Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Zu dieser Zeit genoß Herr Torhanyi großen Ansehens in der Handelswelt. Die Leute, die sich noch der geräumigen Magazine am Donauufer erinnern, können es sagen, welche Menge von Leuten dort vom frühen Morgen bis zum späten Abend kamen und gingen, arbeiteten; hier trug man Weizen aus den Schiffen, lud denselben auf große zweiräderige Karren, dort wurden von mächtigen Streifwagen ungeheure Waarenballen abgeladen, wurden immense Fässer hin- und hergerollt, fünf, sechs Männer trugen auf ihren Schultern lange Holzkisten, schwere Wollenballen; geschäftige Spediteure gingen dazwischen mit ihren Rechnungsbüchern ab und zu, bevollmächtigte Agenten feilschten mit kleineren und größeren Händlern und im Komptoir saß eine Schaar Schreiber und schrieb vom Morgen bis zum Abend kolossale Bücher mit Zahlen voll.
Herrn Torhanyi's Geschäft steht glänzend da. Millionen sind seinen Händen anvertraut, die ganze Welt weiß es. Er hat in Allem Glück, was er beginnt, niemals klagt er über schlechte Zeiten, die schlechteste Saison bringt ihm reiche Ernte. Er kennt jedweden Zweig des Handels: er kauft und verkauft, Getreide, Wolle, Südfrüchte und Wein; er escomptirt Wechsel, handelt mit Werthpapieren und ihm schlägt alles zu Gunsten aus. Seine Spekulationen sind immer glücklich, keinerlei Waare bleibt ihm über den Hals; Manquo, Defizit, uneinbringbare Schulden sind in seinen Rubriken nicht zu finden; er versteht den Zeitpunkt wahrzunehmen, da er sich von der Hausse urplötzlich zur Baisse wenden muß und wie wenn die Glücksgöttin auch nur demjenigen zulächeln wollte, der ohnehin schon reich genug ist, macht er beinahe alljährlich den Haupttreffer irgend eines Loospapieres, so daß es wahrhaftig schon ein Skandal ist, jeden Moment zu lesen, daß Torhanyi abermals fünfzig, sechzig, achtzigtausend Gulden gewonnen; er der ohnehin nicht mehr weiß, was mit dem Gelde anfangen.
Denn wenn er nicht sehr viel überflüssiges Geld hätte, könnte er nicht derlei Sachen vollführen, wie vor einigen Jahren. Da fallirte nämlich ein Wiener Großhandlungshaus und zog auch mehrere Häuser in Mitleidenschaft; da erzählte man sich denn, Herr Torhanyi sei ebenfalls mit einigen hunderttausend Gulden mitgerissen worden und als man ihn am lebhaftesten bedauerte, kaufte er eine wüste Insel in der Mitte der Donau an, gerade seinen Magazinen gegenüber, ließ den Fluß dort auf eigene Kosten überbrücken, die Insel mit einem starken Damme umgeben und einen englischen Park anlegen, daß später der Name »Klein-Eden« vollkommen gerechtfertigt war. Inmitten des blühenden Gelaubes der seltensten kostbaren Bäume erhoben sich kleine feenhafte Villen, mit Rosenranken übersponnen, daß die blühenden Rosen aus der Ferne den Glauben erweckten, daß das ganze Haus brenne; künstliche Springbrunnen sandten ihre Strahlen auf die die Marmorbecken umgebenden orientalischen Blumen und auf die weißen Glieder meisterhaft gemeißelter Statuen nieder. Auf diese Weise antwortete Torhanyi der ihn bemitleidenden öffentlichen Meinung, als diese am meisten sich seinethalben ängstigte. O, für Torhanyi hatte man einiger armseligen hunderttausend Gulden halber nicht zu fürchten; Torhanyi fühlt das gar nicht, denn was er an einem Orte verliert, gewinnt er doppelt am anderen. Wer weiß, wieviel Geld er außer seinen liegenden Gütern noch besitzt, welches ein armes Menschenkind nicht einmal sehen, blos vermuthen kann.
Auch pflegt es Herrn Torhanyi's Kredit ungemein zu heben, daß er nach jedem neuen Unternehmen mit glücklichem Ausgange auch der Häuser auf wohlthätige Hilfe angewiesener Armen gedenkt; er schenkt Hunderte, Tausende den Hospitälern, heiligen Vereinen, für städtische Bedürfnisse; er schließt sich nirgends aus, wo er einen patriotischen Akt vollziehen könnte, er nimmt Antheil an den Gründungen von Landesinstituten und die dankbaren Zeitungen säumen nicht, seine Wohlthaten zu verkündigen und da kann der Mensch stets erfahren: Torhanyi hat wieder sehr viel verdient, denn er bedachte am Ende des Jahres von dem sich aus der Bilanz ergebenden reichlichen reinen Nutzen freigebig allerlei schöne und edle Zwecke.
