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Familienleben

Die Geburt des ersten Kindes führte ebenso wenig wie die aller weiteren eine innere Annäherung der Gatten herbei. Tolstoi flüchtet in schriftstellerische Arbeit, in wirtschaftliche Tätigkeit, in sich selbst. Aber sobald er außerhalb seines Hauses weilt, lebt er auf, ist wie früher munter und fröhlich; angeregt veranstaltet er Ausflüge, Picknicke, an denen seine Schwägerin, »Tanja die Festliche«, teilnimmt. Jetzt füllt Tanja sein Innenleben aus, freudig fängt er jedes ihrer Worte, jede ihrer Seelenregungen und Bewegungen ein, und in »Krieg und Frieden« schildert er sie »in voller Lebensgröße«. So wird Tanja die Festliche, Tanja das Sonntagskind zur Heldin seines Hauptwerks, einer der gewaltigsten Schöpfungen aller Völker und Zeiten. Ihr sonniges Temperament beherrscht (mit Unterbrechungen) jahrelang das Dichterhaus von Jasnaja Poljana. Und wenn Tolstoi im Jahre 1865 »an dem Roman ohne besondere Begeisterung« schreibt, so widmet er der lebenden Tanja voller Hingabe all seine freie Zeit. Sie sind immer zusammen, »auf der Jagd, beim Reiten, beim Wandern, auf dem Schnepfenstrich im Walde«, wie die Gattin eifersüchtig vermerkt.

Die Vergangenheit bleibt ihm verschlossen, kein Weg führt aus ihr in die Gegenwart. Jetzt schwelgt er in unbewußter Liebe zu »Tanja, dem kleinen Teufel«. Vom Bauern hat er sich abgewandt; die Blutbande der Liebe zum Weibe verknüpfen ihn nicht mehr mit dem »Volk«, sondern durch sein fragliches Gefühl zur Gattin und seine uneingestandene Liebe zu ihrer Schwester mit den Kreisen, zu denen er seiner Herkunft und Erziehung nach gehört.

»Ich muß gestehen«, schreibt er im Jahre 1865 an die Freundin, die Gräfin Alexandra Andrejewna, »daß meine Ansicht vom Leben, vom Volk und von der Gesellschaft jetzt eine ganz andere ist als jene, die ich letzthin hatte. Man kann sie (die Bauern) wohl bemitleiden, jedoch sie lieben – es ist mir schwer verständlich, wie ich das so stark habe tun können.«

Im gleichen Jahr sagt er in einem Brief an seine Frau unter ironischer Erwähnung eines »lieben russischen Bäuerleins«, in dessen Blockhaus er habe übernachten und Tee trinken müssen: »Was für Schweine und Liederjahne!«

Sein Lebenlang wird sein Verhältnis zu Mensch und Welt durch den Sexualtrieb, durch seine Beziehung zum Weibe bestimmt, wobei ihm als Objekt seiner Beobachtungen nur zwei, von Kindheit an vertraute Stände dienen, Bauerntum und Adel; auch sein Verhalten zu diesen äußert sich in ebensolchen polaren Gegensätzen, in Liebe oder Haß. Die zeitweilige Abkehr vom einfachen Volk war aber nicht vollständig; trotz solcher Ansichten, wie die oben angeführte, hat er dem Bauern gewisse Sympathien bewahrt und sucht sogar seine neue Vertraute, Tanja, für diese zu gewinnen.

Tanja berichtet:

»Es wunderte mich, welche Zärtlichkeit er seinen Schülern, den Jungen, wie ich sie nannte, entgegenbrachte. Er sorgte für sie, nahm sich alles zu Herzen, was sie betraf. Und einmal machte er mich auf die greise Bäuerin Wlaßowa aufmerksam, die im Dorfe wohnte. Sie lag bereits zehn Jahre gelähmt zu Bett, in einem engen, schmutzigen Blockhaus. Sie erfreute sich vollkommener Geistesfrische und erzählte mir anregend von alten Zeiten. Aber wenn ich aus ihrer Stube in die frische Luft hinaustrat, spürte ich, daß meinen Kleidern der Geruch von Zwiebeln, frischgebackenem Brot, Dünger und andere Düfte entströmten, und oft brachte ich unversehens eine der verhaßten roten Schaben oder etwas noch Schlimmeres als eine Schabe mit nach Hause. Als ich mich bei Leo Nikolajewitsch darüber beklagte, erwiderte er lachend: ›Ach, wie prächtig! Bitte, geh nur öfter hin‹!«

Diese Sympathien bleiben aber einstweilen latent. Willig folgt er Tanja der Festlichen in ihre, seine frühere Welt, die durch »sie« wieder seine Welt wird. Es ist die vornehme Welt der Grafen Tolstoi, der Fürsten Wolkonskij, der Verwandten seiner Frau, Islenew, die ebenfalls vornehmster Abstammung sind. Der Liebestrieb »würgt« ihn, und Tolstoi ergießt sein ungestilltes Verlangen und sein Gefühl zu seiner Schwägerin im Laufe mehrerer Jahre in den Roman »Krieg und Frieden«.

In den ersten Tagen ihrer Ehe hatte die Gräfin an Tanja, sich an beide Schwestern richtend, geschrieben: »Mädels, ganz im geheimen – gebt's nicht weiter – will ich Euch sagen: Ljowotschka wird uns vielleicht schildern, wenn er fünfzig Jahre alt geworden ist.«

Und die erste der drei Schwestern, die er in seinem Werke darstellt, ist »Tanja die Feurige«, die im Roman Natascha Rostowa heißt. Er hat es Tanja selbst gesagt, und sie meldet es ihrem Freunde Poliwanow (der von dem Hause der Jugendgeliebten nicht hat lassen können), als sie ihm über die Frauengestalten in »Krieg und Frieden« schreibt: »Lisa ist Wera; Sonja ist nicht vorhanden. Es ist Tantchen Tatjana Alexandrowna und ihr Äußeres, mit dem langen Zopf, das er schildert. Über Natascha – da hat er mir direkt gesagt: ›Ich stelle dich (in ihr) in Lebensgröße dar‹.«

So überwindet er episch, in dichterischem Schaffen die Schwierigkeiten seines Ehelebens, indem er seine durch die Gattin enttäuschte Liebe auf deren Schwester überträgt.

Sein Eheleben wird dadurch natürlich nicht glücklicher, im Gegenteil. Naturgemäß verschlechtert sich auch sein krankhafter Zustand, wenn er auch – wohl infolge von Tanjas Ankunft – stillschweigend seine Absicht aufgegeben hat, in den Krieg zu gehen, das heißt, einem Mißerfolg sich durch die Flucht zu entziehen, wie er immer tat, wenn ihn das Leben enttäuschte.

