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5.

Das Horn des Wächters vom Kirchturm hatte kaum die vierte Morgenstunde angerufen, als es wieder lebendig zu werden begann im Städtle.

Die Bürgersfrauen richteten Girlanden aus Buchszweigen und Tannenreisern zu und zogen sie an den Gaden der Häuser hin, während ihre Mannen, die ehrsamen Handwerker, Maien an der Gasse hin aufstellten, Birken- und Lärchenbäumchen, die vom oberen Tore bis an die Burg einen gar schönen Schmuck abgaben.

An ihren Häusern, die nebeneinander unterhalb des Rathauses standen, pflanzten auch in der Frühe Bäume auf der Bäcker Jörg Stricker und der Schuster Thomme Iselin.

»Ist ein Ehrentag, Nachbar, für die von Hasela heut'«, hub Jörg Stricker an, indem er inne hielt von seiner Arbeit, Löcher für seine Birken in den Boden zu graben. »Unser Städtle wird jetzt ein Fürstensitz, und die von Villingen haben das Nachsehen. Wird uns Bürgern manch' Stück Geld mehr einbringen das Jahr über, wenn der Graf bei uns residiert.«

»Bin der gleichen Ansicht, Nachbar«, meinte der Thomme, stieß fröhlich eine Lärche in den Boden und stampfte sie darin fest. »Aber mehr Komplimente müssen wir auch machen. Da heißt's aufstehen, wenn man am Abend vor seinem Hause sitzt und die gnädige Frau Gräfin oder der gnädige Herr Graf vorübergeht. Und am Sonntag, wenn wir hinten in der Kirche stehen und die Herrschaft einzieht, wird man selbst da noch sich verneigen müssen wie ein armer Sünder.

Vor unseren Herren, den Geschlechtern, ist ein rechter Bürger nicht aufgestanden, wenn er vor dem Hause saß. Die sind ja auch Leute wie wir, haben, wie wir mit Brot und Schuhen, so mit Salz und Schmalz, mit Seide und Samt gehandelt und sind reich geworden. – Das ist der ganze Unterschied.

Aber der Graf ist ein wirklicher adeliger Herr und seine Frau auch von hohem Stamme. Sie sollen, wie mir unser Leutpriester gestern sagte, als ich ihm ein Paar neue Schuhe brachte, beide von den Herzogen von Zähringen abstammen.«

»Dann haben sie's«, spöttelte Jörg Stricker. »Mein Großvater hat, da ich noch als kleiner Bub in der Backstube bei ihm saß, oft erzählt, die Zähringer Herzoge seien einst Kohlenbrenner gewesen. Der Stamm ist also nicht weiter her als unsereiner; ja ein ehrlicher Schuster und ein ehrlicher Bäcker gelten mehr in der Welt als Kohlenbrenner, was gar kein Handwerk, sondern nur eine Burenarbeit ist.

Wir sind alle von einem Stamm von Adam und Eva her, aber es muß Herren und Bürger geben, wenn Ordnung sein soll. Und wenn unser neuer Herr ein so wackerer Mann ist, wie man sagt und wie man ihm auch ansieht – dann gebührt ihm seine Ehre, um so mehr, als er unsere Zünfte in besseren Verdienst setzen wird. Metzger, Bäcker, Schuster, Gerber, Schlosser und besonders auch die Gold- und Waffenschmiede werden mehr Arbeit haben, wenn der Hof in Hasela wohnt.

Herren von allen Himmelsgegenden werden fortan aus- und einreiten im Städtle und Ritterspiele abgehalten werden, – kurzum, 's wird Leben geben, und wo Leben ist, ist Verdienst.«

»Drum hat unsere Zunft«, nahm der Schuster wieder das Wort, »schon eine Ehrengabe gerichtet; der Zunftmeister selbst, Kunz Blattner, hat sie gefertigt, und der kann was, hat in Paris seine Kunst gelernt. Er wird der Gräfin ein Paar Schuhe überreichen im Namen der Zunft. Das Maß hat ihm der Burgvogt besorgt. Sie sind vom feinsten roten Leder, mit Goldborten eingefaßt und mit Perlen verziert. Die Gräfin wird gleich merken, daß die Schuster nicht die letzten sind im Handwerk zu Hasela. –

Was leistet denn euere Zunft als Ehrengabe, Nachbar?«

»Unsere Zunft«, erwiderte Jörg Stricker, »wird morgen die Brezeln stellen zum Willkomm-Trunk an den Toren. Und dann marschieren wir noch auf mit einer Riesenpastete und mit Lebkuchen.«

Während die beiden so sprachen und da es indes völlig Tag geworden war, trommelte der Büttel des Rats durch die Gassen und verkündete die Ordnung für das anbrechende Fest.

