihre Vorzüge geltend zu machen, deutete auch eher auf eine dem Vergnügen hingegebene als anständige Dame. Ihr kleines Hütchen saß tief in der Stirne und gestattete den Anblick ihres boshaften Gesichtchens nur, wenn sie es gern wollte; aber das war gleichfalls wieder darauf abgesehen, die Neugierde und das Verlangen rege zu machen; die Männer sind immer weit verliebter in das, was zu sehen schwer hält, als in das, was sich sogleich ihren Blicken darbietet.

Tief in's Gesicht gehende Hüte werden immer vorzugsweise von Frauenzimmern geschätzt werden, welche ihren Vortheil verstehen. Wollet ihr einen Beweis davon haben, so gehet einmal mit mehreren Damen an einen öffentlichen Ort wovon eine einzige einen Hut aufhat, der es kaum gestattet, ihre Züge zu betrachten, während die andern auf eine Weise coiffirt sind, welche nichts von ihrem hübschen Gesicht verbirgt, und ihr werdet sehen, daß die Männer der Schönheit, die sich offen zeigt, weit weniger Aufmerksamkeit widmen werden, als der Dame, welche die Blicke zu meiden scheint, und auf diese werden unaufhörlich ihre Augen und ihre Lorgnetten gerichtet sein.

Der wohlriechende Herr konnte nicht der Gatte des hübschen Frauenzimmers sein, das sah man sogleich an der Art, wie er mit ihr sprach, und an der Aengstlichkeit, womit er befürchtete, Etwas an ihr zu zerknittern oder mit ihrem Hut zu karamboliren.

Die Dame ihrerseits schien, während sie sich mit ihrem Reisegefährten unterhielt, weit mehr damit beschäftigt, zu kokettiren, und besonders die sehr ausdrucksvollen Liebesblicke ihres Nachbars zur Rechten zu erwidern.

Dieser Nachbar war ein höchst eleganter, ziemlich hübscher junger Mann, der besonders jene völlig leichtsinnige Miene besaß, die oft zur Verführung eines Frauenzimmers hinreicht. Er hatte eine etwas dunkle Haut, ein kühnes Auge und ein spöttisches Lächeln. Seine breite, ein wenig gewölbte Stirne war von einem Wald pechschwarzer Haare umschattet; sein Schnurr- und Backenbart waren von derselben Farbe. Der junge Mann war groß, schlank, schön gebaut und schien seine Vorzüge sehr gut zu kennen.

Nächst diesem saß noch ein junger Mann, der etwas älter schien als sein Nachbar, und außerdem nicht sowohl durch seinen Anzug, denn beide Herren waren sehr gut und äußerst elegant gekleidet, als durch seine Gestalt und sein Gesicht einen auffallenden Contrast mit ihm bildete.

Derselbe war von mittlerer Größe und verhältnißmäßigen Formen, aber sein von Blatternarben gräßlich entstelltes Gesicht war entsetzlich häßlich. Seine von Fleischanschwellungen bedeckten Augen glichen zwei kleinen von einer schwachen Nachtlampe erhellten Löchern; sein vorstehender Mund öffnete sich nur, um den fast gänzlichen Mangel an Zähnen zu zeigen, und an seiner Nase, auch einem Opfer der Pocken, war das eine Nasloch weit größer als das andere.

All das zusammen bildete für die Gegenübersitzenden keinen sehr einnehmenden Anblick, und das Gepräge der Züge des jungen Mannes, worin Neid, Bosheit und Aerger über seine Häßlichkeit ausgesprochen lagen, war nicht von der Art, den unangenehmen Eindruck zu mildern.

Den fünften Platz endlich in der entgegengesetzten Ecke nahm ein sehr magerer, etwa vierzigjähriger Mann ein, der von dem Kopfe bis zu den Füßen höchst schmutzig war. Er hatte einen alten, abgeschabten, schwarzen, fleckigten und an mehreren Orten geflickten Ueberrock an, der ihm kaum die Hälfte der Schenkel bedeckte; außer diesem trug er ein Paar olivenfarbige oder gelbliche Beinkleider (die Farbe derselben war schwer zu unterscheiden). Diese Beinkleider waren gleichfalls an verschiedenen Orten beschmutzt, und überdies war in jedes Knie ein großes viereckiges Stück hineingeflickt, welches, weit neuer als der übrige Stoff, noch eine gewisse Frische hatte, die auffallend von der ganzen übrigen Kleidung abstach. Obgleich diese Hose nur bis an den Knöchel reichte, war doch an dem linken Beine ein Steg daran, an dem rechten fehlte er, wahrscheinlich in Folge eines unvorhergesehenen Ereignisses; große ausgetretene Stiefeln, welche dem Anscheine nach schon viele Wege zurückgelegt hatten, ohne je geputzt worden zu sein, vollendeten unterhalb das Kostüm dieser Person.

Die Bekleidung des Oberkörpers entsprach dem Uebrigen. Ein ausgefaserter, zerrunzelter, schwarzer Stoff stellte die Weste vor, ein buntfarbiges, strickartig gewundenes Taschentuch diente ihm als Halsbinde; es war so fest umgebunden, daß man hätte glauben können, der Reisende habe unterwegs Versuche gemacht, sich zu erwürgen. Aber das Eigenthümlichste des ganzen Anzugs war ein kleiner Kragen von altem schwarzem Tuch, der über dem Ueberrock hing und, je nachdem es der Eigenthümer wünschte, als Crispin, Mantel oder Schuhkleid diente, in der That aber weder vor der Kälte noch dem Regen schützte, weil er kaum über die Mitte des Vorderarms herabging.

Zur ganzen Toilette dieses Mannes gehörte auch noch ein runder Hut. Dieser in seiner Art einzige, weder Castor- noch Seidehut, war der Mühe werth, gesehen zu werden. Er schien aus einem Stück Merino verfertigt worden zu sein, war sehr niedrig, schmalrändig, und der Stoff bildete um das ganze Gestell herum zwar nicht reichliche, aber sehr ungleiche Falten.