Im ersten Ehejahre findet er Trost in der Heraufbeschwörung seiner einstigen Liebe zu Marianna in den »Kosaken«. Sein Gefühl für Aksinja, der Schmerz, den ihm ihre Unerreichbarkeit geschlagen, ist noch zu frisch, um geschildert zu werden. Durch Tanjas Gegenwart und seine heimliche Liebe zu ihr findet er aus der Sackgasse heraus; er widmet sich ganz seiner großartigen Familienchronik. Das ganze Geschlecht der ihm blutsverwandten Tolstoi, Wolkonskij und der Islenew um 1812 ersteht in lebendiger Prägung. Das Schaffen ist ihm Rausch, auch beruhigt es die immer häufiger und heftiger auftretenden Kopfschmerzen. Seine Frau fühlt sich durch diese so beunruhigt, daß sie sich (am 8. Juni 1864) an ihren Vater mit der Bitte um seinen ärztlichen Rat wendet. Dr. Behrs' Antwort ist reichlich naiv; er schreibt seiner Tochter:

»Warum beunruhigst Du Dich, mein Täubchen, über die Anfälle von Blutandrang zum Kopf, an denen, nach Deinen Worten, Dein Mann leidet. Nach dem Ohrensausen zu urteilen und der Schläfrigkeit, die ihn zuweilen überkommt, führe ich das einfach auf gestörte Schweißabsonderung zurück; wahrscheinlich geht er jeden Tag barfuß oder überhaupt mangelhaft bekleidet ins Freie hinaus, besonders des Morgens, und unterbindet so durch den Einfluß der Kälte die Schweißabsonderung der Füße oder läßt sie sogar naß werden. Schau zu, daß er das nicht macht, und gib ihm weder Schnaps noch Bier zu trinken, was er ja freilich wohl auch so kaum tut. All dieser Dreck würde sein Nervensystem nur noch stärker reizen, das sich auch so schon immer in übererregtem Zustand befindet.«

Auch vor Tanjas aufmerksamem Blick bleibt ihres Schwagers Krankheit nicht verborgen. In ihrem Bericht über das Jahr 1865 sagt sie:

»Bei Anbruch des schönen Wetters bemerkte ich, daß Leo Nikolajewitschs gute Stimmung zurückkehrte, die Kopfschmerzen und überhaupt die Klagen über Unwohlsein hörten auf. Er war tätig, obwohl er nicht viel schrieb und sich bereits weniger mit der Landwirtschaft befaßte ,… Fast täglich fuhr ich mit Leo Nikolajewitsch auf die Jagd mit Windhunden ,…

Er hatte Kopfschmerzen und war zuweilen gedrückter Stimmung; Vater schrieb ihm, er litte wohl an einer Leberstörung. Jedoch diese Stimmungen kamen und gingen, so daß man nicht mit Bestimmtheit sagen kann, er wäre finster gewesen; es stak doch wohlgemute Zuversicht und unerschöpfliche Lebensfreude in ihm.«

Die Kopfschmerzen hingen von seinem Sexualleben ab, von »Ebbe und Flut« der Liebe zu seiner Frau. Zusammen mit der Flut, dem Ansteigen der immer wieder enttäuschten Liebe wurden auch die Kopfschmerzen heftiger und es stellte sich »gedrückte Stimmung« ein. Ein Abebben seines Gefühls zu seiner Frau und der damit verbundene Fortfall sexueller Reizung brachte zeitweilige Beruhigung und Lebensfreude mit sich, führte aber zu immer größerer Entfremdung der Gatten.

Tolstois Tagebücher werden in dieser Zeit unregelmäßig geführt, die Eintragungen sind dürftig, zurückhaltend. Über sein persönliches Leben schweigt er sich aus. Bei einsetzender Annäherung an seine Frau trägt er Vermerke ein, wie: »Ich bin so glücklich wie nur einer unter Millionen«, in Augenblicken der Depression dagegen: »Zwischen Sonja und mir immer Kälte«, »Zwischen Sonja und mir etwas Feindseliges«. Ende 1865 verstummt sein Tagebuch auf ganze dreizehn Jahre, bis ihn endlich seine Verzweiflung, die mit ungeheurer Macht durchbricht, ihn wieder zu Selbstbekenntnissen im Tagebuch treibt.

Die so ungleichen ehelichen Beziehungen spiegeln sich ebenso auch in Sofia Andrejewnas Tagebuch. Wir haben bereits ihre. Eintragung vom 22. September 1863 angeführt, in der sie das Fazit ihres ersten Ehejahres zieht und erklärt, er solle keine Kinder mehr von ihr haben; sie trägt sich also mit dem Gedanken, sich ihm zu verweigern.

Am 7. Oktober 1863 vermerkt sie: »Wir sind einander irgendwie fremder geworden. Die Krankheit und das Kind haben mich von ihm entfernt, und das ist der Grund, weshalb ich ihn nicht verstehe.«

28. Oktober: »Irgendwie ist etwas in mir nicht in Ordnung, und immer fühle ich mich bedrückt. Es ist, als wäre unsere Liebe vergangen und nichts übriggeblieben. Er ist kalt, fast ruhig, viel, aber nicht freudig beschäftigt.«

13. November: »Seit einiger Zeit fühle ich, daß ich nicht mehr das für ihn bin, was ich war; daß ich verlassen bin. Und ich rege mich darüber, Gott sei Dank, nicht auf, wie es früher der Fall war, sondern bin abgestumpft; aber mich macht nichts mehr fröhlich und nichts bewegt mich. Was mit mir ist, weiß ich nicht. Ich weiß aber, daß mein Gefühl mich nicht täuscht.«

24. Dezember: »Und ich bemühe mich, jedes junge Gefühl zu unterdrücken: so unangebracht und seltsam erscheint es in dieser verstandeskühlen Umgebung. Wie sollte man da auch lieben, wo alles so ruhig, vernunftgemäß, geruhsam vor sich geht! So eintönig, und dazu noch lieblos. Man hat zu nichts mehr Lust. Ich klage, als wäre ich unglücklich. Ja, ich bin unglücklich – er liebt mich nur wenig. Er hat mir das gesagt, und ich wußte es ja auch schon vorher. Ich bekomme ihn so wenig zu sehen und habe solche Angst vor ihm, daß ich nicht weiß, wieweit ich ihn liebe.«

25. Februar 1865: »Er ist ausgefahren, er weilt jetzt nur selten bei mir. Dunjascha (ihre Zofe) sagt, der Graf sei alt geworden. Ob das wohl stimmt? Er ist jetzt niemals fröhlich. Oft wirke ich verstimmend auf ihn. Das Schreiben beschäftigt ihn, freut ihn aber nicht. Sollte er denn wirklich jede Fähigkeit verloren haben, sich zu freuen und fröhlich zu sein?«

8. März: »Ljowa ist sehr gut, gegen mich aber kalt und gleichgültig. Ich fürchte zu sagen, daß er mich nicht liebt. Das quält mich beständig und daher kommt die Unentschlossenheit und Scheu in meinem Verhalten zu ihm. Weil ich sehe, daß Ljowotschka so kalt zu mir ist und so oft aus dem Hause verschwindet, kommt mir der Gedanke, ob er nicht zu A. (Aksinja) geht.«

