Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Stille

Meine Berge leuchten wieder
Menschen fern und nachtbetaut.
Atme wieder Heimatodem,
Wälder rauschen laut.

Und wie Kinder mich umringen
Meine Quellen in der Nacht.
Stehe stumm am Silberwasser,
Wo's durch dunkle Erlen lacht –

Funkeln Sterne – Rings in Weiten
Hört man keinen Menschenlaut.
Meine Berge leuchten wieder
Zauberstill und nachtbetaut.

*

Kennt ihr die blauen Nächte
Mit weißen Sternen besät?
Menschengemüter versinken
Tief in Gebet.
Und aus weitem Raume
Ganz in sich hinein
Sinken sie und schweben
In dem Sternenschein.
O Ihr Wunder draußen –
Drinnen Wunderwelt,
Habt in meine Tiefen
Euern Glanz gestellt.
Finde Ein und Alles
Innen – ewigen Bund.
Und die ewigen Weiten
Halten festen Grund.

*

Dämmern Wolken über Nacht und Tal.
Nebel schweben. Wasser rauschen sacht.
Nun entschleiert sich 's mit einemmal.
O gib acht! gib acht!

Weites Wunderland ist aufgetan.
Silbern ragen Berge traumhaft groß,
Stille Pfade silberlicht talan
Aus verborgnem Schoß.

Und die hehre Welt so traumhaft rein.
Stummer Buchenbaum am Wege steht
Schattenschwarz – ein Hauch vom fernen Hain
Einsam leise geht.

Und aus tiefen Grundes Düsterheit
Blinken Lichter auf in stumme Nacht.
Trinke Seele! trinke Einsamkeit!
O gib acht! gib acht!

*

Über mir und meinem Tal
Blüht der dunkle Sternenbogen,
In mir sind nun aufgezogen
Sehnsuchtsbilder – all zumal.

Ferne Silberwasser ziehn
Rauschend, und die Sterne kosen
All die Queckbrünnlein, die losen,
Silberquellen tosen hin.

Und ich weiß, ich bin wie sie –
Ewigkeit und flüchtiges Gleiten,
Ewig innen, doch im Weiten
Ewig flüchtig, dort und hie.

Und ich fühl, ich bin es ganz,
Atme Luft und trinke Quelle,
Und ich dränge, wie die Welle,
Bin und webe in dem Glanz.

*

O weiche, silberne Frühlingsnacht!
Ich atme wieder in deinem Duft,
Ich fühle wieder, wie sanft und sacht
Deine Schwinge haucht durch die Dämmerluft.

Ich stehe in meinem Giebelraum
Und blicke ahnend ins weite Land:
Und über Wiese und Bach und Baum
Streicht schimmernd ihr bleiches Gewand.

Und sie kost die schlummernde Knospe am Strauch,
Und im Neste das träumende Lebenslicht,
Und die Welle, die emsige Murmlerin auch,
Es schlummert alles – und träumt und spricht:

»O weiche, silberne Frühlingsnacht!
Wir atmen wieder in deinem Duft,
Wir fühlen wieder, wie sanft und sacht
Deine Schwinge haucht durch die Dämmerluft.«

Und die Schimmernde streift mich leise und lind
Und lockt und flüstert im Weitergehn,
Und lockt ein törichtes Träumerkind
Durch Nacht und Frühling in Sternenhöhn.

*

Wenn die Frühlingssonne wieder scheint,
Und in meinem Tale Blumen blühn,
Ist's, als müßt ich mit dem hellen Sonnenstrahle
Schweifend, über Busch und Berge ziehn,
Weit empor in klare Himmelsräume,
Tief hinein in selige Weltenträume
Nun als warmer Lebensodem glühn.

*

Sehnsucht aus einsamer Seele aufflieht.
Still! still! es klingt durch die Nacht.
Vom silbernen Fluß es herüberzieht.
Und Mond und Sterne sind aufgewacht
Und lauschen dem heimlich ersterbenden Lied
Überm Wald in demantener Nacht.

*

Einig

Es ragten heimlich aus der Frühlingserde
zwei frische Sprosse auf am grünen Hange –
und Sonnenstrahlen kamen mit den Lüften
und riefen rund herum ihr leises: »Werde!«

Und rundum wuchs nun Ast an Ast ins Licht.
Sie wuchsen hundert Jahre ohn Beschwerde,
und wurden einer Linde Kuppelbau,
ein mächtiges Astgewölbe, reich und dicht.

Wenn die in ihrer Sommerfülle stand,
so einig um und um – man ahnt es nicht –
so streng und rein in ihrem Hochgewölbe, –
daß heimlich zärtlich lichte Sonnenhand

zwei Leben, die im Keim getrennt entsprossen,
so innig einend ineinander wand,
daß sie nun beuchten eine Lebensfülle –:
Wie weichen Ton gebildet Meisterhand.

*

Nacht

Nacht, o dehne dunkle Schwinge!
hülle mich in deine Wunder –
breite allertiefste Ruh!
Laß mich, stumm in dir begraben,
mich an Lauterquellen laben
und deck Aug und Seele zu!

Tausendmal lag ich gestorben,
Nacht, in deiner Rätseltiefe –
und bin rätselhaft erwacht.
Laß aus deinen dunklen Gründen
mich von neuem hell entzünden
meine Lebenssonne – Nacht!

Einmal werd ich leis entschweben,
Nacht, in deine stillen Auen –
ganz in dir gestorben sein –:
Laß mich stumm in dir begraben,
mich an ewigen Quellen laben!
Aug und Seele hülle ein!

*

Es fliegt eine Eule im Dämmerraum –
aus Schluchten tief –
wo sie im morschen Buchenbaum
zusammengehockt den Tag verschlief.

Kein Flug so leis. Ihr Flügelschlag
verweht kein Blatt vom Baum.
Die Motten tanzen still und stumm
am Wasserfall im Dämmerraum.

*

Hast du das herbstlich goldne Land
Schon einmal in Silbernebeln gesehn?
Hoch im Äther – wie Spinnweb zart
Und Hauch – die Linie der Berge gehn?
Und unten im Grund, im wehenden Glanz,
Rauschen verträumt die Wasser –
Und Krähen tauchen her wie im Traum
Und entschweben stumm im blendenden Raum.

*

Wandervögel

Nach fernen, sonnigen Wundern
ziehen im Himmel hin
viel Scharen Wandervögel –
und Träume in meinem Sinn.

Es ist ein goldenes Leuchten
in meinem einsamen Tal.
Und goldene Blätter taumeln
und wispern in leisem Fall.

Und lichte Nebel wehen,
die hüllen das goldne Land –
und meine Seele hüllet
sich ein ins Traumgewand –

Und mit den Wandervögeln,
die hoch im Lichte ziehn,
breitet sie weite Schwinge
nach fernen Wundern hin.

*

Unter goldenen Birken

Goldne Birkenschleier
tief ins Blau hinein –
goldne Blätter sinken
sacht im Sonnenschein.

Und in Silbernebeln
schwarze Krähen ziehn,
und die Blätter rascheln,
und die Wolken fliehn.

Wenn ich einmal sterbe,
mag's im Herbst doch sein
unter goldnen Birken
und im Sonnenschein.

*

Ave

Winter in Bergen
Und Aveklang.
Sonnenfeuer
An Felsen versank.

Wolken dämmern
Die Gipfel ein.
Noch in Abend
Glüht goldner Schein.

Arbeiter wandern
Zur Heimatruh.
Schatten breiten
Die Täler zu.

Flocken hüllen
Die Erde sacht.
Hütten leuchten
In totstumme Nacht.


 << zurück weiter >>