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I.
Kindheit und Jugend


Die fünf Waldstädte

Von den fünf Waldstädten will ich erzählen, in denen ich als Kind oft glücklich gewesen bin.

Wir waren ihrer drei: meine beiden Freunde Ludwig, Heinrich und ich. Als Ludwig in jungen Jahren starb, waren Heinrich und ich die fast unumschränkten Herrscher der fünf Waldstädte.

Da war in der Gegend zwischen Frankreich und Rußland ein Wald, der war so groß, daß ein lahmer Mann an die dreiviertel Stunden brauchte, ehe er um ihn herum war. In diesem Walde lagen die fünf Waldstädte: Ameisenfeld, Eichenhofen, Geistergrund, Heinrichsburg und die heilige Stadt. Alle fünf Städte waren von seltener Pracht und Herrlichkeit, und es gab Wunder über Wunder in ihnen zu sehen, obwohl gar keine großen steinerne Häuser in ihnen standen und unsere Städte nach Meinung unverständiger Menschen nur ›ganz gewöhnlicher Busch‹ waren. Wir aber wußten sicher, daß es Städte waren, und Heinrichs Mutter wußte es auch. An allen Frühlings- und Sommertagen, aber auch zur wilden Sturmzeit im Herbst reiste ich mit meinem Freunde durch das Gebiet der fünf Städte, und wenn einer etwas Neues entdeckte, dann war er glücklich, es unserer lieben Fee zu sagen. Das war Heinrichs schöne Mutter. Die ging oft mit uns durch die fünf Waldstädte, und was wir selbst nicht sahen und fanden, das sah sie und fand sie und zeigte es uns. Sie erzählte und sang Lieder vom heiligen deutschen Wald und machte ihn uns lieb und vertraut.

*

Da war also zunächst die Stadt

Ameisenfeld

Sie war 90 Quadratmeter groß und hatte nach der letzten Volkszählung 567 319 Einwohner. Deshalb zählte sich Ameisenfeld mit Recht zu den Großstädten. Die Bewohner von Ameisenfeld waren berühmt durch ihren Fleiß und ihre Betriebsamkeit. Sie beschäftigten sich damit, sich zu ernähren und Eier zu legen. In ihren freien Stunden prügelten sie sich. Ob dieser Eigenschaften galten die Ameisenfelder im ganzen Land nicht nur als sehr fleißig, sondern auch als sehr intelligent. Man erzählte sogar, daß ein großer Prophet unter ihnen erstanden sei, der folgende tiefsinnige Lehren aufgestellt hatte:

»Wenn dir ein Hölzlein zu schwer zu tragen ist, nimm dir jemand zu Hilfe!«

»Wenn dir eine Blattlaus süßen Saft gibt, dann beiße sie nicht tot!«

»Wenn dir jemand irgendwie nicht paßt, dann bespritze ihn mit einem ätzenden Saft, damit er schnell Reißaus nimmt!«

Das waren die Grundsätze, nach denen die Ameisenfelder fortan lebten.

 

Es geschah aber, daß eines Tages ein Igel durch das Stadttor von Ameisenfeld, das durch die Blätter einer großen Schwarzwurz gebildet wurde, einzog und Quartier begehrte. Der Bürgermeister der Stadt ließ sich schnell von seinen sieben Stadträten die Fühler abputzen und ging dem großen Gast entgegen. Als er ihn sah, knickte er vor lauter Ehrfurcht mit allen sechs Beinen vor ihm ein und sagte: »Hoher Herr! Dir unsere Gefühle ob deines Einzuges in unsere Stadt auch nur annähernd zu schildern, geht leider über meine Kraft. Was uns vor allem bewegt, ist tiefe Beschämung. Denn siehe, Ameisenfeld ist nur eine Fabrikstadt. Unsere Straßen sind bestreut mit dem Schutt der Arbeit. Anlagen haben wir keine, außer einer Distelplantage und einem kleinen Gundermann-Wäldchen. In deren Schatten würdest du dich nicht wohlfühlen. Und es fehlt uns leider auch an einem geeigneten Palast für dich.«

Der Igel zog die Stirn in Falten und sagte:

»Ich bin ein Forschungsreisender. Ehe ich nicht Ameisenfeld in- und auswendig kenne, kann ich nicht weiterziehen. Vor allen Dingen will ich hier einen wissenschaftlichen Vortrag halten.«

Der Bürgermeister legte über dieses Anerbieten eine gezwungene Freude an den Tag und ließ den Vortrag für abends sechs Uhr ansagen. Da kein Eintrittsgeld erhoben wurde, erschien die ganze Stadt. Der Igel hub nun an zu reden von den schweren Gefahren, die dem Ameisenvolke drohen. In Südamerika lebe ein Tier, das trotz seines schlichten Namens Myrmecophaga jubata doch eine scheußliche Bestie sei. Es habe einen spitzen Rüssel und eine ellenlange, mit Leim bedeckte Zunge. Den Rüssel und die Zunge stecke es nun in die Ameisenhäuser und fange und morde, was es nur erwischen könne. Wenn man dagegen ihn, den Igel, betrachte, müsse man einsehen, daß er weder eine spitze Schnauze noch eine klebrige Zunge habe.

Die Ameisenfelder hatten der Erzählung zitternd zugehört. Als der Igel geendet hatte, brachte der Bürgermeister ein Hoch auf ihn aus, wobei er sich auf den Rücken legte, damit er bei dem Hoch alle sechs Beine in die Höhe strecken konnte. Der Igel nickte befriedigt und sagte: Wenn sich die Ameisenfelder also über seine Ankunft so freuten, dann wolle er gern das Opfer bringen und etwas bei ihnen bleiben.

Darauf aber erhob sich ein kecker Ameisenjüngling, welcher sagte: »Was geht uns das Tier aus Südamerika an, wo doch unsere Waldstadt gar nicht in Südamerika liegt?«

Der Igel zog seine Stirnrunzeln bis zur Nase herab und rief:

»Habt ihr solchen Unverstand gehört? Kann sich nicht alle Tage ein Myrmecophaga jubata auf einem Schiff ohne Paß einschmuggeln und zu uns kommen? Sind nicht auf solche Weise alle ausländischen Tiere zu uns gekommen?«

Die Menge nickte Beifall, sah voll Mißbilligung auf den naseweisen Ameisling, und der Bürgermeister sagte:

»Er muß streng bestraft werden!«

»Das muß er!« nickte der Igel. »Und um mich euch gefällig zu erweisen, werde ich ihn hinrichten!«

Darauf fraß der Igel den Ameisenjüngling. Wie von ungefähr erwischte er auch noch dreißig Verwandte des Jünglings, die in dessen Nähe standen.

Darüber erschrak das Volk; der Bürgermeister aber zwinkerte ihm beruhigend zu: über so einen kleinen Fehlgriff eines großen Herrn dürfe man keinen Lärm machen.

So blieb der Igel in Ameisenfeld, bis sich das Volk allgemein um 90 Prozent vermindert hatte. Da endlich versammelte der Bürgermeister eines Nachts heimlich die wenigen überlebenden, und sie beschlossen, gemeinsam über den mörderischen Igel herzufallen und ihn zu töten.