Die Eintragungen sprechen für sich. Wenn Tolstoi nicht in der Wirtschaft beschäftigt ist oder mit seiner Schwägerin umherirrt, zieht er sich in das Blockhäuschen im Walde, am Bienengarten zurück. Im Hause herrscht Langeweile, Eintönigkeit, Lieblosigkeit. Seine Gattin bekommt ihn so selten zu Gesicht, daß sie fürchtet, er habe den Verkehr mit Aksinja wieder aufgenommen. So groß ist ihre Eifersucht, daß die Gräfin – wie sie später dem Sekretär ihres Mannes W. F. Bulgakow gesteht – oft stundenlang, als Bäuerin verkleidet, im Park und in dem anstoßenden Wald in der Erwartung umherschweift, ihr Mann würde sie bemerken und in der Meinung, es sei die Geliebte, sie anrufen. Sie habe bloß erfahren wollen, wie er die Bäuerin nenne, erklärt sie ausweichend. So weh tut die Wunde, die seine Leidenschaft zu Aksinja ihr geschlagen, und so wenig ist sie seiner Liebe sicher. Seine Kälte macht sie leiden. Sie schreibt ins Tagebuch:

9. März 1865: »Immer noch die gleiche Kälte seitens Ljowotschkas. Ljowotschka vernichtet mich ganz durch seine völlige Gleichgültigkeit und das Fehlen von jeglicher Anteilnahme an allem, was mich betrifft.«

10. März: »Ljowotschka hat Kopfschmerzen, ist nach Jaßenki geritten. Er hat mich geküßt, und das ist schon lange nicht vorgekommen. Alles wird durch den Gedanken vergiftet, daß er schon lange nicht mehr mit mir l ,…«

Hier haben wir das Eingeständnis der Gattin selbst, daß der angeblich so unermeßlich glückliche Ehemann nicht nur den ehelichen Verkehr mit seiner Frau zuweilen »lange« Zeit ganz einstellt, sondern auch sonst so wenig zärtlich zu ihr ist, daß sie schon einen Kuß als seltenes Ereignis im Tagebuch verzeichnet.

16. März: »Seit dem Aufstehen ist Ljowotschka immer noch von Hause fort. Wo ist er? Was hat er?«

20. März: »Vor Ljowotschka komme ich mir vor wie ein räudiger Hund. Ich störe ihn aber nicht, zumal er selber mich ja gar nicht beachtet. Es tut weh, ich bin ihm nichts. Als ich heute eine Rezension der »Kosaken« las und seines Romans (»Krieg und Frieden«) ist mir wieder zum Bewußtsein gekommen, daß ich der Abschluß von allem bin, während Leben, Liebe, Jugend, all das für Kosakenmädchen und andere Frauen war. All meine Hilfsmittel und Möglichkeiten, um mich ihm anzugleichen, sind die Kinder, Energie, Jugend und daß ich ihm eine gesunde, gute Frau sei. Eben bin ich für ihn ein räudiger Hund.«

23. März: »Ljowotschka ist zum Arzt nach Tula gefahren. Ljowotschka beschäftigt sich andauernd mit der Viehzucht, während der Roman (»Krieg und Frieden«) bisher ohne besondere Begeisterung geschrieben wird.«

1. April: »Ljowotschka klagt immerfort über seinen merkwürdigen Gesundheitszustand, über Blutandrang, Verdauungsstörungen, Ohrensausen. Er sagt, er lebe infolge seines mangelhaften körperlichen Befindens nur halb.«

3. Mai: »Heute ist alles zusammengebrochen. Mit Ljowa habe ich mich gezankt, ich bin böse, nicht sanft, ich will mich bessern. Auf Tanja bin ich böse, sie drängt sich zu sehr in Ljowotschkas Leben ein. Zusammen nach Nikolskoje, auf der Jagd, beim Reiten, beim Wandern. Gestern kam meine Eifersucht zum erstenmal zum Durchbruch. Sie sind auf dem Schnepfenstrich im Walde, ganz allein. Weiß Gott, was mir nicht alles in den Sinn kommt.«

Das ist das Leben der jungen, zwanzigjährigen Frau. Ihr Gatte begegnet ihr mit Kälte, Gleichgültigkeit, sie ist ihm »nichts«, er meidet sie, flieht sie wie »einen räudigen Hund«; sie hat »Angst« vor ihm; sie leben kaum noch miteinander. Sein neurotischer Zustand hat sich so verschlimmert, daß er zum Arzt in die Stadt fährt. Die »merkwürdige« Krankheit des kräftigen, hünenstarken Menschen, die ihn »nur halb« leben läßt, erscheint dem damaligen Wissen so seltsam und unbegreiflich, daß niemand sie zu deuten vermag.

So sieht das verdüsterte Eheleben der Gatten während der Jahre der Arbeit an den »Kosaken« und an »Krieg und Frieden« in Wirklichkeit aus, das die Tolstoi-Biographen als Gipfel menschlichen Glücks darstellen, während die Entfremdung zwischen dem Ehepaar erst nach Tolstois Wandlung, nach der sogenannten »Krise« eingetreten sein soll. Die Entfremdung wird also als Folge der Umstellung erklärt, der die Gräfin nicht zu folgen vermochte. In Wirklichkeit führte die sexuelle Divergenz der Gatten vom ersten Tage an zu jener Tragödie ihres Ehelebens, jener Tragödie des Schlafzimmers, über die Tolstoi noch als alter Mann so schmerzlich klagt.

Der beständige Zweifel an der Liebe des Partners angesichts der Unzulänglichkeiten ihrer Ehe führen nicht nur bei der Gräfin zu Eifersuchtsausbrüchen, sondern auch bei dem Gatten. In jedem männlichen Wesen, das der Zufall ins Haus führt, wittert er jenen gefürchteten Menschen, der seiner Frau »vollkommen wert« sei, der sie glücklich machen könnte. So ist er auf Erlenwein, den Schullehrer, eifersüchtig, ja auf einen harmlosen jungen Mann, der in Jasnaja Poljana einen Besuch macht. In Tolstois Tagebuch nehmen die unschuldigsten Dinge unter dem Einfluß der Eifersucht ungeheure Ausmaße an. Er leidet, beruft sich auf sein bisher unbeflecktes Eheleben, gibt sich Mühe, der Gattin gegenüber »gerecht« zu bleiben:

»Ich suche unwillkürlich, wie ich dich verletzen könnte. Das ist schlecht und wird vorübergehen, aber sei mir nicht böse: ich kann nicht anders als dich lieben ,…« »Heute hat der Umstand, daß sie offensichtlich Vergnügen daran findet, mit Erlenwein zu plappern und seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, mich plötzlich auf die frühere Höhe der Gerechtigkeit und Kraft gehoben. Sie braucht bloß dies durchzulesen und zu sagen: ›Ja, ja, ich weiß, es ist Eifersucht!‹ und mich noch zu beruhigen und noch etwas zu tun, damit ich ruhig werde, auf daß ich wieder in all die mir von Jugend an so verhaßte Spießigkeit des Lebens hinabgestoßen werde. Ich lebe in ihr nun schon neun Monate. Fürchterlich! Ich bin Spieler und Trinker. Ich berausche mich an Wirtschaftseifer und habe neun unwiederbringliche Monate vergeudet, die die besten hätten sein können, die ich aber fast zu den schlechtesten meines Lebens gemacht habe. Was will ich? Glücklich leben, das heißt, von ihr und mir geliebt werden, – ich aber hasse mich all diese Zeit ,…« »Daß ihr ein anderer Mensch, auch der nichtigste, angenehm sein kann, ist mir verständlich und darf mir nicht als ungerecht mir gegenüber erscheinen (wie unerträglich es auch ist), weil ich ja diese neun Monate der allernichtigste, schwächste, unsinnigste und gemeinste Mensch bin ,…«

Ein der ganzen Familie gut bekannter, wohlerzogener, durchaus ehrerbietiger junger Mann, ein gewisser Pissarew wird, wie uns Tanja berichtet, von dem eifersüchtigen Gatten ohne jeglichen Anlaß schlechtweg hinausgeworfen: er läßt dem verblüfften Gast in der Morgenfrühe melden, der Wagen stehe zu seiner Abreise bereit. Diesen tragikomischen Vorfall schildert Tolstoi später in »Anna Karenina«, wo der junge Mann Wassenka Wesselowskij heißt.

