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XIII

Vier Tage später kehrte Lüttgen nach Godesberg zurück. Er war von einer lauten Jovialität und sonnte sich in der Erinnerung an seine Geschäftsreise. »Den Engländer hätten wir. Es war ein Stück Arbeit. Einen halben Tag am Konferenztisch, wie zwei kaltblütige Spieler Zug um Zug gegeneinander gesetzt, und zum Schluß hatte ich doch meinen Willen. Business is business

Die Frau und der Freund brachten seinem Überschwang geringes Interesse entgegen. Als Otten am Nachmittag eine Rheinfahrt zu dritt ablehnte, bemerkte Lüttgen die Reserve. Seine Heiterkeit machte einem forschenden Erstaunen Platz. Dann wurde er still und in sich gekehrt. Am Abend trennte man sich mit erkünstelter Höflichkeit.

Nach schlafloser Nacht, die erst gegen Morgen einen schweren, zermürbenden Schlummer brachte, kam der Fabrikant auf die Veranda und fand den Frühstückstisch leer. An den hingeworfenen Servietten sah er, daß Frau Amely und Otten nicht auf ihn gewartet hatten. Er ließ sich vom Diener den Tee bringen und fragte nicht nach ihrem Verbleib.

Der Tee wurde kalt. Er saß noch immer grübelnd nach vorn gebeugt und suchte die Gedanken dort wieder aufzunehmen, wo sie ihm der dumpfe Morgenschlummer abgenommen hatte. Die Figur seiner Frau verbannte er mit einem Zucken der Mundwinkel. Blieb der Freund – –! Wie weit mußte er sich mit ihm auseinandersetzen ...?

»Gar nicht,« flog es ihm durch den Kopf. »Was geht dich die Frau an? Sie hat ihr Leben, und ich habe meines, das ist seit Jahren Gewohnheitsrecht geworden. Ich spielte eine lächerliche Rolle, wollte ich jetzt dagegen aufstehen. Und doch – muß ich jetzt dagegen aufstehen. Bisher handelte es sich um Courmacher, die mir genau so gleichgültig oder so widerwärtig waren wie sie. Das hob sich auf, und ich verlor nichts dabei. Jetzt aber –«

Er zog sein Taschentuch und wischte sich langsam die Stirn.

»Nun? Was denn: jetzt aber? Verlierst du jetzt etwas? Joseph Otten könnte sich ebensogut mit Luft beschäftigen, so wenig existiert die Frau für dich. Du hast sie zufällig im Hause, das ist alles. Und er reist in den nächsten Tagen sowieso. Soll ich wegen bloßer Luft den Freund aus meinem Leben jagen, der das Intermezzo vierundzwanzig Stunden nach seiner Abreise vergessen hat? Das würde für die Siegerin ein Gaudium sein.

»Vergessen hat – –? Und wenn er es nicht so bald vergäße?

»Keine Sorge.« Und wieder kam das Zucken der Mundwinkel. »Sie würde ihn das Vergessen rasch lehren. Sie ist nicht für Freundschaften par distance, und Otten binnen kurzem kein Jüngling mehr. Das entscheidet für sie.«

Fast regte es sich wie Mitleid in ihm. Das Mitleid des nüchtern Gewordenen mit einem armen Berauschten. »Ich liege auf einer Sandbank, aber ich bin doch wenigstens gerettet. Und der da zappelt sich ab und schluckt Salzwasser, wo er Schätze ans Tageslicht zu fördern glaubte. Armer Kerl, es gibt keine Tiefen. Es gibt nur Untiefen. Ich hätt's dir gern erspart.

»Erspart? Wenn ich davon weiß?«

Mechanisch wischte er über seine Stirn. Dann lächelte er verächtlich. »Natürlich erspart. Mich kann doch eine Sache nicht beleidigen, die mir so fern steht wie die Tageslaune dieser Frau? Ihr Schoßhündchen kann mir doch auch keinen Ehrenhandel abnötigen. Welch ein Unsinn, sich als Mann für eine Frau exponieren zu wollen, die einen längst nicht mehr das geringste angeht, nicht mehr, als daß sie für die Umstehenden den Schein zu wahren hat. Das wäre das Gegenteil, das wäre Donquichotterie und – Unehre. Wahrhaftig, das wäre es. – – Nur eins, nur – eins ...«

Sein Gesicht zog sich zusammen. Er starrte auf die Tischdecke, auf der sich die Sonne kringelte.

»Wenn ich schweige, da ich nichts verloren habe, so bleibe ich, wer ich bin, und meine Ehre ruht in mir selber. Nur wenn es darüber hinausgreift, wenn ich die Zeche der gnädigen Frau bezahlen sollte, wenn sie mir mit ihrer Laune den Freund abtrünnig machen sollte, daß er sich von mir abwendet wie von etwas – Unsauberem – –«

Seine Hand fiel schwer auf den Tisch.

