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Dunkle Flut

Goldenbleiche Sonne
Glüht am Meeressaum
Knorrige Silberweiden
Zittern wie im Traum –

Rauschen auf und toben
Ratlos hin und her –
Goldenbleiche Sonne
Stirbt im wilden Meer.

*

Mitternachtschein

Düster glühe Meerflut
In der Sommernacht.
Mitternächtiges Strahlen
Flammt und flutet sacht,

Flammt aus nächtigem Räume,
Zittert wunderrein,
Wogt und funkelt schäumend
In mein Leid hinein.

Sieh! – im lichten Dämmer,
Wo ein Nebel flieht,
Schimmert's wie ein Blühen,
Klagt's wie dunkles Lied!

Schwarze, lose Locken
Weicher Hauch verweht,
Weite Augen weinen.
Junges Herz vergeht –

Lichtes Frauenbildnis
Wandelt still daher
Über gelbe Rosen,
Übers weite Meer!

Starre dürstend seewärts,
Wo der Nebel flieht,
Fern aus Flimmerwellen
Klingt das Klagelied –

Aus dem Dämmerkreise,
Aus dem Düsterlicht
Klagt ein Frauenbildnis,
Quält ein Traumgesicht,

Schwebt und schimmert wehend
Übers Flutgeschmeid,
Tönet ewiges Rätsel,
Tönt wie dunkles Leid –

Starre dürstend seewärts
In den Mittnachtschein,
Sinke immer tiefer
In die Klage ein,

Recke meine Arme – –
Klagelied ertrank
In den schwarzen Wassern,
Glüher Schein versank.

Finster lag die Erde,
Stumm und menschenleer.
Nur die toten Wellen
Rollen drüber her.

*

Wasser schäumen ums schießende Boot,
Im Gleichtakt streck ich die Ruder ins Licht,
Über Gebirgen die Sonne loht –
        Abendfluten im Feuerschein,
        Fallen vom Ruder Perlen hinein.

Und meine Seele träumt in Ruh,
Tändelt und kost mit dem sprühenden Licht.
Im Gleichtakt plätschern die Ruder dazu –
        Abendfluten im Feuerschein,
        Fallen silberne Perlen hinein.

*

Strahlenschöne Feuersonne,
Springst du endlich aus den Wolken!
Wetterschwarz schwamm Dorf und Hain.
Nun erglüht in goldner Wonne
Rings dein warmer Abendschein –
Und in Seelen fließt dein Licht,
Strahlenschöne Feuersonne.

*

Ein schwarzes Schiff
Kreuzt still vorbei,
Am Mast ein Licht,
In dunkler Nacht.
Am mitternächtgen
Himmelssaum
Ist bleiches Strahlen
Aufgewacht.
Und Stern um Stern
Zu Häupten blinkt.
Es ist so stumm
Um mich – und hehr.
Die Klippen schwarz.
Und bleich das Meer.
Vom dunklen Felsen
Blick ich aus –
Weit in die See,
Weit in die Nacht,
Die stille Welt
Mein eigen Haus,
Von Sternen
Hoch bedacht.

*

Du kleines Licht

Gott grüß in die Nachtsee!
Du kleines Licht!
Du meine Seele!

In erdweiten Dämmern
über Meermuschelglanz
wiegt dich die Woge
durch gischtenden Tanz –
einsam erschauernd –
von Welt zu Welt.

O gleite schimmernd,
du kleines Licht!
Du meine Seele!

*

Dunkle Rose

Grau wogt der See.
Es hämmert ein Zimmerer ferne im Dorfe.
Und der Juniwind braust,
und die Wolken düstern –
und im Gemüte düstert es auch.

Denn ich ersehne dich,
dunkle Rose!
Liebe, mit deinem ebenholzschwarzen,
niederrieselnden, weichen Fluthaar,
mit dem Auge, wie finstre Saphire,
mit den süßen, sehnsuchtgeweihten,
mit den jungen, heißen, heiligen Zügen!

Ach, deine Klagen verwehten längst!
Stumm ist es über den Wellen geworden.
Hingestorben die Rätseltöne,
die wie wallende Flammen düster,
die mit den stürmenden Wolken zogen
und mit dem Habicht in jagenden Lüften.

Nach dir frag ich die brausenden Wipfel;
nach dir streck ich vergebens die Arme;
nach dir ruf ich umsonst in die Wasser,
und die Windsbraut verweht deinen Namen;
nach dir härmt sich umsonst meine Seele,
sehnsuchtgeweihte, dunkle Rose.

*

Das schwarze Segel

Ein einsam schwarzes Segel ruht
und schaukelt über Funkelflut
        im Feuerglanz ...
die stummen Felsenklippen glühn,
und mitternächtige Wolken blühn
        im Feuerglanz ...

Ich blicke in den Flutenschein
und möchte gerne Fischer sein
        auf Meeresgrund ...
wie jener finstre Schatten dort
im Netze hebt vom Grunde fort
        viel Schätze bunt ...

Mich dünkt, ein Fisch im Netz ich bin;
wie Sterben geht's mir durch den Sinn
        in weiter See ...
Und feuerlichtes Meergeschmeid
verhaucht zu bleichem Totenkleid
        die weite See

*

Wir schritten in dunklen Klippen fort,
und sprachen von Mitleid ein nagendes Wort –
und sahen hinaus auf die schimmernde See –:
Vorüber Mitleid und Menschenweh –.
Die See so unermessen weit,
so funkelndes Kleid der Ewigkeit –
und Mensch und Mitleid – ein flüchtiges Wort!
Es kamen die Wogen und rauschten es fort.

*

Seegesang

Tief in Klippen, am tobenden Meere,
Saßen wir einsam und starrten hinaus.
Atemlos lauschten wir. Jubelnde Chöre
Klangen aus wallenden Fluten heraus.

Klingen und Jauchzen bäumte in Riffen.
Wogenberge stürzten heran.
Wehende Flügel aufrauschten, sich weitend,
Rieselndes Schaumkleid in Blöcken zerrann.

Tief im Klippengrunde verborgen –
Wildrosen hingen und Ulmbusch am Stein –
Hatten wir Heimat und Freude vergessen,
Starrten nur stumm in die Fluten hinein.

Und die ewigen Fluten kamen,
Stäubten – und jauchzten in kühnem Herfliehn,
Hoben in Lüfte Flügel der Sehnsucht,
Jauchzten und starben mit wildem Zersprühn.

Hoch im wehenden Himmel zogen
Möwenvögel mit reglosem Flug,
Eilten hin übers Meergetöse,
Fern entschwebend in stummem Zug –

Und in einsamer Klippe verborgen
Lauschten wir ewigem Seegesang:
Kamen Liebe und Leben und Glaube
Nur noch wie fremder, verlorener Klang.

*


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