Als später auch die Gräfin Alexandra Andrejewna von den Schatten erfährt, die Ehe und Leben der Tolstois verdüstern, antwortet sie auf Sofia Andrejewnas Erklärung, daß »Lewin« (in dem bekanntlich »Lew« Tolstoi sich selbst in »Anna Karenina« dargestellt hat) »zur Rettung seines Eheglücks sogar imstande sei, einen Menschen zu töten«, am 22. Mai 1877: »Mit solch flachen Mitteln läßt sich nichts retten.«

Auch die Gattin sieht überall Grund zur Eifersucht. Daß sie, als Bäuerin verkleidet, seinen Beziehungen zu Aksinja nachspürte, haben wir bereits erwähnt. Wie er in jedem Manne den Nebenbuhler, so fürchtet sie in jedem Weibe die Nebenbuhlerin. Als Tolstoi mit einer gewissen Marja Iwanowna, der Frau des Verwalters, unter deren Balkon spricht, verzehrt sich die Gräfin in Eifersucht und schreibt ins Tagebuch:

22. Juli 1865: »Heute ist Ljowa unter irgendeinem Vorwand in jenes Haus gegangen ,… und hat sich mit ihr unter ihrem Balkon unterhalten. Wozu war es nötig, bei Regen in jenes Haus zu gehen? Sie gefällt ihm, das ist klar, und es macht mich verrückt. Gegen mich ist er maßlos kalt.«

24. Juli: »Heute war Ljowotschka wieder in jenem Hause und erklärte daraufhin teilnahmsvoll, sie habe Langeweile.«

Seit der Geburt ihres Sohnes Ilja haben die Gatten getrennte Schlafzimmer, was Sofia Andrejewna als Anlaß zu weiterer Entfremdung bedauert: »Wären wir beisammen, so würde ich es nicht aushalten und ihm noch heute abend alles heraussagen, was sich in mir angehäuft hat; nun aber gehe ich nicht hin zu ihm, und so ist es auch mit ihm«, vermerkt sie am 19. Juli im Tagebuch. So verschließen sie sich immer tiefer in sich selbst, in ihr Leid, und was früher durch gegenseitige Aussprache zuweilen noch teilweise geklärt wurde, bleibt unausgesprochen und sammelt sich von Tag zu Tag als trübender Bodensatz an.

Ihr Zusammenleben beschränkt sich meist auf rein äußerlichen Verkehr, jeder Annäherungsversuch bringt nur neuen Schmerz und verschärft die gegenseitige feindselige Abneigung. In der »Kreutzersonate« berichtet er:

»Im vierten Jahre waren beide Parteien ganz von selbst zur Erkenntnis gelangt, daß wir uns nicht verstehen, nicht einigen können. Daher gaben wir die Versuche auf, eine restlose Aussprache herbeizuführen. Über die gewöhnlichsten Dinge, besonders wenn es sich um die Kinder handelte, blieb jedes unentwegt bei seiner eigenen Meinung. Die Anschauungen, die ich verteidigte, waren mir keineswegs so teuer, daß ich sie nicht hätte aufgeben können; aber sie war anderer Meinung, und nachgeben hieß ihr nachgeben. Das aber konnte ich nicht und sie ebensowenig. Sie glaubte wahrscheinlich, daß sie mir gegenüber immer im Recht sei, und ich selbst war in meinen eigenen Augen geradezu ein Heiliger ihr gegenüber. Wenn wir miteinander allein waren, waren wir fast zu völligem Schweigen verdammt oder zu einer Art von Gesprächen, wie sie sicherlich auch die Tiere untereinander führen können. ›Wieviel ist die Uhr? ,… Es ist Zeit, schlafen zu gehen ,… Was gibt es heute zu Mittag? ,… Wo fahren wir hin? ,… Was steht in der Zeitung? ,… Man muß den Arzt holen, Mascha hat Halsschmerzen ,…‹ Es genügte, daß wir auch nur um eines Haares Breite aus diesem unglaublich eng gewordenen Kreise von Gesprächsstoffen heraustraten, und sofort flammte gereizte Feindseligkeit auf. Es kam zu Zusammenstößen und Haßausbrüchen wegen des Kaffees, des Tischtuchs, des Wagens, einer falsch ausgespielten Karte beim Whist – lauter Dinge, die weder für den einen noch für den anderen irgendwelche Bedeutung hatten. In mir wenigstens kochte ein fürchterlicher Haß gegen sie! Ich beobachtete manchmal, wie sie Tee einschenkte, mit dem Fuß wippte, den Löffel an den Mund setzte, die Flüssigkeit einschlürfte – und ich haßte sie eben dafür wie für das schlimmste Verbrechen.

Ich merkte damals nicht, daß die Perioden der Feindseligkeit bei mir ganz regelmäßig und pünktlich eintraten, in vollständiger Übereinstimmung mit den Perioden der Liebe oder dessen, was wir Liebe nannten: eine Periode der Liebe wurde durch eine Periode der Feindseligkeit abgelöst und auf eine besonders heftige Periode der Liebe folgte eine sehr lange Periode der Feindseligkeit. Damals begriffen wir nicht, daß sowohl Liebe als Feindseligkeit nur verschiedene Seiten desselben tierischen Gefühls waren. Es wäre entsetzlich gewesen, so zu leben, wenn wir unsere Lage begriffen hätten; aber wir begriffen und sahen nicht. Darin liegt zugleich Rettung und Heimsuchung des Menschen: wenn er verkehrt lebt, so vermag er sich etwas vorzutäuschen, um das Furchtbare seiner Lage nicht zu sehen. So machten wir es auch. Sie suchte Vergessen in anstrengender, immer dringender Tätigkeit: in der Sorge um den Haushalt, die Wohnungsausstattung, ihre Toiletten und die Kleidung der Kinder, deren Unterricht und Gesundheit. Ich hatte andere Rauschmittel: Beruf, Jagd, Kartenspiel. Wir waren beide unausgesetzt beschäftigt. So lebten wir in einem ewigen Nebel, ohne die Lage zu erfassen, in der wir uns befanden. Wir waren zwei Sträflinge, die mit einer Kette einander geschmiedet, einander hassen, sich gegenseitig das Leben vergiften und sich bemühen, einander zu übersehen.«

Die Nerven der Gatten sind so überreizt, die innere gegenseitige Abneigung macht sich so rücksichtslos spürbar, daß auch die Gräfin mit gleicher Offenheit vermerkt:

»Ich bin für ihn ein störender Gegenstand, wenn er mich nicht zu seiner eigenen Befriedigung braucht. Ungeheuer qualvoll sind für mich diese Tage des Ekels vor der Körperlichkeit meines Mannes, aber ich kann nicht, kann mich nicht daran gewöhnen; nie werde ich mich an Schmutz, an Geruch ,… (zwölf Worte sind ausgelassen) gewöhnen können.«

Liebende pflegen die gegenseitigen Gerüche nicht zu bemerken oder empfinden sie als Reiz, bei sexueller Divergenz aber wirkt alles abstoßend. Psychisches und Physisches läßt sich nicht mehr trennen, so sehr das ethische Bewußtsein der Gatten danach auch streben mag, und ihr Eheleben wird zur Qual zweier aneinander geschmiedeter Sträflinge.