»Dann – –!« – –

Er blickte auf und gewahrte zwischen den Bäumen des Parks Frau Amelys weißes Sportkleid und Ottens hellen Anzug. Hastig trank er den kaltgewordenen Tee aus. »Wie sein Lachen klingt,« murmelte er. »Ich will mich nicht beschämen lassen.«

Er erhob sich und winkte den Ankommenden zu. Lässig erwiderten sie seinen Gruß.

»Ihr wart wohl schon auf dem Rhein, ihr Ruhelosen?«

»Wir haben gebadet und in der Sonne gelegen.«

»Und laßt mich in den Federn.«

»Ich wußte nicht,« sagte Otten, »daß du noch für körperliche Übungen zu haben bist.«

»Nun, nun! Mach mich nur nicht gleich zum Kinderschreck. Oder bin ich schon ein solcher Falstaff?«

»Was hast du vor?« fragte Frau Amely. »Können wir über dich mitbestimmen, oder ziehst du die Siesta vor?«

»Wenn ihr mich haben wollt?«

»Bitte sehr –.«

»Sehr ermutigend klingt das nicht. Aber ich halte es den Anstrengungen des Badens zu gute. Hier ist eine gefährliche Ecke, und es muß einer schon verteufelt gut gegen den Strom schwimmen können, um in Landungsweite zu bleiben. Ja – was ich sagen wollte: Wie wär's, wenn wir heute das Mittagessen in Königswinter nachholten, das ich bei meiner plötzlichen Abreise im Stich lassen mußte? Ihr könnt euch darauf verlassen, daß ich nicht knauserig bin.«

»Muß es gerade Königswinter sein?« meinte Otten.

»Ich bestehe nicht darauf. Aber hast du was gegen das Prachtnestchen?«

»Durchaus nicht. Bleiben wir dabei.«

Das Wetter war paradiesisch. Die warmen Tage und Nächte hatten die versteckteste Blüte hervorgelockt, und die Ufer links und rechts standen im weißen Flor der Obstbäume. Die drei im Boot hatten kein Auge dafür. Hin und wieder schlug ein Wort an und verhallte. Dann ließ auch Lüttgen die Unterhaltung fallen.

Sie speisten am Rhein, und der Wein machte sie lebendiger. Aber die Unterhaltung schwebte nur zwischen Otten und Frau Amely, und sie gaben sie nicht aus der Hand. Und auf der Heimfahrt wurde es nicht anders.

Lüttgen suchte sofort sein Zimmer auf, um sich umzuziehen und sich vor Erkältung zu schützen. »Ihr werdet wohl zehn Minuten ohne mich auskommen können.«

Otten und Frau Amely saßen auf der Terrasse und vermieden es, sich anzusehen.

»Das alles war häßlich,« sagte endlich der Mann.

Sie wandte ihm langsam den Kopf zu. »Und in dieser Häßlichkeit lebe ich jahraus, jahrein. Du empfindest sie schon nach wenigen Tagen.«

»Er kann nichts dafür. Es ist seine Natur, die ihm im Wege steht.«

»Und die meine? Soll sie daran stumpf und dumpf zu Grunde gehen? Wenn einer in den Hintergrund treten muß, so soll es doch in aller Welt nicht der wertvollere Mensch sein, der es muß.«

»Bist du so sicher –«

»Daß nicht er der wertvollere Mensch ist? Ja! Dessen bin ich sicher. Und wenn du es noch nicht erfahren hast, so liegt das daran, daß seine alltägliche, niederziehende Art schon allzusehr auf mich gewirkt hat. Joseph! Weshalb bist du nicht früher gekommen! Damals, als der Unterschied noch viel klarer zu Tage trat als heute. Wo es für dich ein einziges gewesen wäre: Sehen und Erkennen. Wo du mich einfach auf die Arme genommen hättest, um mich aus all den Erniedrigungen, die ich von dem Mann, dem seine Natur im Wege steht, erdulden muß, herauszuheben. Soll ich mit ihm trinken? Soll ich mit ihm Witze machen? Soll ich mich an seinen Hals hängen, wenn er plump und zärtlich wird? Soll ich das – auch jetzt noch?«

Otten atmete schwer. Es wurde eine spannungsvolle Stille. Dann sprach er.

»Wenn du das, was du mir heute und in den letzten Tagen von ihm und von dir gesagt hast, auf deinen Eid nehmen kannst – so sollst du es nicht.«

»Ich nehme es darauf.«

»Gut. Du wirst mich, wo es not tut, an deiner Seite finden. Im übrigen muß er es jetzt schon wissen.«

»Es wird ihn kalt lassen, und er wird kein Wort daran wenden. Da hast du seinen Charakter.«

»Damit fiele jede Schonung fort. Ich glaube dir.« – –

Von diesem Tage an unterließ es Lüttgen, an den Wanderungen und Segelfahrten teilzunehmen. Nur einmal stellte er den Freund im Garten. Es währte nur einige Minuten.