»Die Bürger, so ist's vom Rat befohlen, sollen in der vorderen Gasse Spalier bilden vom oberen Tor bis zur Burg, bis der edle Herr und Graf Egino von Fürstenberg eingeritten ist, der um neun Uhr von Wolfa her am Tor eintreffen und zunächst in die Burg einziehen wird.

Alsdann sammelt sich der Rat und die gemeine Bürgerschaft auf dem Marktplatz, wo der Graf alsbald erscheinen, der Stadt Freiheiten beschwören und die Huldigung der Bürger und die Zunftgeschenke empfangen wird.

Nach dieser ziehet männiglich in die Pfarrkirche zum hl. Arbogast, allwo ein Hochamt gesungen und Gott, der Allmächtige, angeflehet wird für unserer gnädigen Herrschaft und der ganzen Gemeinde Wohlergehen.

Am Mittage wird der neue Herr der Stadt eine Weinspende verabreichen, für jeden Bürger zwei Maß aus dem Grafenkeller und für jedermann, Weib und Mann, arm und reich, fremd und einheimisch den Sebastianibrunnen mit Wein laufen lassen. Auch sollen die Bürger frisches Wildbret zur Genüge erhalten zum Braten.

Allerlei Kurzweil auf dem Marktplatz soll den Nachmittag ausfüllen und gegen Abend vor dem unteren Tor getanzt werden.

Der Herr Graf und der hochlöbliche Rat mahnen männiglich ab von Streit, Hader, blutigem Schlag und Totschlag, ansonst ein streng Gericht über die Schuldigen ergehet.« So verkündigte der Büttel.

»Das kann recht werden heut', Nachbar«, fing der Bäcker zu reden an, als der Ratsbote, dem die zwei Bürger andächtig geloset hatten, seines Weges weiter gezogen war. »Mit solch einem Ratsbeschluß können wir kleinen Bürger alle einverstanden sein.

Ich will mich aber auch ins Zeug stecken. Meine Brünne, Ringpanzer. noch von meinem Großvater herstammend, als er Zunftmeister war, ist schon blank geputzt, auch meine Lanze und mein Schwert, und der Bäcke-Jörg soll nit der letzte sein in der Bäcker-Gilde, wenn sie ausrückt.«

»Eine Brünne hab' ich nicht«, meinte der Schuster-Thomme, »aber ein feines Lederkoller mit roter Seide durchnäht, mit dem könnt' ich mich vor unserem König sehen lassen.

Die besten Geschäfte macht heute ihr Bäcker. Schaut da, Nachbar, wie das Landvolk zu allen Toren hereinströmt, um unser Fest mitzumachen. Bis nur jedes von diesen Leuten ein Stück Brot hat zu dem Wein, der aus dem Sebastianibrunnen fließt, seid ihr Bäcker zweimal ausgekauft.

Aber 's ist merkwürdig, Jörg«, fuhr der Thomme fort, »wie die Buren in der Tracht den Bürgern und den Rittern nachmachen. In meiner Knabenzeit da kamen sie noch alle in die Stadt mit kurzen Röcken von Naturwolle und mit an den Beinen hinaufgebundenen grauen Hosen und schweren Filzhüten. In der Hand trugen sie eine Gerte oder einen Streitkolben.

Und jetzt schaut, Nachbar, wie sie einziehen heute mit langen, modischen Röcken, die bis auf die Füße reichen, oder mit Lederkollern. Dort geht gar einer in Eisen, wie ein Ritter. Alle tragen Schwerter und Stahlhauben, wenige nur noch die Gugel. Eine kapuzartige Haube. Am Gürtel führen sie Schellen und Muskatnüsse, wie die Höflinge.

Und ihre Wibervölker haben ihnen nachgemacht; sie tragen sich wie ehrsame Bürgersfrauen, ja selbst wie Burgfräulein: Heimelige Eng anliegende. Röcke und Mieder, spitze Schuhe, Blumenschapel auf den Köpfen, Handschuhe und Gürtel.