Denket euch unter diesem sonderbaren Hute einen Kosakenkopf, eine fast gänzliche Abwesenheit der Nase, denn was sie vorstellen sollte, war in der Mitte so eingefallen, daß man nichts als zwei gen Himmel stehende Löcher sah, und ihr habt den Mann wie er leibte und lebte, der sich in der Ecke gegenüber von dem Herrn mit den ledernen Kissen befand und nicht daran gewöhnt schien, in so schöner Gesellschaft so weich zu sitzen; er betastete von Zeit zu Zeit mit bloßen Händen (denn er hatte keine Handschuhe an) den Stoff, womit die Polster überzogen waren, auf denen er saß und murmelte dann vor sich hin: »Das ist schön ... das ist gut ... das muß theuer sein ... das sind herrliche Wagen, man sitzt köstlich darin; allein, wenn ich keine Eile hätte, wäre ich doch nicht hereingegangen! Sie sagen zu Einem, die Stehwagen seien voll, es gebe keine Plätze mehr darin, um Einen zu nöthigen, mehr zu bezahlen; glücklicher Weise muß Bichart die Reisekosten tragen!«

Diese Monologe des Herrn im Merinohute hatten in dem Augenblicke begonnen, wo er in den Wagen gestiegen war, und da er zuerst eingestiegen war, konnte er seinen Platz in einer Ecke nehmen.

So oft Jemand nach dem schmutzigen Herrn in den Wagen stieg, zog er seinen Hut ab und murmelte: »Gott grüße Sie, mein Herr, Gott grüße Sie Madame, Gott grüße die ganze Gesellschaft.«

Diese Höflichkeit wurde von den Reisenden wenig beachtet, die meisten erwiderten sie nicht; gewöhnlich wendeten sie, wenn sie Den, der sie begrüßte, angesehen hatten, verächtlich den Kopf ab, gleichsam, als wenn sie es nicht der Mühe werth hielten, das Wort an ihn zu richten.

Die Familie St. Godibert hatte zuerst gegenüber von dem Manne mit dem Merinohute Platz genommen; aber da dieser hartnäckig fortfuhr, sie zu grüßen und ihnen zuzulächeln, hatte die Dame schnell ihren Sitz verändert, ihr Gatte und ihr Sohn waren ihr nachgerückt, und alle Drei richteten ihre Blicke nach dem entgegengesetzten Kutschenschlag, in der Hoffnung, daß dadurch die Freundlichkeit des Reisenden, der sich bemühte, ein Gespräch mit ihnen anzuknüpfen, abgeschnitten werde; ein Bestreben, welches sie von einem so schlecht gekleideten Menschen für sehr unpassend hielten.

Der schön frisirte Herr und die ihn begleitende Dame wurden mit denselben Grüßen empfangen. Die pikante Brünette hatte zuerst den Platz in der Ecke eingenommen, als aber der schöne Schwarzhaarige eingestiegen war, trat die Dame ihren Sitz, unter dem Vorwand, die Aussicht ins Grüne thue ihren Augen wehe, wenn man so schnell vorbeifahre, an ihren Begleiter ab.

Was den alten, auf den runden Lederkissen thronenden Herrn betrifft, so hatte dieser die Artigkeiten seines vis-à-vis nur mit dumpfem Gebrumme und mit ziemlich verständlichem Fluchen beantwortet, und den Mann mit dem Merinohute mit einer so übelgestimmten Miene angesehen, daß dieser nicht mehr gewagt hatte, weder ihm zuzulächeln, noch ihn zu grüßen.

Der große schwarzhaarige junge Mann stieß einen Schrei der Verwunderung aus, als er die Familie St. Godibert im Wagen erblickte.

»Wie?« rief er aus, »die liebe Tante, der liebe Onkel und Julian auf der Eisenbahn? ... Ach, welches Zusammentreffen! Welcher Zufall! ... Meine Tante fürchtete sich sonst vor dieser Art zu reisen.« – Das heißt,« entgegnete die große Dame, »Ihr Onkel hatte Angst vor den Eisenbahnen, nicht ich! Ich hatte hundertmal den Wunsch ausgesprochen, auf diese Weise nach Rouen zu gehen ... Ja, Friedrich, lachen Sie nur ... Ach! Herr Richard ist, glaub' ich, bei Ihnen!«

Diese Worte waren an Herrn Friedrichs Nachbar, den jungen Mann mit den ungleichen Nasenlöchern, gerichtet. Dieser beeilte sich, eine tiefe Verbeugung vor Frau St. Godibert und ihrem Manne zu machen; dann reichte er ihrem Sohn die Hand und sagte: »Guten Tag, Julian, wie geht es?« – »Recht gut, ich danke Ihnen,« erwidert der junge St. Godibert, der seinem Vetter Friedrich bereits die Hand gedrückt hatte.

Herr St. Godibert, der sich gerade schneuzte und seiner Frau noch nicht geantwortet hatte, versetzte nun mit wichtiger Miene: »Ich habe nie die mindeste Furcht vor den Eisenbahnen gehabt, meine Vorzügliche; aber ich wollte Ihnen nicht widersprechen und Sie nicht veranlassen, aus Gefälligkeit für mich zu thun, was Ihnen unangenehm gewesen wäre.« – So viel ich weiß, ist das nicht meine Gewohnheit ... Warum wollten Sie durchaus nach Orleans, als ich Rouen zu sehen wünschte? – »Wegen der Tonnelles, meine Vortreffliche.« – » Tunnels, sagt man, lieber Onkel!« rief der große junge Mann lachend aus, indem er der hübschen Brünette, seiner Nachbarin, einen Blick zuwarf, welche ihm alsbald mit einem sehr ermuthigenden Lächeln antwortete.

» Tunnels also! ... ich wußte wohl, daß ich mich falsch ausdrückte ... jedenfalls sind es unterirdische Gänge ... Du kannst sie nicht leiden, Angelika; Du hassest die Dunkelheit, da Du sogar zum Schlafen Licht brauchst.« – Das ist richtig, ich gestehe, unter dem Boden zu reisen, scheint mir sehr gewagt, da ich aber einmal entschlossen war ... – »Wozu solltest Du unangenehme Empfindungen in Dir erregen! Ich habe Dich zuerst nach Orleans geführt, weil da keine langen unterirdischen Gänge zu passiren sind; wir gehen später nach Rouen.« – »Sie fürchten sich sicher alle Beide,« flüsterte der blatternarbige junge Mann seinem Nachbar ins Ohr, und dieser, den man Friedrich nannte, fuhr, die verführerische Brünette sanft ans Knie stoßend, fort: »Ich liebe die Tunnels leidenschaftlich, denn ich weiß nichts Unterhaltenderes, als mit unbekannten Personen in der Dunkelheit zu reisen! ...« – Man hat Lampen. Man hat mir gesagt, es seien Laternen in den Wagen angezündet, sonst würde man, meiner Treu! ... kurioses Zeug treiben!«

