Gerhart Hauptmann
Griselda
Gerhart Hauptmann

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Zehnte Szene

Hoch zwischen Felsen überm Seeufer. Nicht weit von einer kleinen Krähenhütte sitzt Graf Ulrich in der schlechten Tracht eines Waldhüters auf einem umgestürzten Aleppokiefernstamm. Ein Feuerchen brennt nahe dabei. Er hat ein Kochgeschirr auf den Knien und schneidet Gemüse hinein. Sommernachmittag. Graf Heinz schwingt sich teils, teils rutscht er im Hintergrund auf die kleine, natürliche Terrasse herab, wo der Markgraf haust. Graf Heinz trägt eine Armbrust und ist als flotter, eleganter Jäger gekleidet.

Graf Heinz. Halli! Hallo! – Wie geht's, lieber Vetter? – Da wären wir.

Graf Ulrich. Ja, das sehe ich.

Graf Heinz. Wie geht's? Wie steht's?

Graf Ulrich. Der Topf hier wird gleich am Feuer stehen, und übrigens ging es mir, ehe ich deine Jodler hörte, besser. – Sag mal, du riechst so unangenehm!?

Graf Heinz. Na, erlaube gefälligst, guter Vetter. Erstlich nämlich habe ich vor kaum einer Stunde gebadet, ehe ich mich auf die Suche begab, dann habe ich mir ein frischgewaschenes Hemd angezogen, der Anzug ist neu vom Schneider aus Genua, und last not least hab' ich mir nochmals Gesicht und Hände mit Wasser und Mandelseife gereinigt, ehe ich schließlich das Haus verließ. – Man sollte viel eher meinen, daß dein Geruch etwas ländlich ist.

Graf Ulrich, am Feuer beschäftigt. Wie lange gedenkst du denn hierzubleiben?

Graf Heinz. Bis du mich über die Felsen hinunterwerfen wirst.

Graf Ulrich. Ach, das wäre wohl eigentlich schade. Meinst du nicht? Oder bist du des Daseins überdrüssig?

Graf Heinz. Ich weiß nicht, wenn einer mich ernsthaft danach fragte, was ich für eine Antwort geben würde. Wirklich nicht.

Graf Ulrich. Konnte dir nicht irgendein anderer unter deinen vielen Freunden, guter Heinz, den Gefallen tun?

Graf Heinz. Wie?

Graf Ulrich. Dich ins Jenseits zu befördern? Oder macht es dir keiner gut genug?

Graf Heinz versteht, lacht. Ach so! – Na nu, lieber Vetter, Scherz beiseite! Es eilt nicht! Laß dich nicht stören in deiner Behaglichkeit!

Graf Ulrich, am Feuer. Sag mal, hast du irgendeine Idee, wie lange es etwa bis dahin dauern kann? Ich meine, bis du mich dahin bringst, dir eben deinen bewußten Letzten Willen zu tun und dich über die Felsen hinunterzuwerfen?

Graf Heinz. Mensch, ich sag' dir ja, daß es nicht eilt.

Graf Ulrich. Nicht? Dann um so schlimmer für mich.

Graf Heinz, nach längerem Stillschweigen. Höre: wenn ich dir etwa lästig falle, so gehe ich.

Graf Ulrich. Ja, guter Heinz, du fällst mir lästig.

Graf Heinz. Adieu.

Graf Ulrich. Adieu. Behüt' dich Gott.

Graf Heinz will entrüstet fort, entfernt sich ein Stück und bleibt plötzlich stehen. Eigentlich sollte man dich, lieber Ulrich, deinem Schicksal und deinen Exzentrizitäten, alias Torheiten, alias Dummheiten, ohne weiteres überlassen. Leider kommt einen manchmal Mitleid an.

Graf Ulrich. Heinz, gib auf den Weg acht. Du kommst ins Stolpern.

Graf Heinz. Oh, du sollst mich nicht aus der Fassung bringen! – Wenigstens sollst du wissen, daß deine Frau nicht mehr im Schloß, sondern daß sie wiederum einfache Bauernmagd im Hause des alten Helmbrecht ist! – – – – Hast du verstanden?

Graf Ulrich. Komm, iß hier ein Stückchen Käserinde! Graf Heinz geht. Ich wollte dich nicht beleidigen, Heinz: ich habe, weiß Gott, nichts anderes verstanden, als daß du einen Gusto auf Käserinde und Kognak hast.