Zeiten friedlicheren Zusammenlebens wechseln mit erneuten Zusammenstößen. Sofia Andrejewna vermerkt:

29. August 1867: »Wir haben uns gezankt, nichts ist vergangen.«

12. September: »Immer das gleiche. Ist es denn möglich, daß man das alles ertragen kann!«

16. September: »Heute morgen sprachen wir über die Wirtschaft, als wären wir eins, so freundschaftlich und einig, während wir doch jetzt nur selten überhaupt über irgend etwas miteinander reden.«

So verlief in Wirklichkeit das Eheleben der Tolstois in den Jahren der Arbeit an »Krieg und Frieden«.

Die unwillkürlichen Haßausbrüche, ohne jeglichen äußeren Anlaß, überfielen den Gatten so jäh und waren so heftig, daß sie an momentane Geistesstörungen, an Tobsuchtsanfälle erinnern; die Ursachen lagen so tief verborgen, daß diese Ausbrüche völlig unerklärlich blieben. Der mächtige Sexualtrieb des Mannes, nur immer stärker gereizt, niemals befriedigt, entlud sich in solchen jähen Wutanfällen. Die beständige schöpferische Spannung fand keine Beruhigung, ebbte nicht ab in lösendem Sexualverkehr, sondern das übermüdete Hirn, erhitzt durch die Darstellung lebender Menschen mit ihren sinnlichen Leidenschaften und der zeugenden Natur, geriet in einen überhitzten, anormalen Zustand.

Sein ganzes gewaltiges Temperament verströmt Tolstoi in sein Schaffen. Da er in der Wirklichkeit nie Beruhigung fand, nur immer nach ihr strebte, mußte er auch immer arbeiten, da sich ihm in der Arbeit die einzige Möglichkeit der Entspannung bot. So findet er die Kraft, die ungeheure Nerven- und Geistesenergie, um ein so großartiges, weltenumfassendes Werk wie »Krieg und Frieden« zu schreiben. Die Arbeit ist ihm Rausch, sie rettet ihn vor Selbstmord und Wahnsinn. In leidenschaftlichem Ungestüm gibt er sich ganz dem Schaffen hin. Darum liegt, nach einem Wort Turgenjews, der größte Vorzug seiner Werke darin, daß sie »den Duft des lebendigen Lebens« in sich tragen. Sie sind sein Fleisch und Blut. Gelingt die Entspannung nicht, so kommt es zu Wutanfällen ohne jeden äußeren Anlaß. Einen solchen Zornausbruch schildert Tanja; ihr Bericht bezieht sich auf das Jahr 1867.

»Sonja erzählte mir, daß sie oben in ihrem Zimmer vor der Truhe auf dem Fußboden saß (sie war in andern Umständen) und Bündel von Flicken ordnete; Leo Nikolajewitsch trat ein und sagte:

›Warum sitzt du auf dem Fußboden? Steh auf!‹

›Gleich, ich will nur zuerst alles wieder einkramen.‹

›Ich sage dir doch, sofort sollst du aufstehen!‹ schrie er sie laut an und schritt in sein Arbeitszimmer. Sonja begriff nicht, weshalb er so böse geworden war. Das hatte sie verletzt, und sie ging zu ihm. Ich vernahm in meinem Zimmer die gereizten Stimmen der beiden, horchte hin, verstand aber nichts, als ich plötzlich etwas fallen, zerbrechendes Glas krachen und den Ausruf hörte:

›Geh weg! Geh weg!‹

Ich öffnete die Tür. Sonja war bereits nicht mehr da. Auf dem Fußboden lag zerbrochenes Geschirr und ein Thermometer, das an der Wand gehangen hatte. Leo Nikolajewitsch stand inmitten des Zimmers, bleich, mit zitternder Unterlippe. Seine Augen starrten auf einen Punkt. Mitleid und Entsetzen überkamen mich; ich hatte ihn noch nie in solcher Verfassung gesehen. Ich sagte ihm nichts, sondern eilte zu Sonja. Sie befand sich in einem sehr kläglichen Zustande. Geradezu wie eine Irre wiederholte sie immer wieder: ›Wofür das? Was ist mit ihm?‹ Erst nach einer Weile berichtete sie: ›Ich ging in sein Arbeitszimmer und fragte ihn: ›Ljowotschka, was hast du?‹ – ›Geh weg, geh weg!‹ schrie er mich erbittert an. Ich trat verständnislos, in Angst und Bangen auf ihn zu, er schob mich aber mit dem Arm beiseite, ergriff das Tablett mit Kaffee und Tasse und schmetterte alles auf den Fußboden. Ich umklammerte seine Hände. Er wurde wütend, riß das Thermometer von der Wand und schmiß es auch auf den Fußboden.‹

Sonja und ich haben nie begreifen können, was ihn zu solcher Raserei gebracht hatte.«

Dieser Vorfall blieb Tolstoi unvergeßlich, weshalb er ihn in die »Kreutzersonate« einfügte:

»Nachdem ich einmal meiner Wut freien Lauf gelassen, schraubte ich mich an ihr hoch; ich wollte noch etwas ganz Außerordentliches tun, worin der Höhepunkt meiner Raserei Ausdruck fände. Ich hatte furchtbare Lust, meine Frau zu schlagen, zu erschlagen, wußte aber, daß dies unmöglich sei. Um nun aber doch meine Wut auszutoben, ergriff ich einen Briefbeschwerer vom Tisch, schrie noch einmal: ›Geh weg!‹ und schleuderte ihn an ihr vorbei auf den Fußboden. Ich hatte sehr scharf an ihr vorbeigezielt. Da ging sie hinaus, blieb aber in der Tür stehen. Und nun, solange sie es noch sehen konnte (ich tat es in der Absicht, daß sie es sähe), griff ich nach Sachen vom Tisch – Leuchter, Tintenfaß – und schmetterte sie auf den Boden. Dabei schrie ich immer wieder: ›Geh weg! Pack dich! Ich stehe für nichts ein!‹ Sie ging, und ich hörte sofort auf.

