Unbekannte Autoren
Tausend und eine Nacht. Band XXIV
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Der Syrer und die drei Frauen von Kairo.

»Es war einmal ein Mann, ein Syrer, der nach der von Gott behüteten Stadt von Misr el-KâhireKairo. kam und eine Menge Geld, Waren und kostbare Kleidung mitbrachte. Er mietete sich einen Raum in einer Karawanserei und, da er keinen Sklaven hatte, pflegte er täglich auszugehen und die Straßen zu durchstreifen und sich selber Lebensmittel einzukaufen. Dies dauerte eine Weile, bis er eines Tages, als er wieder umherwanderte und sich dadurch ergötzte, daß er nach rechts und links ausblickte, unterwegs drei Frauen antraf, die laut lachend und wiegenden Ganges dahergeschritten kamen; und jede der drei übertraf ihre Gefährtin an Schönheit und Lieblichkeit. Als er nach ihnen blickte, lockte sich sein Schnurrbart, und er redete sie an und sprach: »Möchtet ihr wohl in meiner Wohnung Kaffee trinken?« Sie erwiderten: »Ja, und wir wollen so lustig und vergnügt sein, wie du es gar nicht haben willst.« Da fragte er: »Wann soll es sein?« Sie versetzten: »Heute Nacht wollen wir zu dir kommen.« Darauf sagte er: »Ich wohne in einem Zimmer in der und der Karawanserei;« und sie entgegneten: »Mach' das Abendessen für uns zurecht, wir wollen dich nach der Stunde des Nachtgebets besuchen.« Er versetzte: »So ist's recht;« und nun verließen sie ihn und gingen ihres Weges, während er auf seinem Heimweg Fleisch, Gemüse, Wein und Parfüm einkaufte. Als er dann zu Hause angelangt war, kochte er fünf Gerichte Fleisch, ohne den Reis und das Eingemachte, und machte alles, was für den Tisch erforderlich war, zurecht. Um die Zeit des Abendessens kamen die Frauen, alle drei in Kapotten, die sie über ihre Kleider 123 angezogen hatten, und, als sie eingetreten waren, warfen sie diese Mäntel von ihren Schultern und setzten sich, als wären es Monde. Alsdann erhob sich der Syrer und stellte ihnen die Speisetische vor, worauf sie aßen, bis sie genug hatten; dann setzte er den Weintisch vor sie, und sie füllten den Becher und reichten ihm denselben, und er nahm ihn und trank, bis ihm der Kopf rund herum wirbelte; so oft er aber eine von ihnen ansah und sie betrachtete, wie sie in der Form der Schönheit und Lieblichkeit gegossen war, war er verwirrt, und die Sinne verstörten sich ihm. In solcher Weise trieben sie es bis Mitternacht, bis er in seinem Rausche nicht mehr zwischen Mann und Weib unterscheiden konnte und eine der drei fragte: »Um Gott, meine Herrin, wie heißest du?« Sie versetzte: »Ich heiße Hast-du-etwas-gleich-mir-gesehen?« Da rief er: »Nein, bei Gott!« Dann stützte er sich auf seinen Ellbogen und, sich vom Boden aufrichtend, sprach er zur zweiten: »O du, meine Herrin und mein Herzblut, wie heißest du?« Sie erwiderte: »Ich heiße Nie-sahst-du-meinesgleichen;« worauf er entgegnete: »Inschallâh, so Gott will, o meine Herrin Nie-sahst-du-meinesgleichen.« Dann fragte er die dritte: »Und du, Liebling meines Herzens, wie ist dein Name?« Sie erwiderte: »Ich heiße Sieh-mich-an-und-du-sollst-mich-kennen.« Als er diese Worte vernahm, stieß er einen lauten Schrei aus und fiel zu Boden mit dem Ruf: »Nein, bei Gott, o meine Herrin Sieh-mich-an-und-du-sollst-mich-kennen.« Wie ihn nun die drei Frauen ansahen, merkten sie, daß sich sein Verstand verkehrt hatte, und zwangen ihn noch mehr Wein zu trinken, während er ihnen zurief: »Schenkt mir ein, o meine Herrin Nie-sahst-du-meinesgleichen, und du, meine Herrin Hast-du-etwas-gleich-mir-gesehen, und du auch, o meine Herrin Sieh-mich-an-und-du-sollst-mich-kennen.« Schließlich fiel er stockbetrunken und, ohne daß ihm noch eine Ader schwoll, auf den Boden. Als sie ihn in diesem Zustand sahen, nahmen sie ihm den Turban ab und setzten ihm eine Kappe mit Fransen an der Spitze auf, die sie mitgebracht 124 hatten; hierauf erhoben sie sich und, da sie in seinem Zimmer einen Kasten voll Sachen und Bargeld fanden, nahmen sie alles, was sich darin befand, und zogen sich die Sachen an. Alsdann warteten sie bis die Thür der Karawanserei nach dem Ruf zum Morgengebet geöffnet ward, worauf sie, beschützt vom Verhüller, ihres Weges gingen und den Syrer in seinem Zimmer wie einen hart mitgenommenen Zecher daliegen ließen, ohne eine Ahnung davon zu haben, was die Frauen in ihrer Arglist und Tücke mit ihm angestellt hatten. Um die Frühstücksstunde erwachte er aus seinem Rausch und rief, die Augen öffnend: »O meine Herrin Nie sahst du meinesgleichen, und du, o meine Herrin Hast du etwas gleich mir gesehen, und du, meine Herrin Sieh mich an und du sollst mich kennen!« Da ihm jedoch keine Antwort gab, raffte er sich zusammen und blickte sorgfältig um sich, ohne jedoch außer ihm jemand zu gewahren. Alsdann erhob er sich und ging zum Kasten, in dem er nichts vorfand. Dies gab ihm seinen rechten Verstand wieder, und, aus seinem Rausch zu sich kommend. rief er: »Es giebt keine Kraft und keine Macht außer bei Gott, dem Hohen und Erhabenen! Dies ist ein Gericht, das sie über mich gebracht haben.« Dann ging er aus, noch immer in der hohen befransten Kappe, ohne etwas von sich zu wissen, und sagte zu jedem, den er auf den Straßen antraf: »Ich suche Hast-du-etwas-gleich-mir-gesehen.« Der betreffende versetzte dann: »Nein, ich sah nichts dir gleich.« Zu einem andern wieder sagte er: »Ich suche nach Nie-sahst-du-meinesgleichen,« worauf jener erwiderte: »In der That, ich sah nie deinesgleichen.« Den Dritten fragte er dann: »Hast du Sieh-mich-an-und-du-sollst-mich-kennen gesehen?« Und der Mann sagte dann: »In der That, ich sah dich an, doch kenne ich dich nicht.« So streifte er umher, mit der Kappe auf dem Kopf, und jeder, den er unterwegs antraf, gab ihm dieselben Antworten, bis er zu einer Gesellschaft kam, die sich vor einem Barbierladen befand. Als er diese ebenso anrief: »Ah, 125 Hast-du-etwas-gleich-mir-gesehen! O Nie-sahst-du-meinesgleichen! und O Sieh-mich-an-und-du-sollst-mich-kennen!« verstanden sie, daß es bei ihm im Kopfe nicht recht richtig war, und daß dies ein Gericht war, das man über ihn gebracht hatte, weshalb sie ihn packten und in den Barbierladen schleppten, wo sie einen Spiegel holten und ihm denselben in die Hand gaben. Als er nun hineinschaute und eine Kappe auf seinem Haupt sah, riß er sie sofort von seinem Kopf herunter; dann dachte er bei sich nach und fragte die Anwesenden: »Wer kann mich zu jenen drei Frauen führen?« Sie versetzten: »O Syrer, mach' dich nach deiner Heimat fort, denn die Leute von Ägypten können mit Eiern und Steinen spielen.D. h. können Leute mit dicken und dünnen Schädeln anschmieren. Da erhob er sich ohne Aufschub und Verzug und verließ Kairo, nachdem er den erforderlichen Proviant und die wenig ihm verbliebenen feinen Sachen an sich genommen hatte.«