»Es ist nicht ganz so gekommen, wie ich es mir gedacht hatte. Euer Seelenbündnis geht weit.«

»Wenn das etwa eine Beschuldigung deiner Frau sein soll, so fällt sie auf dich zurück.«

»Das würde mich interessieren. Du darfst mir ruhig eine Philippika halten.«

»Ich fühle mich nicht dazu berufen. Wenn du nicht selbst empfindest, was du an deiner Frau versäumt hast? Ein so reiches Wesen, erziehungsfähig wie kein zweites. Aber man muß die eigene Erziehung dem Ziele anpassen.«

»Mit anderen Worten: ich bin ein stumpfsinniger Wüterich.«

»Gegen dich selbst vielleicht.«

»Gott bewahre dich, daß du es aus lauter Erziehungseinsicht auch einmal gegen dich wirst. Es gibt Katzennaturen, die lassen sich dressieren, aber nicht erziehen. Eines Tages zeigen sie doch ihre Raubtierinstinkte.«

»Laß das, bitte.«

»Mit Vergnügen. Mir täte es nur um den Freund leid, der die Erfahrungen umsonst haben könnte.«

Otten teilte einiges aus dieser Unterhaltung Frau Amely mit. Sie legte ihre Hand auf die seine und sah ihn an. Und in ihm wuchs die Abneigung des Starken gegen den Schwächling. Die feste Hand tat's, und er hatte sie.

Lüttgen bemerkte es schnell, wie sich der Freund von ihm zurückzog. Und er spürte die Mißachtung heraus. Tiefer und tiefer grub sich der Haß gegen die Frau in ihn ein. Sie traf die Schuld, nur sie. Sie hatte die Ritterlichkeit des Mannes durch eine Verstellung der Dinge für ihre schlechte Sache zu gewinnen gewußt. Sie hatte den Gatten so preisgegeben, daß auch der Freund ihn preisgeben mußte. Mißachtung. Weiter ging es nicht.

Er ging umher, und sein Haß grübelte: »Was tu' ich? Was tu' ich, um diesen Verlust wettzumachen? Der Mensch ist mir so sehr ans Herz gewachsen, wie mir die Frau abscheulich ist. Ich strafe mich selbst, wenn ich ihn treffe. Denn sie allein hat die Verantwortung. Sie hat ihn schon jetzt betrogen, wie sie ihn belogen hat. Und nun hält er seine Ritterlichkeit für engagiert. Würde ich an seiner Stelle anders gehandelt haben? Nein. Oder – vielleicht nein. Das ist ja so nebensächlich, denn ich lasse es ja zu, daß er sich die Finger verbrennt, wenn er absolut nicht anders will. Aber – mißachten? Mich mißachten? Nach alledem, was ich unter dieser Frau ausgestanden habe, auch noch von dem einzigen Menschen, an dem ich hänge, mißachtet werden?« Es tanzte ihm in bunten Lichtern vor den Augen. »Ich muß mich wehren,« murmelte er, »ich muß mich wehren.«

Und von Stund' an suchte sein Haß.

Wo er ging und stand, glaubte er den Triumph der Frau zu empfinden: »Jetzt nehm' ich dir auch den Freund, jetzt nehm' ich dir auch den Freund. Wer ist nun der Reichere von uns beiden, du Bettelmann?«

Seine Gedanken jagten hin und her. Nur nicht die letzte Planke verlieren!

Und er sah sie am Rhein. Hand in Hand standen sie und lachten sich an, als gäb's auf der Welt nichts außer ihnen. Der Atem kroch ihm zurück. Die Brust schmerzte ihn. Er wollte seine Stimme hören und konnte nicht. Und plötzlich wachte es in ihm auf, das Bild, das er gesucht hatte. Seine Brust hob sich hoch, und es kamen Laute über seine Lippen, die er nur selbst verstand. »Ich hab's – ich hab's. Ich muß ihn ihr nehmen, glatt – weg – nehmen. Mitten aus ihrem Triumph heraus – weg! Weil du ihn mir genommen hast – dafür – nehm' ich ihn – dir! Nicht seinetwegen. Deinetwegen!«

Mit einer langsamen Gebärde fuhr er sich über die Augen. Die bunten Lichter tanzten nicht mehr. Er sah den klaren Tag. Und er wandte sich ab und ging ruhigen Schrittes dem Landhaus zu und riegelte sich in seinem Zimmer ein.

