Paul Klee
Gedichte
Paul Klee

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[1908]

    Ich versuch's nun einmal
ohne Spekulation,
ohne geistvolles Eigenleben.
Klein versuch ich's,
herabgestimmt,
etwas bürgerlich.
Das Viertel Schweizer in mir versucht's.

Gehe lernbegierig zur Schule,
bei Lehrer Meier-Gräfe
oder bei Lehrer Karl Scheffler
zu erfahren,
wie ich es machen muß,
um ein guter Künstler zu werden.

Hab' ich doch schon am Progymnasium
hingebungsvoll nach der Natur gezeichnet.
So frei von Persönlichkeit
braucht es ja nicht mehr abzugehn,
aber frei von allzu vieler Beschäftigung
mit der Persönlichkeit
– der Lehrer hebt den Zeigefinger –,
darauf kommt's stirngerunzelt an!
Persönlichkeit hat man eh
in meinem Alter,
bin doch jetzt in arte
ein höherer Jüngling!

Wenn die Natur nun selber
keiner Persönlichkeit gehorcht,
keinem zentralen Willen,
sondern alles an ihr Gewöhnung,
Gelegenheit und Anpassung ist,
dann desto besser.

Wenn es aber einen Gott gibt?
    –Bscht!! –

Der Herr Lehrer meint:
«Was kümmert dich das Wesen Gottes,
sieh dir eins seiner Blumenbeete an,
das genügt.»

«Ich will ja brav sein, Herr Lehrer!»

«Außerdem ist es dir gesund,
du lebst und webst im Freien,
da gibt's keines Gedankens Blässe!
Du bist unter Bienen und Schmetterlingen
eine kleine ameisige Emse.»

«Herr Lehrer, darf ich daneben
auch etwas Mu-Mu-Musik machen??»

«Vielseitige Künste?
Ja! sollste, darfste!
Vielseitige Künste sind gut,
wenn se nur nicht
zu's Jesamtkunstwerke führen.»

 


 


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