Mit einem Worte, Herr Torhanyi ist ein wackerer Mann, ein fester Mann, ein vom Glück begünstigter Mann! ...
Und all' dies ist nichts weiter als Schwindel.
Das ganze Geschäft des Herrn Torhanyi ist auf Eis gebaut, die Sonne braucht nur darauf zu scheinen und sofort zerschmilzt alles. Alles, alles ist da eine Täuschung. Die ankommenden und abfahrenden Schiffe täuschen; es täuschen die Streifwagen, die gerollten Fässer, die ins Hauptbuch eingetragenen großen Zahlen täuschen; es täuschen die großen Gewinne, die wohlthätigen Spenden, die Bäume Klein-Edens, selbst Fräulein Amaliens Diamanten. Alles, alles ist Täuschung.
Wer kann das aber wissen?
Wer kann es wissen, was jene verpackten Waarenballen enthalten? wer kann es wissen, daß Torhanyi schon seit langer Zeit das gefährliche Taschenspielerkunststückchen betreibt, für große Summen minderwerthige Waaren auf Kredit zu kaufen und dieselben billiger als er sie gekauft für baares Geld zu verkaufen. Mit dem auf diese Weise erzielten Geld bezahlt er alte Schulden und tilgt am Verfalltag seine Rechnungen mit neuen Schulden.
Wer kann es wissen, daß ganze Abtheilungen in Torhanyi's Magazinen bis an die Decke mit Tonnen angefüllt sind, die Zucker, Kaffee, Galitzenstein (in Wahrheit aber nichts weiter als Sand) enthalten, auf welche ihm die Bank wann immer Tausende borgt. Die Bank sucht immer solide Hypotheken, da sie auf Grundbesitzungen keine Gelder vorstrecken kann.
Wer kann es wissen, daß Torhanyi's Geschäft schon seit Jahren derart in Nichts schwebt, wie der Sarg Mahomeds und dabei wenigstens doppelt so viele Schulden hat, als es werth ist. Es ist das eine sehr schöne Kunst, mit dem Gelde des einen Gläubigers den zweiten, mit dem des dritten den ersten zu befriedigen.
Und die ungeheuren Gewinnste an der Börse? sind auch nur Täuschung und Schwindel. Mit einem Siege schlägt man ein ungeheures Spektakel, die Niederlagen werden verschwiegen und so erweckt man den Glauben, daß man stets glücklich ist; ein freundliches, lächelndes Gesicht ist inmitten der größten Gefahr so viel werth, wie ein gefülltes Portefeuille, wenigstens in der Geschäftswelt.
Und die prächtige Insel in der Mitte der Donau? das liebliche Klein-Eden? – das ist schon längst an einen reichen Wiener Bankier verkauft, mit allen Rechten auf denselben übertragen und nur einem geheimen Uebereinkommen zu Folge, daß während eines Jahres Niemand davon Kenntniß erhalte.
Und die Haupttreffer der Loospapiere? dieses phänomenale Glück? Auch dies ist eine Täuschung. Torhanyi betreibt hierin ein großartiges Hazardspiel; er verwendet viel mehr auf den Ankauf der Loospapiere, als die gewonnenen Summen betragen und wieviel er in diesem geheimen Spiele verliert, kann ihm Niemand nachrechnen.
Noch mehr:
Das Gebahren mit den Spenden und Schenkungen ist auch blos Gaukelei, noch dazu die schädlichste; alle die frommen Institute, denen der Kaufherr zuweilen großmüthige Schenkungen zu machen pflegt, meinen ihre Kapitalien an sehr sicherer Stelle anzulegen, wenn sie den einen so großen Kredit genießenden Handelsmann ersuchen, »ihre Gelder zu verwalten.« Er widersetzte sich wohl, denn die Verwaltung sei mit vielen Mühen verbunden, aus Liebe zum Geschäft ließ er sich aber überreden und aus lauter Gefälligkeit, ohne jede Bezahlung geruhte er auch, für die Anlegung der übergebenen Summen Sorge zu tragen. Man konnte auch über keinerlei Fehler klagen, denn die Zinsen werden pünktlich bezahlt, die Rechnungen sind stets in Ordnung, die Kassen bis zum letzten Heller richtig gefüllt; Kuratoren, Direktoren können beruhigt sein, das Vermögen ihrer Gemeinden in die Hände eines so wackeren Mannes niedergelegt zu haben.
Wenn man einmal aber – eines schönen Morgens sagen wird: Herr Torhanyi ist zum Termin nicht heimgekehrt, wo er zu Hause sein mußte, wo Leute mit langen Gesichtern und langen Papieren ihn erwarten und dann vergeht Tag auf Tag und jeden Tag beginnen mehr Leute mit langen Gesichtern an der Glocke zu reißen und auf der Brücke Klein-Edens zu lärmen und die Gesichter werden immer länger, die Geduld der langen Papiere immer kürzer – dann, ja dann – was werden dann die so liebreich patronisirten Gemeininstitute sagen, die in der denkbar kürzesten Zeit sich von der Wahrheit des wundervollen naturwissenschaftlichen Lehrsatzes überzeugen mußten, wonach, wenn man Eis unter dreifachem Verschluß in eine eiserne Truhe einsperrt, es dennoch zerfließt.
