Egon Erwin Kisch
Soldat im Prager Korps
Egon Erwin Kisch

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Bemerkung

Die vier Monate des Kriegsjahres schließen hier ab, der österreichisch-serbische Feldzug von 1914 ist beendet und ich will die Übertragung an dieser Stelle unterbrechen.

Die nächsten Wochen brachten Feldwachdienst und Flußsicherung an Donau, Save und Drina, Retablierung der Truppen und ihre Ergänzung durch Marschbataillone, die Absetzung Potioreks, die Demission unseres Armeekommandanten Liborius Frank und unseres Divisionärs Daniel, Inspizierung durch den neuen Oberkommandanten Erzherzog Eugen, Weihnachtsabend mit Liebesgaben, Silvester voll Befürchtungen, Fröste, Läuseplage, Infektionskrankheiten, dann Einwaggonierung auf den nördlichen Kriegsschauplatz, blutige Kämpfe im Lupkow-Mezölabor-Sattel der Karpaten, im Rahmen der II. Armee des Generals Böhm-Ermolli, des 19. Korps des Generals der Infanterie Trollmann, der 29. Infanterie-Truppen-Division des Generalmajors Zantantoni und der 58. Brigade des Generalmajors Polleschenski. Hier wieder Stürme, Verluste, ungeheuere Kälte, abgefrorene Füße, Abenteuer mit Selbstverstümmlern, Spionen und russischen Gefangenen und ununterbrochene Kämpfe. Speziell der 11. März sah unser Regiment in einer Schlacht, die ihm die größten Verluste dieses Krieges brachte, an 40 Offiziere und 700 Mann; mit vier Kameraden gelang es mir, bereits gefangen, zu entkommen.

Aus den weiteren Tagebüchern seien hier nur die Blätter dreier Märztage wiedergegeben, die eine jähe Wendung meines Schicksals, eine Ablösung aus der Front, eine Reise nach der Heimat betreffen. Mit meiner Verwundung lag ich fünf Monate, oft operiert, im Lazarett. Hauptmann David und drei andere der von der gleichen Granate getroffenen Kameraden waren – wie ich nachher erfuhr – am selben Tage der Verletzung erlegen.

Auch sonst sind fast ohne Ausnahme alle Namen, die in den Hunderten von Seiten meines Tagebuches verzeichnet sind, nunmehr die Namen von Toten. Feldwebel Švec, der mit mir auf der Paraschnitza Freud und Leid geteilt und mich nach meiner Verwundung mit Dr. Stransky auf den Wagen getragen hatte, ist am Tage nach meinem Abtransport von einer Granate getötet worden.

Und vierzehn Tage nach meiner Ankunft im Spital erhielt ich die schmerzvolle Botschaft aus dem Felde: Dr. Robert Stransky war bei einem Sturme gefallen. Er war mein Freund im Regimente vom ersten Tage des Krieges an.

 


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