Mit dem Heldenmut, der den Ameisenfeldern eigen und der im ganzen Land berühmt ist, zogen sie aus.

Sie fanden den Igel tot. Er hatte sich den Magen überfressen und war an Ameisensäurevergiftung gestorben.

Der Bürgermeister atmete auf, trat auf seine Leiche und hielt eine Rede:

»Bürger, da liegt unser Feind! Tot! Er hat unserer Macht nicht zu widerstehen vermocht. An der starken inneren Kraft der Ameisenfelder ist er zugrunde gegangen. Der Ruhm unserer Stadt ist und bleibt unsterblich!«

Das Volk trampelte mit allen sechs Beinen Beifall und winkte mit den Fühlern.

Darauf wurde ein großes Freudenfest gehalten. Alle Bürger zogen auf die grüne Alm, die in der Nähe von Ameisenfeld war. Dort wurde die große Fingerhutglocke geläutet. Dann wurden die Blattläuse gemolken. Alles Volk trank sich ein Räuschlein an, und schließlich sprach man mit einer gewissen Liebe und Achtung von dem Igel, dem allein dieses fröhliche Fest zu verdanken war.

Eichenhofen

Der große Baum, der Eichenhofen seinen Namen gab, war so schön und gewaltig, daß mein Freund Heinrich behauptete, das sei dieselbe Eiche, die Bonifatius einst bei den alten Hessen umgehauen habe. Ich glaubte dies eine Zeitlang, dann aber kam mir der Gedanke, unsere Eiche werde doch vielleicht nur der Sohn von jener berühmten Donarseiche sein.

»Nein«, sagte Heinrich, »Sohn ist viel zu jung; wenn sie es nicht selbst ist, dann ist sie ihr Vater!«

Dabei blieb es, und das war nun historisch.

Eine grimmige Feindschaft hegten wir gegen vier Waldarbeiter, die einst, um uns zu verspotten, sich die Hände reichten und einen gemütlichen Tanz um unsere Eiche ausführten, wo wir doch genau wußten, daß der Baum von sieben Männern nicht zu umspannen sei. Wir setzten uns über das höchst ärgerliche Vorkommnis nur dadurch hinweg, daß wir uns sagten, die Arbeiter seien betrunken gewesen und darum ›gelte‹ ihr Tanz nicht.

Eichenhofen war rings von Brombeer- und Himbeerhecken eingefaßt; auch viele wilde Rosen blühten an seinen Grenzen. Da dachten wir oft an Dornröschens Schloß, und jeder brach gern und kühn durch die Dornenhecke, zumal zur Spätsommerzeit, wenn die Beeren reiften.

 

Die ›Traumstadt‹ nannten wir Eichenhofen auch manchmal. Da gab es einen Moosplatz, auf dem die Käferlein stolzierten und eitel ihre funkelnden Röcke zeigten, eine Rosenstraße unter lauter lieblichen Heckenröslein, durch die sich das Volk der hastenden Bienen und der sammetröckigen, vornehmen Hummeln tummelte, eine Hirschstraße, die tief ins Dunkel des Waldes ging und auf der wir einmal zu seinem und unserem Schrecken dem König des Waldes begegneten.

In Eichenhofen ersann ich mein erstes Märlein, dort klangen die ersten Verse in meiner Seele. Ich erfand eine Geschichte von dem Brünnlein, dessen Wasser im Mondschein zu goldgelbem Wein wird, von dem die Gnomen ihr Schöpplein trinken, und wenn Heinrich und ich fortan aus dem Brünnlein tranken, sahen wir uns oft an und sagten: es schmeckt wirklich wie Wein. Ich konnte das um so eher sagen, als ich damals noch nie einen richtigen Tropfen Wein getrunken hatte. Einmal, als ich ein Gedicht gemacht hatte, das ich Heinrichs Mutter, unserer Fee, vorlas, küßte sie mich auf die Stirn, flocht einen Eichenkranz, setzte ihn mir auf den Kopf und sagte: »Gott segne dich!« Da war es wirklich, als ob ein tiefer Segensstrom von dem grünen Kranz aus durch meine Seele ränne; ich stand ganz still da und ging dann bald nach Hause. Dort hängte ich das Kränzlein über mein Bett, rund um das kleine Kreuz herum, das dort war, und wenn ich fortan mein Abendgebet sprach und den Kranz sah, betete ich immer einen Satz mit: »Lieber Gott, laß mich ein Dichter werden.« Ich sprach aber die Worte nie aus, ich dachte sie nur, ich schämte mich, sie zu sprechen.

Heinrich war mein treuer Freund. Er neidete mir meinen Kranz nicht; aber er sehnte sich danach, auch einen zu erhalten. Er bekam ihn erst, als er sich ihn verdient hatte. Ehrlich verdient! Er hatte ein kleines Mädchen mit Gefahr seines eigenen Lebens aus dem Wasser gezogen. Damals hatte die Fee wohl ihren glücklichsten Tag, als sie ihrem Jungen den Eichenkranz flocht. –

Sonst war es mit unserer Tapferkeit nicht übermäßig gut bestellt; ja, es gab Fälle, wo wir eine traurige Rolle spielten.

Einmal machten wir einen schauerlichen Fund. Wir entdeckten im Dornengestrüpp die Leiche eines Eichkätzchens. Erschüttert betrachteten wir das herrliche Tier, seufzten laut und lange und zergrübelten uns die Köpfe, was seinem jungen, lustigen Leben ein so jähes Ende bereitet haben könnte.

»Vielleicht hat es der Marder gefressen«, sagte Heinrich tiefsinnig. »Oder eine Eule hat es fortgeschleppt«, meinte ich bedächtig.

Darauf war eine Pause. Plötzlich machte ich ein spöttisches Gesicht und sagte:

»Wie kann es dein Marder gefressen haben, wenn es doch noch hier liegt?«

Worauf sich Heinrich höhnisch an die Stirn tippte und sprach:

»Kann es wohl deine Eule weggetragen haben, wenn es noch hier liegt?«

So machten wir uns gegenseitig unsere Überlegenheit klar, und einer ärgerte sich über die Dummheit des anderen. Endlich glaubte ich es zu haben:

»Es ist jedenfalls fehlgetreten, heruntergestürzt und hat den Hals gebrochen.«

»Nein«, sagte Heinrich, »der Hals ist noch ganz. Es hat gewiß einen giftigen Pilz gefressen.«

Da schrie ich: »Nein, siehst du, es ist totgeschossen!«

Das Eichkätzchen war wirklich erschossen; wir sahen nun deutlich die Schußwunde.

Heinrich erbleichte.

»Das ist ein Wilddieb gewesen«, sagte er.

Ich sah ihn an, nickte mit dem Kopf und rannte ohne weiteres davon. Und er rannte hinterher … Wir rannten so lange, bis wir in der Nähe von Feldarbeitern waren, und blieben dann mutig stehen.

»Wir müssen den Mörder fangen«, sagte Heinrich ganz laut.

»Ja, wir müssen ihn fangen«, rief ich und ballte die Faust. Darauf beschlossen wir, zum Förster zu gehen, und ihm die verbrecherische Tat zu melden. Wir rieten, wo der Förster zu dieser Stunde sein könne, und fanden die größte Wahrscheinlichkeit schließlich darin, daß er in der Schenke sei. Und so war es auch. Er hörte unseren fast atemlosen Bericht an und machte ein bitterernstes Gesicht.