Die patriotischen Institute behalten auf großartige Summen lautende Schuldscheine in Händen, die um das Lächerliche zu erhöhen, auf da und dort befindliche Domänen intabulirt sind, welche Domänen insgesammt aus einigen Joch Heuwiesen bestehen, die zuweilen ein zerfallenes Feldhüterhäuschen aufzuweisen haben.
Und endlich die Pracht der Säle, die ungeheuren Schätze an Gold und Silber und die falschen Diamanten in Amaliens Ohrringen … aber Pardon, tausendmal Verzeihung, ich bitte um Entschuldigung, ich habe ja kein Wort gesprochen, dies ist ja blos solch' eine unmaßgebliche Meinung von mir, bitte ja nicht darüber zu erschrecken. Ich wollte Herrn Torhanyi's Kredit gewiß nicht erschüttern, denn das Haus trifft ja jetzt gerade alle Vorbereitungen zu einer großartigen Hochzeit, welche das Haus mit dem Sohne eines Millionärs (eines wirklichen Millionärs) in Verbindung bringt und dasselbe sicherlich von neuem befestigen wird. Wenn dies aber vereitelt werden sollte, würden hundertfünfzigtausend Gulden in die Kasse fließen, mit welchen man dem Publikum wieder einige Zeit die Augen blenden könnte.
Es war bereits ein Tag vor der Hochzeit; Gäste, Brautführer versammelt, die bräutlichen Gewänder waren angefertigt worden, Pasteten, Torten wurden von kunstverständigen Individuen zurechtgemacht und dies alles für eine Vermählung, die – nicht stattfinden wird.
Amalie lustwandelt in dem englischen Park mit Baron Ludveghy und erzählt ihm von den Unternehmungen ihres Vaters, von seinen geträumten, den Haupttreffer machenden Loosen, von seinen am Meere sich umhertreibenden Schiffen, während der Baron in der Weise für ihr Amüsement sorgt, daß er ihr von seinen Amtsmännern, Gutsbeamten spricht, die ihm über Rinderheerden, Pferdegestüte referiren, bis sich die süßen Träumereien beider mit einander sympathisirenden Seelen in einer gemeinsamen Steinkohlenmine begegnen, welche der Oberingenieur des Barons entdeckte und die, wenn sich zu ihrer Ausbeutung ein Kapitalist fände, die Millionen eimerweise, einmal für Torhanyi, einmal für den Baron, eintragen würde.
Unterdessen brillirt Herr Torhanyi im Empfange der ankommenden Gäste. Jedes Wort, jedes Lächeln ist ein Meisterwerk; die Meister der Verstellungskunst können an demselben keinerlei Fehler oder Unterbrechung entdecken; kein Mensch auf dieser Welt kann auf seinem heiteren, selbstzufriedenen Gesichte die innerliche Unruhe erblicken, welche sein Herz antreibt, wie das Flußwasser das Mühlenrad: »kommen sie oder kommen sie nicht?«
Jeder Wagen, dessen Rollen er auf der auf die Insel führenden Brücke vernimmt, erneuert die Qualen seines Herzens: ob sie wohl kommen werden?
Inmitten seiner größten Unruhe erhält er von seinem Agenten einen Brief aus Wien. Er zieht sich mit demselben in sein Zimmer zurück, wo sein Gesicht von dem anstrengenden Lächeln ausruhen kann und als er das Schreiben gelesen, scheint neues Leben durch seine Adern zu pulsiren, jetzt lächelt er nicht mehr aus Zwang, sondern weil er wirklich heiterer Laune ist.
Man schreibt ihm, daß Adorjan Borcz Schritte gethan, um sich in den Adelsstand erheben zu lassen; der alte Borcz habe seinen Agenten angewiesen, keinerlei Opfer zu scheuen.
Dies ist ein sicheres Anzeichen, auf welches hin dreist spekulirt werden kann. Es ist für den verständigen Börsianer beinahe eine ebenso sichere Basis, als ein zwei Wochen andauernder Frost von 22 Grad Réaumur unter Null bei Repsunternehmungen. Es ist selbstverständlich, daß bei minus 22 Grad der Reps abfriert und der Preis des vorhandenen in die Höhe geht und ebenso selbstverständlich ist es, daß Adorjan Borcz nicht deshalb und um jeden Preis Graf werden wolle, um die Tochter eines Kaufherrn bürgerlicher Herkunft zur Frau nehmen zu können.
Adorjan war in der Familie Somlyohazi sicherlich versichert worden, daß er Serenens Hand erhalten könne und blos der Rangunterschied noch Schwierigkeiten bereite. Die Kombination ist einleuchtend.