Diese Worte kamen aus dem Munde des Kosakenkopfes mit dem faltigen Hute. Niemand gab ihm Antwort. Die St. Godiberts nahmen ein wichtiges Aussehen an, die hübsche Brünette ordnete ihre Haare, ihr Begleiter strich seinen Backenbart, und der Alte mit den Diamanten stöhnte und fluchte vor sich hin: »Ach! der Teufel! ... ach, in solchem Zustande reisen zu müssen! ... Was liegt mir daran, ob es hell oder dunkel ist! ... O weh!« – Sie haben also,« fragte der junge schwarzhaarige Mann, »ohne Weiteres eine Lustpartie gemacht, lieber Onkel, nicht wahr? und bloß zu Drei?« – »Wir haben meinem Bruder, dem Gelehrten, den Vorschlag gemacht, mit seiner Frau auch daran Theil zu nehmen, aber sie haben es unter dem Vorwande ausgeschlagen, sie seien diesen Sommer schon in Fontainebleau gewesen.« – Ach! in der That, ich erinnere mich, daß mich vor ungefähr sechs Wochen mein Onkel Mondigo aufforderte, ihn auf einer Landpartie zu begleiten ... ich hatte sogar meiner hübschen Tante versprochen, mit Dernesty nachzukommen, aber es war mir unmöglich ... Ich entsinne mich ebenfalls, daß die Marmodins und Herr Roquet von der Partie sein sollten, und offen gestanden, das hatte mich eben nicht sehr zur Theilnahme aufgemuntert ... o! wenn nur Madame Marmodin dabei gewesen wäre, dann hätte ich es mir gefallen lassen; sie ist liebenswürdig, unterhaltend, sogar sehr heiter; aber ihr Mann! ... ach! großer Gott! der ist wahrhaft unerträglich mit seiner Manie, von den Römern zu erzählen ... ihre Fußbekleidung, ihren Mantel und ihre Tunika zu schildern ... Ich bitte Sie, was liegt mir daran, ob die Patrizier andere Schuhe tragen, als die Plebejer! ... Ich bin durchaus kein Liebhaber vom Alten ... da betrachte ich tausendmal lieber ein nettes Häubchen oder ein reizendes Hütchen auf dem Kopfe eines jungen hübschen Weibchens, als daß ich mich um die Moden der früheren Zeiten bekümmere.«

»Uebrigens,« versetzte Herr Richard, Friedrich mit dem Ellbogen stoßend, und auf den rechts sitzenden Kosakenkopf deutend, »haben wir auch in gegenwärtiger Zeit noch sehr interessante Kopfbedeckungen!«

Der große junge Mann, der bisher ausschließlich mit seiner Nachbarin beschäftigt gewesen, hatte den Herrn mit dem einzigen Stege nicht beachtet, als er aber den Merinohut mit den Falten in's Auge faßte, und das darunter befindliche Gesicht sah, brach er in ein lange anhaltendes schallendes Gelächter aus, von dem auch Herr Richard und seine Nachbarin angesteckt wurden; der Begleiter der hübschen Brünette glaubte ebenfalls lachen zu müssen, obgleich er nicht wußte, warum.

»Ja, wahrhaftig, das ist köstlich! das ist unbezahlbar!« schrie Friedrich, bis zu Thränen lachend, »das ist allein schon eine Reise nach Orleans werth ... so Etwas sieht man selbst in der Industrieausstellung nicht!« – Man sollte es übrigens mit einem Erfindungspatent belohnen!« sagte der Blatternarbige. – »Um so mehr, als der Gegenstand auch widerstandsfähig gegen das Antreiben zu sein scheint ... Ha! ha! ich hätte große Lust, einen Versuch damit zu machen! ...«

Ein strenger Blick seiner Tante hielt Herrn Friedrich von diesem tollen Vorhaben ab, zu dessen Ausführung er sonst gleich bereit gewesen wäre. Die hübsche Nachbarin stimmte in seine Heiterkeit ein und warf ihm, während sie ihr Gesicht mit dem Taschentuch bedeckte, um ungestörter zu lachen, bedeutungsvolle Seitenblicke zu. Das Ehepaar St. Godibert hielt es unter seiner Würde zu lachen; aber ihr Sohn machte es wie sein Vetter, und der parfümirte Herr beugte sich zu seiner Dame hinüber, und fragte mit erzwungenem Lachen: »Was gibt es denn so Komisches, meine liebe Irma? ... ich habe es nicht recht verstanden.«

Das junge Frauenzimmer zuckte flüchtig mit den Achseln und antwortete: »Ach, mein Gott, was soll ich Ihnen sagen, wenn Sie nicht sehen, was Jedem in die Augen springt?« – Ah! gut! ... ah! ja ... Ah! jetzt weiß ich es!« rief der junge Mann aus, der eben so pfiffig scheinen wollte wie die Andern, aber so wenig wußte wie vorher.

Der alte Herr mit den Diamanten war der Einzige, der während dieser allgemeinen Heiterkeit fluchte, stöhnte und Grimassen schnitt. Was Den betrifft, welcher die Veranlassung dazu gegeben, so war er weit entfernt, sich für den Gegenstand des Gelächters zu halten, er sah zu beiden Wagenfenstern hinaus und fragte: »Was hat man gesehen? ... Ich habe nichts gesehen ... es geht so schnell ... Bichat hat mir geschrieben: »›Du mußt mir erzählen, was Du unterwegs sehen wirst ...‹« Aber der Teufel! man kann gar nichts sehen, denn man fliegt wie ein Vogel.«

Friedrich, der den Mann mit dem Merinohute von oben bis unten gemustert hatte, sagte halblaut: »Es paßt aber Alles zu der Kopfbedeckung: der kleine Kragen, die Beinkleider, kurz, der ganze Anzug! ... O, ich muß durchaus erfahren, wer dieser Herr ist!«