»Der Wilddieb muß augenblicklich gefangen werden«, meinte er zornig, spielte mit zwei anderen Männern noch eine halbe Stunde lang Skat, und dann ging er mit uns.

Ganz in der Nähe hatte Heinrich seine Vogelflinte und ich meine Armbrust aufbewahrt. Diese Waffen holten wir, nahmen sie schußbereit unter den Arm und folgten dem Förster, der sagte, nun sei ihm vor dem Wilddieb weiter nicht bange.

Ich für meinen Teil gestehe, daß ich diese lobende Anerkennung meiner Männlichkeit und Tapferkeit nur mit gemischten Gefühlen aufnahm. Eine Armbrust einem mörderischen Wilddieb gegenüber ist immer so eine eigene Sache. Man muß aufs Auge oder vielleicht auch auf die Schläfe zielen, wenn man einen Erfolg haben will. Aber ich war nun einmal eine Person, auf die sich der Förster in seinem schweren Beruf verließ, und so wollte ich in der Stunde der Gefahr nicht kneifen.

Wir durchsuchten den ganzen Busch. Ein paarmal entdeckten wir Fußspuren, den Wilddieb aber fanden wir nicht. Von Minute zu Minute wuchs unser Mut, und in großer Tollkühnheit riefen wir laut, er solle nur zum Vorschein kommen, der elende, feige Kerl. Er kam nicht, und schließlich sagte der Förster:

»Wahrscheinlich ist der Wilddieb mal auf einen Augenblick weggegangen. So'n Mann hat ja auch mal was anderes vor.«

Das bedauerten wir sehr, und wir verachteten den Wilddieb, der nicht auf seinem Posten geblieben war. Der Förster machte den Vorschlag, wir könnten ja unterdes das Eichhorn beerdigen. Darauf gingen wir mit Freuden ein. Das tote Tierchen wurde in eine Erdgrube gelegt, und wir drei standen mit feierlichen Angesichtern an seinem Grabe. Der Förster befahl mir, mit meiner Armbrust den Trauersalut zu schießen. Darauf schoß ich meinen Rohrpfeil über das Grab hinweg, und der Förster sagte »Plaff!« dazu. Das veranlaßte mich, ihn scharf anzusehen, ob er die ganze Sache auch ernst nehme.

Er nahm sie aber ernst. Mit geradezu verbissenem Gesicht stand er da, und mit dumpfer Stimme sprach er:

»Heinrich, halte eine Leichenrede! Aber vergiß das ›Amen!‹ nicht.« Heinrich und ich waren beide ausgezeichnete Redner. So war es kein Wunder, daß Heinrich, ohne sich's erst lange zu überlegen, folgende schöne Rede hielt:

»Liebes Eichhörnchen, du bist leider tot. Von wegen eines Schuftes! Er hat jetzt gerade etwas anderes zu tun, sonst täten wir ihn erschießen. Liebes Eichhörnchen, du warst das schönste Tier auf der ganzen Welt. Du hast so niedliche Pfoten. Jedes Jahr zu Weihnachten werde ich dir drei große, vergoldete Nüsse in dein Grab stecken. Amen.«

Der Förster drückte die Augen zu, dann wies er auf mich.

»Jetzt halte du eine Leichenrede!«

Ich hustete, bis ich rot wurde, dann sagte ich:

»Liebes Eichhörnchen, du bist leider tot. Von wegen eines Schuftes!«

»Du leierst ja wieder dasselbe her!« fuhr mir der Förster dazwischen. Ich sagte verlegen, es komme schon noch, hustete noch einmal lange und inbrünstig und sagte dann:

»Liebes Eichhörnchen, du warst das allernützlichste Tier. Hoch auf der Eiche hast du dein Haus gehabt, und es hatte immer die Tür dort, wo kein Wind ging. Und, und im Winter hast du geschlafen. Und, und du konntest so fix turnen. Und du hattest einen schönen Schwanz und vier schöne, weiße Nagezähne. Amen!«

Nun hustete der Förster, stützte sich auf seine Büchse und sagte: »Jetzt werde ich eine Leichenrede halten!«

»Liebes Eichhörnchen, du warst also sozusagen das allerschönste und allernützlichste Tier. Wenn ein Vogelnest auf der Eiche war, dann bist du gleich fix angeturnt gekommen. Da hast du mit deinen niedlichen Pfoten die Eierchen genommen und hast sie ausgesoffen. Und dann, liebes Eichhörnchen, wenn kleine Vögelchen im Neste waren, dann hast du sie mit deinen schönen, weißen Nagezähnen zerbissen und zerfressen. Wenn ein Baum im Frühjahr frische Sprossen trieb, hast du sie hübsch zierlich abgenagt, du liebes Eichhörnchen, du! Und darum ist ein ›Wilddieb‹ gekommen und hat dich totgeschossen, du Rabenvieh, du Kanaille! Und der Wilddieb war ich selbst, und ich habe das alles gemacht, um mal zwei Schafsköpfen eine Lehre zu geben. Amen!«

Damit machte er kehrt und stapfte davon.

Heinrich und ich standen offenen Mundes da. Ich fand zuerst die Sprache wieder und sagte:

»Das ist eine Gemeinheit!«

Heinrich aber meinte:

»Er hat was von zwei Schafsköpfen gesagt!«

»Damit sind wir gemeint«, sagte ich zornig. »Und er hat das Eichhörnchen selbst erschossen!«

Heinrichs Stirn zog sich in Falten.

»Wenn ich mal unser Gut erbe«, sagte er, »setze ich ihn ab.«

»Das tue aber bestimmt«, rief ich, »er hat es verdient!« Von fernher scholl das fröhliche Lachen des Försters.

Der Geistergrund

Der Geistergrund war der einzige Ort im Gebiet der fünf Waldstädte, von dem die Leute im Dorf etwas Genaueres wußten. Während so ein Bauer achtlos durch Ameisenfeld stapfte und dort nicht einmal den Bürgermeister kannte, während er an der tausendjährigen Donarseiche dumm und achtlos vorüberging, ja selbst nach den Herrlichkeiten von Heinrichsburg kaum hinüberschielte, ging sein träges Herz sofort rascher, wenn er in der Nähe von Geistergrund kam.

Was spielten auch da für schauerliche Geschichten an dem dunklen Moor und dem Graben mit dem schwarzen Wasser, Geschichten, die Hunderte von Jahren alt waren und an den Winterabenden beim flackernden Kienspanfeuer erzählt wurden, bis alle Wangen rot und alle Herzen bange waren.

Da war die Geschichte von der Bäuerin, die ihren Mann umgebracht hatte, indem sie ihm ein Mahl von giftigen Pilzen bereitete. Noch am gleichen Tage kam die schwere Untat ans Tageslicht, und am anderen Tage errichtete die Obrigkeit einen Galgen und hängte die Bäuerin auf. Aber ihr Leichnam verschwand, und auch der Leichnam des Mannes verschwand, und lange Zeit wußte niemand, wohin beide gekommen seien, bis eine Frau im Geistergrund einen großen giftigen Pilz sah, der den Hut vor ihr abnahm und sagte: »Erbarme dich meiner! Erbarme dich meiner!« Als die Frau sich vor Schreck nicht rühren konnte, kam eine Schlange gekrochen und wickelte sich dem Pilz ums Bein. Und die Schlange sprach: »Ich fresse den Pilz; ich fresse den häßlichen, geizigen Pilz!« Und dabei funkelte sie mit den Augen.