Graf Heinz stutzt, bricht in Gelächter aus und kommt zurück. Nun, wenigstens habe ich doch einen Hauch deines alten Jugendhumors aus dieser Behauptung herausgespürt.

Graf Ulrich. Der also nach Käse und Kognak duftet. – Da bist du ja wieder, liebes Kind! – Ist es jetzt Zeit, dich hinunterzuwerfen?

Graf Heinz. Höre, auf Ehre, so, wie du es treibst, so geht es nicht.

Graf Ulrich. Höre, auf Ehre, so geht es weiter.

Graf Heinz. Dann sage ich dir, daß du deinen Wagen, das heißt deine Zukunft, heißt dein Haus vom Wetterhahn bis zum Kellerloch hinab demolierst.

Graf Ulrich, der seine Tätigkeit nicht unterbrochen hat, nach längerem Schweigen plötzlich aufgerichtet. Sage mir, Heinz, wie brät man die Meeramsel? Stopft man den Bauch mit Wacholderbeeren aus, oder schmort man sie mit den Eingeweiden?

Graf Heinz, aufseufzend, verzweifelt. Gott weiß es, für diesen Gesandtschaftsposten eigne ich mich nicht. Mein Vater mag jemand anderen schicken. Gute Verrichtung, Herr Markgraf. Leb wohl.

Graf Ulrich. Ach, also hat dich dein Vater geschickt, lieber Heinz. Was hat er für einen Grund gehabt? Er ist ja vor zwei, drei Tagen erst selbst bei mir gewesen. Ich habe ja deswegen sogar meinen Lagerplatz wechseln müssen. Meinetwegen setze dich also hin und sag mir, was es Neues gibt.

Graf Heinz. Du bist im Irrtum, wenn du meinst, daß ich mehr auf Wunsch meines Vaters als aus eigenem Antriebe gekommen bin. Ich bin über dein Verhalten empört, und ich wollte dir das persönlich mitteilen.

Graf Ulrich. Es wäre mir lieber gewesen, ihr hättet die einzelnen Klagepunkte gegen mich sine ira et studio, trocken und übersichtlich in einer Denkschrift niedergelegt.

Graf Heinz. In Gottes Namen, so sperre gefälligst die Ohren auf: deine Frau Griselda ist, was sie gewesen ist, eine schlechte Magd auf dem elenden Fronhöfchen ihres Vaters geworden.

Graf Ulrich. Nun also, wenn meine Frau wieder Dienstmagd geworden ist, so ist, was eintreten mußte, wie ich voraussah, endlich geschehen: der Zornbraten ist ihr wieder gewachsen. Aber sie mag nicht glauben, daß ich auf die Art etwa kleinzukriegen bin! Sie sollte mich eigentlich besser kennen.

Graf Heinz. Du verkennst deine Frau total, guter Freund.

Graf Ulrich. Das wiederhole doch bitte noch mal. – Vielleicht kannst du mir ihre Reize aufschließen.

Graf Heinz. Du denkst an Trotz und willst nicht verstehen, daß du eine dir bis zur Torheit in Liebe ergebene Frau mißhandelt und zur Verzweiflung getrieben hast.

Graf Ulrich. Habe ich ihr das Haus verboten und etwa, wie zu meiner Hündin, gesagt: marsch in die Hundehütte zurück?

Graf Heinz. Und doch ist ihr kein anderer Ausweg geblieben!

Graf Ulrich. So? Gut! – Ich bin nur froh, daß auch mir noch schließlich der alte Ausweg übrigbleibt und daß meine alte Philosophie mir noch zu guter Letzt aus diesem unnützen Handel heraushelfen konnte. Ein Haar, dann war es für immer zu spät.

Graf Heinz. Was meinst du für einen unnützen Handel?

Graf Ulrich. Antworte: wenn du auf einem Schiff mit anderen Passagieren fährst – die Leute tanzen, freuen sich, der Kapitän trinkt Schnaps und stellt das Ruder, das Steuerruder meine ich, immer tiefer ins offene Meer hinein; du allein aber weißt, das Schiff ist leck – wirst du dann nicht bei der nächsten Gelegenheit es verlassen?