Nach einer Weile beugte sich Herr Friedrich gegen den Nachbar seines Freundes Richard vor und sagte zu ihm: »Sie haben vielleicht nicht bemerkt, mein Herr, daß Ihnen unterwegs ein Unfall begegnet ist und Sie Etwas verloren haben?« – Ich?« entgegnet der Reisende, »ich sollte Etwas verloren haben? ... jedenfalls weder meine Uhr noch mein Sacktuch, denn ich trage nie eines von beiden bei mir!«

Man sieht sich gegenseitig an, und Herr Richard rückt von seinem Nachbar weg, indem er vor sich hin murmelt: »Er trägt kein Sacktuch bei sich ... wie macht er es denn, wenn er niesen muß? ... Das ist ja entsetzlich!« – Mein Herr,« versetzte Friedrich mit großer Kaltblütigkeit, »ich wollte von keinem dieser beiden Gegenstände sprechen. Ihre entschiedene Geringschätzung der Uhren und Sacktücher war mir überdies unbekannt. – »Es fällt mir nicht ein, sie zu verachten,« entgegnete der Reisende lächelnd; »aber die Uhren sind für meinen Beutel zu theuer, und was die Sacktücher betrifft, so bediene ich mich derselben sehr selten ... man kann sich ja mit Vater Adams Gabel helfen ... ha, ha!«

Herr Richard rückte noch näher zu Friedrich hin. Madame St. Godibert murmelte zwischen den Zähnen: »Wie kommt es, daß ein solcher Kerl nicht in den Stehwägen sitzt?«

Der wohlduftende Herr zog mit Affektation sein von Patchouli durchduftetes Taschentuch heraus und schneuzte sich mehrere Male, wahrscheinlich um zu beweisen, daß er nicht denselben Grundsätzen huldige, wie der schlecht gekleidete Mann.

Herr St. Gobibert sagte, den Kopf schüttelnd, mit anmaßender Miene: »Ich bedaure, daß mein Bruder, der Gelehrte, nicht bei uns ist! ... Er macht gerne seine Beobachtungen, und hat eine Freude an Dingen, die Andern ... Mondigo ist eben verteufelt gescheit! ...« – Was man ihm jedoch nicht ansieht,« murmelte Richard.

Friedrich wendete sich auf's Neue an den Mann in der Ecke: »Mein Herr, der Verlust, den Sie erlitten haben, ist nicht sehr beträchtlich, doch muß er Sie geniren ... es fehlt Ihnen am rechten Fuße eine Strippe.«

Der Mann mit dem Kosakengesicht schlug auf seinen rechten Schenkel und erwiderte lachend: »Aha, mein Steg! ... der fehlt mir auf dieser Seite schon seit sechs Monaten ... ich wollte immer wieder einen annähen lassen, aber sie verlangen so viel für das Riemchen Leder, deßhalb dachte ich: bah! du trägst die Hose vollends so ab.« – Ich meine,« murmelte Richard sehr ernsthaft, »die Beinkleider seien dieser Ausgabe schon noch werth.

– »Glauben Sie? Hm! sie sind doch allmählig sehr mürbe ... indessen müssen sie schon noch herhalten, denn ich habe keine anderen!« – Jetzt liefert uns doch die Garderobe dieses Herrn Stoff zur Unterhaltung,« sagte Friedrich leise. – »Ich fürchte, er verabscheut die Hemden eben so sehr, wie die Sacktücher!« entgegnete Richard seinem Freunde.

»O weh! ...o weh! ... Ach! der Kuckuk! ach! der Schuft!« – Was gibt es?« fragte Madame St. Godibert, »ist Etwas an der Maschine geschehen? – »Nein, meine liebe Tante, beruhigen Sie sich; Sie sehen wohl, daß wir immer zufahren, der Herr ... der alte Herr in jener Ecke dort scheint Schmerzen auszustehen. – »Es ist wahr,« sagte Herr St. Godibert achtungsvoll, nach dem Herrn mit den Diamanten hinblickend, »der Herr scheint zu leiden, und auf der Reise ist das Kranksein eine doppelte Last.« – Unser Wagen stößt übrigens nicht,« flüsterte der parfümirte Herr, »man könnte Domino darin spielen.«

Und da der Herr über seine eben geäußerten Worte entzückt war, sah er Jedermann lächelnd an, und bemerkte nicht, daß die rechte Hand seiner Reisegefährtin und die linke des großen jungen schwarzhaarigen Mannes verschwunden waren, wahrscheinlich, um sich an einem vor neugierigen Blicken geschützten Orte zu begegnen.

»Zum Glück,« fuhr Herr St. Godibert fort, »sind wir auf dieser Seite nur zu Vier, weßhalb uns mehr Raum vergönnt ist ... Es freut mich für den alten leidenden Herrn, der sehr nobel aussieht.« – An was sehen Sie das, lieber Onkel?« entgegnete Friedrich leise; »vielleicht an den Lederkissen, die er unter seinem Hintern hat?«

Herr St. Godibert runzelte die Stirne und brummte: »Sie sind immer derselbe, lieber Neffe! ... immer spöttisch, leichtsinnig und unbesonnen in Ihren Worten!« – Ja,« fügte die große Dame mit zorniger Miene bei, »und Sie vergessen die Achtung, welche Sie Verwandten schuldig sind, die Sie auf ihre Kosten haben erziehen lassen wie einen eigenen Sohn! ... so wird man meistens für seine Wohlthaten belohnt! – »Aber, meine theure Tante, wie können Sie sich wegen eines Scherzes erzürnen? ... Komm', Julian, leg' ein gutes Wort für mich ein ... sag' Deiner Mutter, daß ich nicht undankbar bin, denn ich lobe überall die Freigebigkeit, die Wohlthätigkeit und Seelengröße meiner werthen Verwandten.« – Meine Mutter ist nicht ernstlich ungehalten über Dich,« entgegnete der junge Julian, indem er sich beeilte, seinen Vetter zu unterbrechen, der, während er die preiswürdigen Eigenschaften seines Onkels und seiner Tante aufzählte, sie dabei auch nur zu verhöhnen schien.

Die Reise wurde eine Zeit lang schweigend fortgesetzt; allein Herr Friedrich und seine Nachbarin schienen sich, ohne mit einander zu sprechen, sehr gut zu verstehen.

