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Tausend und eine Nacht. Band VI
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Maan, der Sohn Sâides, und der Beduine.

Ferner erzählt man, daß Maan, der Sohn Sâides, eines Tages mit seinem Gefolge auf die Jagd auszog, wobei sie auf eine Herde Gazellen stießen. Da trennten sie sich bei ihrer Verfolgung, und Maan setzte allein einer Gazelle nach. Als er sie erlegt hatte, stieg er ab und schlachtete sie, wobei er einen Reiter auf einem Esel aus der Steppe herankommen sah. Da bestieg er seine Stute, ritt ihm entgegen und fragte ihn nach dem Salâm: »Woher kommst du?« Er antwortete: »Ich komme aus dem Lande Kudâa, wo wir mehrere Jahre lang Dürre gehabt haben. Dieses Jahr aber war sehr fruchtbar, und ich säete Gurken aus. Da dieselben vor ihrer Zeit trugen, so las ich die besten Gurken aus und machte mich zum Fürsten Maan, dem Sohne Sâides, wegen seiner bekannten Großmut und berühmten Güte auf den Weg.« Da fragte ihn Maan: »Wieviel hoffst du von ihm zu erhalten?« Er antwortete: »Tausend Dinare.« Darauf 156 sagte Maan: »Wenn er aber zu dir sagt: »Das ist zu viel?« »Dann will ich fünfhundert haben.« »Wenn ihm aber auch dies zu viel ist?« »Nun dann dreihundert Dinare.« »Und wenn ihm auch dies noch zu teuer ist?« »Dann will ich mit zweihundert Dinaren zufrieden sein.« »Und wenn er zu dir sagt: Es ist zu viel?« »Dann hundert Dinare.« »Und wenn ihm auch das zu viel ist?« »Fünfzig Dinare.« »Und wenn ihm auch fünfzig Dinare zu viel sind?« »Dreißig Dinare.« »Wenn er aber auch dreißig Dinare noch nicht geben mag?« »Dann,« versetzte der Beduine, »will ich meines Esels Füße in seinen Harem führen und zu meinem Volke mit leeren Händen heimkehren.« Da lachte Maan über seine Worte und trieb sein Roß an, bis er sein Gefolge wieder erreicht hatte. Als er wieder zu Hause angelangt war, sagte er zu seinem Kämmerling: »Wenn jemand auf einem Esel mit Gurken zu dir kommt, so führe ihn zu mir herein.« Wie nun der Mann nach einer Weile ankam, und der Kämmerling ihn angemeldet hatte, erkannte er in dem Fürsten Maan, als er vor ihm stand, nicht jenen Jägersmann wieder, dem er in der Steppe begegnet war, um seiner Würde, seiner Majestät und der vielen anwesenden Eunuchen und Diener willen, da Maan auf dem Königsthron saß und sein Gefolge zur Rechten und Linken und vor ihm stand. Nachdem er ihm den Salâm geboten hatte, fragte ihn der Fürst: »Was hat dich hierher geführt, Bruder Araber?« Er antwortete: »Ich setzte auf den Fürsten meine Hoffnung und brachte ihm Gurken vor ihrer Zeit.« Da fragte er ihn: »Wieviel erhoffst du von uns?« Er antwortete: »Tausend Dinare.« Darauf entgegnete Maan: »Das ist zu teuer.« »Dann fünfhundert Dinare.« »Auch das ist zu teuer.« »Dann dreihundert.« »Auch das ist zu teuer.« »Dann zweihundert.« »Auch das ist zu teuer.« »Dann hundert.« »Auch das ist zu teuer.« »Dann fünfzig.« »Auch das ist zu teuer.« »Dann dreißig.« »Auch das ist zu teuer.« Da sagte der Beduine: »Bei Gott, jener Mann, dem ich in 157 der Steppe begegnete, brachte mir Unglück. Doch will ich nicht unter dreißig Dinare gehen.« Maan lachte hierzu, doch schwieg er, und nun erkannte der Beduine, daß er es gewesen war, den er in der Steppe getroffen hatte, und sagte zu ihm: »Mein Herr, wenn du nicht die dreißig Dinare bringst, so schau, hier steht der Esel an der Thür angebunden und dort sitzt Maan.«Der Beduine weiß sich sehr gut aus der Klemme zu ziehen, indem er den Worten: fí harâmihi, in seinen Harem, hier den Sinn unterlegt: in seine (unverletzliche) Gegenwart. Da lachte Maan, bis er auf den Rücken fiel; dann rief er seinen Verwalter und befahl ihm: »Gieb dem Beduinen tausend Dinare und fünfhundert und dreihundert und zweihundert und hundert und fünfzig und dreißig und laß den Esel dort stehen, wo er angebunden ist.« So empfing der Beduine zweitausendeinhundertundachtzig Dinare; und Gottes Barmherzigkeit über sie alle!

 


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