Der alte Borcz verzögert den Rücktritt bis zum letzten Moment in der Hoffnung, Torhanyi werde ihm zuvorkommen. Hierin täuscht er sich aber gewaltig. Torhanyi ist ein unerschütterlicher Spekulant, der auf jede Wendung vorbereitet ist. Zurücktreten wird er auf keinen Fall; wenn es dazu kommt, daß Borcz Vater und Sohn wirklich erschienen, wird er sie gerne sehen; heirathet Adorjan Amalien, so ist's auch gut. Er wird es kalten Blutes mitansehen, daß seine Tochter einem Menschen angetraut werde, den sie nicht liebt und der sie nicht liebt – der eine andere liebt – und den er haßt.
Doch jetzt! bekannte Töne werden im Nebengemach vernehmbar; bekannte Töne, die Herr Torhanyi heute nicht zu vernehmen gewünscht: es sind wirklich Herrn Borcz' krächzende Worte. Herr Borcz läßt stets Töne vernehmen, wie eine Krähe, nach jedem fünften Worte hüstelt er, nicht etwa, wie wenn er einen hartnäckigen Schnupfen hätte, sondern blos, um sich noch unangenehmer zu machen.
Dieses trommelfellzersägende Krächzen meinte Herr Torhanyi inmitten seiner süßesten Konjekturen in seinen Prachtsälen zu vernehmen.
Na, da sollte doch gleich der Teufel d'reinfahren, wenn der Bräutigam wirklich zur Hochzeit angekommen war! Es wird doch vielleicht noch soviel Gerechtigkeit unter der Sonne geben, daß solch' eine himmelschreiende Schlechtigkeit nicht ausgeführt werden könne? Das wäre entsetzlich, wenn der Bräutigam sein Wort hielte, und seine Vermählung feiern würde!
Indessen öffnen die Bedienten vor Herrn Borcz die Thüren, der aber noch einen kleinen Wortwechsel mit ihnen hat, da sie ihm eleganter Sitte gemäß, schon draußen seinen Oberrock abgenommen hatten und er nun fürchtet, man könnte ihm aus den Taschen desselben einiges entwenden.
»Na, na! In meinem Flausrock habe ich noch so manches stecken. Ein Taschentuch und ein Impfmesser; daß mir davon ja nichts verloren gehe. Wer wird dafür Sorge tragen? Sie? Wie heißen Sie? Schan? Heißen Sie aber wirklich Schan? Nun, dann werde ich meinen Flausrock von Ihnen zurückfordern. Daß mir dann aber ja nichts daraus fehle, das sage ich Ihnen. Denn ich weiß alles, was darin ist. Hol' der Teufel 'ne solche Manier! der Mensch kann seinen Rock gar nicht im Auge behalten! Austauschen kann man ihn auch. Unter einer solchen Menge von Leuten!«
Thatsächlich waren bereits viele Menschen im Prunksaale versammelt, lauter Hochzeitsgäste aus entfernteren Gegenden, die mit einem Tage früher ankamen, um sich nicht zu verspäten; – bei einem Feste, welches die Hauptpersonen unter keinen Umständen abhalten wollen.
Zwischen Furcht und Hoffnung blickte Herr Torhanyi seinem zukünftigen Verwandten entgegen; ihn sah er bereits, – Adorjan aber nicht.
Der alte Borcz war allein gekommen.
»Gott zum Gruße! Gott zum Gruße! mein lieber guter Herr Borcz.«
Folgte Händedrücken und Küssen.
»Also angekommen?«
»Angekommen, ja. War das aber ein fataler Weg. Doch was thut der Mensch nicht – seines Nutzens halber.«
»Und des Glückes seiner Kinder halber,« ergänzte der Kaufherr scheinheilig.
»Auch deshalb.«
»Sie sind also angekommen?«
»Freilich bin ich's. Sie sehen doch, daß ich da bin! Nicht für dreihundert Gulden wäre ich in diesem vermaledeiten Kothe von Szatmar hierhergekommen. Sie sollen nicht sagen, ich sei weggeblieben. Da habe ich den Kontrakt in der Tasche.«
Furchtsam blickte Torhanyi umher, ob die im Nebensaal versammelten Gäste nichts hören?
»Ich glaube, wir werden unseren Vertrag gegenseitig erfüllen. Herr Adorjan ist also auch angekommen?«
»Gewiß. Er ist schon in der Stadt, doch hat er dort einige Kameraden getroffen, mit denen er jetzt ein Abschiedsglas leert, denn Sie müssen wissen mein lieber guter Herr, daß dies bei unseren jungen Leuten vor der Hochzeit Sitte ist, um sich von der Freiheit zu verabschieden. Denn wenn einmal eine Frau im Hause ist, hat die Freiheit ein Ende.«
»Mit anderen Worten also, um den Kummer zu vergessen?«
»Wahr soll wahr bleiben. Heutzutage kann die Sache bereits eine solche Wendung nehmen, daß nicht an den Bräuten, sondern an den Bräutigamen die Reihe sein wird, in Weinen auszubrechen, wenn sie zum Altar treten. Trotzdem bleiben wir bei unserem Kontrakte.«
»O dies gereicht mir zu besonderer Freude,« beeilte sich Herr Torhanyi zu antworten; »dies ist das größte Glück, welches ich meinem einzigen Kinde wünschen kann. Solch ein schönes Vermögen und nebstdem ein Graf.«
»Ein Graf? was für ein Graf?« rief Herr Borcz aus und stellte das halb geleerte Gläschen Marasquino auf die Tasse zurück. Er war noch nicht an den Gedanken gewöhnt, daß er einen Grafen zum Sohne habe.
