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Vorwort des Übersetzers.

Der Jókaische Roman, von dem die deutsche Lesewelt hier eine Übersetzung erhält, entstand im Jahr 1854, was zu wissen nicht überflüssig, um sich in die Perspektive, von der aus er geschrieben ward, hineinzuversetzen, und zwar erschien derselbe zuerst – frisch von der Pfanne weg, wie eben ein Kapitel fertig geworden – im Feuilleton des ungarischen Journals »Pesti Napló«, dessen Satz sogleich auch für die Buchausgabe verwendet wurde. Wir erwähnen dies, weil daraus manche kleine, hier und da als Vergeßlichkeitssünden untergelaufenen Ungenauigkeiten und Widersprüche sich erklären, welche der Autor gewiß beseitigt haben würde, wenn er das fertige Gemälde im ganzen noch einmal hätte retouchierend übergehen können Einige derselben, die offenbar nur von einem lapsus calami herrühren, haben wir uns bei der Übersetzung zu verbessern erlaubt.. Bekanntlich ist das vorliegende Werk die Fortsetzung oder neue Folge eines älteren Jókaischen Romans: » Ein ungarischer Nabob«, der bereits einen deutschen Übersetzer gefunden »Ein ungarischer Nabob«. Roman von Maurus Jókai. Deutsch von Adolf Dux. Universal-Bibliothek Nr. 3016-3020.. Zoltán Karpáthi, der Held unseres Romans, ist ein Sohn Johann Karpáthis (des ungarischen Nabobs) und so wie mehrere Figuren des älteren Romans, wie Bela Karpáthi (Abellino), Graf Szentirmay u. s. w. auch in Zoltán Karpáthi handelnd auftreten, ja darin eine bedeutende Rolle spielen, ziehen sich auch zahlreiche gemeinsame Fäden durch die Lebensgeschichte von Vater und Sohn. Obwohl nun Jókai es meisterhaft verstanden hat, jene Anknüpfungspunkte und zurückgreifenden Beziehungen in seinem »Zoltán Karpáthi« derart zu verweben, daß zum vollen Verständnis desselben die Bekanntschaft des Lesers mit dem »ungarischen Nabob« durchaus nicht erforderlich ist, erschien es uns nicht überflüssig, jene Leser, welche von der Existenz des älteren Romans keine Kenntnis haben sollten, auf die Zusammengehörigkeit beider Dichtungen hier aufmerksam zu machen, schon deshalb, weil beide, als unübertreffliche Zeit- und Charakterbilder des vormärzlichen ungarischen Lebens in zwei verschiedenen auf einander folgenden Entwickelungsphasen, sich gegenseitig ergänzen. Auch dann, wenn der Leser den »Nabob« erst nach der Lektüre des gegenwärtigen Romans in die Hände bekommen sollte, wird er denselben mit dem Interesse einer Biographie in aufsteigender Linie lesen, wobei wir indes nicht verschweigen wollen, daß wir – was dichterische Conception, spannendes Interesse der Handlung, sowie der Charaktere, Bedeutsamkeit der zeitgeschichtlichen Episoden (darunter namentlich die Überschwemmung Pests im Jahre 1838) betrifft – den Sohn über den Vater, die spätere über die frühere Dichtung setzen.

Doch wir wollen am liebsten das Werk selbst den Meister loben lassen, und haben es daher auch nicht für nötig erachtet, das »Nachwort« zu reproduzieren, welches Jókai seinem Roman anzuhängen für gut fand, und worin er sich ausführlich über die Tendenz desselben verbreitet, wir glauben vielmehr, daß es dem Autor nur zum Lobe gereichen könne, wenn wir es hier als unsere Überzeugung aussprechen, daß an seiner genialen Schöpfung die freie dichterische Produktion einen ohne Vergleich größeren Anteil hatte, als die, näher besehen, doch nur auf schwachem Fuße nachhinkende Tendenz, jene nämlich, wie sie im Nachworte formuliert wird; wohl aber und man nicht umhin können, im Hinblick auf die unbestreitbar mächtige Wirkung dieser wahrheitsgetreuen, lebensfrischen Zeitgemälde auf Erweckung und Steigerung des nationalen Gefühles bei dem ungarischen Leser, sowohl »Zoltán Karpáthi« als auch den »Nabob« als Tendenzromane im besten Sinne des Wortes gelten Zu lassen.

Das echt nationale, aus dem Leben und der Ausdrucksweise des Volkes geschöpfte Kolorit erschwerte begreiflich nicht wenig die Ausgabe des Übersetzers, der sich am besten bewußt ist, wie weit die Kopie hinter dem Original zurückbleiben mußte. Er glaubte es dabei nicht verschmähen zu dürfen, zur möglichst annähernden Erreichung des lokalen Tones mancher Provinzialismen, Hungarismen und Latinismen sich zu bedienen, welche sich hierlands in der deutschen Umgangssprache im Verkehr mit den übrigen Bewohnern des Landes und zur Bezeichnung heimischer Zustände, Institutionen und Gegenstände eingebürgert haben. Die meisten derselben erklären sich wohl aus dem Zusammenhang im Text selber. Wo es durchaus nötig schien, wurde durch kurze erläuternde Anmerkungen nachgeholfen. Was die Aussprache der vorkommenden ungarischen Eigennamen betrifft, so wird es genügen, zu bemerken, daß ew wie ö, s wie sch, cs und ch wie tsch, sz dagegen wie unser ß, z wie ein weiches s (z. B. in »lesen«) cz wie tz, zs wie das weiche französische g (vor e und i), v wie w, gy ziemlich wie ein weiches dj, ny wie nj und ly wie das französische l mouillé lautet.

E. G.


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