Graf Heinz. Ohne den anderen etwas zu sagen von dem Leck?

Graf Ulrich. Sie glauben es nicht.

Graf Heinz. Also, wenn ich dich recht verstehe, hat das Schiff deiner Ehe ein Leck bekommen!?

Graf Ulrich. Allerdings!

Graf Heinz. Inwiefern?

Graf Ulrich. Sie bekam ein Kind . . .

Graf Heinz. Weiter.

Graf Ulrich. Das ist genug, weiter braucht es nichts.

Graf Heinz, lachend. Du sagtest, das Schiff deiner Ehe habe ein Leck bekommen. Ein Kind ist kein Leck, ein Leck ist kein Kind.

Graf Ulrich, durch Heinz' Humor widerstrebend angesteckt, aber mit aller möglichen Bestimmtheit. Ein Kind ist ein Leck im Schiff der Ehe.

Graf Heinz. Du hast die tollsten Ansichten, die noch je im Kopfe eines Mannes entstanden sind. Die allerkrausesten! allerwildesten! Er lacht herzlich.

Graf Ulrich, nur mühsam den Ernst bewahrend, mit Eigensinn. Ich habe die allervortrefflichsten Ansichten! Die Spannung beider Männer löst sich in einem langen Gelächter. Graf Ulrich, sich fassend. Guter Vetter, pack deine Siebensachen, du langweilst mich.

Graf Heinz. Wirf mich doch über den Abhang hinunter, da dir ja schließlich eine Gewalttat immer recht locker sitzt! Gutwillig aber geh' ich jetzt nicht! Bist du ganz sicher, wer der Vater des Kindes ist?

Graf Ulrich. –? Sonst wäre Griselda nicht mehr am Leben!

Graf Heinz. Will also heißen, daß du, kein anderer, schuld an der Existenz des Kindes bist.

Graf Ulrich. Gefehlt, mein Schlaukopf, in dieser plumpen Schlinge fängst du mich nicht . . .

Graf Heinz, heiter, bestimmt, unbeirrt. Du selbst hast das Leck in dein Schiff gestoßen!

Graf Ulrich, sich fassend. Mensch, schweig! Ich drücke dir sonst die Hirnschale ein.

Graf Heinz. Was tut's? Eine Lüftung von Zeit zu Zeit kann, wie ich mehr und mehr zu glauben geneigt bin, den meisten unter uns Herren der Schöpfung nur nützlich sein. Nein, Ulrich, du bist total auf dem Holzwege. Du brauchtest dir bloß deinen Jungen anzusehen, so würden dir die berühmten Schuppen von beiden Augen herunterfallen, glaub mir das!

Graf Ulrich. Ihr sollt mich damit in Frieden lassen! Ich mag die verwünschten Bälger nicht.

Graf Heinz. Das wirst du mir niemals einreden, Ulrich. Dazu habe ich dich zu viele dutzend- – und schockmal sogar! – mit den unappetitlichen Bauernkindern deinen Spaß treiben sehn! Wenn ich dir sage, ich lüge nicht, der Junge kann beinahe schon – wahrhaftig in Gott! – »Papa« zu mir sagen.

Graf Ulrich stutzt, zwingt sich zum Ernst. Sage, du meinst wohl, ich bin dein Hanswurst?

Graf Heinz. Gott bewahre, du bist ein Fürst und hast höchstens allerdurchlauchtigste Eigenheiten. Übrigens, eh ich gehe, möchte ich dich doch noch gebeten haben, führe dir folgendes zu Gemüt: daß nämlich der junge Graf Hicks aus der Nachbarschaft einer gewissen Bauernmagd bereits stark um die Schürzenbänder herumnestelt.

Graf Ulrich. Was tut der junge Graf Hicks aus der Nachbarschaft? – Er bricht in ein ungeheures, befreiendes Gelächter aus. Schlaukopf, das binde du einem anderen auf.

Graf Heinz, dringlicher, mit heftigem Überzeugungseifer. Mann! Wenn du an ihrer Treue, an der Festigkeit ihrer Treue, an der festen Tugend dieses auserlesenen Geschöpfes so wenig zweifeln kannst, worauf willst du denn dann mit dem allen hinaus? Diesen Foltern und Martern für euch beide? Das verstehe, wer will! Wir begreifen dich nicht.

