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Sonne

Im Heidekraut

Über mir in wolkigen Lüften
Jubeln Lerchen, traumverloren.
Tief im Heidekraute lieg ich,
Fühle mich so erdgeboren.

Ganz, als ob ich aus der Scholle
Wildentwachsen war, wie Bäume,
Leicht vom Heidewind geschaukelt,
Erde halb – und halb auch Träume.

Ganz, als ob ich aus der Scholle
Aufgeflogen war mit Schwingen,
Hoch im Sommerwind aufsteigend,
Erde halb – und halb doch Klingen.

*

Hinterm Kornfeld
Will ich liegen,
Im Eichenschatten,
Wo Krähen fliegen.

Und träumen will ich
Von fernen Sagen,
Von Seelenglühen
In goldnen Tagen,

Und niederbeugen
Die goldnen Ähren,
Und Wipfel rauschen
Und flüstern hören.

Und einsam staunen
Ins Lerchenklingen,
Wenn liebejubelnd
Sie aufwärts dringen –

Und weltfern säumen,
Und einsam lachen,
Und sinnen und träumen
Von sieben Sachen.

*

Eichenäste ragen
Hoch im Abendgold.
Mücken zärtlich necken,
Und die Rosenhecken
Leuchten glühend hold.

Schwarze Kühe werden
Weit ins Licht hinein.
Abendglocken klingen,
Und von Kindern Singen
Hallt vom fernen Hain.

Und aus allem Strahlen
Über Weid und Moor
Schwebt ein Heimatwähnen
Und ein heimlich Sehnen
Klingend mir hervor.

*

Sonne

Sonne in wehender Sommerluft –
Sonne ums strohene Haus –
Sonne im Ährenflüsterfeld
weit in die Lande hinaus.

Sonne um dich, du ärmliche Dirn,
mitten auf schlammigem Grund!
Breitest emsig die Scholle hin,
glühest rot und gesund.

Wo die hastende Hummel sucht,
wo es aus Kleeblüten haucht,
oh, du seliger Sommertag,
bin ganz ins Summen getaucht.

Liege in deinem schläfrigen Glanz,
Sonne, einsam am Rain,
sauge aus Himmel und Heide und Moor
deine Glückseligkeit ein.

*

Heimatstraßen

Wenn die weite Nacht
Einsam mich umspinnt,
Und die ewigen Sterne
Hell entglommen sind,
Meine Seele wacht
In dem Sternenschein,
Hüllt in lichtes Träumen
Ganz sich ein.

O du Wundernacht,
Wo die Sterne kommen!
Eignes hellstes Licht
Ist entglommen,
Leuchtet dann hinein
In den Sternenschein.
Mag wohl selbst ein heller
Stern dann sein.

Lichtes Leben rinnt
Her von Ewigkeit,
Bindet Stern an Stern
Durch die weite Zeit.
Wenn in tiefer Nacht
Ewiger Grund erhellt,
Zieh ich Heimatstraßen
Durch die Sternenwelt.

*

Ernten

Sommer ist nun worden.
Weiche Winde wehn.
Lichte Lämmerherden
Hoch im Himmel gehn.

Und die graue Lerche
Hebt sich auf im Lied,
Sommerwarmes Klingen
Durch die Lüfte zieht.

Weite Ährenfelder
Tranken Sonnenschein
Aus den Ätherlüften
Tief ins Herz sich ein.

Breiten ihre Wogen
Weit hinaus ins Land.
Goldne Ernten reifen
Über dürrem Sand.

Auch in meine Armut
Trank ich Sonnenlicht.
Sommer, du bist kommen,
Goldne Ernten nicht.

Nur im tiefen Grunde
Glüht und blüht ein Traum
Und ein Ahnen schwebet –
Und ich faß es kaum.

*

Abend am See

Über silbernen Wellen
schwanken Enten im Traum;
schwarze Uferwälder
spiegeln in Seees Saum.

Schillernde Flügelwesen
schwirren hier und dort.
Zart geregte Kreise
zittern im Glanze fort.

Und wie irrende Flammen
golden und geistergleich
ragen blinkende Rosen
überm Wasserreich.

Abendsummende Weise
singt mir im hastigen Blut;
und die leisen Winde
streicheln die zitternde Flut.

