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Neuntes Kapitel.
Ländliches Stillleben

Wer da glaubt, daß die Sommerfrischen, nach welchen zur schönen Jahreszeit tausende von Menschen wandern, zu den Einrichtungen der Neuzeit gehören, der irrt sich gewaltig. Viele Patrizier und reiche Bürger besaßen im Mittelalter Schlösser und Villen auf dem Lande; nur führten dieselben nicht den poetischen Namen unserer modernen Sommerfrischen, sondern einen ziemlich materiellen; sie hießen nämlich »Freßgütlein«, weil sie nichts eintrugen, aber passende Lokale zu Schmausereien darboten.

Ein solches schloßähnliches Gebäude, umgeben mit einem prächtigen Ziergarten, besaß Heinrich Bechtermüntz zu Eltvill im Rheingau. Die innere Einrichtung war geradezu fürstlich zu nennen. Ein großer Saal im Erdgeschoß zeigte kunstreiche Freskomalereien, welsche Kamine und gemalte Fensterscheiben. Prächtige Teppiche und zierliches Schnitzwerk, schweres Silbergeschirr und Pokale von geschnittenem Krystall füllten die Prunkzimmer, deren Hausrat geradezu kostbar war. Man konnte aus alldem ersehen, daß der Handel der ehemaligen Patrizier gut nährte und seine Truhen rasch füllte. Freilich war die luxuriöse Einrichtung des Freßgütleins erst nach und nach entstanden, und als in diesem Sommer die Familie das Landhaus bezog, stieß sie auf viele neue Dinge, die in aller Stille von Heinrich Bechtermüntz angeschafft worden waren.

Das Leben zu Eltvill gestaltete sich für Frau Grete und ihre beiden Kinder um so angenehmer, als auch der Gatte sie nach der Sommerfrische begleitet und den Entschluß gefaßt hatte, bei seiner Familie zu bleiben. Im Geschäft gab es gegenwärtig eben nicht viel zu thun. Die vielfachen politischen Wirren übten ihren Einfluß auf Handel und Wandel. Bruder Niklas konnte daher die Arbeit allein bezwingen. Außerdem lag Eltvill nur drei Stunden von Mainz entfernt, sodaß bei wichtigen Vorkommnissen der Rat und die Entscheidung des älteren Bruders leicht zu erreichen waren. Allein wenn das Geschäft auch weniger flau gegangen wäre, so hätte sich Heinrich Bechtermüntz doch nicht bewogen gefunden, seine Familie allein ziehen zu lassen und in Mainz zurückzubleiben. Durch die Wendung, welche daselbst die Dinge genommen, geriet der Handelsherr sozusagen zwischen zwei Stühle. Mit Diether von Isenburg konnte er nicht gut brechen, da er mit demselben zu lange befreundet gewesen war; andererseits schien es ihm nicht rätlich, den Verkehr noch fernerhin zu unterhalten, da ihm dies bei Diethers Nachfolger leicht schaden konnte. Daß der Streit zwischen Mainz und Rom aber nicht mehr lange dauern könne und der Sieg sich schließlich dem neuernannten Kurfürsten Adolph von Nassau zuwenden werde, daran zweifelte der kluge Bechtermüntz keinen Augenblick. Er wich lieber daher der nahenden Katastrophe aus, um dieselbe in behaglicher Ruhe zu Eltvill abzuwarten.

An den Sonntagen fanden sich viele Freunde und Bekannte aus Mainz auf dem Freßgütlein ein, die reichen Vorräte von Küche und Keller tüchtig plündernd. Wenn dann Magen und Gaumen Genüge geschehen war, wurde im Saale zu einem Tanze angetreten, wobei die bescheidenen Musiker des Ortes aufspielten.