»Es ist lange her,« sagte er sich, »daß ich das Schießzeug nicht mehr in der Hand gehabt habe,« und er betrachtete den polierten Lauf. »Seit meiner letzten Übung bei den Deutzer Kürassieren nicht mehr. Und das ist bald schon nicht mehr wahr. Ruhe, mein Junge. Es wird nicht darauf ankommen, daß einer fällt, sondern – daß er fällt. Das Gottesurteil bin ich! Vergiß das nicht. Nur so hat es Sinn. Hat die Affäre so lange gedauert, kann sie noch ein paar Tage länger dauern. Damit ich mich einüben kann und – treffen. Nicht dich, Jupp. Sie – –!«

Wenn das Segelboot auf dem Rhein schwamm, ging er in den Park, stellte die Scheibe auf und maß die Schritte ab. Die schwerfällige Hand zitterte, als er sie zuerst erhob. Die Kugeln saßen in der Baumrinde. Aber zähe blieb er beim Werk. Und als die erste Kugel im Scheibenrand saß, glitt ein Lächeln über sein rotes Gesicht ...

Nun irrten die Kugeln nicht mehr ab. Er hatte ja Tage für sich. Es störte ihn keiner, und keiner fragte nach ihm. Und es kam die Stunde, wo Kugel auf Kugel das Zentrum durchbohrte. Das war der glückseligste Augenblick seines Lebens.

Der Segelwind war abgeflaut. Das Boot kroch langsam heran. Den Insassen war es lieb, noch nicht landen zu müssen, allabendlich schoben sie die Landung hinaus.

»Du darfst noch nicht fort,« sagte Frau Amely und legte den Kopf an Ottens Brust. »Du bist jetzt nur an mich gebunden.«

»Sei vernünftig, Amely. Wir dürfen nicht wie Chacun und Chacune denken. Das ist ja so billig.«

»Gar nichts denken. Still. Nur deinen Kopf hergeben. So – – jetzt lieg' ich gut ...«

Das Boot schwamm auf der Höhe des Parkes. Frau Amely fuhr auf. »Hörtest du nichts?«

»Einen Schuß –«

Sie horchten beide. Die Schüsse fielen in regelmäßiger Reihenfolge.

»Da übt sich irgendwer im Scheibenschießen,« sagte Otten, und Frau Amely legte sich in seinen Arm zurück. Ihre Augen küßten sich, bevor sich die Lippen berührten. Und während sie sich, weltvergessen, im schmalen Boot aneinander anschmiegten, pfiffen vom Ufer, Schuß auf Schuß, die Kugeln, die für ihr Herz waren. – –

»Ich gedenke morgen heimzureisen,« eröffnete Otten am Abend dem Hausherrn.

»Darin kann ich leider nicht so ohne weiteres willigen.«

»Du scherzest wohl. Ich bin über Gebühr geblieben und fühle es selbst. Es bleibt also bei morgen.«

»Und wenn ich dich bäte? Du hast mir lange nichts mehr zu Gefallen getan. Ich möchte – deinen guten Willen sehen.«

»Ich kann nicht, Lüttgen.«

»Ja – des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Dann reisest du also morgen. Aber erst mit dem Abendzug. Ich hatte euch versprochen, wenn ich den Engländer zu fassen kriegte, sollte es ein Festlein setzen, wie wir noch keins erlebt haben. Nur unter den Intimsten des Hauses, genau wie an dem Tage, an dem du ankamst. Du erinnerst dich doch? Die Herren sind zu morgen mittag geladen.«

»Du verfügst da zwar über meinen Kopf weg, aber –«

»Das nimmt man wohl unter Freunden nicht so genau.«

»Wenn dir also ein Gefallen damit geschieht –«

»Ohne dich wäre mein Arrangement hinfällig. Ich hatte in den letzten Tagen den Kopf noch voll von Geschäftssorgen. Gott, das ganze Leben ist Geschäftssache. Aber nun sind die Berechnungen, die ich aufzustellen hatte, fertig, ich kann mich in letzter Stunde noch um dich kümmern und bin so heiter wie in meinen besten Tagen.«

»Ich werde deine Frau von meinen geänderten Reisedispositionen in Kenntnis setzen.«

»Da erscheint sie gerade, um gute Nacht zu wünschen. Höre, Amely, unser Freund wird morgen noch an einem kleinen Herrenessen in unserem Hause teilnehmen. Die Zusagen habe ich bereits. Die Küche wird von Bonn geliefert, der Koch kommt gleich mit. Es ist dir doch recht, daß wir auf diese Weise Otten bis zum Abend behalten?«

»Ah –!« sagte sie erstaunt. »Das ist eine angenehme Überraschung.«

»Und nun wollen wir alle zu Bett gehen. Gute Nacht, Otten. Schlafe wohl. Das wird morgen ein schwerer Tag.«

Sie reichten sich die Hände und suchten ihr Zimmer auf. Irgendwo schlug unverdrossen eine Nachtigall.– – – Die Gäste saßen bei Tisch in der Halle. Man hatte an der Veranda die Leinenjalousien herabgelassen, um sich vor der Flut des Sonnenlichtes zu schützen. Nun herrschte eine zitternde Dämmerung. Die Sektbecher waren den Rheinweinrömern gewichen, die Rheinweinrömer aufs neue den Sektschalen. Die Herren hatten Blumen ins Frackknopfloch gesteckt, wurden ausgelassen und tranken der Frau des Hauses zu, die in herabfallendem Kleide, die zarten Schultern entblößt, träumerisch neben Otten saß.

