Egon Erwin Kisch
Soldat im Prager Korps
Egon Erwin Kisch

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Einleitende Bemerkung

»Napiš to, Kischi!« »Schreib' das auf, Kisch!«

Wenn einer beim Ausheben der Deckung auf einen verdutzten Maulwurf stieß, so lachte er: »Schreib' das auf, Kisch.«

Zwei stritten halb im Scherz: »Wenn du noch mal mein Handtuch benützen wirst, so schmier' ich dir eine Watsche, daß man dir gleich das Legitimationsblatt abnehmen kann!« Und damit diese Warnung auch ordentlich gebucht sei, rief mir mindestens einer der Streitenden zu: »Napiš to, Kischi«.

Wenn ein Genosse gefallen war, den alle rühmten, dann sagten sie mir: »Er war ein feiner Bursch. Schreib das auf, Kisch.«

Hatte man Rum gefaßt, ging Einer auf die Latrine: »Napiš to, Kischi.«

So forderte man (ironisch und ernst) den Journalisten auf, der auch als Soldat stets die Blätter seines Notizbuches bekritzelte, und der Journalist bekritzelte immerfort die Blätter seines Notizbuches, weil man ihn (ironisch und ernst) aufforderte.

Und schließlich wurde das »Napiš to, Kischi«, ein geflügeltes Wort, angewendet, auch wenn ich nicht in der Nähe war.

Nicht in Schlagworten habe ich meine Eindrücke geschrieben, sondern genau in der gleichen Form, wie sie hier im Druck vorliegen. Meist mitten im Abenteuer, niemals aber später denn vierundzwanzig Stunden nach dem Erlebnis. Während die anderen wuschen, gruben, kochten oder schliefen. Als ich dann verwundet ins Hinterland kam und meine inzwischen aus dem Stenogramm der Notizbücher übertragenen Eindrücke durchsah, versuchte ich anfangs, hie und da einen Satz zu verändern, der mir unwichtig oder falsch erschien, manchmal ein Wort einzufügen, manchmal einen Gedanken fortzulassen. Aber immer wieder mußte ich diese Korrektur beseitigen, denn sie erwies sich im weiteren Verlaufe als unlogisch und unrichtig: was mir heute falsch erscheint, war damals richtig. Und ich mußte eben das Damals gelten lassen und änderte nichts mehr.

So wird freilich der Leser dieser Blätter des Öfteren erkennen, wie ich mich in Charakteristiken und in Voraussagungen im Felde häufig getäuscht habe. Wenn man über die Tage Buch führt, dann verzeichnet man nicht bloß die geglückten Spekulationen, und legt man es in Druck, so darf man sich nicht klüger machen, als man war. So ließ ich auch die Fehler und Wiederholungen stehen. Manche Tage waren eintönig. Und doch habe ich ihren Verlauf genau verzeichnet, denn dieses Buch sucht vor allem den gewöhnlichen Tag des gewöhnlichen Soldaten im Kriege zu erfassen.

Das Buch ist dem Soldaten des Prager Korps gewidmet: den Freunden, die man dort unten rasch gewann, und die man rasch verlor. Oft allzu rasch.

 


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