Bald jedoch wandte sich der große junge Mann, der kein Freund vom Schweigen war, abermals an den Kosakenkopf mit den Worten: »Mein Herr, Sie werden mich für sehr neugierig halten, und meine Frage wird Ihnen vielleicht unbescheiden vorkommen, aber ich kann nicht umhin, sie an Sie zu stellen: Sie haben einen Hut auf, der meine Bewunderung erweckt, ich habe noch nirgends einen ähnlichen gesehen; würden Sie mir vielleicht gefälligst sagen, wo man solche Hüte bekommen kann?« – Meinen Hut? ... Ah! den habe ich selbst gemacht aus einem Stück Merino, welches mir von einer Robe meiner Seligen übrig geblieben war, aus welcher ich bereits zwei Westen gemacht hatte. – »Sie haben zwei Westen aus Ihrer Seligen gemacht?« – Ja, mein Herr, das heißt aus ihrer Robe. Ich habe selbst meinen alten Filzhut damit überzogen. – »Ah! die Form ist sehr gefällig ... ich gäbe etwas, wenn ich einen ähnlichen hätte und würde ihn einem Gibus bei weitem vorziehen! ... Sie sind sicher ein Hutmacher, mein Herr, sonst wäre Ihnen die Arbeit nicht so gut gelungen.« – Doch nicht, mein Herr! ich bin ein Knopfmacher. –»Knopfmacher ... was ist das für ein Metier?« – Ich mache Hornknöpfe. – »Ah! Sie machen Knöpfe ... ganz gut ... Es scheint übrigens, daß Sie nicht für sich selbst arbeiten, denn es fehlen mehrere an Ihrem Ueberrock.« – Hm! Sie kennen ja das Sprüchwort: »›Die Schuhmacher haben die schlechtesten Stiefeln.‹« Mein Gewerbe ist aber auch ein miserables ... es ginge noch an, wenn ich zugleich die Oehren machen dürfte, dann würde ich mehr verdienen. – »Ah, Sie machen Knöpfe ohne Oehren?« – Ich habe schon Allerlei versucht ... Ich war lange Zeit Hosenstricker, Zollschreiber, Umgelder ... und manches Andere! ... ich habe es mit Vielem probirt, habe aber kein Glück. – »Sie haben eben Ihre rechte Bestimmung verfehlt. Ich versichere Sie, mein Herr, Sie hätten Hutmacher werden sollen.« – In der That? wahrhaftig, ich gehe nach Paris, ohne recht zu wissen warum; allein Bichat hat mir geschrieben: »›Komm schnell, ich habe Dir etwas Gutes vorzuschlagen ... setze Dich auf die Eisenbahn, ich bezahle Deine Reise ... ‹« nun können Sie sich denken, daß ich unverzüglich abgereist bin. – »Bichat ist ein Anverwandter von Ihnen?« – Er ist mein Freund, mein Gevatter ... Als meine Selige gestorben war, fand ich sechs Paar Strümpfe in ihrem Kasten, die ich Bichat zum Präsent machte. – »Ah! Ihre selige Frau Gemahlin trug Strümpfe? Ei, da haben Sie ja eine Menge Sachen aus ihrem Nachlasse verwenden können ... ihre Strümpfe werden übrigens ohne Zweifel nicht groß genug für Sie gewesen sein und Ihr Freund Bichat wird wohl einen kleinen Fuß haben.« – Der Teufel auch! Meine Selige war zweimal so dick wie Madame da ... nun können Sie sich einen Begriff von ihrem Umfang machen.«

Damit deutete der schmutzige Reisende auf Madame St. Godibert, welche mit zorniger Miene das Gesicht abwendete und vor sich hinbrummte: »Ich begreife nicht, was mein Neffe für ein Vergnügen daran findet, mit diesem Menschen zu sprechen!«

Aber während der vorangegangenen Unterhaltung hatten die hübsche Brünette und Friedrichs junge Nachbarn bisweilen gelacht, ein Beweis, daß sie die Ansicht der Frau St. Godibert nicht theilten. Und der große junge schwarzhaarige Mann, welcher sich sehr wenig um den Aerger seines Oheims und seiner Tante zu bekümmern schien, setzte sein Gespräch mit dem Knopfmacher fort.

»Nach dem, was Sie gesagt haben, vermuthe ich, daß Ihre Frau Gemahlin sehr schön war.« – O! eine Tonne ... ein Thurm! ... Ich habe diesen kleinen Kragen aus einem ihrer Spencer gemacht, die Strümpfe habe ich Bichat geschenkt, weil ich nie welche trage.«

Herr Richard machte abermals eine Bewegung, sich noch weiter von dem Knopfmacher zu entfernen, die hübsche Brünette verging fast vor Lachen in ihrem Taschentuch und Friedrich fuhr fort: »Ah! Sie tragen keine Strümpfe ... Sie sind vielleicht an Socken gewöhnt?« – Nein, mein Herr, ich trage gar nichts! ... Wozu braucht man all den Quark in seinen Stiefeln? – »Sie machen es wie die Schotten, die mit nackten Beinen gehen.« – Und außerdem kostet alles das Geld. Ach, wenn man nicht zu mir gesagt hätte, es gebe keinen Platz mehr in den Stehwagen, so können Sie sich denken, daß ich nicht hier hereingesessen wäre ... es ist aber vielleicht nur ein Schlich der Beamten, damit man theurere Plätze nehme. – »Das ist sehr strafbar von der Verwaltung!« sagte Herr St. Godibert, seine kleine Nase hinaufziehend; »sie setzt reiche Leute in die unangenehme Lage, mit ... kurz, ich werde mich auch beklagen!« – Ei, mein Gott, lieber Onkel, was wollen Sie machen? ... in den Omnibus geht es ebenso zu, und ...«

In diesem Augenblick wird das Gespräch durch einen ziemlich starken Stoß des Wagens unterbrochen, und gleich darauf hält der Zug.

Schrecken malt sich auf den meisten Gesichtern. Frau St. Godibert und ihr Gatte stoßen ein fürchterliches Geschrei aus; das hübsche Frauenzimmer erblaßt und fängt an zu zittern, und ihr Begleiter ruft aus: »Der Zug ist auf etwas gestoßen, wir sind Alle des Todes!«

Der alte Herr stöhnt und bewegt sich auf seinen Lederkissen, als ob er sich erheben wolle. Friedrich bemüht sich, seine Nachbarin zu beruhigen und geht in seinen Beruhigungsversuchen so weit, daß er seinen Arm von hinten um ihre Taille schlingt; aber der Reisegefährte dieser Dame ist zu sehr von Schrecken ergriffen, als daß er es bemerkte. Während dieser Zeit hat der Knopfmacher seinen Kopf zum Wagenfenster hinausgestreckt, zieht ihn dann wieder zurück und sagt: »Es hat nichts zu bedeuten! ... es hat ein kleiner Erdrutsch stattgefunden, den man nicht mehr signalisiren konnte ... nun ist aber der Weg wieder frei und wir werden wieder so gut fahren wie vorher.«

In der That setzte der Zug nach wenigen Minuten seinen Weg wieder fort, wo dann die Heiterkeit wieder auf die Gesichter zurückkehrte.