Da ist die Frau schreiend davon gelaufen und hat im Dorf alles erzählt, und es hat sich lange Zeit niemand in den Geistergrund gewagt.

Als aber einmal der Schuster Humpel erzählte, er habe nun die beiden auch gesehen, nur hätte diesmal der Pilz die Schlange gefressen, glaubte ihm niemand; denn die Leute waren sehr aufgeklärt, und Humpel war oft betrunken. – – –

Da war die andere Geschichte von dem Müller Eifert. Der war in der Zeit, da der Alte Fritz Krieg führte, ins Lager der Russen übergegangen und war ein so schlechter Kerl geworden, daß er gegen seinen eigenen König kämpfte. Eifert besiegte auch den Alten Fritz in der Schlacht bei Kunersdorf und zog dann mit seinen Russen als ein prahlender Kriegsheld bis vor sein Heimatdorf. Dort ließ er Kanonen auffahren und alles zusammenschießen und in Brand stecken. Dann ritt er auf einem pechschwarzen Roß durch das brennende Dorf und verhöhnte die Leute und zwang sie: ›Gnädiger Herr!‹ und ›Euer Wohlgeboren!‹ zu ihm zu sagen. Für diese Missetat wurde er bestraft. Als er wieder fortritt, begann auf dem Turm die Glocke zu läuten. Den Turm und die Glocke hatten die Russen, weil sie Christen sind, verschont.

O wie drang der Ton der Heimatglocke dem argen Sünder so anklagend ins Ohr! Sie dröhnte ihm in die Seele wie Posaunenton des jüngsten Gerichts und versetzte sein Herz in eine ganz schreckliche Angst. Und plötzlich wandte sich das Roß, jagte zurück auf das Dorf zu, warf den Mann am Eingang des Dorfes ab und galoppierte ganz allein in die finstere Nacht hinaus.

Der Müller schlich sich an den Turm, um zu sehen, wer da so schrecklich an der Glocke zöge. Da sah er, daß niemand im Turm war, daß die Glocke ganz von selber läutete. Darüber wurde er ganz unsinnig vor Angst. Schreiend und winselnd lief er um das Dorf herum, fand auf dem Wege einen Strick und erhängte sich in der Verzweiflung seines Herzens im Geistergrund, wie sich Juda erhängte, als er den Herrn Jesus verraten hatte.

Jetzt noch stand die Weide im Geistergrund, an der der Verräter sein elendes Leben selbst beendet hatte. – – – Das waren unfreundliche Geschichten. Und da war noch eine Geschichte, von der wir Kinder etwas gehört hatten, ohne sie recht zu verstehen. Und eben, weil ich sie nicht verstand, machte ich ein Gedicht darüber. Das Gedicht aber war so:

Das Mädchen

Weil sie so schwer gesündigt hat,
Da würd' sie in den Sumpf gesenkt;
Nun wohnt sie in der Geisterstadt,
Wo niemand ihrer denkt.
Sie hatte ein so weißes Kleid,
Doch einen schwarzen Fleck darauf;
Da steht sie um die Sternenzeit
Oft aus dem Modergrabe auf
Und wäscht mit heißer Tränenflut
Sich aus dem Kleid den schwarzen Fleck.
Paßt auf, ihr Leute, Gott ist gut:
Das Kleid wird weiß, der Fleck geht weg!

Das war das Gedicht, für das mir unsere gute Fee drüben in Eichenhofen den Kranz schenkte. –

Es gab Zeiten, wo Heinrich und ich uns sehr vor dem Geistergrund fürchteten. Um die Dämmerzeit wären wir nicht hingegangen, und auch wenn die Nebelmänner zwischen den Erlen hin und her krochen, wagten wir uns nicht in diese Gegend. Heinrich machte sogar einmal den Vorschlag, den Geistergrund abzusetzen. Was ihm nicht paßte, wollte er immer ›absetzen‹: den Förster, den Geistergrund, die Kreuzottern und die lateinische Grammatik. Es ist aber leider alles bestehen geblieben.

 

Unsere Fee hatte im allgemeinen nichts dagegen, wenn wir uns mal etwas fürchteten. Wenn wir sie fragten, ob es Räuber gebe, sagte sie ja, und wenn wir wissen wollten, ob wohl die Räuber je in unsere Gegend kommen könnten, sagte sie auch ja! Dann bekamen wir allemal knallrote Backen, und unsere Stimmen wurden weniger krähend, als sie sonst waren. –

Einmal, als wir mit dem Förster zufällig wieder auf freundschaftlichem Fuße lebten, hätten wir ihm gar zu gern eine zahme Dohle abgebettelt, die er in seinem Forsthaus hielt. Er machte eine geheimnisvolle Miene und sagte:

»Die kann ich euch nicht geben. Die ist ein seltsamer Vogel. Ich habe sie auf der Judasweide gefangen. Dort hatte sie ihr Nest. Und sie ist eine verwunschene Prinzessin.«

Wir Jungen versuchten, ein ungläubiges Gelächter anzuschlagen, aber es klang ganz meckrig, und wir sahen mit Unbehagen auf den Vogel, der plötzlich auf uns zukam, so daß wir einige Schritte zurückwichen. Die Dohle funkelte uns mit ihren Äuglein an, schlug mit den beschnittenen Flügeln und schrie: »Beatrice! Beatrice!«

Da sagten wir schnell »Guten Abend« und gingen davon. Der Förster kam uns nach.

»Ich sehe es ja ein, daß ihr die Dohle durchaus haben wolltet«, sagte er, »aber es würde euch nichts nützen, wenn ich sie euch schenkte, denn sie würde euch trotz ihrer beschnittenen Flügel entwischen. Wollt ihr die Dohle haben und behalten, so müßt ihr in die Judasweide abends in der Dämmerung einen Nagel schlagen. Einer muß den Nagel halten, der andere muß hämmern.«

Darauf sagten wir, wir hätten es uns überlegt; eigentlich wüßten wir gar nicht, was wir mit einer Dohle anfangen sollten. Er, der Förster, brauche eigentlich einen solchen Vogel viel notwendiger als wir.

Der Förster spuckte auf den Boden, uns gerade dicht vor die Zehen, und sagte:

»Wenn ich nicht wüßte, was ihr für kluge und mutige Kerle seid, würde ich denken, ihr fürchtet euch. Aber damit habt ihr recht, daß ich den Vogel notwendig brauche.«

»Wozu brauchst du ihn denn?« fragte ich neugierig.