Graf Ulrich. Ich habe auch niemals behauptet, guter Heinz, daß ich so flach wie mein Vetter und so platt wie mein Onkel bin. Graf Heinz verbeugt sich. Im Gegenteil, ich leugne es nicht, daß mein Begriff von der Liebe, der Liebe des Weibes zum Manne und umgekehrt des Mannes zum Weibe, ein höherer und auch tieferer als der eure ist. – Sich verfärbend, langsam, mit leidenschaftlich bebender Stimme. Ich habe Griselda so sehr und so ungeteilt geliebt! Sie hätte euch, meine ganze Vettern- und Basenschaft, wie Schwaben und Wanzen mit einem brennenden Strohwisch ausräuchern können. Ich hätte bravo dazu gesagt.

Graf Heinz, achselzuckend. Vom Wort zur Tat ist ein großer Schritt.

Graf Ulrich. Bei halben Naturen! Nicht bei ganzen! Nein, mein Freund, so wie ich es eben verstehe, hab' ich geliebt, auf meine Art und auf meine Weise! Eine Art, eine Weise, die, ich gebe es zu, durch eine Reihe von nutzlosen, wüsten Jahren verborgen lag oder unbefriedigt blieb und die dann unerwartet in dieser reinsten und stärksten Frau ein Genüge fand – bei dem ich am Ende doch wieder betrogen wurde. Höre, ich werde dir jetzt etwas mitteilen. Es gibt ein Gefühl, und du glaubst damit im innersten Wesen der Dinge zu sein! Man könnte es eine Klarheit nennen, vor der im Bereiche der Dinge nichts undurchdrungen bleibt. Nun, durch ebendiese Klarheit bin ich – und es war eine über alle Begriffe gehende Seligkeit! –, bin ich im Anfang eins mit meinem Weibe Griselda gewesen. Von dieser Klarheit wußte nur ich, und so wußte auch ich nur, daß sie sich trübte: Gewölke, Dünste, Nebel, ich weiß nicht was, zogen auf! – Da kam die Frage: Wo ist mein Kind?

Graf Heinz. Du hattest es ihr doch weggenommen.

Graf Ulrich. Als ich sie, Griselden, nach Wochen der Qual, nach Wochen der Angst und der Trennung wiedersah, da sagte sie nicht mehr mit dem ganzen Genügen und Vertrauen des Herzens: »Küsse mich« oder »Wie habe ich mich nach dir gesehnt!« . . . Das Herz meines Herzens hauchte mir nicht mehr ins Ohr: »Ich war tot, wie du tot warst, Herz meines Herzens, und nun bin ich wieder lebendig in dir« – sondern sie fragte: »Wo ist das Kind!« Und also ist sie für mich ein anderes, fremdes Weib geworden! Da kehrte ich denn zu meiner alten, ewigen Mutter zurück, freiwillig einsam: und nur das Rauschen des Meeres, das Duften der Gräser, das Summen und das Rauschen der Bienen und Bäume soll es sein, was diese Einsamkeit etwa weitet, erfüllt oder aufhebt.

Graf Heinz. Herr Gott, ich hätte wahrhaftig nicht gedacht, daß du wirklich ein so stammbuchmäßiger Empfindler bist.

Graf Ulrich. Ich hätte es ebensowenig gedacht. Und am allerwenigsten hätt' ich gedacht, daß ich jemals zu dir so reden würde. – Ah! Du hast dir Verstärkung mitgebracht. Die Baronin im Jagdhabit erscheint auf einem Fußsteige, der sie heraufgeführt hat.

Die Baronin. Ich erkläre ausdrücklich, daß ich weder eine Beauftragte noch etwa ein Friedensengel mit der Palme bin. In dieser Beziehung seid Ihr sicher vor mir, Erlaucht. Ich bin nicht für Frieden. Ich bin für offenen Kampf zwischen Mann und Weib! Ich bin für offene Feindseligkeiten!

Graf Ulrich. Dann kommt heran und eßt eine rohe Zwiebel mit mir.

Die Baronin. Ihr kriegt es auch ohne Zwiebel zuwege, daß Weibsleuten, die mit Euch in Berührung geraten, die Augen nicht trocken bleiben, Erlaucht. Das ist unsere Schwäche, ich gebe es zu, warum sind wir so töricht! Immerhin bleibe ich doch dabei, daß ein gesunder Krieg mir lieber ist als ein fauler Friede.