»Das ist mir eins,« sagte Her« St. Godibert, »wenn das in einem Tonnelle ... Turnell ... kurz, in einem unterirdischen Gange vorgefallen wäre, so würde es sehr schrecklich und vielleicht höchst gefährlich gewesen sein.« – Es bleibt dabei, ich gehe nicht nach Rouen,« rief Madame St. Godibert aus.

»Aber, liebe Tante, es kann nichts geschehen und Sie werden leicht einsehen, daß in einem Tunnel auch kein Erdrutsch zu befürchten ist, da rings herum Alles aufgemauert ist.« – Das ist ganz gleich, lieber Neffe, ich gehe nicht bälder nach Rouen, als bis die unterirdischen Gänge unter freiem Himmel sind.«

Kurze Zeit darauf ließ sich ein höchst unausstehlicher Geruch im Wagen verspüren, der Jedem der Reisenden in die Nase stieg; in der Nähe des alten Herrn mit den Lederkissen schien er aber am durchdringendsten.

»Ach, mein Gott! was ist das?« rief die große Dame aus; »Friedrich, machen Sie die Wagenfenster auf! ... Ach! wie abscheulich! ... Himmlischer Vater, was geht in diesem Wagen vor?« – Das ist wahrscheinlich eine Folge des Schreckens,« entgegnete Friedrich lachend.

»Thatsache ist, daß es ausgezeichnet stinkt!« sagte der Knopfmacher.

»Ich gäbe hundert Sous für ein Prise Tabak!« meinte Herr St. Godibert.

Der alte Herr sagte allein nichts und schien gegen den übeln Geruch sehr gleichgültig; er sah sogar zufriedener aus und stöhnte weit weniger als vorher.

Der frisirte Herr hatte eine Tabaksdose aus seiner Tasche gezogen, machte sie eiligst auf und präsentirte sie der Gesellschaft mit den Worten: »Hier ist Tabak! Ich schnupfe wenig, aber auf der Reise kommt er Einem oft sehr zu Statten, wie z. B. im gegenwärtigen Augenblicke.«

Herr St. Godibert, seine Frau und die drei jungen Leute griffen hastig in die ihnen dargebotene Dose. Der Knopfmacher wollte dasselbe thun; er beugte bereits seinen Körper vor und streckte die Hand aus, um eine Prise zu nehmen, als ihn der junge pockennarbige Herr zurückhielt und seine Hand heftig wegstieß: »O! nein, mein Herr, nein, wenn Sie erlauben!« schreit er, »Sie dürfen nicht schnupfen ... Ihnen ist es verboten!« – Und warum denn?« fragt der Mann mit dem faltigen Hute, seinen Nachbar erstaunt anblickend. »Da dieser Herr Jedermann seine Dose anbietet, warum soll ich nicht auch eine Prise bekommen! – »Wie? warum? Weil Sie kein Sacktuch bei sich führen, mein Herr. Sie haben selbst zu uns gesagt, Sie bedienen sich nie eines solchen, und wenn man kein Sacktuch trägt, schnupft man auch nicht, weil Einen das zum Niesen und zu einer Masse Dinge nöthigt, die sehr unangenehm für Ihre Nachbarn wären.« – Was leiern Sie mir da vor? ... Ich niese, wenn ich mag ... das geht Sie nichts an! – »Im Gegentheil, in Anbetracht meiner unmittelbaren Nähe sehr viel.« – Und ich sage Ihnen, ich nehme eine Prise und Sie sollen mich nicht daran hindern ... – »Und ich sage Ihnen, Sie nehmen keine!«

Der Streit schien größere Dimensionen annehmen zu wollen. Der frisirte Herr hielt noch immer seine Dose offen in der Hand und schien nicht recht zu wissen, was er thun sollte; da ersann seine hübsche Begleiterin plötzlich ein Mittel, dem Wortwechsel ein Ende zu machen; mit einer Wendung ihrer Hand warf sie die Dose sammt Inhalt auf den Boden.

»Jetzt ist der Streit entschieden!« rief Friedrich aus.

»Ach, Irma!« klagte der parfümirte Herr, indem er sich bückte, um seine Dose aufzuheben, »Sie bringen mich da um einen köstlichen Tabak; es ist ächter Robillard.« – Ich that es absichtlich,« sagte die hübsche Brünnette leise, gegen Friedrich gekehrt, und dieser benützte das Herumtappen ihres Begleiters auf dem Boden, um zu erwidern: »Man kann unmöglich geistreicher und verführerischer sein ... erlauben Sie mir nicht, Sie wiederzusehen? Sie gehören zu den Personen, deren Begegnung ein Glück ist ... wenn ich Sie aber nicht wiedersehen dürfte, würde ich ewig unglücklich sein!« – Wirklich? – »Sonderbar, ich finde sie nicht!« murmelte der frisirte Herr, der beinahe auf allen Vieren in dem Wagen herumkroch. »Entschuldigen Sie, meine Herren, wollen Sie nicht Ihre Füße ein wenig zurückziehen?« – Er wird sie nicht bälder finden, als ich will!« sagte Fräulein Irma, indem sie Friedrich zulächelte; »ich habe meinen Fuß darauf gestellt. – »O! antworten Sie mir, um Gottes willen ... wo kann ich Sie in Paris wiedersehen ... darf ich Sie besuchen?« – Das ist unmöglich ... ich wohne mit ihm zusammen! ... – »Irma, liebe Freundin, thue ein bischen Deinen Fuß weg, damit ich unter Deinem Rocke suche.« – Es ist überflüssig, mein Herr, sie ist nicht da hinunter gekommen. – »So geben Sie mir ein Stelldichein ... Ach, ich beschwöre Sie, schlagen Sie mir es nicht ab.« – Nun gut ... so kommen Sie morgen Mittag um zwölf Uhr in die Cité Bergère! – »Morgen Mittag um zwölf Uhr! ... O, Sie sind göttlich!« – Ah! da ist sie! da rollt sie! ... ich habe sie gefunden!« Damit kam der Kopf des Herrn wieder in die Höhe, er setzte sich wieder auf seinen Platz und rief aus: »Ich habe meine Dose wieder! Aber zum Kuckuk! ... es ist keine einzige Prise mehr darin.« – Nun, lieber Freund, seien Sie jetzt ein wenig ruhig! – »Ja, theure Irma!« –Und während alles Dies vorging, hatte sich der Knopfmacher mit sehr mißmuthiger Miene in seine Ecke zurückgezogen und brummte: »Ach, das ist sehr ärgerlich, daß der Tabak hinuntergefallen ist! Denn sonst hätte man gesehen ... Mich zu hindern, eine Prise zu nehmen ... das ist unverschämt! ... Was geht das ihn an, daß ich kein Sacktuch habe? Haben wir keine Freiheit mehr ... verlangt die Charte, daß jeder Franzose ein Sacktuch in der Tasche haben soll? Das genirt Einen nur! ... Der Herr da hat die seinigen vielleicht noch nicht einmal bezahlt.«

