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Tausend und eine Nacht. Band VI
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Die Stadt Lebta in Andalusien.

Ferner vernahm ich, o glückseliger König, von einer Stadt, Namens Lebta,Die Kalkuttaer Ausgabe giebt den Namen Lebteit; Andalusien ist Spanien. einer fränkischen Königsresidenz, in der eine Burg stand, welche immerdar verschlossen gehalten wurde; und jedesmal, wenn ein König starb und ein anderer Rumäerkönig zur Herrschaft kam, pflegte dieser ein neues festes Schloß vorzulegen, bis im Laufe der Zeit vierundzwanzig Schlösser nach der Anzahl der Könige vor dem Thore der Burg lagen. Nach diesen Königen begab es sich, daß ein Mann, der nicht zum Königshause gehörte, auf den Thron kam und die Schlösser öffnen wollte, um zu schauen, was in der Burg wäre. Obwohl ihn nun die Granden des Reiches daran zu hindern suchten und ihm davon abrieten und es ihm wehrten, so gehorchte er ihnen doch nicht sondern sagte: »Diese Burg muß geöffnet werden.« Darauf brachten sie ihm alle Reichtümer, die sie an Geld und Schätzen unter ihrer Hand besaßen, zum Geschenk, damit er von der Öffnung der Burg abstände, doch wollte er nicht von seinem Vorhaben ablassen. 158

Zweihundertundzweiundsiebzigste Nacht.

Wie er nun die Schlösser abnahm und das Thor öffnete, fand er darinnen die Bildnisse von Arabern auf ihren Rossen und Kamelen, mit lang herabhängenden Turbanen auf dem Haupt, mit umgehängten Schwertern und langen Lanzen in der Hand. Außerdem fand er daselbst ein Schriftstück, und fand, als er dasselbe nahm und las, folgendes darin geschrieben: Wenn dieses Thor geöffnet wird, so wird ein arabisch Volk das Land erobern, dessen Streiter diesen Bildnissen gleichen; darum hüte sich jeder und abermals hüte sich jeder die Burg zu öffnen! Nun aber lag jene Stadt in Andalusien, und Târik, der Sohn des Sijâd, eroberte sie in demselben Jahre unter dem Chalifate des El-Malîd, Sohnes des Abd el-Melik aus dem Geschlechte Omajjas, erschlug jenen König in schmählichster Weise, plünderte seine Stadt, machte die Weiber und Knaben darin zu Gefangenen und erbeutete ihr Gut. Er fand in der Stadt außerordentliche Schätze, unter anderen mehr als einhundertundsiebzig Kronen aus Perlen und Hyacinthen und andere kostbare Edelsteine; außerdem fand er eine Halle, in welcher Reiter ihre Lanzen hätten schleudern können, die ganz voll goldener und silberner Gefäße war, wie es sich nicht beschreiben läßt. Ferner fand er in ihr den Speisetisch des Propheten Gottes, Salomos, des Sohnes Davids, – Frieden auf beide! – welcher nach der Überlieferung aus grünem Smaragd bestand, und der noch heute in einer rumäischen Stadt vorhanden ist. Die Gefäße auf ihm waren von Gold, die Schüsseln von Chrysolith und kostbaren Juwelen. Ferner fand er daselbst die Psalmen in altgriechischer Schrift auf goldenen, edelsteinbesetzten Blättern, und ein Buch, welches die nützlichen Eigenschaften der Mineralien, der Pflanzen und Metalle aufzählte, sowie die Talismane und Alchemie behandelte. Weiter fand er ein anderes Buch, in welchem die Kunst, Hyacinthen und Edelsteine in Gold zu fassen, nebst der Bereitung von Giften und Gegengiften beschrieben war, und 159 eine Karte von der Erde, den Meeren, Ländern, Städten und Flecken; ferner einen Raum voll Elixir,Das arabische El-Iksîr, der Stein der Weisen. Ein chemisches Pulver, welches Metalle in Gold verwandelt. von dem eine Drachme tausend Drachmen Silber in lauteres Gold hätte verwandeln können; ferner einen wunderbaren großen und runden Spiegel aus gemischten Metallen, der für den Propheten Salomo, den Sohn Davids, – Frieden auf beide! – gemacht war, in welchem jeder beim Hineinschauen leibhaftig die sieben Klimate der Welt schauen konnte; endlich fand er noch einen Saal voll brahmanischer Hyacinthen, deren Wert sich nicht beschreiben läßt. Alle diese erbeuteten Schätze schickte er El-Malîd, dem Sohn des Abd el-Melik, und die Araber verbreiteten sich dann über die Städte dieses so herrlichen Landes.

 


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