Der Pfarrherr Günther hatte sich erst auf wiederholte Einladungen in dem Schlößchen eingefunden. Trotz seiner Gutmütigkeit konnte er es doch nicht verwinden, daß der reiche Handelsherr sich seines Freundes in bedrängter Stunde nicht angenommen hatte. Als er die Pracht und den Luxus sah, welcher in dem Haus zu Eltvill herrschte, ward er tief verstimmt. Wenige Silbergerätschaften, die man bei der Ueberladung der Zimmer sicherlich nicht vermißt haben würde, hätten damals genügt, seinen Freund Johannes von schwerer Sorge zu befreien. Da aber fand es der Handelsherr nötig, erst zu rechnen, um vielleicht gleich nach des Pfarrherrn Entfernung einige tausend Gulden für den oder jenen Luxusgegenstand zu opfern. Natürlich konnte Heinrich Bechtermüntz sein Geld nach eigenem Gutdünken verwenden und hatte niemanden darüber Rechenschaft zu geben; der greise Pfarrherr dagegen besaß wiederum das Recht, über die christliche Milde des Kaufherrn sich ein Urteil zu bilden.

Heinrich Bechtermüntz las ihm seine Gedanken an den Mienen ab, denn nach aufgehobener Tafel äußerte er zu ihm:

»Ich habe mehrfach bedauert, daß ich Eurem Freunde Gutenberg damals nicht auf der Stelle eine Unterstützung konnte zukommen lassen. Als dann wenige Tage später mein Bruder Niklas mit günstigem Bescheid zurückkehrte und ich Gutenberg aufsuchen wollte, vernahm ich, daß der Stadtsyndikus ihm bereits geholfen.«

»Ja,« erwiderte Günther, »Humery zeigte sich ihm barmherziger, als andere Menschen, und der Herrgott wird ihn gewiß dafür segnen.«

Heinrich Bechtermüntz biß sich auf die Lippe. Als dann eine Stunde später der Pfarrherr seine Absicht aussprach, noch an demselben Tage wieder nach Mainz zurückzukehren, ward er von der Familie bestürmt, doch noch zu bleiben. Nur der Hausvater verhielt sich stumm und wandte sich den anderen Gästen zu, die nicht genug seine Gastfreundschaft zu rühmen wußten.

Bald nachher ward das Pferd des Pfarrherrn vorgeführt.

Nachdem sich bereits alle von Günther verabschiedet hatten, trat Heinrich Bechtermüntz an ihn heran, ergriff seine Hand und sagte mit leiser Stimme:

»Es giebt wohl keinen Fehler, den der Mensch nicht wieder gut zu machen vermöchte. Grüßt Euren Freund Johannes von mir und sagt ihm, daß der reiche Mann, was er an ihm versäumt gehabt, an seinem Neffen nachholen wolle.«

Er nickte dem überraschten Pfarrherrn freundlich zu und kehrte nach dem Garten zurück, wo er sich Jakob Sorgenloch näherte, der fast jeden Sonntag nach Eltvill zu kommen pflegte, und sich jetzt mit Else im Ballspiel übte.

Der Handelsherr würdigte den jungen Mann eines längeren Gesprächs und legte zum öftern die Hand freundlich auf seine Schulter.

Als bei Beginn der Dämmerung die Gäste in den erleuchteten Saal zurückkehrten, hielt Heinrich Bechtermüntz seine Tochter zurück und richtete die sonderbare Frage an sie:

»Hast du den Jakob Sorgenloch gern?«

Else lachte. Es schien ihr so komisch, daß der Vater eine derartige Frage an sie stellte. Als er aber dieselbe wiederholte, und zwar in einem recht ernsten Tone, da erwiderte die Tochter:

»Den Jakob habe ich wohl gern, aber den Sorgenloch nicht.«

»Der Name läßt sich umändern,« schalt der Vater ein.

»Ich weiß wohl,« lachte Else, »in Gensfleisch, aber das ist dann gehüpft, wie gesprungen. Ich bleibe lieber bei unserem Namen,« setzte sie schnippisch hinzu, »der gefällt mir am besten.«

Dabei eilte sie voran, doch sah der Vater, daß sie ihren Arm in den von Jakob schob, welcher vor dem Saal auf sie gewartet hatte.

Gedankenvoll folgte Heinrich Bechtermüntz den beiden jungen Leuten nach.