»Vergiß mich niemals,« sagte sie leise. Und Otten drückte in stummem Einverständnis ihre Hand.

Lüttgen trank hastig. Sein Gesicht hatte eine dunklere Röte als sonst, und er war so gesprächig, daß es auffiel.

»Kein Wunder!« rief Terbroich. »Der Mann kann es sich leisten. Stößt auf einen Schlag seinen ganzen alten Vorrat ab.«

»Jetzt muß es sein,« sagte sich Lüttgen und erhob sich. Der Diener, der die Obstschalen in Bewegung gesetzt hatte, verschwand. Sein Herr hatte ihm kurz zugenickt.

»Eine Festrede? Ruhig allerseits! Der Hausherr hat das Wort.«

»Ja – eine Festrede,« sagte Lüttgen, spielte mit seinem Glas und reckte den schweren Körper. Nun hatte er sich in der Gewalt. Seine Augen sahen ruhig von einem zum andern. »Eine Festrede. Und in der Tat, so absonderlich es auch erscheinen mag: der Hausherr hat das Wort. Unser geschäftskundiger Terbroich pries mich eben glücklich, daß ich auf einen Schlag meinen ganzen alten Vorrat abgestoßen hätte. Aber er irrt sich. Das Lager ist noch nicht geräumt.«

Er nahm sein Glas und trank es aus. Keine Zwischenbemerkung fiel.

»Na, und heute möchte ich es gänzlich räumen. Es ist Bruchware, aber auch dafür finden sich ja Liebhaber. Damit sie mir einerseits nicht gestohlen wird und ich anderseits nicht in Versuchung komme, jemanden damit übers Ohr zu hauen – denn beides ist gleich beschämend für einen soliden Geschäftsmann – gebe ich sie gratis her. Wer will?«

Das war keine Festrede. Und der Mann, der jetzt mit drohenden Augen über den Tisch hinsah, kein lustiger Tafelredner. Ein beklommenes Schweigen lief um die Tafel.

»Wer will?« wiederholte Lüttgen und erhob seine Stimme. »Keiner? Wahrhaftig keiner? Auch du nicht, Otten?«

»Was soll das heißen?«

»Das soll heißen, daß ich dabei bin, meinen alten Vorrat abzustoßen, mein Lager zu räumen. Verstehst du das?«

»Setz dich. Dir ist der Wein in den Kopf gestiegen.«

»Also betrunken. Möglich, daß ich das nicht erst heute bin. Aber ich gebe dir mein Wort: keinen roten Groschen gäbe ich in diesem Augenblick für deine hellseherische Nüchternheit.«

»Bist du zu Ende?«

»Sofort. Du brauchst nur zu sagen, ob du willst. Weshalb zögerst du? Ihr seid euch doch schon lange einig.«

»Das ist nicht wahr!« rief Frau Amely. Totenblaß kauerte sie in ihrem Stuhl.

»Ich bitte um Verzeihung. Was ist nicht wahr? Daß du ihn mehr liebst als dein Leben?«

»Es ist nicht wahr!« – – –

Angstgejagt kam die Abwehr. Ein verzweifeltes Aufbegehren. »Es ist nicht wahr –«

Und zwischen diesen Worten hatte Otten sich wiedergefunden. So blitzschnell und lachend die Tage und Wochen von Godesberg vor ihm aufgestiegen waren, so blitzschnell und hohnlachend sanken sie unter, und keine Welle kräuselte sich über dem Grab. Ein Abenteuer. Nichts mehr. Und das schlechteste fürwahr.

Blaß, aber stählern in jedem Nerv, erhob er sich, rückte den Stuhl zur Seite und stand neben der Dame des Hauses.

»Darf ich Ihnen meinen Arm geben, gnädige Frau. Es geht hier unten etwas zu wild für Sie zu.«

Und willenlos legte sie ihren Arm in den seinen und ließ sich hinausgeleiten. An der Treppe gab er sie mit einer Verneigung frei. Kein Wort wurde mehr gewechselt. Er wartete, bis sie ihr Zimmer erreicht hatte, und ging dann auf das seine. »Bestellen Sie, bitte, den Herren,« sagte er dem Diener, den er herbeigerufen hatte, »ich bliebe hier oben.«

Eine Viertelstunde wartete er. Seine Gedanken beschäftigten sich mit so fernliegenden Dingen, daß er sich selber verwunderte. Dann hörte er Schritte auf dem Korridor. Es pochte an seiner Tür.

»Herein!«

Es war Terbroich und ein junger Fabrikant.