Graf Ulrich. So sei euch denn beiden hiermit in aller Form aufs neue der Krieg erklärt.

Die Baronin. Am liebsten, Ihr nehmt mich für neutral, Ihr seht mich als Schlachtenbummler an und benutzt mich gelegentlich etwa für den Aufklärungsdienst. Euere Frau hat sich auf ihrem väterlichen Gütchen verschanzt, und wenn Ihr nicht den Sturmlauf von einst wiederholen wollt, so bleibt ihre Stellung uneinnehmbar.

Graf Ulrich. Ich? Wiederholen? Den Sturmlauf von einst?

Graf Heinz. So viel ist gewiß: sie hat den guten Papa, der freiwilligerweise den Parlamentär machte, mit Grazie an die Luft gesetzt.

Graf Ulrich. Hat sie das immer noch nicht verlernt?

Graf Heinz. O nein, im Gegenteil! Sie hat unter deiner eigenartigen Leitung in bezug auf Trotz, Wut, Härte und Bitterkeit die glänzendsten Fortschritte zu verzeichnen.

Die Baronin. Sie ist so frisch und wacker wie je und befördert lustig Hinz und Kunz mit bloßen Armen vor das Hoftor hinaus. Es müßte denn gerade der Rechte kommen . . .

Graf Ulrich. Hoffentlich denkt Ihr dabei nicht an mich! Nun, Baronin, ich danke Euch für die Aufklärung, und wenn Euch das Botenlaufen nicht ennuyiert, so richtet dem Gegenteil diese Botschaft aus . . . Hier ist eine alte Bohnenstange, und hier oben, hier binde ich meinen Fahnenwimpel, das heißt einen alten Jagdstrumpf dran. Wenn eine gewisse Bauernmagd, die Griselda heißt, eingesehen haben wird, daß sie mich verletzt, im Allerheiligsten gekränkt und beleidigt hat, und, möglichst aber auf bloßen Knien, über den Berg zu mir heraufrutschen will, so mag sie vor dieser Standarte Abbitte leisten, und dann wollen wir sehen, was weiter wird.

Graf Heinz. Mein Junge, da kannst du lange warten. Dann richte dir nur für die nächsten dreißig bis vierzig Jahre eine regensichere Hütte ein! Sie geht nicht einmal unter irgendeiner Bedingung ins Schloß zurück.

Graf Ulrich. Du sagst, sie will nicht ins Schloß zurückgehn?

Die Baronin. Unter einer Bedingung will sie es tun.

Graf Ulrich. Unter welcher?

Die Baronin. Als hörige Bauernmagd und nur, um wieder die Treppen zu waschen.

Graf Ulrich. Oh, ich finde, das ist eine hübsche Idee von ihr. Sie denkt damit ihrem eisernen Eigensinn und, nicht zu vergessen, einem niedrigen Rachebedürfnis genugzutun! Nun, mag sie kommen, es rührt mich nicht! Mag sie im Schlosse die Treppen waschen! Mag sie erkennen, daß der Knorren dem Knuppen gewachsen ist und daß Bauernstolz, ihr Bauerntrotz und ihr wieder ausgebrochener sträflicher Eigensinn, gegen den Willen eines Mannes gehalten, das Flattern eines hilflosen Seevogels gegen ein felsiges Vorgebirge ist. Mag sie sich dann dran zu Tode rackern. Er stochert das Feuer auseinander. So, und nun heißt es, suche dir einen anderen Feuerplatz! Denn dieser ist wieder von Kannibalen entdeckt, für immer seines Friedens beraubt und entheiligt worden. Er greift seine Armbrust und macht sich fertig davonzugehen. Wer Ruhe am gierigsten suchen muß, der hat auch den Lärm am tiefsten empfunden. Doch freilich, davon versteht ihr nichts. Ihr wollt immer weniger, als Gott geben will! Ich will immer mehr! Ihr werft euch fort für sechs Pfennig, um mit euren sechs Pfennigen nachher zu prahlen: ich verkaufe mich teuer oder behalte mich.

Die Baronin. Ich glaube, Erlaucht halten die Fischpredigt wie weiland der heilige Antonius.

 


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