Der Herbst brach mit Macht herein, doch führte er so schöne, sonnige Tage mit sich, daß die Sonntagsgäste des Bechtermüntzschen Schlößchens noch im Oktober den größten Teil des Tages im Garten verbringen konnten. Freilich riß der herbstliche Sturm in dem Blätterschmuck von so manchem Boskett auffällige Lücken, doch dieselben wurden durch zierliche Statuetten ausgefüllt, welche, halb versteckt, in den Gebüschen aufgestellt waren.

Frau Grete traf eben die Vorbereitungen zu einem ländlichen Fest, welches die sommerlichen Tage der Freude, die man in diesem Jahre in so reicher Fülle genossen, beschließen sollte. Da langte höchst unerwartet Jakob in Eltvill an. Er überbrachte verschiedene Schreiben an den Hausherrn und fügte denselben einen höchst unerfreulichen Bericht über die Zustände in Mainz hinzu.

»Die Aufregung nimmt dort immer mehr überhand,« lauteten seine Worte. »Der Bürgermeister hat verkünden lassen, daß eine Verschwörung in der Stadt bestehe, deren Entdeckung und Aufhebung wünschenswert sei; darum richtete er an jeden Bürger und Einwohner, der es mit der Stadt Mainz gut meine, das dringende Ersuchen, alles aufzubieten, um die Verräter zu entlarven.«

»Genau dasselbe schreibt mir mein Bruder Niklas,« äußerte Heinrich Bechtermüntz, welcher die ihm überbrachten Schreiben aufgebrochen hatte. »Hat man denn gar keine Ahnung, wer die heimtückischen Gesellen sein könnten und was sie mit ihrem Bunde bezwecken?«

»Man glaubt,« gab Jakob zur Antwort, »daß sich ihr Anschlag gegen den Kurfürsten richte.«

»Ich habe es mir gedacht,« seufzte der Kaufherr, »der starke Arm seiner mächtigen Feinde weiß ihn zu erreichen, mag er sich zehnmal hinter festen Mauern und Türmen bergen.« Hierauf wandte er sich an die Gattin und fuhr, auf eines der Schreiben deutend, fort: »Niklas fragt bei mir an, ob er die Geschäftslokale und unser Haus überhaupt schließen soll.«

»Mein Gott,« rief Frau Grete erschrocken, »steht es denn so schlimm zu Mainz?«

»Zur Nachtzeit ist man wenigstens dort seines Lebens nicht mehr sicher,« erklärte Jakob. »Es sind mehrfache Raubanfälle vorgekommen.«

Die Hausfrau schlug die Hände zusammen.

»Ihr geht doch nicht etwa noch zur späten Stunde aus?« fragte Else den Sprecher besorgt.

»Ich werde mich hüten,« erwiderte dieser, »obgleich es mir in dem großen, jetzt so einsamen Hause wenig behagt.«

»Hat man keinen der Raubgesellen erwischt?« erkundigte sich der Handelsherr.

»Oh ja,« versetzte Jakob. »Es waren zwei brotlos gewordene Schreiber.«

»Der Bürgermeister hat sie doch sofort hängen lassen?« rief Heinrich Bechtermüntz.

»Nein,« widersprach Jakob, »denn sie waren durch Hunger und Entbehrung zu diesem Raubanfall getrieben worden. Es sind eben zu viele dieser Leute um ihren Verdienst gekommen, seitdem –«

Er stockte und schlug die Augen nieder.

»Sage es nur getrost,« ermunterte der Handelsherr, »seitdem deinem Ohm die wichtige Erfindung des Bücherdrucks gelungen ist. Ihn trifft ja keine Schuld an diesen Uebelständen. Fast eine jede Erfindung macht so und so viele Menschen brotlos. Das läßt sich nun einmal nicht vermeiden. Allein die Obrigkeiten der Städte haben dafür zu sorgen, daß dem Uebel auf irgend eine Weise abgeholfen werde.«

»Der Bürgermeister hat an die Schreiberzunft eine nicht unerhebliche Geldsumme gelangen lassen,« berichtete Jakob.