»Wer? nun Graf Adorjan Borcz von Rosenhain! Kennen Sie ihn nicht? Haha! Das weiß ich auch schon. Ich kann Ihnen sagen, daß ich Ihnen durch meinen Wiener Agenten Vorschub leistete, damit Sie diesen Titel erhalten. Selbstverständlich wird das auch mir zur Ehre gereichen.«
»Nun ja, es ist wahr,« sprach Herr Borcz, der es für angezeigt hielt, sich bei dieser Entdeckung niederzusetzen. »Ich dachte, weshalb denn Adorjan nicht ebenfalls Graf werden könne, nachdem es so viele sind.«
»Es ist in der That eine große Ehre für Amalie. Ein Bürgermädchen! Ich würde mich nicht wundern, wenn es irgend einer Comtesse oder Baronesse zu Liebe geschehen wäre; aber gerade eines Bürgermädchens halber. Das ist in der That die verkehrte Welt, indessen dennoch sehr schön.«
Herr Borcz war diese Wendung des Gespräches sehr unangenehm.
»Nun was wahr ist, ist wahr. Herr Adorjan hätte sehr schöne Partien machen können, doch kann hieran jetzt nicht mehr gerüttelt werden. In meiner Tasche habe ich den Kontrakt an welchen ich mich halte.«
»Graf Adorjan ebenfalls?« fragte Torhanyi
»Nun natürlich! Er muß thun, was ich befehle. Der Herr Graf muß thun, was ihm der Schafzüchter befiehlt! Ich ließ ihn nur Graf werden, um sagen zu können, daß der Schafzüchter dem Grafen befiehlt, denn der Schafzüchter ist der Vater, der Graf der Sohn! Und er muß mir sogar die Hand drücken und wenn sie bis zum Ellbogen schmutzig ist, denn ich bin der Herr!«
Herr Torhanyi ließ ihn prahlen; er wußte, daß das alles nicht wahr sei.
»Wird Graf Adorjan zum Diner ankommen?« fragte er ungemein freundlich.
»Sie brauchen nicht auf ihn zu warten; er kommt wenn es ihm gefällt und hungrig wird er auch nicht sein. Uebrigens wenn das Mittagmahl spät stattfinden wird, werde auch ich es nicht abwarten, denn ein anständiger Mensch pflegt um sechs Uhr zu Abend und nicht zu Mittag zu speisen. Und deshalb lassen Sie für mich nur früher auftragen. Auch bin ich dort nicht gerne, wo viele Menschen auf einmal essen. Ich bin gewöhnt, allein zu sein, bin gewöhnt, den Ellbogen auf den Tisch zu stützen und während des Essens auszuruhen; deshalb liebe ich diese Gesellschaften nicht. Man kann sich nicht einmal die Weste aufknöpfen, wenn man satt ist, dann kann ich auch mit den löffelförmigen Gabeln nicht essen; während ich am liebsten mit dem Brode in der Schüssel herumfahre. Meinethalben also lassen Sie Ihre werthen Gäste nicht warten, sondern lassen Sie für mich allein und früher auftragen, es ist ohnehin nicht viel an mir zu sehen. Ja, ja, an mir sollen alle diese kleinen aufgeblasenen städtischen Krämer nichts zu lachen haben.«
»Ich bitte sehr,« sprach Herr Torhanyi beleidigt. »Meine Gäste sind lauter sehr vornehme Herren; Hofagenten, Finanzräthe, Präsidenten, Direktoren ...«
»Ei was!« unterbrach ihn Herr Borcz. »Von denen hat keiner einen Grafen zum Sohn!«
Damit war das Gespräch entzweigeschnitten. Herr Borcz erhielt in der That besonders aufgetragen, welche Unart Herr Torhanyi in der Weise seinen Gästen gegenüber entschuldigte, daß der wackere Herr von der Reise erschöpft, sich frühzeitig zur Ruhe begeben wolle, während er die Abwesenheit des Bräutigams mit einem kleinen Unfall erklärte; er selbst aber bald da sein werde.
(Wovor mich übrigens alle Mächte des Himmels und der Erde gnädiglich bewahren wollten! fügte er für sich selbst hinzu.)