Als der Emir diese Geschichte vom Schâhbender vernahm, verwunderte er sich über sie über die Maßen und sagte zu ihm: »Wenn du fertig bist, so geh' fort und zieh' deines Weges.« Da verließ er ihn, noch immer in dem Kaftan und der Kappe, während der Hausherr seine Frau fragte: »Wer von ihnen ist noch übrig geblieben?« Sie versetzte: »Gedulde dich, und ich will dir den dritten holen.« Mit diesen Worten erhob sie sich und holte den Fleischer aus einer andern Kammer; indem sie ihn bei der Hand faßte, während er beschämt und verlegen dastand, führte sie ihn vor ihren Gatten, wo der arme Gesell seine Augen nicht vom Boden aufzuheben wagte. Der Hausherr betrachtete ihn und, da er ihn erkannte und seiner Sache gewiß war, daß es der und der, der Oberfleischer und Scheich der Zunft war, sprach er zu ihm: »O du Meister tanz' uns ein Tänzchen und dann erzähl' uns eine Geschichte.« Da erhob er sich und klatschte in die Hände, indem er zu tanzen und herumzuhopsen begann, bis er ermattet umsank, worauf er sagte: »O mein 126 Herr, ich weiß eine Geschichte über die Arglist und Verschlagenheit der Frauen.« Der Emir fragte: »Wie ist sie?« Und so hob der Fleischer an und erzählte:

 


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