»Das ist brav von ihm!« rief Frau Grete. »Geht denn keine Sammlung unter den Reichen der Stadt, damit wir uns gleichfalls an derselben beteiligen können?«

Heinrich Bechtermüntz hatte unterdessen in dem Briefe des Bruders weiter gelesen und sagte jetzt:

»Wegen dieses Punktes fragt Niklas bei mir ebenfalls an. Ich werde ihm Vollmacht erteilen, für die Notleidenden eine hinreichende Summe anzuweisen.«

Frau Grete und Else ergriffen dankbar die Hand des Vaters und drückten sie herzlich.

»Hier ist ein Schreiben vom Bürgermeister,« fuhr Bechtermüntz fort, »er teilt unserer Firma mit, daß der große Korn- und Mehlmarkt am Tage von Simon und Judas trotz der in Mainz ausgebrochenen Unruhen stattfinden solle, da es bei den gegenwärtigen Verhältnissen doppelt geboten sei, sich hinlänglich mit Wintervorräten zu versehen. Ich werde daher wohl für diesen Tag mich von Euch trennen und nach Mainz hinüberreiten.«

Gattin und Tochter zeigten besorgte Mienen.

»Seid nicht kindisch,« rief er unter ärgerlichem Lachen, »was kann mir denn geschehen? Meine Anwesenheit ist an jenem Marktlage nötig, weil es unser Geschäft erheischt.«

»Der Vater spricht nur immer vom Geschäft,« äußerte Else. »Ich muß dabei stets an Heringe denken.«

»Spotte darüber nicht,« ermahnte der Vater, »von dem Heringsfang sind die hansischen Kaufleute in Niederdeutschland reich geworden. Man darf keine Gottesgabe verachten.«

»Gewiß nicht,« erwiderte Else, nur schwer ihr lustiges Lachen unterdrückend, »aber es giebt so sonderbare Namen und ich geriete außer mir, wenn der Jakob außer seinem schönen Beinamen noch einen Hering im Wappen führte.«

Dabei schielte sie nach Jakob hinüber, der in große Verlegenheit geriet.

Die Mutter drohte dem übermütigen Mädchen freundlich mit dem Finger, während der Vater ihm einen sehr ernsten Blick zusendete.

»Es ist jetzt keine Zeit zu deinen Späßen,« sagte er, dann entsiegelte er den letzten der erhaltenen Briefe, welcher vom Pfarrherrn Günther kam.

Den Inhalt des ersten Teils des Schreibens behielt der Lesende für sich, dagegen las er den Schluß seiner Familie vor.

Derselbe lautete: »Ich habe gestern die persönliche Bekanntschaft eines Mannes gemacht, dessen Namen Euer Sohn gar oft begeistert genannt.«

Bei diesen Worten trat Johann näher heran und lauschte aufmerksam.

»Ich habe mich nämlich mit einer Anzahl meiner bei den hiesigen Pfarrkirchen eingestellten Amtsbrüder offen für Erzbischof Diether entschieden, dessen Kampf für Freiheit und Recht mich mit Bewunderung erfüllt. Allwöchentlich versammeln wir uns im Hause zum Tiergarten, um unsere gegenseitigen Berichte über den Stand der Dinge auszutauschen. Am gestrigen Tage war ein Abgesandter des Hussitenkönigs Boczko von Podiebrad aus Prag erschienen, um die Hilfe desselben dem bedrängten Erzbischof zuzusichern und ihn aufzufordern, auch ferner dem Andringen seiner Feinde mutig standzuhalten. Der Bote war Gregor von Heimburg.«

Johann stieß einen Schrei der Ueberraschung aus.

»Ich war erstaunt, den heldenmütigen Mann in Mainz zu sehen, da ich keinerlei Kunde mehr über ihn erhalten, seitdem er wegen des theologischen Streites, den er zu Mantua mit Papst Pius gehabt, mit dem Bann belegt worden war. Er hat sich unter den Schutz Podiebrads begeben, gegen den weder der Papst noch der Kaiser etwas zu unternehmen wagen. Ich war außerordentlich glücklich, mehrere Stunden in der geistvollen Gesellschaft Gregors von Heimburg verbringen zu dürfen, dessen Name eine dankbare Nachwelt wohl nie vergessen wird. Leider hat er noch während der Nacht unsere Stadt wieder verlassen, da Eile not thut, wenn die Hilfe Podiebrads unserem Erzbischof noch rechtzeitig werden soll.«

Der für jede reformatorische Bestrebung begeisterte Johann beneidete den Pfarrherrn um die Bekanntschaft eines Mannes, den er zu seinem Ideal erhoben.