Herr Torhanyi freute sich ungemein, daß man so zahlreich erschienen war, besonders viele Gäste waren aus Wien zur Hochzeit angekommen. Eine Tante Torhanyi's, die man in gewöhnlichen Zeitläuften nicht sonderlich zu respektiren pflegte und die blos über die Vorzimmer herrschte, versah die Hausfrauenrolle. Dies konnten die Gäste freilich nicht wissen.
Die Braut muß heute nicht bei Tische erscheinen; am Tage vor der Hochzeit darf sie sich zum letzten Male in ihrem einsamen Zimmer verstecken, wo sie blos von den vertrauteren Bekannten mit kurzen Besuchen belästigt wird. Zu diesen Bekannten gehören die Brautführer, zu diesen Baron Ludveghy. Wer fände etwas Auffallendes darin, wenn der freiende Brautführer am Vorabend der Hochzeit einige Worte mit der Königin des morgigen Festes wechselt? Gar Niemand; es fände auch Niemand Interesse daran.
Die Gäste amüsiren sich, die Braut amüsirt sich, der Bräutigam amüsirt sich: – gegen zehn Uhr kommt ein bekannter Geschäftsfreund Torhanyi's aus der Stadt, dessen Gesicht sehr deutlich Betroffenheit verräth, welche er noch mit einem gelinden Zorne vermehren möchte. Dieser ruft nun Herrn Torhanyi bei Seite, da er ihm etwas Dringendes mitzutheilen habe.
»Nun, was bringen Sie Gutes, Freund Hafner?«
Freund Hafner ist vor Eile ganz athemlos und glaubt nicht, eine Maske vor dem Gesichte zu haben, aus welcher man schließen könnte, daß er etwas Gutes bringe.
»Sie sind ja ganz erschöpft; wünschen Sie vielleicht ein Glas Champagner?«
»Ich danke, ich trinke nicht, ich vermag ja kaum zu sprechen. Denken Sie sich Herr Torhanyi, – soeben komme ich aus dem Wirthshause.«
»Aha, deshalb trinken Sie also nicht.«
»Nein. Nicht deshalb spreche ich. Im Wirthshause sah ich Ihren Bräutigam.«
»Zum Teufel! meinen Bräutigam? bin ich denn eine Braut?«
»Pardon! ich versprach mich; Ihren zukünftigen Schwiegersohn, oder was; mit einem Worte: ich sah Herrn Adorjan Borcz.«
»Nun und?«
»Ich bitte Sie, sprechen Sie leiser, ich hätte es nicht gerne, wenn die Gäste darauf aufmerksam würden, was ich da erzähle.«
»Was haben Sie also gesehen Freund Hafner? was empörte Sie so sehr? Mein Herr Sohn amüsirt sich wohl prächtig?«
»Ich bitte Sie! was für ein Amüsement? Ich war ja auch einmal ein junger Mensch; aber fi donc! das ist ja eine Orgie, ein ganzer Skandal.«
»Sehen es auch andere?«
»Wer Augen hat, sieht es. Ich konnte mich nicht enthalten, den jungen Herren anzusprechen: ›mein sehr geehrter Herr! ich bin ein sehr guter Freund Ihres zukünftigen Schwiegervaters und kann demnach nicht widerstehen, Sie aufs Herzlichste zu bitten, nachdem Sie morgen Ihre Hochzeit mit Fräulein Amalie feiern, solch geräuschvolle Unterhaltungen dem Auge der Welt zu entziehen und wenigstens keinen Skandal daraus zu machen.‹«
»Nun und hierauf warf er Sie zur Thür hinaus?«
»Es wäre besser gewesen, wenn er dies gethan hätte. Doch im Gegentheil. Er umarmte und küßte mich, nannte mich ›Du‹ und sagte: ›Fürchte nichts Freundchen, ich werde niemals die Tochter dieses alten Wucherers heirathen‹ (Verzeihen Sie, aber er drückte sich so aus). ›Ich raube Fräulein Amalie nicht und wenn sie auch allein auf der Welt ist: sie ist aber nicht allein auf derselben. Ich habe schon eine schönere und auch bessere, noch dazu ein Grafenfräulein!‹ Damit zog er den von Fräulein Amalie erhaltenen Verlobungsring vom Finger und wollte ihn auf den Finger der aufwartenden Kellnerin stecken, was ihm zum Glücke nicht gelang, da deren Finger viel zu dick waren. Ich aber meinte in die Erde sinken zu müssen und weiß jetzt noch kaum, ob ich wach bin oder träume.«
Herr Torhanyi klopfte dem erschrockenen Manne freundlich auf die Schulter.
