Unbekannte Autoren
Tausend und eine Nacht. Band XXIV
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Die Frau und der Stallknecht.

»Es war einmal eine Frau, eine Ehebrecherin, die mit einem Platzhalter vermählt war, der nicht den Trieb des Mannes zum Weib hatte. Die Frau aber war schön und lieblich und haßte ihn dafür, daß er nach dem Liebesgenuß kein Verlangen trug; und außerdem befand sich im Hause ein Stallknecht, der aus Liebe zu ihr starb. Ihr Gatte verließ jedoch nie seine Wohnung, und, wiewohl sie sich danach sehnte, mit dem Stallknecht zusammenzukommen, so war es ihr unmöglich. Sie war ratlos, wie sie ihren Gatten überlisten sollte, bis sie sich einen Plan ersonnen hatte und zu ihm sagte: »O mein Herr, meine Mutter ist gestorben, und ich möchte mich aufmachen und an ihrem Begräbnis teilnehmen und die Kondolenzvisiten empfangen; auch will ich, wenn sie etwas hinterlassen hat, es nehmen und wieder zu dir zurückkehren.« Er versetzte: »Du darfst gehen.« Sie erwiderte jedoch: »Ich fürchte mich allein und ohne Begleitung das Haus zu verlassen; auch bin ich nicht imstande zu gehen, da das Haus meiner Mutter weit von hier ist. Befiehl dem Stallknecht, daß er mir einen Esel bringt und mich zum Haus meiner Mutter begleitet, wo ich nach der Sitte der Leute drei Nächte schlafen will.« Hierauf rief ihr Mann den Stallknecht und befahl ihm einen Esel für seine Frau zu bringen und sie zu begleiten; und der Knecht freute sich mächtig, als er diese Worte vernahm. Er that, wie ihm geheißen war; anstatt aber nach dem Hause zu gehen, begaben sich die beiden nach einem Garten, indem sie eine Flasche Wein mitnahmen, und verschwanden für den ganzen Tag, sich bis zum Sonnenuntergang vergnügend. Dann holte er den Esel und setzte sie auf, worauf er mit ihr zu seiner eigenen Wohnung zog, wo das Paar in gegenseitiger 127 Umarmung Busen an Busen die Nacht verbrachte und sich bis zum Morgen vergnügte. Hierauf erhob er sich und that mit ihr wie zuvor, indem er sie wieder zu dem Garten führte; und so trieben sie es drei Tage lang. Am vierten Tage sprach er zu ihr: »Laß uns jetzt zum Haus des Platzhalters heimkehren.« Sie versetzte jedoch: »Nein, nicht eher, als bis wir uns noch drei weitere Tage vergnügt und ein jeder seinen Willen an dem andern gehabt haben. Jener alberne Kuppler mag inzwischen wie ein Hund mit dem Kopf zwischen den Beinen daliegen.« So vergnügten sich denn die beiden noch einmal drei Tage lang, worauf sie am siebenten Tage heimkehrten. Sie fanden den Platzhalter neben einer alten Negersklavin sitzen, und er sagte zu ihnen: »Ihr bliebt lange aus.« Sie erwiderte: »Ja, so lange, bis die Kondolenzvisiten beendet waren, denn meine Mutter war einer Menge von Leuten bekannt.« In dieser Weise genossen beide eine Weile ihr Wohlleben, das ebensosehr der Frau als dem Stallknecht gefiel.«

Als der Emir diese Geschichte vom Fleischer vernommen hatte, fing er an zu lachen, bis er auf den Rücken fiel; dann sagte er zu ihm: »Geh' fort an deine Arbeit,« worauf der Fleischer ihn verließ, ohne zu wissen, was er in seinem Kaftan und seiner Kappe anfangen sollte. Die Frau aber erhob sich nun und holte den Kaufmann aus der vierten Kammer heraus. Als sie ihn vor ihren Gatten stellte, musterte er ihn in seinem Spaßmacheraufzug und erkannte als sicher in ihm seinen Nachbar. Er sagte deshalb: »O du da, du bist unser Nachbar, und nimmer vermuteten wir, daß du nach unserm Harem Verlangen tragen würdest; vielmehr nahmen wir an, du würdest über uns wachen und uns hüten und jedes Übel von uns abwehren. Bei Gott, jene, die wir fortschickten, thaten uns nicht solchen Schimpf an als du, da du unser Nachbar bist. Du verdienst dafür, daß ich dich sofort niederschlage; jedoch kommt die Sünde nur vom Sündenverursacher, und so will ich dir ebenso wie deinen Gefährten kein Leid 128 anthun; nur mußt du uns eine Geschichte erzählen, uns durch sie zu erfreuen.« Der Kaufmann versetzte: »Ich höre und gehorche.« Alsdann hob er an und erzählte:

 


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