Unbekannte Autoren
Tausend und eine Nacht. Band XXIV
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Der einfältige Ehemann.

Man erzählt, daß einmal ein Beduine lebte, der eine Frau hatte und unter einem Haarzelt in der Wüste lebte, wo er nach Weise der Araber von Platz zu Platz zog und seine Kamele weidete. Seine Frau aber war von ausnehmender Anmut und Vollkommenheit und besaß einen Beduinen zum Freund, der sie zu jeder Zeit besuchte und seinen Willen an ihr hatte, worauf er wieder seines Weges ging. Eines Tages nun besuchte sie ihr Liebhaber wieder und sagte zu ihr: »Bei Gott, wir müssen bei unsern Zusammenkünften deinen Gatten zum Zuschauer haben und uns über ihn lustig machen.« Die Frau erwiderte: »Warum sollte irgend jemand, sei es mein Gatte oder sonst wer uns bei unserm Vergnügen zuschauen?« Der Beduine versetzte jedoch: »Es muß sein, und, wenn du hierin nicht einwilligst, so nehme ich mir eine andre Geliebte.« Sie entgegnete: »Wie sollten wir uns vergnügen, während mein Mann uns zuschaut? Das läßt sich nimmermehr bewerkstelligen.« Hierauf setzte sie sich und dachte über die Sache und, wie sie es anstellen sollte, nach, bis sie sich nach einer Weile erhob und mitten im Zelt ein Loch grub, das einen Mann beherbergen konnte, worauf sie ihren Liebhaber darein steckte. Neben dem Zelt aber befand sich eine hohe Sykomore, und, als nun ihr Dummkopf von Mann aus der Steppe heimkehrte, sagte sie zu ihm: »Du da, steig auf diesen Baum und hol' mir einige Feigen herunter, damit wir sie essen.« Er erwiderte: »Schön,« und erhob sich und stieg auf den Baum, während sie ihrem Liebhaber ein Zeichen 89 gab, worauf er aus dem Loch hervorkam und mit ihr zu kosen begann. Ihr Mann sah sie jedoch und rief: »Was ist dies, Dirne! Kost ein Mann mit dir und küßt dich vor mir, während ich dir zuschaue?« Hierauf kam er eilends vom Baum herunter, jedoch sah er keinen, denn, sobald er sich daran machte, vom Baum herunter zu steigen, warf sie ihren Liebhaber in das Loch, das sich mitten im Zelt befand, und deckte ihn mit einer Matte zu. Als der Gatte dann in das Zelt trat und keinen Fremden bei ihr fand, sagte sie zu ihm: »O Mann, du hast wider mich gesündigt, indem du behauptetest, daß jemand bei mir ist. Du hast mich verleumdet, indem du mich fälschlich der Thorheit beschuldigtest.« Er versetzte: »Bei Gott, ich sah dich mit meinen eigenen Augen.« Da sagte sie: »Bleib hier sitzen, derweil ich zusehe.« Hierauf erhob sie sich und stieg auf den Baum, wo sie sich auf einen seiner Zweige setzte. Dann blickte sie zu ihrem Gatten hinunter und rief, laut schreiend: »O Mann, gieb etwas acht auf deine Ehre. Weshalb verfährst du in dieser Weise und treibst solche Verruchtheit mit der Person, die bei dir ist.« Ihr Gatte entgegnete: »Bei mir ist niemand.« Sie erwiderte jedoch: »Hier sehe ich dich vom Wipfel des Baumes.« Da sagte er: »O Frau, an diesem Platz muß es spuken, laß uns daher von hier fortziehen.« Sie versetzte jedoch: »Weshalb unsern Platz wechseln? Laß uns nur hierbleiben.«

 


 


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