»Das Ganze ist blos ein Scherz Freund Hafner; es war schade, so sehr darüber zu erschrecken. Dieser Adorjan ist solch ein Mensch; wenn er zuweilen trinkt, spricht er alle möglichen Dummheiten durch einander, sonst ist er ein tüchtiger ausgezeichneter Junge. Ich hatte einen guten Bekannten, der jeden jungen Menschen fragte, der als Freier bei ihm erschien: ›waren Sie schon jemals ein Taugenichts junger Mann?‹ Wenn sich nun der Bursche sträubte, dies gewesen zu sein, so sagte er ihm: ›so werden Sie es später sein.‹ Wer ihm aber frischweg eingestand, bereits ein Lump und Taugenichts gewesen zu sein, der gefiel ihm, denn der hat es bereits hinter sich. Wir aber haben es durchgemacht, mein lieber Freund Hafner, nur daß der eine besser zu verbergen verstand, wie der andere. Wenn's nichts Schlimmeres auf der Welt gäbe!«
Herr Hafner sprach nicht weiter, sondern trank die ihm vorgestellten Champagnerreste aus, während Herr Torhanyi mit heiterem Gesichte zu seinen Gästen zurückkehrte, denn eine bessere Nachricht hätte man ihm gar nicht bringen können: Adorjan wollte Amalie nicht heirathen, weil er in eine Gräfin verliebt ist.
Noch zwanzig Flaschen Champagner her! (Die hundertfünfzigtausend Gulden sind ja baares Geld).
Mitternacht rückte heran, die Gäste zischelten untereinander: der Bräutigam säume doch recht lange, vielleicht sei ihm gar ein großes Unglück widerfahren. Sie begannen bereits über sein räthselhaftes Verbleiben Erkundigungen einzuziehen, bis es Herr Torhanyi endlich an der Zeit fand, die Besorgnisse mit einem wohlangebrachten Toast zu zerstreuen. Er erhob sein Glas und sprach:
»Auf die Gesundheit meines lieben zukünftigen Schwiegersohnes, den dringende Geschäfte augenblicklich wohl fern halten, der in unseren Herzen aber ewig leben wird!«
Kaum klangen die Gläser zusammen, als ein Diener mit der Meldung an Herrn Torhanyi herantrat, daß Herr Adorjan angekommen sei.
Torhanyi meinte, der Schlag müsse ihn bei dieser Nachricht rühren. Dies hatte er nicht erwartet.
»Dem jungen Herrn mag am Wege ein arger Unfall zugestoßen sein,« beeilte sich der Bediente erschrockenen Antlitzes die Gesellschaft zu benachrichtigen; »denn man mußte ihn vom Wagen heben und zu vieren die Treppen hinauftragen.«
»Um Gotteswillen! ein großes Unglück!« rief es von allen Seiten und damit drängte sich alles zur Thüre.
»O nein, bitte sich nicht zu ängstigen!« bemühte sich Torhanyi die Gesellschaft zu beruhigen, denn er wußte sehr gut, was Herrn Adorjan zugestoßen sei.
Indessen war es bereits zu spät, der Gefahr zuvorzukommen, denn der alte Borcz, der hinter seinem Fenster schon lange auf den Wagen gelauert hatte, kam unter großem Lärm die Treppe herauf; hinter ihm schleppten vier Diener Adorjan bei Händen und Füßen.
»Mein Sohn! mein Sohn ist todt!« schrie der Schafzüchter aus vollem Halse. »Wo ist ein Doktor? lauft um einen Barbier! er hat sich das Genick gebrochen, die Pferde sind scheu geworden, die Pistole in seiner Tasche ist losgegangen, die Kugel hat sein Herz durchbohrt! laufet, rennet!«
Der Lärm lockte Herrn Paffmann, den städtischen Arzt herbei, der die vor ihm Stehenden bei Seite stoßend, sich einen Weg zu dem bewußtlos dahergetragenen jungen Mann bahnte, im eiligen Laufe nach seiner Lanzette in seinen Seitentaschen suchte und derart von gutem Willen beseelt war, daß er statt der Lanzette einen Zahnstocher ergriff. Die Diener hatten Adorjan in den Saal gebracht und auf den Teppich niedergelegt! Doktor Paffmann kniete nieder an seiner Seite und griff nach seinem Puls, da entriß aber der kräftige Jüngling seine Hand jener des Doktors und begann in jenem eigenthümlichen, eine gewisse Krankheit so sehr kennzeichnenden träumerischen Tone: »Fackle nicht Du Lump! spiel' mir das Lied von der schönen Frau auf, sonst zerbreche ich Dir die Geige!«
Entsetzt sprang Doktor Paffmann empor.
»Der ist ja nicht todt, sondern total berauscht.«
Torhanyi trieb die Diener an, ihn rasch bei Seite zu tragen; die Gäste bemühten sich mit verblüfften Gesichtern aus dem Saale zu kommen und nach drei Minuten befand sich Niemand mehr im Speisesaale, als Herr Torhanyi und Baron Ludveghy.
Der Lärm hatte den Baron herbeigelockt.
Torhanyi wäre auch ihm gerne ausgewichen, doch war es nicht mehr möglich, denn Ludveghy kam direkt auf ihn zu. Der edle Herr schien sehr aufgeregt und gar nicht geneigt zu sein, Herrn Torhanyi zu trösten.