Nach einer Stunde kam das Kindermädchen und meldete, daß meine Frau einen Weinkrampf habe. Ich ging zu ihr; sie schluchzte, lachte, konnte kein Wort hervorbringen, und zitterte und zuckte am ganzen Leibe. Sie verstellte sich nicht. Sie war wirklich krank.«

Dank dem Bericht eines so ehrlichen Menschen, wie es »Tanja« war, erhalten auch die Wutausbrüche, die in der »Kreutzersonate« geschildert sind, ganz anderen Sinn und andere Bedeutung. In diesem krankhaften Werk spricht er unbewußt den wahren Grund seines Unglücks aus:

»Das Entsetzliche war, daß ich mir das unbegrenzte, unanfechtbare Recht auf ihren Körper zusprach, als wäre es mein eigener Körper, und doch zugleich fühlte, daß ich über diesen Körper keine Gewalt habe, daß er nicht mir gehört, und daß sie über ihn verfügen kann, wie sie will, aber nicht so über ihn verfügen will, wie ich es wünsche. Ich wünschte, daß sie nicht wollen sollte, was sie wollen mußte. Es war vollkommener Wahnsinn. Ihre Nähe erfüllte mich mit solchem Haß gegen sie, daß ich vor mir selbst Angst hatte.

Sie war in der Vorstellung erzogen worden, daß es in der Welt nur eins gibt, was der Aufmerksamkeit wert ist, die Liebe. Sie hatte geheiratet, hatte etwas von dieser Liebe genossen, aber bei weitem nicht alles das, was sie sich versprochen, was sie erwartet hatte, ja auch noch schwere Enttäuschungen und Leiden auf sich nehmen müssen, und auch diese unerwartete Qual, die vielen Kinder.«

Während Tolstoi die Ursachen und Auswirkungen seines Ehedramas angibt, finden wir bei ihm nirgends einen Hinweis auf seine Kopfschmerzen. Offenbar hielt er seine Migräne für ein rein körperliches Leiden, das in keinerlei Zusammenhang mit sexuellen Vorgängen stehe. Auch die Ärzte waren ratlos und vermochten ihm nicht zu helfen. Trotzdem darf man wohl annehmen, daß er im Unbewußten die Abhängigkeit dieses Leidens von dem sexuellen Unbefriedigtbleiben spürte und dies mit ein Grund war, weshalb er in der »Kreutzersonate« gegen Ehe und Geschlechtsverkehr wütet; hier bekennt er:

»Alles kam daher, weil zwischen uns jener entsetzliche Strudel kochte, jener furchtbar angespannte gegenseitige Haß, bei dem der geringste Anlaß eine Krisis entfesselte. Die Zusammenstöße zwischen uns waren schließlich geradezu grauenhaft geworden und schienen umso ungeheuerlicher, als sie mit ebenso heftigen Ausbrüchen tierischer Leidenschaft wechselten.«

Alle Versöhnungsbemühungen auf beiden Seiten führten immer wieder nur zu neuen Enttäuschungen. Er fährt fort:

»Endlich Versöhnung. Nein, keine Versöhnung: in beider Seele ist die alte Erbitterung gegen den andern geblieben; dazu ist nun aber noch der Ärger über den Schmerz gekommen, den dieser Zank verursacht hat und den jeder auf Rechnung des andern setzt. Derartige Zusammenstöße und noch viel schlimmere gab es unausgesetzt, manchmal jede Woche, manchmal nur jeden Monat, mitunter aber auch täglich.« Dann bestanden die Beziehungen der Gatten nur in einem äußeren Nebeneinanderleben.

Diese Phasen von Liebe und Haß, von Ebbe und Flut in der Liebe währen bald längere, bald kürzere Zeit. So herrscht vom August 1866 bis zum gleichen Monat des nächsten Jahres eine Zeit verhältnismäßig friedfertigen Zusammenlebens; ein »Waffenstillstand« ist eingetreten, wie er in der »Kreutzersonate« sagt. Wenn es in solchen Zeiten wohl auch zu Zänkereien zwischen den Gatten kam, so waren sie offenbar nicht gar so heftiger Natur, wurden nicht gar so schmerzlich empfunden, zumal Tolstoi ein Alleinsein mit seiner Frau nach Möglichkeit vermied, in dem Bestreben, Zusammenstößen um ein Nichts auszuweichen. Er flüchtete in schriftstellerische Arbeit oder in wirtschaftliche Tätigkeit. Im Herbst 1867 aber entladen sich neue Gewitterstürme. Die Gräfin schreibt in ihr Tagebuch: »Wir haben uns gezankt, nichts ist vergangen.« Auch die von »Tanja« geschilderte Szene bezieht sich wohl auf diese Zeit.

Ein beachtenswerter Umstand ist die Tatsache, daß bei jeder Trennung die Gatten sich nicht genug tun können in überströmender Zärtlichkeit und sich in Sehnsucht nacheinander verzehren. Sie vergessen ihre Zwistigkeiten nicht, vergeben sie aber einander in ihrer Liebessehnsucht. Sie hoffen, wenn sie jetzt wieder zusammenkommen, würde alles anders werden, ein Wunder geschehen und sie das glücklichste Paar auf Erden sein. Denn beide »Sträflinge«, aneinandergekettet durch gemeinsames Leid, Ehe, Kinder, können ohne einander nicht mehr leben.

Mitte November 1864 hatte er auf der Jagd durch einen Sturz seines Pferdes den rechten Arm gebrochen und verrenkt und reiste zur Operation nach Moskau. Rührende Besorgtheit spricht aus jedem Wort der Gattin in diesem Brief an die Schwester Tanja, den sie dem Kranken bei seiner Abreise mitgab:

»Ich bitte dich, sorge für ihn, ich gebe ihn in deine Obhut. Halte ihn recht stramm, damit er sich nicht erkältet, nicht zuviel ißt, sich den Arm ordentlich einrenken läßt. Bitte, mein Täubchen, weiche nicht von seiner Seite, singe ihm vor, er liebt es so sehr, gib ihm nach dem Mittagessen Eingemachtes und paß auf, daß Stjopa (Stephan, der neunjährige Bruder der Gräfin) ihn nicht stört, besonders wenn er schreibt oder sonst arbeitet. Diesen Brief zeige niemandem, er macht mich ein bißchen verlegen. Und eine weitere Bitte, meine liebe Tanja, ist diese: sorge dafür, daß mir unverzüglich nach der Einrenkung des Arms ein Telegramm gesandt wird darüber, was die Ärzte meinen. Und dann noch: wenn es Ljowa nicht möglich sein sollte mir zu schreiben, so schreibe du mir täglich über ihn und sei es auch nur ein einziges Wörtchen; um Gottes willen, tu das, mein Seelchen, ich bitte dich inständig darum, und vor allem immer die ganze Wahrheit; du mußt daran denken, daß wenn auch irgendeine Gefahr drohen sollte, ich es früher oder später doch erfahren muß und viel heftiger erschrecken würde. Jetzt rechne ich noch mit der Möglichkeit von allerlei Schrecklichem, erfahre ich von solchem aber erst später, wenn ich mich schon beruhigt habe, so wäre das viel schlimmer. Tanja, meine ganze Hoffnung ruht auf dir, daß du mich nicht betrügen wirst. Da hast du nun, mein Seelchen, schwere Verpflichtungen; erfülle um Gottes willen alles, worum ich dich bitte. Gleich bricht er auf, Tanja, ich kann nicht mehr schreiben, auch wegen meiner Verstörtheit. Mir ist so weh ums Herz, daß ich es gar nicht sagen kann. Ich küsse dich, mein Seelchen. Um Gottes willen, vergiß das Telegramm nicht. Ich wende mich an dich, weil ich mich vor allen andern schäme.«