»Kommen wir ohne Umschweife zur Sache, meine Herren,« bat Otten freundlich. »Herr Lüttgen hat Ihnen einen Auftrag gegeben?«

»Zu meinem Bedauern, lieber Joseph,« begann Terbroich feierlich, »siehst du in mir den Beauftragten. Du wirst mir deshalb nicht zürnen, aber ich konnte es bei Lage der Dinge nicht abschlagen.«

»Bitte,« wehrte Otten ruhig ab. »Dein Auftrag.«

»Herr Lüttgen wünscht von dir Satisfaktion mit der Waffe. Eine andere Genugtuung könne er nicht akzeptieren.«

»Ich bin bereit.«

»Es besteht der Wunsch, daß die Angelegenheit so sehr als möglich beschleunigt werde.«

»Das trifft mit meinem Wunsch zusammen.«

»Also morgen früh halb sechs Uhr hier im Park? Es ist der sicherste und entlegenste Ort.«

»Übermorgen. Das weitere läßt sich wohl mit meinem Vertreter verhandeln, den ich mir sofort suchen werde.«

»Würden Sie,« fragte der junge Fabrikant höflich, »vielleicht meine Dienste annehmen? Ich bitte, ganz über mich zu verfügen.«

»Sie sind sehr freundlich, und ich nehme mit Dank an. Sie schenken mir wohl noch einige Minuten. Adieu, Terbroich, ich möchte noch mit dem Nachmittagszug nach Köln.«

»Adieu, Otten. Ich hatte nur meinen Auftrag zu erfüllen.«

Er nickte Terbroich zu, und die beiden Herren blieben eine Viertelstunde allein. Kurz darauf betrat Otten den Bahnhof, löste ein Retourbillett Köln-Godesberg und fuhr heimwärts. Als er eine Stunde später den Kölner Bahnhof verließ, beherrschte ihn nur noch der eine Gedanke: Haltung! Nicht weich werden. Jetzt ist Marias Ruhe das wichtigste.

Er stieg die Treppe zu seiner Wohnung hinauf, zwang sich zu einem strahlenden Gesicht und klingelte am Vorplatzgitter. Frau Maria öffnete selbst.

»Da bin ich!« rief Otten und zog sie schnell in die Arme.

»Wandervogel – Wandervogel – –!«

Er hielt ihren Kopf so lange gegen seine Brust gepreßt, bis er seiner Bewegung Herr geworden war. »Da bin ich, Maria – –«

»Bleibst du jetzt? So komm doch endlich herein, daß ich dich betrachten kann. Seit ich dich in Godesberg weiß, geh' ich keinen Tag mehr aus, aus Angst, ich könnte dich verpassen. Hab' ich nicht recht gehabt? Du kommst und bist da. Gott sei Dank, daß du es bist.«

»Hast du dich um mich gesorgt?« fragte er und streichelte ihr Haar. Nun saßen sie im kleinen Zimmer, und sie haschte nach seinen Händen und hielt sie fest.

»Erst laß dich anschauen. Fühlst du dich nicht wohl? Es ist so unruhig in deinen Augen.«

»Diese unglaubliche Hitze. Der Umschlag war nach Rußland etwas stark. Hast du ein Glas Wasser?«

»Warte. Ich mache schnell eine Zitronenlimonade zurecht. Die kühlt am besten.«

Sie ging, kam nach wenigen Schritten zurück und umfing ihn jäh. »Mein Joseph!« Dann verließ sie schnell das Zimmer.

»Herr Gott,« dachte Otten, »das ist nicht zu ertragen. Alles andere, nur nicht diese immer sich gleich bleibende Güte. Ich sitze hier wie ein Einbrecher in meinem eigenen Hause.«

Sie trat in die Tür, frisch und erregt wie ein junges Mädchen. Und er nahm ihr das Glas ab, sah sie mit dankbarem Blick an und trank es auf einen Zug leer. »Daß man nie einsehen wird, daß es uns zu Hause am wohlsten ist ...«

»Bleibst du, Joseph?«

»Ja, nun kommt das Geständnis. Ich muß morgen noch einmal hinüber. Lüttgen tut's nicht anders, es gibt noch ein Nachtfest zum Schluß. Zu einem Abschluß aber gehören Schwanenlieder, und ich wollte hier unter meinen alten Noten wählen, um das richtige Programm zusammenzustellen.«

»Das hätte ich doch auch gekonnt.«

»Ich hatte Sehnsucht,« sagte er, und er fühlte, daß er wahr sprach. »Und es war ein freier Tag, Maria, der sollte euch gehören, dir und Carmen. Ist sie nicht zu Hause?«

»Sie sitzt auf ihrem Stübchen und lernt und strebt. Ich wollte dich nur die ersten Minuten für mich allein haben. Verwundere dich nicht, ich bin eine egoistische Frau ...«

Sie drückte noch einmal hastig ihr Gesicht an das seine. »Nun können wir zu ihr gehen.«

Oben in ihrem Giebelstübchen saß Carmen, schlank und rank, einen ernsten Ausdruck im Gesicht, und studierte Latein. Als die Tür ging, wandte sie sich nicht um. Sie las mit halblauter, monotoner Stimme die Regeln der Grammatik. Lächelnd blickte Frau Maria zu ihr hin, und über Ottens Stirn glitt eine Röte. »Carmen,« sagte er ganz leise, und die Stimme gehorchte nicht und blieb nicht fest.