»Werther Herr,« sprach er tief aufathmend; »das ist eine Infamie! Was sich diese Schafzüchterbrut honetten Leuten gegenüber herausnimmt, ist mehr als genug. Ja, ich nannte sie Schafzüchterbrut und ich werde mich in meinen Ausdrücken auch nicht sonderlich mäßigen, denn wenn ich selbst auch nur ein unbedeutender Mensch bin, so gab es unter meinen Vätern dennoch sehr viele wackere Männer, auf die ich stolz bin. Wenn der Herr Spekulant genug ist, sein einziges Kind einem solchen Menschen hinzuwerfen, der sich eben in einer solchen Weise kompromitirte, so ist dies Sache des Herrn allein, doch kann ich nicht der Brautführer einer solchen Heirath sein. Wie ich hörte, hat sich der junge Herr Borcz den Grafenrang gekauft und so wird er denn wissen, daß mit dem Adelswappen auch Adelspflichten verbunden sind. Dies werden wir indessen noch sehen. Noch in dieser Stunde verlasse ich dieses Haus, doch gelobe ich auf mein Wort als Edelmann, daß sich Herr Borcz junior aus diesem Hause nicht als Fräulein Amaliens Gatte entfernen wird. Im Uebrigen wünsche ich Ihnen eine geruhsame Nacht.«
In dieser Nacht hatte aber Niemand einen ruhigen Schlaf.
Herr Torhanyi hatte bereits einen tiefen Blick in die Intriguen des Schafzüchters gethan. Das war in der That ein brutaler Gedanke, einen Vater an einer so empfindlichen Stelle anzugreifen, Herr Borcz wird aber die Erfahrung machen, daß bei Torhanyi diese empfindliche Stelle nicht vorhanden ist. Wenn der Schafzüchter meint, daß der Handelsherr dies für eine Beleidigung ansehen und nach einem derartigen Skandal den Bräutigam an die Luft setzen wird, dann hat er die Rechnung eben ohne den Wirth gemacht. Eines derartigen Scherzes halber wirft ein Börsenagent die baaren Prozente nicht aus der Tasche. »Wer verschämt thut, wird niemals reich.« Ein berühmter Bankier hatte diese goldenen Worte ausgesprochen, welche auch Herr Torhanyi zu seinem Motto erkoren. Wer Geld haben will, soll nicht beleidigt werden können! Und was der Baron gesprochen? er drohte, wenn er gut verstanden, Adorjan zum Duell zu fordern. Das wird auch sehr gut sein. Der Baron schießt wie Wilhelm Tell und wenn Adorjan dies erfährt, nimmt er Reißaus und in diesem Falle hat er die Bedingungen des Heirathskontraktes gebrochen; erfährt er es aber nicht, so erschießt ihn der Baron, Amalie wird Wittwe und erhält die Mitgift. So ist's auch gut. Das soll aber Niemand glauben, daß Torhanyi vor Borcz zurücktrete; wenn dieser seiner Mitgift wirklich entsagen will, wenn er lieber auf seine gräflichen Aussichten und auf seine neue Liebe verzichtet – so möge er zusehen, denn der Börsenagent wird es lächelnd mitansehen, wenn Amalie am Altar dem Taugenichts angetraut wird. Sie werden einander nicht lieben, werden aber an einander gefesselt sein.
Der Mann der Börsen hatte die Menschen aber doch nicht zur Genüge ausstudirt! Er hatte keine Idee von jener Schlauheit im Gehirne des schmierigen Borcz, welche jede handgreifliche Brutalität überbot; er hatte Ludveghy's Charakter nicht richtig aufgefaßt. Bis an den Morgen ereignete sich ganz etwas Anderes, als eine Herausforderung zum Duell.
Der wackere, geschminkte Gentleman hatte eine ganz andere Art der Rache und der Vertheidigung der Unschuld ausgeheckt. – Er entführte in dieser Nacht die Braut.
Scharfsinnig hatte der alte Schafzüchter den Fall vorhergesehen und präparirt! Er wußte sehr gut, daß dies in der letzten Stunde geschehen müsse. Er hatte es veranstaltet, daß die Braut den Bräutigam hassen und den Brautführer lieben lernte und Beide hatte er mit den Reichthümern des anderen geblendet.
Am nächsten Morgen, als sich Herr Torhanyi zu seiner Tochter begab, fand er einen an sich gerichteten Brief auf ihrem Tische, in welchem sie ihm vorwarf, sie so unbarmherzig behandelt zu haben und daß sie diese Schmach nicht länger dulden könne; lieber ginge sie in Dienst zu fremden Leuten, wenn sich ihr nicht zufällig das Glück dargeboten hätte, Baron Ludveghy's Gattin zu werden.
Jetzt erst gingen dem Börsenmatadoren die Augen auf! Das sind »todte Fische!« (Börsenausdruck.)
Gut, mein liebes Töchterlein. – Wenn Du durchbrennst, – brenne auch ich durch ...«
*