»Zum Geschichtenerzählen.«

»Zum Geschichtenerzählen? Ei, wieso?«

»Hm. Wenn ich abends müde aus dem Walde komme, ziehe ich mir die Stiefel aus, sperre die Hunde aus der Stube hinaus, setze mich in den Lehnstuhl, und dann sag ich zu der Dohle: ›Beatrice, leg los!‹«

»Und – und dann legt sie los?«

»Legt sie los! Jawohl! Sie erzählt famos. Aber leider bloß lauter Räuber-, Gespenster- und Indianergeschichten. Andere weiß sie nicht. Alles zum Gruseln.«

Räuber-, Gespenster- und Indianergeschichten! Das hielten Heinrich und ich damals für das Schönste auf der ganzen Welt. Wir hatten uns heimlich solche Bücher geliehen und einige davon gelesen, bis es die Fee erfuhr und uns sagte: sie hätte uns nicht mehr lieb, wenn wir so etwas wieder täten, denn solche Geschichten seien schlecht und dumm und verlogen. Da hatten wir es aus Liebe zur Fee unterlassen. Aber wenn wir nun eine Dohle hätten, die so etwas erzählen könnte, das wäre doch etwas anderes, denn eine Dohle ist doch kein Buch. Und man käme dann auf ehrliche Weise zu interessanten Geschichten.

»Ja«, sagte der Förster, »meine Großmutter hört auch mit zu.«

Des Försters Großmutter war 92 Jahre alt.

»Borg uns einen Hammer und einen Nagel!« rief Heinrich. »Wir gehen jetzt gleich zur Judasweide. Nimm deine Büchse und deinen Hirschfänger und geh mit.«

»Wäre noch besser«, meinte der Förster; »allein müßt ihr gehen, und morgen abend ist die richtige Zeit. Morgen ist Neumond.« –

Der nächste Abend war trübe und regnerisch. Den ganzen Tag hatten Heinrich und ich in schrecklicher Aufregung zugebracht. Kein Essen hatte uns geschmeckt, kein Spiel hatte uns gefallen, und die Fee hatte uns ein paarmal ganz eigentümlich forschend angesehen. Schwache Augenblicke kamen, wo uns die ganze Sache leid wurde; aber dann dachten wir an die verzauberte Dohle, die Räubergeschichten erzählen konnte, und ein Fieberschauer von Glück, einen solch wundersamen Vogel zu besitzen, packte uns.

Am späten Nachmittag holten wir aus dem Handwerkskasten einen Hammer und einen starken Nagel heraus und verbargen beides unter dem welken, abgefallenen Laub eines Kastanienbaumes.

Als die ersten Lichter angezündet wurden, schauten wir uns starr in die Augen. Unter Heinrichs Wimpern blitzte eine Träne. Aber ich – ich hätte für schöne Geschichten mein Leben hingegeben und faßte ihn an der Hand.

»Soll ich allein gehen?« fragte ich.

»Nein, ich laß dich nicht allein gehen«, sagte er.

Er war immer ein treuer Freund. Er borgte mir sogar seine Flinte. So schlichen wir uns aus dem Hof hinaus und gingen über die Felder. Der Wind jagte grauweiße Wolkenfetzen über den Himmel, und es regnete sacht. Wir kamen nach Ameisenfeld. Die ganze Stadt schlief. Wir gingen an der Wotanseiche vorbei. Sie stöhnte leise im Winde. Durch die Brombeerhecken brachen wir. Heinrich trug den Hammer, ich hatte den Nagel in der Hand und trug ihn wie einen spitzen Dolch. Manchmal war es mir, als ob er glühend heiß sei.

Wir sprachen beide kein Wort, denn das hatte uns der Förster eingeschärft. Aber das Schweigen machte unsere Herzen noch beklommener. Nun tauchte der Geistergrund auf. Die niederen Erlen und Weiden zogen sich am schwarzen Graben entlang, eine hohe Ulme ragte über sie hinweg. Unter ihr sollten der Pilz und die Schlange gesehen worden sein. Und links von ihr, ein Stückchen vom Bachrande weg, war die Judaseiche.

 

Ich schloß die Augen. Wie ein Wirbel war es in meinem Kopf. Rote Ringe sah ich tanzen, ein brennendes Dorf sah ich, durch das auf schwarzem Roß der tolle Müller ritt. Dicker Schweiß rann mir unterm Hut hervor. Aber vorwärts ging es, immer vorwärts, zuletzt im Trab. Fest hielt ich den Nagel in der Hand. Heinrich strauchelte und fiel hin. Der Hammer entglitt ihm. Er hob ihn auf und packte mich fest am Arm. Unsere Herzen schlugen in rasender Schnelligkeit. Wir gingen immer noch vorwärts.

Da – erst sah ich's – dann sah's Heinrich – dann fielen wir auf die Knie –

Aus dem Erlengebüsch trat eine weiße Frau.

Die Frau aus dem Moor – die Frau, die ihr Kleid wäscht –

Wir schrien laut um Hilfe.

*

Es war nicht die Frau aus dem Moor. Es war Heinrichs Mutter.

»Was wolltet ihr machen?« fragte sie freundlich. Da gestanden wir alles.

Sie zürnte uns nicht, sie strich uns beiden über die Köpfe.

»Nun, habt keine Angst. Es passiert euch nichts, ich bin ja bei euch!«

Ja, nun wußten wir, es konnte uns nichts passieren, da sie bei uns war. Heinrich schlang den Arm um seine Mutter und küßte sie zweimal, und dann nahm ich sie um den Hals und küßte sie dreimal.

Wir schritten ein paarmal an dem Graben auf und ab, ganz friedlich, als ob wir spazieren gingen, und nachdem wir etwa zehnmal ganz tief und erleichtert aufgeseufzt hatten, fühlten wir, daß unsere Herzen leichter wurden.

»Hat euch der Förster gerade um die jetzige Stunde bestellt?« fragte Heinrichs Mutter.

»Jawohl, später als sechs Uhr dürfe es nicht sein, hat er gesagt.«

»So wollen wir einmal hinübergehen in den Geistergrund«, meinte sie. Wir gingen ruhig und ohne Angst mit ihr über den schmalen Steg, der über den schwarzen Graben führte. Sie hielt uns an den Händen und sagte: »Nun seht, wie still es hier ist, ebenso still wie überall im Walde.«

Dann gingen wir schweigend weiter. Über dem moorigen Grund wuchs dichtes, weiches Moos, und wir gingen ganz unhörbar. Einmal blieb die Fee stehen und sagte leise:

»Wenn euch etwas Seltsames oder Schreckliches auffällt, so erschreckt nicht oder schreit nicht; denn es ist ganz gewiß nichts wirklich Schreckliches.«

Da faßten wir großen Mut. Plötzlich aber blieben wir doch in jähem Schreck stehen.

Unter der hohen Ulme war der Pilz, ein schrecklich großer, blutroter Pilz, und darunter saß eine Frau. Heinrich begann zu weinen, ich begann zu schlucken, die Fee aber faßte fest unsere Hände und rief ganz laut und ruhig:

»Du, Pilz, und du, Pilzweib, kommt einmal beide her!«

Da schnellte plötzlich der verhörte Pilz hoch in die Höhe, das Weib richtete sich auf, und eine tiefe Stimme sagte:

»O jemine, die gnädige Frau!«

»Kommt nur mal näher«, befahl die Fee.

Unsere Herzen schlugen. Aber es war jetzt mehr Neugierde als Angst. Der Pilz und die Frau wandelten ganz langsam auf uns zu. Und plötzlich brach Heinrich in ein lautes Gelächter aus, und ich lachte unter Tränen mit.