Getrennt von seiner Frau sehnt er sich heiß nach ihr; voll Ungeduld erwartet er ihre Briefe. Am 27. November schreibt er ihr:

»Während des Mittagessens wurde geklingelt – (bloß) Zeitungen! Tanja lief immer wieder weg. Es wurde zum zweiten Male geklingelt – Dein Brief. Alle wollten ihn lesen, bettelten, mir aber war es leid, ihnen Deinen Brief zu geben. Er ist zu schön, das würden sie ja gar nicht verstehen (dachte ich); und sie haben es nicht verstanden. Auf mich aber hat er gewirkt wie gute Musik: zugleich freudig und wehmütig und angenehm und – man möchte weinen

Nach der Operation diktiert er der Schwägerin Tanja seine Briefe, schreibt selbst nur wenige Worte hinzu; so am 2. Dezember: »Lebe wohl, meine Liebe, mein Herz, mein Schatz. Ich kann nicht alles diktieren. Ich liebe Dich so heiß mit allen Lieben all diese Zeit. Mein liebes Herz. Und je mehr ich Dich liebe, umso größer ist meine Angst.«

Seine Nachschrift zu einem anderen diktierten Brief lautet: »Ach wie glücklich wäre ich jetzt, scheint mir, an Deiner Seite. Bin ich aber wieder da, so würden wir uns am Ende über irgendeine Erbse zanken. Nein, jetzt doch wohl nicht. Lebe wohl, mein liebes Herz, wie liebe ich Dich, und wie küsse ich Dich! Alles wird gut sein und kein Unglück Macht über uns gewinnen, wenn auch Du mich so lieben wirst, wie ich Dich liebe.«

Am 7. Dezember: »Heute erhielt ich Deinen in schlechter Stimmung geschriebenen Brief, aber auch er ist mir Freude und Beruhigung. Von fern liebe ich Dich auch so, in der Nähe übrigens auch. Anders kann ich Dich mir gar nicht vorstellen als mit dem Dir eigenen Wechsel von Lebhaftigkeit und Zärtlichkeit und zuweilen jener Stimmung, in der Du den Brief schriebst, die manchmal über Dich kommt und die ich immer auf körperliche Ursachen zurückführe, worüber Du Dich immer ärgerst ,… Sonnabend will ich fahren, um am Sonntag Dich zu umarmen, Du Liebe, wenn auch nur mit dem linken Arm, aber umfassen und küssen, küssen. Du meine Seele. Bloß liebe mich so, wie ich Dich liebe; dann hat nichts Macht über mich und alles ist schön.«

Von fern liebt Tolstoi seine Frau so, wie sie ist, liebt sie mit »allen Lieben«, und so heftig ist sein Liebesverlangen, daß er vor Sehnsucht nach ihr weinen möchte. Er hofft, daß die Trennung sie einander wieder näherbringt, und obwohl er fürchtet, daß sich nichts ändern kann, sucht er ihr und sich zu versichern, daß sie sich in Zukunft nicht mehr »um eine Erbse« streiten würden, und dann »wird alles gut sein«.

Andererseits aber schreit er im Operationszimmer, vom Chloroform noch nicht ganz betäubt: »Meine Freunde, so kann man nicht leben ,… Ich denke ,… Ich habe beschlossen ,…«

Offenbar quälte ihn immer der Wunsch, sein Leben zu ändern, den Leiden seiner Ehe irgendwie ein Ende zu machen, und das, was er sich nicht offen eingestehen durfte, entrang sich ihm in halb bewußtlosem Zustande.

Kurz vor jenem Unfall auf der Jagd schrieb er an Tanja nach Moskau: »Sage Dir: Sei wie eine gespannte Saite vor dir selbst ,… Wie eine gespannte Saite muß man sein ,… Eins weiß ich: je schwerer dem Menschen die Wahl im Leben wird, je schwieriger sich sein Leben gestaltet, umso fester muß man sich in der Gewalt haben, wenigstens alle Kräfte anspannen, um sich in der Gewalt zu haben, man darf sich nur nicht gehen lassen, weil in solchen Augenblicken ein Fehltritt sowohl uns als anderen teuer zu stehen kommen kann.«

Tolstoi war immer bemüht, sich in der Gewalt zu haben, und spannte alle Kräfte an, um sich nicht gehen zu lassen, war darum »wie eine gespannte Saite«. Bereits im ersten Ehejahre hatte er fortgehen wollen; vielleicht war dieser Wunsch nur verdrängt und löste sich aus dem Unbewußten, als er unter der Wirkung der Narkose die Herrschaft über sich selbst verlor.

Kaum ist er nach der Operation nach Hause zurückgekehrt, so erweist sich trotz alles Liebesverlangens, trotz der Hoffnung, es würde sich alles irgendwie einrenken und nun alles gut sein, daß sich doch nichts geändert hat und nichts gut geworden ist. In neuerwachter Sehnsucht nach »ihr« schreibt er »Tanja der Freudigen« im Februar 1865, zwei Monate nach der Trennung von dem jungen Mädchen:

»Ich kann nicht erzählen, was ich will, aber Du bist sehr jung und wirst mich darum vielleicht verstehen ,… Wie gut lebt der Mensch, und wie gut lebt es sich mit dem Menschen, der zu lieben versteht! Schreibe bitte (gleichviel, ob es wahr ist oder nicht), daß Du uns liebst – um unseretwillen. Ich habe Dorka (das Hündchen) liebgewonnen, weil sie keine Egoistin ist ,… Wie könnte man lernen so zu lieben, daß man sich immer über das Glück des andern freut! ,… Lies keinem vor, was ich da schreibe, sonst denken sie, ich wäre verrückt geworden. Ich bin eben erwacht, und in meinem Kopf ist ein Durcheinander und eine Gereiztheit, als wäre ich fünfzehn Jahre alt, und ich möchte immer begreifen, was sich nicht begreifen läßt, und gegen alle ist man zärtlich gestimmt und doch wieder gereizt ,…«