Der Zug hält; man ist auf der Station Corbeil angekommen. Gleich darauf wird der Schlag aufgemacht und ein junges Mädchen erscheint auf dem Fußtritt; sie blickt schüchtern rechts und links in den Wagen hinein und sagt: »Ich sehe aber hier keinen Platz!«

Einer der Beamten kommt und schiebt die Jungfrau in das Innere des Wagens mit den Worten: »Entschuldigen Sie Fräulein! Sehen Sie, auf dieser Seite sitzen nur Vier; es ist ein Platz frei, denn es gehören fünf dorthin. Sie werden sich selbst überzeugen.«

Der junge Julian ist zu seinem Vater hingerückt, aber der alte Herr bleibt unbeweglich auf seinen Lederkissen sitzen und scheint es darauf ankommen zu lassen, ob man es wagen würde, ihn zum Rücken zu nöthigen. Rosa-Maria muß sich also mit dem schmalen Raume begnügen, den ihr der junge Mann einräumt, denn die Neuangekommene ist Hieronymus' Tochter, welche eben mit dem Fontainebleauer Wagen angelangt war und sich eilig auf die Eisenbahn begeben hatte, um mit dem ersten Zuge nach Paris zu fahren.

Die Ankunft einer neuen Person verursacht in einem öffentlichen Wagen immer eine Bewegung der Neugierde. Ist die Person, die mit uns fährt, ein junges hübsches Frauenzimmer, dann dauert die Neugierde noch länger; bei den Einen stellt sie sich als Theilnahme, bei den Andern als Wohlwollen oder Neid dar. Die Erscheinung Rosa-Maria's mußte nothwendig in einem engen Raume, wo die Männer die Mehrzahl bildeten, Sensation erregen. Das junge Mädchen war zu hübsch, um unbeachtet zu bleiben, und dann nahm ihre bescheidene, züchtige und anständige Miene vollends zu ihren Gunsten ein; denn eine solche Miene gefällt immer, und selbst Diejenigen, die sie nicht mehr haben, können nicht umhin, ihr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.

Der junge St. Godibert hatte, obgleich er immer nur seitwärts schielte, doch mit einem Blicke gesehen, welche reizende Nachbarin ihm der Zufall zugesandt hatte, und während er dichter zu seinem Vater hinrückte, damit sie mehr Platz bekäme, war es ihm doch nicht unangenehm, von ihr gestreift und berührt zu werden.

Herr Richard warf glühende Blicke auf das junge Mädchen; er wollte es ohne Zweifel blenden, bezweckte jedoch nur, daß es die Augen niederschlug.

Friedrich, obgleich sehr mit seiner Nachbarin beschäftigt, konnte seine Bewunderung für Rosa-Maria nicht bergen, und er blickte weit nicht mehr so oft links; der parfümirte Herr murmelte vor sich hin: »Das ist ein sehr hübsches Frauenzimmer!«

Herr St. Godibert nickte übereinstimmend mit dem Kopfe; selbst der Herr ohne Strümpfe und Sacktücher rollte, wenn er die Jungfrau anblickte, seine Augen, als ob er ihnen Glanz verleihen wolle, und bemühte sich, den kleinen Kragen auf seinen Schultern in Ordnung zu bringen.

Was die Frauenzimmer betrifft, so sehen sie nicht gern eine Person ankommen, die ihnen die Palme der Schönheit streitig machen oder entreißen kann. Die dicke Dame mit dem Beduinengesichte hätte keine Ansprüche mehr machen sollen; aber man urtheilt so selten unparteiisch über sich. Frau St. Godibert, welche sich für eine sehr schöne Frau hielt, maß die Jungfrau von Kopf bis zu Fuße und richtete sich auf, mit einer Miene, welche sagen sollte: »Das hält keinen Vergleich mit mir aus!«

Es bestand auch in der That nicht die mindeste Ähnlichkeit zwischen Beiden.

Die reizende Irma gab zuerst ihrem Begleiter einen tüchtigen Tritt, um ihm die Lust zu benehmen, sich laut über die mitreisenden Damen zu äußern; dann warf sie einen ärgerlichen Blick auf das junge Mädchen und zuletzt einen auf Friedrich, und so oft der junge Mann nach Rosa-Maria hinsah, versetzte sie ihm einen Ellbogenstoß in die Rippen.