»Vater!«

Grammatik und Vokabularium sausten ins Zimmer, sein großes Mädel hing ihm am Hals.

»Kleinchen, Kleinchen – nein, nein – Großes, mein Großes – –«

»Der Vater! Hach du! Wo bleibst du? Wo hast du gesteckt? Ich will zu Pfingsten eine Reise mit dir machen!«

Er küßte sie wie ein kleines Kind. Er konnte sich gar nicht satt küssen. War denn das Mädel über Nacht so groß und schön geworden? Hatte er sie früher nie so geliebt? »Kann kommen, was will,« ging es ihm durch den Kopf, »das bleibt von mir, das bleibt. Und ich habe doch nicht umsonst gelebt.«

»Kinder, macht euch fertig! Wir wollen ins Freie! Recht wie ein solider Bürgersmann mit Weib und Kind. Wir essen in der Flora, und wenn wir zurückkommen, musizieren wir noch ein Stündchen, daß sich der Frühling wundern soll!«

»Nun ist mein Latein zu Ende!« rief Carmen übermütig, sammelte die verstreuten Bücher auf und holte den Hut vom Haken. »Der Frühling will es.«

Frau Maria nahm des Gatten Arm. Mit heiterem Stolz schritt sie an der Seite ihres Mannes durch die Straßen. In den andern Arm hängte sich Carmen ein. Ihre Blicke musterten unaufhörlich die Passanten, ob sie auch bemerkten, daß Ottens kämen. Ihr Redefluß versiegte nicht einen Moment. So boten die drei Spaziergänger das Bild eines gefestigten Familienglückes, und Otten empfand es wie einen Hohn und doch wie eine süße Wonne, die er für nichts auf der Welt jetzt hergegeben hätte. Sein Herz begann ruhiger zu schlagen, sein Gehirn arbeitete regelmäßiger. Die Erlebnisse der letzten Stunden fielen von ihm ab, ein seltenes Wohlbefinden, das nur sich selbst Genüge tun will, drang in ihn ein, ein Ausruhen im Augenblick, der sich ihm schenkte.

Der große Garten der Flora stand in Blüte. Ein Duften von Strauch zu Strauch, von Weg zu Weg. Und auf den Wegen wandelten hübsche Frauen und Mädchen in luftigen Frühjahrskleidern, und alle hatten denselben lächelnden Zug im Gesicht, den der Frühling heraufbeschwört, und man weiß nicht, woher und weshalb. Nie war Otten der Garten, nie war ihm Köln so wundervoll erschienen ...

Und die Heiterkeit der Gemüter hielt an, während sie an einem der gedeckten Tischchen saßen und die Delikatessen verzehrten, die Carmen auswählen durfte, und den Wein aus den geschliffenen Gläsern tranken, die der Marke zukamen. Sie hielt an, während sie heimwärts wanderten. Arm in Arm, wie sie gekommen waren, und während Otten am Klavier saß und lange, stille Weisen spielte, die Frauen links und rechts neben ihm. Und sie verschwand erst, als wäre sie verscheucht, als er sich zu Bett gelegt hatte mit einem letzten freundlichen »Gute Nacht, Maria«.

Wild stob es durch sein Hirn, machte ihm das Herz rebellisch, tanzte einen Hexensabbat in Brust und Kopf. Was war gewesen? Was hatte er getan? Untreu war er sich gewesen, gegen seine Natur hatte er gefrevelt, ein Schäferspiel in blutigen Ernst verkehrt, weil – ja weil er sich zum Amboß hergegeben hatte, für eine kleine, lüsterne, feige Frau, er, der sonst nur den eigenen fröhlichen Hammerschlag kannte – weil er den Freund hatte fallen lassen um eines bißchen verlogenen Evatums willen. Untreu sich selbst. Daran mußte er scheitern. Er konnte nur in der Sonne leben.

Er horchte. Auf die Atemzüge Marias ... Sie schlief selig an seiner Seite, und er hatte ihr doch nur so kurz gute Nacht gewünscht. Wie kam ein Mensch wie er zu einer solchen Frau? Wie durfte er zu einer solchen Frau kommen, da er gezwungen war, mit der schlechtesten Arm in Arm in die Schranken zu treten? Und plötzlich stand der Moment wieder vor ihm, da die andere, die sich ihrer Umwelt so weit voran, so überlegen dünkte, angstverzerrt in sich zusammengekrochen war, leugnend wie ein Spießgeselle, alle Würde von sich werfend, sklavisch wimmernd vor der Bedrohung ihrer Existenz, die sie von der bisher so verachteten Umwelt bezog – ah, nicht weiter denken, nicht weiter. Ihm schnürte sich die Kehle zu.