Im Hause der Schwiegereltern hat Tolstoi vier Wochen lang in unmittelbarer Nähe und unter der Obhut der »festlichen« Tanja gelebt, ihr seine Arbeit (»Krieg und Frieden«) und seine Briefe diktiert, ihre sorgsame Pflege genossen und sich in ihrer Nähe von seiner Frau erholt. In diesen Wochen, als er seine Frau »auch so liebte, wie sie war«, als er sich so heiß nach ihr, nach Küssen, Umarmungen sehnte, hatte er vielleicht das verwickelte Liebesgefühl zu seiner bevorzugten Heldin Natascha Rostowa, zu der trotz aller Nähe ewig unerreichbaren Tanja, auf seine Frau übertragen. Nach der Rückkehr aufs neue von seiner Frau enttäuscht, wendet er sich wieder ganz seiner Romanheldin zu, voller Sehnsucht nach ihrem lebenden Vorbild, Tanja der Freudigen, und sendet ihr jenen Brief, der wie eine verhüllte Liebeserklärung klingt, weshalb er sie auch bittet, sein Schreiben zu verheimlichen, da es wie Wahnsinn anmute, was er ihr sagt. In seinem Kopf herrscht ein »Durcheinander« und eine »Gereiztheit«, voll Wehmut gedenkt er der festlichen Tanja, die »zu lieben versteht«. Er fleht sie an: »Schreibe bitte, gleichviel ob es wahr ist oder nicht, daß Du uns liebst, um unseretwillen.« Wir lesen: daß Du mich liebst, sage es mir, um meinetwillen! Er weiß, seine Liebe ist hoffnungslos, er ist verheiratet, und Tanja in seinen Bruder Sergej verliebt, ihm bleibt nichts übrig, als sich »an dem Glück des andern«, der Geliebten, »zu freuen«, und das ist so schwer, daß er gar nicht weiß, wie man es »erlernen« könnte! Da ist ihm selbst wissentliche Täuschung immer noch Trost, ist immer noch besser als die schmerzliche Wirklichkeit. Seine Frau scheint ihm eine Egoistin zu sein, weil sie ihn nicht genügend heiß, nicht so liebt, wie er es ersehnt und braucht. Darum ist er geneigt, das Hündchen Dorka mehr zu lieben, weil es keine Egoistin ist.

Er fühlt sich zu Hause so einsam und allein, daß er seinen Freund I. F. Samarin um Hilfe und Beistand bittet; er schreibt ihm:

»Ich weiß nicht, wie es so gekommen ist, aber Sie stehen mir so nahe in der geistig-sittlichen Welt wie kein anderer Mensch. Mir scheint, gerade Sie sind der Mensch, der mir fehlt, ein Mensch von selbständigem Geist, der viel liebt, vor allem aber die Wahrheit sucht und nach ihr strebt. Auch ich bin solch ein Mensch. Aber ich habe es schwer so allein, und mir ist bange, und mir scheint, daß ich auf Irrwege gerate. Und ich suche nach Hilfe, und da – ich weiß nicht warum, kommen immer nur Sie mir in den Sinn.«

Dieser Brief wurde nicht abgesandt. Tolstoi arbeitet weiter an »Krieg und Frieden«. Er nähert sich dem Ende des Werkes und findet allmählich zu jener Welt zurück, in der er einst glücklich geliebt hat. Er schildert seinen Seelenzustand an Pierre Besuchow, den er mit dem Pilger und Gottesmann Karatajew zusammenbringt, einer Gestalt aus seinem Elternhause, wo die Wallfahrer ein und ausgingen. So beginnt Pierre zu denken wie dieser glaubensstarke »Wallfahrer auf Erden« – ein Begriff, der Tolstoi nahelag seit seinen Kindheitstagen. Vor seiner Frau ins Schaffen flüchtend, verwirklicht Tolstoi seine uneingestandene Liebe zu Tanja, indem er sie als Natascha Rostowa dem Grafen Besuchow zuführt, also dem Helden, in dem er sich selbst darstellt, und schließt mit ihr im Roman eine glückliche Ehe. Zugleich aber findet er, auch durch Pierre und durch Karatajew, zu dem einfachen Volke zurück, in dessen Mitte er einst glücklich war. Auf solch verwickelten Wegen führt ihn seine Sexualität wieder zu den Quellen zurück, aus denen er einst sein tiefstes Erleben geschöpft hat.

Seine Gattin, vernachlässigt und innerlich vereinsamt wie er, befolgt den Rat des Schriftstellers Sollogub, den dieser ihr 1866 gab, und wird zur Hüterin und Wahrerin des Talentes ihres Mannes; unter diesem Zeichen verläuft ihr ganzes Leben, vom zweiundzwanzigsten Jahre an. Sie hat sich mit der Kälte und Lieblosigkeit ihres Gatten abgefunden und erfüllt als »ehrlicher« Mensch ihre Pflicht als seine Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder. Voll Freude und Genuß schreibt sie immer wieder seine Manuskripte ab, die er endlos korrigiert, wartet ungeduldig auf neue Arbeiten und wacht eifersüchtig über seinem Ruhm. Die gegenseitige Entfremdung, die Zusammenstöße »wegen einer Erbse« schrecken sie nicht mehr, an seine Krankheit hat sie sich gewöhnt.

Diese verschlimmert sich so sehr, daß er »Krieg und Frieden« nur mit großer Mühe zu Ende bringt.

Ende März 1867 teilt er seinem Bruder mit: »Ich schreibe viel, mich dem Ende (von »Krieg und Frieden«) nähernd, und habe immerfort Kopfschmerzen, aber ich gebe jetzt nicht mehr acht darauf.« Auch er hat sich an diese Beschwerden gewöhnt, obwohl er, wie die Gattin in ihrem Tagebuch vermerkt, in den schlaflosen Nächten während der Arbeit an »Krieg und Frieden« »gereizt schreibt, mit Tränen und in Erregung.« Die Kopfschmerzen quälen ihn »immerfort«, und fast täglich wiederholt er ein Wort Tanjas in ihrem klagenden Tonfall: »Es zieht sich ,… Es zieht sich ,…«

Dieses Wort entstammte einem bangen Traum des jungen Mädchens während einer Erkrankung, worüber uns »Tanja« selbst berichtet:

»Am nächsten Tage, als das Fieberdelirium aufgehört hatte, fragte mich Leo Nikolajewitsch, was für Träume ich wohl gehabt hätte. Kaum imstande zu sprechen, erzählte ich ihm mit schwacher Stimme, daß ich ein endloses Feld gesehen hätte, ganz bedeckt mit dichtem, weißem Spinngewebe. Wohin ich mich auch wandte, das Spinngewebe zog sich hinter mir her, umwickelte Hals, Beine, Brust, so daß ich nicht zu atmen und nicht zu entweichen vermochte ,…

›Darum hast du auch während des Deliriums immerzu wiederholt: ›Es zieht sich ,… Es zieht sich, nehmt es von mir‹, sagte Leo Nikolajewitsch, ›und Sonja hat dich gefragt ›Was sollen wir von dir nehmen?‹ Und du warst in so kläglichem Zustand und wiederholtest immer wieder: ›Es zieht sich ,…‹ Von Spinngewebe aber hast du nichts gesagt.«

Dieser unheimliche Fiebertraum erinnert an Tolstois Wirklichkeit, was er selbst erkannt haben muß, denn noch lange Zeit später pflegte er, wenn er sich nicht wohl fühlte, auf die Frage, was er habe, mit klagender Stimme zu antworten: »Es zieht sich ,… Es zieht sich ,…«

Dichtes Spinngewebe hatte mit tausend Fäden sein Leben in qualvolles, unstillbares, ihm selbst unbegreifliches Leid eingesponnen. Klagend, verständnislos ruft er aus:

»Wo bin ich, jener, den ich selber liebte und kannte, der zuweilen ganz zutage trat und mich selbst freute und erschreckte! Jetzt bin ich klein und nichtig. Und so bin ich seit der Zeit, da ich die Frau geheiratet habe, die ich liebe.«


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