Vor uns stand der Förster. Er hatte sich die Kleider seiner zweiundneunzigjährigen Großmutter angezogen, und der Pilz war der riesengroße und brennendrote Regenschirm der alten Frau, der die Verwunderung der ganzen Gemeinde bildete, wenn die Alte noch ein; mal zur Kirche gehumpelt kam.

»Gnädige Frau – gnädige Frau –« stammelte der Förster.

Er sah greulich aus. Der weite blumige Rock war ihm viel zu kurz, so daß seine groben Stiefel zum Vorschein kamen, das altmodische Leibchen war ihm viel zu eng, so daß man seine Weste sah, und die alte Schleifenhaube saß ihm ganz windschief auf seinem struppigen Kopf. Den roten Schirm hatte er nun zugeklappt und quetschte ihn wie ein brennendes, rotes Gebund in höchster Verlegenheit unter den Arm.

Die Fee blickte halb streng und halb lächelnd auf den sonderbaren Geist und sagte:

»Schämen Sie sich denn nicht, Förster, solche Faxen zu machen? Denken Sie nicht daran, was den Kindern vor Schreck passieren kann?«

Die Pilzbäuerin raffte in tödlicher Scham an ihrem Kleid herum.

»Gnädige Frau, weil halt – weil halt die beiden solche Schlingel sind.«

»Es gibt viele Schlingel auf der Welt, große und kleine«, sagte die Fee.

Der Förster kraute sich die Schleifenhaube.

»Nun werd' ich wohl gar meine Stellung verlieren«, sagte der trostlose Hüter des Waldes. Die Fee lächelte milde.

»Etwas werden Sie schon verlieren: Sie werden den Jungen zur Strafe Ihre Dohle schenken!«

»Können sie kriegen! Können sie kriegen!« schrie da das Zauberweib voll Entzücken und haschte nach der Hand der guten Fee, die sich abwenden mußte, weil es wohl mit ihrer Fassung vorbei war.

»Gnädige Frau«, sagte der Förster, »wenn es erlaubt ist, möcht ich mich aus dieser sehr fatalen Begebenheit empfehlen.«

»Gehen Sie nur, gehen Sie nur!« sagte sie und blieb immer mit dem Gesicht abgewandt.

Da machte er eine Verneigung, wobei ihm der geblümte Rock bis über die Kniekehlen emporrutschte, und dann ging er davon. Als er an den Bach kam, wollte er, wie er's gewöhnt war, hinüberspringen; aber die Feiertagszier seiner Großmutter wickelte sich um seine Beine, und er plumpste dicht am Rande in die Flut. Das war für uns Kinder der glänzendste Spaß. Gleich darauf puddelte er sich ans Ufer und jagte in fliegendem Gewande und mit flatternden Haubenschleifen davon –

Die Dohle haben wir bekommen; da sie aber tagaus tagein nichts anderes zu erzählen wußte als ›Beatrice! Beatrice!‹, wurde sie uns langweilig.

Heinrichsburg

Die Stadt lag auf einer Insel, die ringsum von dem Wasser eines Stromes umgeben war. Wenn ein starker Regen fiel, wurde dieser Strom so tief, daß wir uns die Hosen aufstreifen mußten, um ihn durchwaten zu können. In trockenen Zeitläuften blies der Wind den Staub vom Flußgrunde bis in unsere Stadt. Wir warfen uns dann platt auf die Erde und redeten vom Samum.

Die Insel war mehrere Steinwürfe lang und fast ebenso breit. Ihr Gebiet umfaßte die Hohkönigsburg, die Stadt selbst, das Felsengebirge, einen Kriegs- und einen Handelshafen, ein Jagdschloß, eine Meierei und eine Hundehütte. In der Stadt gab es ein Rathaus, eine katholische, evangelische, jüdische und eine heidnische Kirche, ein Museum, ein Hotel, sehr viele Geschäfts- und Wohnhäuser und einen Reichstag. Die größten Gebäude waren die Hohkönigsburg, das Hotel und die Hundehütte. Die Burg war im 19. Jahrhundert vom Zimmermann Schädel erbaut, und der Bau hatte über 70 Mark verschlungen. Dafür war er aber auch prächtig und stattlich. Die Burg umfaßte nur den Thronsaal; für mindere Räume war kein Platz. Eine stolze Fahne wehte vom Dach, und an der Pforte zeigten zwei angeklebte Bilder grimmiger Löwen, von denen der eine ein Tiger war, daß hier im Schloß Macht und Größe wohne und jeder ein Kind des Todes sei, der sich den hier herrschenden Gewalten widersetze. Bei Regenwetter wurden sämtliche Hauptteile der Stadt mit Wachsleinwand überdeckt.

Das Hotel hatte früher dem Pächter einer Kirschenallee gehört, der darin sein Wächteramt ausgeübt hatte. Kinder unter vier Jahren konnten erhobenen Hauptes durch seine Pforten schreiten, und auch wir brauchten uns nicht sonderlich zu bücken, wenn wir eintraten. Es hieß »Hotel Bristol« und trug an seiner Front viele Schilder, als: »Zivile Preise«, »Warme und kalte Speisen zu jeder Tageszeit«, »Eintritt verboten!« und was etwa sonst noch an ein gutes Hotel an Anschlägen gehört.

Der einzige, ständig bewohnte Raum von Heinrichsburg war die Hundehütte. Hier hauste Pluto, der Wachhund. Er war von strengem Charakter, aber gutem Appetit, deswegen geriet er in Verlegenheit, wenn ihm einer, den er eigentlich bekämpfen sollte, einen Knochen anbot. Auf diese Weise hat Pluto es leider nicht verhütet, daß uns eines Nachts das Hotel gestohlen wurde. Er stand am Morgen nach der Unglücksnacht mit albernem Gesicht auf der leeren Baustelle, wedelte verlegen mit dem Schwanz und bellte nach dem Ufer hin, wie einer bellt, der kein gutes Gewissen hat. Den Bestechungsknochen hatte er an einer leicht kenntlichen Stelle verscharrt.

Bei der letzten Volkszählung in Heinrichsburg wurde Plutos Flohbestand in Fell und Hütte auf zusammen 250 Stück lebend angegeben. Natürlich nur schätzungsweise, wie es bei wilden Stämmen immer geschieht. All dieses Kleinvolk hielt Pluto in guter Zucht; Übergriffe ahndete er mit scharfer Kralle.

Pluto war sehr vielseitig von Beruf: des Nachts mußte er wachen, am Tage zog er als prächtig aufgeschirrtes Roß den Triumphwagen des Königs, Sonntags trat er in der Stierkampfarena mit grimmem Mut als Bulle auf, und oft spielte er im Felsengebirge den Drachen oder fing in der Stadt Mäuse, welche sehr lästig waren, weil sie uns bereits die Rathaustreppe und einen Nachtwächter aufgefressen hatten. Nur als Delphin hatte Pluto kein Talent; denn allemal, wenn wir auf seinem Rücken durch die Fluten des Stromes ziehen wollten, warf er uns ab, sprang ans Ufer und schüttelte sein Fell, was kein Delphin tun darf.