*

Am Wachtfeuer

Ein wunderbares Rätselreich – die Nacht!
Im weiten Himmelsgrunde
Sind funkelnde Sterne erwacht.
Und rings auf der finsteren Erde,
In stummer Ruh,
Schlossen tausend Soldaten
Müde Lider zu.
Noch flackert das Feuer der Wacht.
Ein Einsamer grüßt dich,
Schweigende Nacht!

*

Nacht im Moor

Über die Heide weht die Nacht...
einsam schweben Totenlichter...
ruhlos flattert aufgescheucht
weiten Dämmerflugs der Kiebitz.

Schwarze Wasser schlafen stumm...
Aus dem unermessnen Nachtgrund
strahlet lautlos Sternenlicht...
ferne reglos blinkt ein Meerstreif.

In den Heidegräsern flüstert's,
spiegelt zitternd sich im Moore...
und die Lüfte fluten weich,
und der Kiebitz klagt und klagt.

Mondlichtzauber

Die letzten Sonnengluten sanken längst.
Lichtgolden schwebt der Mond in nächtlich stummer,
geheimnisvoll erglühter Sommerluft. –
Und rätselhafte, bleiche Blumen glühn. –
Und endlos weite Ährenfelder breiten
leis wogend leuchtend goldne Vließe hin. –
Und mit dem Abendwinde schreit ich leis:
die Halme flüstern – und die Nachtviolen,
die zwischen fahlen Gräsern zaubrisch ragen,
die glühend ihre großen, goldnen Kelche
dem Monde auftun – und der stummen Liebe –
Ein Wunder – schreit ich lauschend durch die Blumen.
Die goldnen Rätselwesen nicken leise,
sie wehen Duft – sie halten mit dem Monde
in hoher Sommernacht geheime Zwiesprach. –
Ich atme kaum. Ich lausche still der Weise,
wie lautlos Mondlichtzauber niedersinken,
daraus die goldnen Nachtviolen trinken –
und stehe stumm, gebannt, im Zauberkreise,
in Mondes heiligem Licht, das Blumen lieben,
am stillen Weg im Feld –: Allhuldiges Wehen
dringt mir ins Herz wie tief geheimer Frieden.

*

Heumahd

Blauer Himmel, wie ein helles Auge.
Wolken, rein wie Seiden, leis entschwebend
über würzigduftend, üppiger Heumahd.
Stumm die Lüfte – nur Gesumm von Bienen.
Und inmitten welker Silberschwaden
überm lichten Grün der frischen Stoppel
da und dort vergessene, blaue Blume.
Und die Bauerndirne achtlos eilig.
Welke Gräser fliegen von dem Rechen
hierhin, dorthin. Weißes Leinentüchel
fiel von ihrem flächsernen Gelocke
auf die Schulter, losgelöst vom Windhauch.
Kurzer blauer Leinenkittel flattert,
nackte Füße stapfen – rasch zerteilt sie
mit dem Rechen welke Silberschwaden,
breitet emsig ihrer sonnigen Heimat
silbrig grüne, stille, kleine Ernten.
Erntewagen mit zwei bunten Kühen
rollt im Staube her vom nahen Dorfweg
zu dem stummen Frieden froher Heumahd.
Und im Staube dort der graue Bettler
wandert flüchtig in die Abendferne,
hastet, windgefegter Fremdling, ziellos,
bis er irgendwo am letzten Waldsaum
einsam, müde, menschenferne Rast hält...
eh die Nacht kommt, die noch jeden still macht.

*

O Welt, du Wunder!

Die Welt ist schön, wenn der Flieder blüht,
wenn die Jungbuche leuchtet und lacht,
wenn im hohen Grase die Kleeblume glüht,
wenn die Grasmücke singt, und die Welle rauscht,
und die Liebe heimlich erwacht.

Die Welt so strahlend im Sommerschein,
wenn die Ernten in Golde stehen,
wenn zwischen den Garben Säuglinge schrein,
wenn die Sense blinkt – und im Ringeltanz
aus Schwarzhaar Mohnblüten wehn.

Die Welt ist schön, wenn im Herbststurmstreit
Blätter und Frucht zerstiebt –
wenn Wolken jagen so weit, so weit,
und hoch in Lüften die Krähen ziehn –
und gestorben, was du geliebt.

O Welt, du Wunder im Flockentanz,
der stumm die Erde einhüllt,
und in stillen Kammern in tiefem Schlaf
die Blumen und Herzen in himmlischer Ruh
mit leuchtendem Glanz überfüllt.

*


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