Wie sollte ein Mann mit der Scham im Nacken mit einer Maria weiterleben – –? Ihre Frauenliebe hatte ihn stark gemacht – ihre Frauenliebe hatte ihm die Jugend bewahrt über die Jahre hinaus – an einem Weibchen war er gescheitert.

Das war so erbärmlich, daß selbst Maria ihm nicht helfen konnte, nicht helfen durfte. Oder – er hatte ins Altenteil zu kriechen. »Meine reine Maria,« murmelte er. Und dann lag er mit weitgeöffneten Augen, zusammengepreßten Lippen, und wartete den Morgen ab. Auch dieser Morgen kam. Früh ging Otten aus. Er hatte eine Anzahl Papiere zu sich gesteckt und begab sich zu seinem alten Notar.

»Ich habe einen schlechten Traum gehabt, lieber Freund,« scherzte er, »und Sie wissen, wir Künstler sind ein abergläubisch Volk. Wenn wir das erste graue Haar entdecken, reißen wir es aus und glauben, nun wären wir wieder jung und die Welt nähme uns dafür. Aber dann kommt ein Tag, an dem wir entdecken, daß wir uns sämtliche Haare ausraufen müßten, um wieder jung zu werden. Irgendwo sagt uns jemand adieu. Und wir machen noch einmal unsere schönste Verbeugung.«

»Ach du lieber Gott, Herr Doktor, die machen wir alle, wenn Ihnen das ein Trost ist. ›Nur das Alter ist jung, und die Jugend ist alt,‹ hat uns schon Schiller zum Trost gesagt. Und alter Wein – Sie werden es merken – hält die Konkurrenz des Mostes dreimal aus.«

»Auf alle Fälle, Herr Notar.«

»Auf alle Fälle ist immer das beste. Ein Testament?«

»Eine Schenkung. Hier ist mein Vermögensnachweis. Ich möchte, daß diese Summe zur freien Verfügung Frau Maria Ottens von heute an bei Ihnen deponiert bleibt, bis Sie mit Frau Maria Otten über Anlage und Zinsenauszahlungen und was sich sonst ergeben wird, konferiert haben. Stellen Sie mir zuliebe die Dokumente sofort aus, damit ich meine Unterschrift geben kann. Ich muß am Nachmittag verreisen.«

Später stattete Otten dem alten Klaus einen Besuch ab. Der Alte ging verlegen um seinen Freund und Gönner herum. »Geweß, et is en Schand, dat ich Reißaus nehm. Äwwer et is nit zu vermiete, et is bald esu en ahl Barack, als wie ich bin. Un et is doch nu mal Familieneigentum. Et Alter macht eigensinnig, un sing eigne Scholl möcht mer doch zu gern beim Sterwen unger de Föß hann.«

»Ich besuch' dich, Klaus.«

»Jupp, ding Hand drop!«

»Hast du Ersatz? Jemand, auf den man sich verlassen kann, auch wenn der Herr nicht daheim ist?«

»Ich gonn nit us dem Hus, als bis ich ene tüchtige Ersatzmann gestellt hann. Verloß dich drop, Jupp.«

»Na – denn adschüß, Klaus. Und viel Glück für Zons.« – –

Gegen Abend nahm er Abschied von Maria und Carmen. Sie brachten ihn zum Bahnhof, und er täuschte sie durch sein fröhliches Geplauder über nichtige Dinge. Er hatte Carmen abgeküßt und wandte sich Maria zu. »Einsteigen!« riefen die Schaffner und schlugen die Türen zu. Da riß er sie leidenschaftlich an sich. »Leb wohl!« stieß er hervor.

Sie sah ihm mit erschreckten Augen nach, bis der Zug in der Ferne verschwand. Und diese erschreckten Augen verfolgten ihn bis Godesberg. »Die Frau in ihr – meine Frau in ihr – hat mich – verstanden. Helf ihr Gott.«

In Godesberg trat der Stationsvorsteher auf ihn zu und grüßte ihn freundlich.

»Frau Lüttgen ist gestern abend nach Italien gereist. Aber Herr Lüttgen ist in seiner Villa.«

Auf und davon hatte sie sich gemacht. Ohne Besorgnis um das Schicksal der Männer, die sich in ihrem Rücken rauften. Nur in Besorgnis um ihr eigenes, kleines Existenzchen. Bravo! Bravo!

Er suchte einen Gasthof auf und legte sich gleich zur Ruhe. Um fünf Uhr in der Frühe stand er vor dem Hotel. Sein Zeuge erwartete ihn. Sie gingen langsam und schweigend die Straße entlang, ließen bald die letzten Häuser hinter sich und betraten gegen halb sechs Uhr den Park.

Zwei Stunden später schaffte man Joseph Otten nach Bonn in die Klinik. – –



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