»Da Gregor von Heimburg sich zum Sendboten hergegeben,« äußerte er zu den Seinigen, »muß Diethers von Isenburg Sache eine gerechte sein. Ich bin zwar nur ein schlichter Gelehrter, aber im Kampfe für Wahrheit und Licht stählt Gott die Faust des Schwachen; darum möchte ich dich, mein Vater, nach Mainz begleiten, um mich in der Stunde der Gefahr jenen heldenmütigen Männern anzuschließen, die für das Recht des Erzbischofs streiten.«

Bangend blickte die besorgte Mutter auf den Sohn. Der Vater hielt jedoch mit seiner Entscheidung nicht zurück.

Jakob durfte vorerst nicht wieder nach Mainz zurück.

»Ich will nicht, daß dir etwas zustößt,« äußerte der Handelsherr zu ihm.

»Euer Bruder aber wartet sehnlichst auf meine Rückkehr,« stellte der junge Mann vor.

»Er wird sich etwas gedulden müssen,« lautete die Gegenrede.

Noch an demselben Tage ergingen Schreiben an die Freunde der Familie, in denen ihnen kundgegeben wurde, daß das beabsichtigte Fest wegen der bedrohlichen Zustände in Mainz und des Ernstes der Zeit nicht stattfinden werde.

Am nächsten Morgen hatte Heinrich Bechtermüntz seinen Entschluß gefaßt.

»Es ist gut, wenn ich jetzt selbst in Mainz bin,« äußerte er zur großen Verwunderung der Frauen. »Meine ursprüngliche Absicht war, einer Katastrophe auszuweichen. Aber ich huldige jetzt der entgegengesetzten Ansicht, denn ich würde mir Vorwürfe machen, wenn unsere Firma, infolge meiner Abwesenheit, zu Schaden käme, und wenn ich unter den treuen Anhängern des Kurfürsten im entscheidenden Augenblicke fehlte.«

»Du bist Familienvater,« stellte Grete vor, »du hast Rücksichten zu nehmen.«

»Wenn alle Männer so dächten,« erwiderte der Handelsherr, »so käme nie etwas Großes, nie eine heldenmütige That zustande. Mein Leben steht in Gottes Schutz, und wenn es sein Wille ist, mich von dieser Erde abzuberufen, so kann ich mich noch so sehr bergen, sein Arm wird mich doch erreichen, und wäre es nur ein Ziegel, der vom Dache fiele und mich erschlüge.«

Alle Vorstellungen von Mutter und Tochter fruchteten nichts, Bechtermüntz blieb bei seinem Entschlusse.

»Und wie steht es mit mir, Vater?« fragte Johann erwartungsvoll. »Gönnst du mir die Auszeichnung, dich begleiten zu dürfen?«

»Es sei,« antwortete der Handelsherr nach kurzem Bedenken.

Jetzt brach die Mutter in Thränen aus, und selbst der lustigen Else war das Weinen näher als das Lachen.

»So wollt Ihr uns allein und hilflos dalassen?« rief sie in halber Verzweiflung.

»Nicht doch,« antwortete der Vater. »Jakob bleibt bei Euch. Ihm vertraue ich Euern Schutz an. Ich achte ihn als einen vorsichtigen jungen Mann, der auch jetzt alles aufbieten wird, sich meine Zufriedenheit zu erringen.«

Jakob legte beteuernd die Hand auf das Herz.

»Reitet mit Johann ruhig nach Mainz hinüber,« sagte er, »ich opfere eher mein Leben, als ich den verehrten Frauen ein Leid geschehen lasse.«

»Dessen bin ich überzeugt,« nickte Bechtermütz befriedigt. »So schenke uns denn Gott ein fröhliches Wiedersehen!«

Wenige Minuten später ritten Vater und Sohn aus Eltvill, und noch aus der Ferne wehten ihnen Mutter und Tochter mit ihren Tüchern die letzten Grüße zu.


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