 

Das Felsengebirge war ein Steilgebirge von durchaus alpinem Charakter. Seine größte Erhebung, die Adlerkoppe, hatte eine relative Höhe von 2500 Zentimetern; sie war im Winter mit »ewigem Schnee« bedeckt und fiel steil zum Flusse ab, von dessen Seite her sie nur von den geübtesten Bergsteigern mit Nagelschuhen, Eispickel und nach vorangegangener Anseilung zu erreichen war. Ein prächtiger Aussichtsturm von 30 Zentimeter Höhe krönte ihren stolzen Gipfel, und wer sich auf die Erde legte und über diesen Aussichtsturm hinweg in die Ferne sah, genoß die herrlichsten Landschaftsbilder. Dicht unter ihm das wildzerklüftete Gebirge, an dessen Fuß der Strom mit seinen weißen Segelbooten und seinem Spiritusdampfer brandete, dann die Stadt, die »wie eine Spielzeugschachtel« ausgebreitet lag, die trotzige Hohkönigsburg, die dunkel aufragende Hundehütte, der weite Wald und das grüne Wiesenland bis weit hinaus an den Horizont in das Gebiet von Geistergrund und Ameisenfeld.

Wie ich inzwischen auch herumgekommen bin in fremden Landen und Erdteilen: die Aussicht von der Adlerkoppe bei Heinrichsburg ist die einzige, die ich in dem Reisebuch meines Lebens mit drei Sternen bezeichnen mag.

Der Abstieg von der Adlerkoppe nach der Stadt bot nur mäßige Schwierigkeiten und war ohne Lebensgefahr zu bewerkstelligen. Er führte an einer grünen Alm vorbei, auf der eine Herde buntgescheckter Kühe weidete und ein Hirtenbub vor seinem Alpenhäuslein saß und lieblich auf einer Schalmei blies. Nur eine drohende Kuppe ragte noch auf. Dort legte ein kühner Alpenjäger eben auf eine Gemse an. Wenn man sich die hohlen Hände als Fernglas vor die Augen hielt, konnte man die aufregende Szene sooft beobachten, wie man vorbeikam.

Etwa in halber Höhe des Gebirges war der »Gebirgsbahnhof« angelegt. Er hatte einen sehr schmuck eingerichteten Wartesaal, eine Wegeschranke und eine Telegraphenstange ohne Draht. Der Zug bestand aus einer Lokomotive und drei allerliebsten Aussichtswagen. Die Passagiere waren immer dieselben: ein Engländer, ein Professor mit einer Botanisiertrommel und eine Köchin mit einem Korb am Arm, die jedenfalls auf der Höhe nach Suppengemüse gesucht hatte. Wenn nun auch der Zug nicht übermäßig besetzt war, so war es doch herrlich anzusehen, wenn er in die Tiefe fuhr. Er machte die kühnsten Kurven, setzte über Viadukte, die über schauerliche Abgründe gespannt waren, raste durch pechdunkle Tunnel, durchbrauste die Ebene und fuhr endlich donnernd in den Bahnhof von Heinrichsburg ein, wo es sich bei dem Kommando: »Alles aussteigen!« ärgerlicherweise meist herausstellte, daß der Engländer, der Professor und die Köchin auf der raschen Fahrt von den Sitzen gepurzelt waren und auf dem Boden des Abteils lagen. Ein Eisenbahnunfall wurde trotzdem, wie auf allen Gebirgsbahnen, nie bekannt.

Oh, und die Stadt Heinrichsburg selbst! Fürwahr, ein Fremdling hätte sich in dem Gewirr von Straßen und Plätzen rettungslos verlaufen. Auf dem Marktplatz stand das Rathaus; da guckte der Bürgermeister den ganzen Tag zum Fenster heraus. In der katholischen Kirche war beständig Hochzeit, in der evangelischen immer Kindtaufen. Im Judentempel saßen tagaus, tagein drei Männer mit Zylinderhüten auf dem Kopf, und in der heidnischen Kirche schlachtete ein Priester ständig ein Kind. Das Museum umfaßte vier Bilder und zwei Statuen, der Reichstag war immer geschlossen. Wir haben ihn, da wir nichts Rechtes mit ihm anzufangen wußten, später in eine Aktienbrauerei umgewandelt.

Die Pracht der Auslagen, die sich die Geschäftshäuser leisteten, war erstaunlich. Allein der Fleischerladen mit seinen feuerroten Schinken und brennend braunen Würsten war ein kleines Weltwunder. Majestät sprach nebst hohem Gefolge täglich persönlich in diesem Geschäft vor, dessen Warenbestand immer pünktlich erneuert wurde.

Heinrichsburg war eine werktätige Stadt: da saß der Schuster vor seinem Haus und zog den Pechdraht, da hieb in seiner dunklen Höhle der Schmied auf den Amboß, da saß der Weber am Webstuhl. Lastwagen fuhren die Straße entlang oder hielten vor dem Wirtshaus; der Postillion saß hoch auf dem Bock und blies sein lustiges Signal. Alle Handwerker waren vertreten, und wo ein Gewerbe fehlte, da wurde zu Weihnachten oder zum Geburtstag seiner Majestät König Heinrichs I. Abhilfe geschaffen. Nur eine Schule gab es in Heinrichsburg nicht. Majestät meinten, das sei nicht lustig und verderbe den Spaß.

Merkwürdig war der Denkmälerbestand von Heinrichsburg. Von historischen Größen hatten Blücher, Zieten und der Alte Fritz je ein Monument. Dann hatte Majestät ein Monument, ebenso seine erlauchten Eltern Gutsbesitzer Gerhardt und Frau. Diese Denkmäler bestanden aus Photographien, die in Steinpyramiden eingemauert waren. Bei Regenwetter wurden Zigarrenschachteln als Schutzdecke darübergestülpt. Dann aber waren in Standbildern noch verewigt Robinsoe Crusoe und der »Pfadfinder«. Diese Denkmäler waren aus Holz, von Sr. Majestät selbst entworfen und modelliert. Sie wurden bei Regenwetter nicht zugedeckt, denn sie waren »abgehärtet«. Bei festlichen Gelegenheiten wurden sämtliche Denkmäler illuminiert.

Im Gerichtsgefängnis saßen Napoleon und der Räuberhauptmann Schinderhannes.

Herrlich war es draußen am Hafen. Oft lagen wir da am Ufer und sahen auf die weite, unübersehbare Wasserfläche und sprachen kein Wort. Wenn ein Schiff seine weißen Segel blähte und langsam von dannen fuhr, dann sahen wir ihm nach, dann schaute unsere junge Seele weit hinaus bis in die fernen Länder, nach denen das Schiff fuhr, zu fremdartigen Menschen, die in Zelten auf ewig grünen, ewig weiten Wiesen wohnten und andere Blumen und andere Sterne sahen als wir. Und all die tausend Gefahren, die das Schiff haben würde in Scylla und Charybdis, bei Seeräubern und Meerungeheuern, erwogen wir und kämpften alle Not selbst durch und waren dabei, wenn das siegreiche Schiff eines Tages doch stolz und sicher in den Hafen fuhr.

