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18.

Der Winter des Jahres 1349 kam und ging. Der schwarze Tod hörte auf und mit ihm die Geißler-Fahrten. Die Menschen, so ihn überlebt, begannen wieder frei zu atmen und sich des Lebens zu freuen.

In diesen Tagen zog ein stattlicher Zug von Reitern und Reiterinnen zu Pferd vom Kinzigtal her dem Wasgau zu. Die Grafen Heinrich und Hug von Hasela, ihre Vettern Konrad und Walther, Herren zu Ortenberg und Geroldseck, und die Gemahlinnen all' der genannten Herren geleiteten mit glänzendem Gefolge Herzeleide über den Rhein, zur Trauung nach Rappoltsweiler.

Der Herr Ulrich hatte wieder angefragt und das Jawort erhalten.

In Straßburg schloß sich der dortige Domherr, Graf Johann von Fürstenberg, Herr von Wolfa, dem Zuge an.

Feierlich und freudig empfing der freie Herr Ulrich mit seiner ganzen Ritter- und Bürgerschaft an den Toren der lieblichen Stadt Rappoltsweiler seine langersehnte Braut und führte sie zum Traualtar in der alten Pfarrkirche zum hl. Georg und dann mit allen Gästen und den Geschlechtern seiner getreuen Stadt auf die neueste und schönste seiner Burgen, auf die Ulrichsburg, zum fröhlichen Mahle.

Eine ernste Schönheit, gewann Herzeleide alsbald das Wohlgefallen aller wasgauischen Edlen, die mit am Mahl saßen. –

So ward Herzeleide die eheliche Hausfrau des freien Herrn Ulrich von Rappoltstein, der Dichter und Sänger war und der ihr oft, da beide auf den Söllern ihrer drei Burgen saßen, Lieder sang, während sie hinüberschaute nach den heimatlichen Schwarzwaldbergen.

Sie hatte die Liebe zum Minnesang von ihrem Vater ererbt und Rumo ihr die Lieder der ritterlichen Dichter ins Herz gesungen.

Mit Vorliebe saß sie auch in ihrer Kemenate und las in der prachtvollen Handschrift, welche ihr Gemahl von den Straßburgern Claus Wisse, Philipp Kolin und dem Juden Samson Pine hatte übersetzen und fertigen lassen. Diese Handschrift, 1336 vollendet, befindet sich heute im Besitze des Hauses Fürstenberg. Sie enthielt eine Ergänzung und Erweiterung der Dichtung vom Ritter Parzival nach der französischen Bearbeitung des Manessier, die ihr Herr Gemahl für schweres Geld einst erworben hatte.

Die Leiden der Mutter Parzivals, deren Namen sie trug, waren ihr jeweils ein Trost.

Als sie nach Jahr und Tag zum erstenmal wieder zu Besuch in die Heimat kam, ritt sie mit ihres Eheherrn Wissen auch hinauf auf den Kniebutz, um zu beten über Rumos Grab und um sich zu überzeugen, ob er seinen Denkstein habe.

»Bald könnt' ihr auch für mich beten«, sagte sie zu den Klosterbrüdern, da sie wieder von dannen ritt

Ehe ein Jahrzehnt um war seit Rumos Tod, wurde auch sie begraben in der Kirche zu Rappoltsweiler am Fuße der Wasgauberge. Sie starb kinderlos.

Ihr Bruder Heinrich war vor ihr aus dem Leben geschieden. Herr Hug starb erst 1371. Seinen einzigen rechtmäßigen Sohn Johans haben die Schweizer am 9. Juli 1386 bei Sempach erschlagen.

Das Haus Fürstenberg-Hasela war zu Ende.

Hasela hörte auf eine Residenz zu sein und verfiel so im Laufe der Zeit der Demokratie.

Längst sind in ihm Minnesang, Schwert- und Speeresklang verschwunden samt der alten Zähringerburg.

Mehr denn fünf Jahrhunderte sind seitdem über die Erde dahingegangen. In Hasela ist fast jede Spur aus jenen Tagen vertilgt. Nur drei Steine, deren Sprache niemand kennt im jetzigen Hasle, sind noch die einzigen Zeugen des 14. Jahrhunderts.

Im Durchgang des heutigen Kirchturms ist eine Skulptur eingemauert, Adam und Eva im Paradies darstellend. Sie ist noch das einzig erhaltene Stück der romanischen Kirche , in der einst Johannes von Hasela, der berühmte Dominikaner, seine tapferen Reden hielt.

Und in der Kirche selber steht ganz hinten an der linken Seite des Schiffes ein gewaltiges Bild, das einen aufrecht stehenden, betenden Ritter in überlebensgroßer Gestalt in Stein wiedergibt. Er ist ganz in Eisen gerüstet, vom Haupt bis zur Sohle. Den Wappenschild seines Geschlechtes trägt er an der linken Seite, während sein mächtiges Schlachtschwert neben ihm, der Schlachthelm aber mit den Büffelhörnern als Zier unter dem mit der Eisenhaube bedeckten Kopfe ruht.

Keine Umschrift besagt, wer der Ritter sei, der seit einem halben Jahrtausend an dieser Stelle seine gewaltigen Hände faltet. Drum heißt derselbe auch bis zur Stunde bei all' denen, die hier Gott dienen und in des Gotteshauses Frieden wohnen, des Ritters Namen aber nicht kennen – der steinerne Mann.

Dieser steinerne Mann ist aber niemand anders als der Graf Gottfried von Fürstenberg-Hasela, der tapfere Haudegen, der lustige Sänger und der Vater Herzeleidens. Ihn, seine Zeit, seines Hauses Geschichte in meinem lieben Hasela zu schildern, das war meine Absicht bei dieser Erzählung, auf daß die von Hasle wissen, wer der steinerne Mann in ihrer Kirche ist, und wie die Menschen lebten, liebten, kämpften und stritten zu seiner Zeit.

Dem steinernen Mann gegenüber an der anderen Kirchenwand ist eine flache Steinplatte; sie bekundet, daß Anna von Montfort, die Gemahlin des Grafen Götz, im Jahre 1341 am Tage des hl. Hilarius gestorben sei. Reden in Hasle nur noch drei Steine aus jenen Tagen, so leben aber noch Fürsten heute und Könige, die aus Hasela stammen und aus dem Blute des steinernen Mannes.

Als sein Enkel Johans unter den Morgensternen der Schweizer Bauern gefallen war, blieb allein noch vom Hause Fürstenberg-Hasela übrig seine Schwester Adelheid. Sie war im Jahre 1377 die Gemahlin des Grafen Friedrich, des älteren, von Hohenzollern, geworden und damit die Stammmutter der heutigen Fürsten von Hohenzollern und aller derer, die von diesem Geschlechte auf Königsthronen saßen und jetzt noch sitzen.

So konnte auch aus Hasle was Gutes kommen, und daß Fürsten, Könige und Königinnen unserer Tage eine geborene Haslacherin als ihre Urmutter betrachten müssen, das freut selbst einen alten Demokraten wie mich.

Grabstein des Grafen Götz von Fürstenberg-Haslach, der sich heute noch in der Haslacher Stadtkirche befindet. Aus: S. Riezler, Geschichte des Fürstlichen Hauses Fürstenberg und seiner Ahnen, Tübingen 1883, S. 258.

Grabstein der Gräfin Anna, Gemahlin des Grafen Götz, geborene Gräfin von Montfort. Er befindet sich ebenfalls in der Haslacher Stadtkirche. Aus: S. Riezler, a.a.O., S. 256.


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