Diejenige, welche diese Bewegung veranlaßte und der Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit war, hatte keine Ahnung davon. Eingeschlossen mit so vielen Leuten, und besonders mit Personen, welche ihrer Ansicht nach den höheren Ständen angehörten, war sie ganz eingeschüchtert; sie wagte es nicht, ihre Blicke zu erheben, sondern saß regungslos auf ihrem Platze, von dem sie so wenig als möglich in Anspruch zu nehmen suchte, um ihre Nachbarn nicht zu geniren, wenn gleich Julian mit honigsüßer Stimme öfters zu ihr sagte: »Rücken Sie doch näher, Fräulein, fürchten Sie sich nicht ... ich habe noch Platz genug.«

Endlich wendete der alte Herr, als er bemerkte, mit welcher Rücksicht die Jungfrau sich von ihm entfernt zu halten suchte, den Kopf nach ihr und murmelte, ohne diesmal ein Gesicht zu schneiden, zwischen den Zähnen: »Ach! der Teufel! ... ach, wenn es mir nicht so schlecht wäre, würde ich Ihnen Platz machen. Ach, potz Sapperment! in früheren Jahren hätte ich Sie auf den Schooß genommen!« – Die Kleine, die eben eingestiegen, ist verflucht hübsch!« flüsterte Herr Richard in das Ohr seines Freundes Friedrich; »das ist etwas Anderes als die zu Deiner Linken. – »Ja,« erwiderte der große junge Mann leise, »das Mädchen ist zum Entzücken; meine Nachbarin zur Linken ist aber deßhalb doch sehr artig und anziehend.« – Anziehend? nein ausziehend, derer gehen Hundert auf eine Einzige wie diese. Deinem Vetter Julian ist es nicht leid, sie neben sich zu haben. – »Julian? ... O, was wird der an Frauenzimmer denken! ... er fürchtet sich zu sehr vor seinem Vater und seiner Mutter!« – Das glaubst Du, weil er eine so scheinheilige Miene annimmt; aber das ist ein Duckmäuser, der seine Streiche im Stillen ausführt. – »O! wahrhaftig! wenn der Streiche machte, müßte ich mich sehr wundern.« – Du hast mit Deiner Nachbarin zur Linken zu thun; Julian darf nicht von seinen Eltern weg; aber ich, der ich so frei wie der Vogel in der Luft bin, werde mich bestreben, die Bekanntschaft dieses kleinen Schatzes zu machen. – »Wirklich? ... Ach, Richard, Du bist ein Bösewicht! Wahr ist es, das junge Mädchen ist sehr schön ... welche Augen ... welche reizende Augbrauen ... und die Umrisse ihres Gesichts sind wunderl ...«

Ein kräftiger Stoß mit dem Ellbogen unterbrach Friedrich in seinen Ergießungen über Rosa-Maria's Reize, er biß sich lächelnd in die Lippen und wendete seine Blicke pflichtschuldigst wieder auf Fräulein Irma.

Mit einem Male beugte sich der Mann im Merinohut zu Rosa-Maria herüber und rief ihr zu: »Mamselle, ich meine, Sie sitzen dort nicht gut; es sind so viele dicke Personen auf Ihrer Bank. Nehmen Sie meinen Platz hier in der Ecke, dann werden Sie besser daran sein; mir ist es gleichgültig, wo ich sitze ... mir ist es überall recht.«

Damit erhob sich der Knopfmacher bereits, um den Platz zu wechseln; aber die Jungfrau entgegnete ihm mit einem holden Lächeln: »Ich danke Ihnen, mein Herr, ich will Niemand stören, außerdem sitze ich ganz gut.« – Es stört mich aber nicht ... nehmen Sie doch meinen Platz ... machen Sie keine Umstände. – »Sie sind zu gütig, mein Herr, aber gewiß, ich bin ganz zufrieden ... ich danke Ihnen.«

Der Knopfmacher ließ sich wieder in seine Ecke nieder und sagte: »Wie Sie wünschen! ... Ich habe Ihnen aber das Anerbieten mit dem besten Willen gemacht; denn um höflich zu sein, braucht man kein Sacktuch in der Tasche zu haben!«

Diese Worte waren mit einem zornigen Blicke auf Herrn Richard begleitet, der bloß darüber lachte und ganz leise erwiderte: »Wo mag sich die Galanterie noch hin verirren!«

Von nun an wurde die Reise ziemlich schweigsam zurückgelegt. Seit der Ankunft der zehnten Person hatte sich die innere Physiognomie des Wagens verändert. Die Frauenzimmer waren mißlaunig geworden, die Männer schienen in Gedanken; selbst des glänzenden Friedrichs Beredsamkeit war verstummt, so in Anspruch war er genommen von der Bewunderung seines vis-à-vis und dem Bestreben, gleichzeitig auch liebenswürdig gegen seine Nachbarin zu sein.

Und da es auf der Eisenbahn sehr schnell geht, selbst wenn man nichts spricht, so gewahrten die Reisenden bald mit Erstaunen, daß der Wagen stille stand; sie waren am Ziele angekommen und befanden sich in dem Bahnhof auf den neuen Boulevards beim botanischen Garten.

»Schau', schau'!« rief der Knopfmacher, nach dem Schlage eilend, aus: »Ei, das geht schnell! Diese Gerechtigkeit muß man den Eisenbahnen widerfahren lassen ... und man wird gar nicht gerüttelt ... Sieh, da ist der naturgeschichtliche Garten ... ehe ich Bichat aufsuche, will ich ein bischen hineingehen und mich mit den Bären unterhalten.«

Die Familie St. Godibert war in einen Fiaker gestiegen. Der junge Julian kehrte sich noch ein paar Mal um, um nach dem hübschen Mädchen zu sehen, welches neben ihm gesessen hatte, aber Vater und Mutter riefen ihm und so stieg er ebenfalls, höchst ärgerlich, nicht sein eigener Herr zu sein, in den Wagen.

Was Friedrich anbetrifft, so hatte sich dieser bereits von seinem Onkel und seiner Tante verabschiedet und folgte, nachdem er Rosa-Maria lächelnd angeblickt und seinem Freunde zum Zeichen des Einverständnisses zugewinkt hatte, den Schritten des frisirten Herrn, welcher sich, der reizenden Irma den Arm reichend, über die Austerlitz-Brücke entfernte; und diese wendete, während sie ihren Rock etwas in die Höhe hob, um ein schön geformtes Bein zu zeigen, oft ihren Kopf um, um sich zu überzeugen, daß ihr Friedrich folge, wobei sie ihm Blicke zuwarf, in denen deutlich zu lesen war: »Wenn Sie nicht mir nachgehen und bei dem jungen Mädchen bleiben, welches mit uns auf der Eisenbahn war, so werden Sie mich morgen vergeblich in der Cité Bergère erwarten!«

Hieraus ersehet ihr, daß die Damen mit ihren Augen noch schneller sind als die Geschwindschreiber mit ihren Zeichen. So gewandt und erfahren die Letzteren auch sein mögen, glaube ich doch nicht, daß sie im Stande wären, der Sprache gewisser Augen in gewissen Momenten zu folgen.


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