Manchmal kam unsere gute Fee, die Schutzgöttin unseres Insellandes, zu uns herüber. Dann feuerten unsere Strandkanonen Salut, die Ehrenwache stand am Ufer, die Militärkapelle war aufgestellt und von allen öffentlichen und privaten Häusern wehten Fahnen. Der König ging der Schutzgöttin entgegen und küßte ihr die Hand, und sie ging mit freundlichen Augen durch unsere Stadt, und wo es an etwas fehlte, das sah ihr gütiger Blick und ergänzte alsbald ihre geschickte, freigebige Hand.

Nur Pluto war an solchen Feiertagen eingesperrt. Wurde er losgelassen, so fuhr er in einer unsinnigen Freude durchs ganze Land, riß die Stadt um und brachte den Zug zum Entgleisen.

Oh, es war schön in Heinrichsburg! Die größten Ehren habe ich dort genossen: ich war Großwesir und Stierkämpfer, Hofdichter und Scharfrichter, Hotelportier und Mitregent. Ich habe die Straßen ausgebessert und das Gesetzbuch verfaßt, ich war Dachdecker und Theaterdirektor, Seeräuber und Staatsanwalt. Selbst die Frau Königin bin ich gewesen; da hatte ich lange gelbe Locken und ein weißes Kleid mit einem Goldgürtel und ein Taschentuch, mit einer Krone gezeichnet. Am liebsten war ich Leuchtturm. Dann trug ich eine Laterne auf dem Kopf und ließ ihr Licht nach allen Seiten spielen, bis die Schiffe, die in Wetter und Not draußen waren, glücklich den Hafen erreicht hatten.

*

Unsere gute Fee! Wenn ich jetzt, da ich lange, lange schon ein Mann geworden bin, manchmal träumend die Augen schließe, sehe ich ein weites Gelände vor mir, dadurch ein schmaler Weg führt. Es ist der Weg, durch den ich mein Leben gegangen bin. Grüne Wälder, aber auch öde Schutthalden sind an seiner Seite, und es fehlt nicht an Denksteinen, und mancher der Denksteine ist ein Marterl. Wenn ich nun so sitze und träume, ziehen Hunderte und Tausende von Menschen an meiner Seele vorüber. Ihnen allen bin ich einmal begegnet, bin ein Stücklein mit ihnen gewandert. Aber die meisten schauen mich so fremd an, als hätte ich sie nie gesehen: alle die, die mir gleichgültig waren und alle die, die mir einmal wehe taten. Sie hat mein Herz vergessen. Die aber, die mir etwas Liebes und Gutes erwiesen, reichen mir alle die Hand, und ihre Stimme klingt mir wie die eines Freundes von gestern.

Und wenn sie kommt, die gute Fee meiner Kinderzeit, schlägt mir auch heute noch das Herz in Liebe für sie. Ich hasche nach ihrer weißen Hand und küsse sie und lege sie auf meine Stirn. Dann wehen ihre blonden Haare im Wind, und ihre Augen sind schön und lieb wie in alten Tagen. Und sie nimmt meine Seele mit sich und führt sie in

die heilige Stadt.

Da stand ein kleiner Tempel. In dem Tempel war eine Figur des Heilands, die war so weiß wie Schnee. Vor dem Heiland stand ein Knabe, und über der Gruppe waren in goldenen Lettern zwei Sprüche in die Wand geschrieben:

Dieses Kind wird der Größte sein im Himmelreich

und

Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder,
so werdet ihr in das Himmelreich nicht eingehen!

Der Knabe aber, der vor dem Heiland stand, war Heinrichs Bruder Ludwig, der frühzeitig aus dem Leben geschieden war.

Als Ludwig starb, war ein solches Herzeleid auch über uns Kinder gekommen, daß ich mit Heinrich nach der Insel ging, um unsere schöne Stadt Heinrichsburg niederzureißen.

»Wenn Ludwig nicht mehr bei uns ist«, sagten wir zueinander, »so macht uns die Stadt keine Freude mehr.«

Wir stiegen in bitteren Schmerzen auf die Adlerkoppe. Noch einmal schaute ich über den Aussichtsturm hinaus ins weite Land, dann löste ich ihn aus der Erde und nahm ihn unter den Arm. Heinrich packte den Bahnhof in seine Mütze, und eben wollten wir den Alpenjäger und die Gemse von der Felskoppe holen, als Heinrichs Mutter uns nachkam. Ihr Gesicht war weiß, und sie ging ganz langsam; aber sie lächelte doch, als sie uns über die Köpfe strich und sprach:

»Laßt nur eure Stadt stehen. Ludwig hat jetzt eine viel schönere Stadt als ihr!«

Da nahm Heinrich den Bahnhof wieder aus der Mütze, und ich trug den Turm wieder auf den Berg, richtete ihn dort auf und überzeugte mich, daß die Aussicht über ihn hinweg wieder ganz herrlich schön sei. Dann gingen wir drei nach Hause. Wir sprachen nicht. Es war gegen Abend, und der erste Stern tauchte auf am Himmel. Da holte Heinrich tief Atem und fragte mit stockender Stimme:

»Was für eine Stadt hat Ludwig?«

Die Mutter zog ihn an sich und sagte:

»Der liebe Gott kann ihm eine Stadt aufbauen aus lauter Gold.«

»Und hat er auch einen Berg und einen Turm darauf?« fragte ich beklommen.

»Er steht auf einem Berg, der höher ist als alle Berge, und er kann von da über die ganze Welt sehen.«

»Bis zu uns dreien?« fragte Heinrich verwundert.

»Bis zu uns dreien«, sagte die Mutter.

»Sieht er uns jetzt gehen?«

»Ja, ich glaube, er sieht uns gehen.«

Da blies der Abendwind übers Feld und ich fror.

*

»Dieser ist der Größte im Himmelreich!«

Der goldene Spruch stand über Ludwigs Marmorbild, das vor dem Heiland stand. Mit scheuer Ehrfurcht dachten wir an den Spielkameraden, der mit einem Kranz weißer Rosen um die Stirn in jenes ferne Land gewandert und nun dort ein Fürst und Herrscher war. Da habe ich oft auf der Adlerkoppe neben dem Aussichtsturm gelegen und hinaufgeschaut in das ewige blaue Land und im tiefsten Herzen gewünscht, daß ich auch einmal den Weg finden möge dorthin.

Oft pilgerten wir nach der heiligen Stadt. Ja, selbst der Förster kam manchmal mit; er stand dann ganz still und hielt seinen grünen Hut in der Hand. Meist war unsere gute Fee mit uns dort. Ich habe sie nie weinen sehen um ihr totes Kind. Ein ruhiges Leuchten war immer in ihren Augen. Und sie ging mit uns aus der heiligen Stadt nach Heinrichsburg, nach Ameisenfeld und zu der Donarseiche und sprach mit friedlicher, fröhlicher Seele mit uns von allen wichtigen Dingen, die im Walde zu sehen waren.

Sie war selbst wie die Kinder, und darum hatte sie schon hier auf Erden ein Himmelreich im Herzen.

Meinem Freund Heinrich und mir aber ist durch unser ganzes Leben der goldene Spruch aus der heiligen Stadt nachgegangen:

Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder,
so werdet ihr in das Himmelreich
nicht eingehen!


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