Schaut, Nachbar, da kommen gar noch einige Buremaidle, die haben am Gürtel kleine Spiegel hängen wie die vornehmsten Jungfrauen.

Früher kamen die Wibervölker in grauen oder schwarzen Tuchröcken, im Winter mit Schaffell gefüttert, und jetzt geht mehr Seidenzeug in allen Farben aufs Land als in die Stadt.«

Ein anderer Nachbar, der Metzger Bartle Neidhart, war hinzugekommen, während die zwei die Landleute Revue passieren ließen, und hatte die letzten Sätze des Schusters noch gehört.

»Da schimpft man immer«, nahm er jetzt das Wort, »über die Ritter und Edelknechte, welche den Bauern das Vieh stehlen. Und doch wäre kein Graf und keine Gräfin mehr sicher, von der Hoffart der Bauern überholt zu werden, wenn man diesen alles ließe, was sie im Stall aufziehen.

Mir ist's lieb, daß die Leute heute so geputzt in Hasela einrücken. Wenn die Edelknechte von Büchorn, von Bärenbach, von Waldstein, von Vischerbach und Hans der Gebur auf der Heidburg sie sehen, werden sie frischen Mut schöpfen, den Buren zur Ader zu lassen. Ich bekomm' dann bald wieder fette Hammel und Rinder um billigen Preis.«

»Aber die Edelknechte«, entgegnete Jörg Stricker, »die gehen auch an unsere Kaufleute. Erst vor einigen Wochen soll der Bärenbacher zwei, den Krämer am obern Brunnen und den in der neuen Stadt, geplündert haben.«

»Laß ihn plündern, Jörg«, flüsterte der Bartle, »den kleinen Konrad von Bärenbach. Den Krämern schadet's nicht, die scheren sich ohnedies einen Teufel um den ehrlichen Handwerker. Sind sie reich geworden, so geben sie den Kram auf, spielen die Herren, und ihre Buben müssen Knappen und Ritter werden.«

»Bin auch deiner Meinung, Bartle«, sprach leise der Schuster. »Aber jetzt ist's Zeit, daß wir uns rüsten. Dort droben auf dem Marktplatz reiten schon die vom Rat und die übrigen Geschlechter an. Sie wollen den Grafen, wie ich höre, abholen am Schwiggenstein.«

Die drei Bürger verschwanden in ihren Häusern, um sich auch parat zu machen.

Kaum hatten die Geschlechter den Marktplatz verlassen, um zum oberen Tor hinauszureiten, als die verschiedenen Gilden der Handwerker von ihren Zunfthäusern weg anrückten. Jeder Zunft ging ein Bannerträger voraus mit der Zunftfahne und einem Horn, in das er blies. Ihnen folgten die Mannen der Zunft, Meister und Knechte, in Reih' und Glied, die Kesselhaube auf dem Kopfe, den Speer in der Faust, den Leib mit Ring- oder Schuppenpanzer oder mit einem Lederkoller bewehrt und darüber den Waffenrock in der Zunftfarbe. So aufmarschiert, verteilten sie sich in der vorderen Gasse von der Burg bis zum obern Tor.

Indes hatte sich ein viel glänzenderer Zug von Wolfa her dem Schwiggenstein, der Banngrenze von Hasela, genähert Es waren Graf Egino und seine Gattin, seine Freunde und Verwandten mit ihren Rittern und reisigen Knechten.

»Siehst du, Friedrich«, sprach der Graf, sich an seinen neben ihm reitenden Bruder wendend, »siehst du dort am Schwiggenstein die Reiter? Das ist der Schultheiß von Hasela mit denen vom Rat. Sie kommen uns zum Willkomm entgegengeritten. Das sind andere Leute als die Villinger, die uns erst am Stadttor empfingen!«

Graf Friedrich und alle die übrigen Herren stimmten der Anerkennung des Grafen Egino zu, und sein Schwiegervater meinte zu seiner neben ihm reitenden Tochter: »Verena, ich freue mich für dich, daß ihr so freudig erwartet werdet in euerem neuen Heim.«

Er konnte ihre Antwort nicht abwarten, denn schon dröhnte der Hufschlag der Pferde, auf denen die Ratsherren von Hasela herangaloppierten, so mächtig an die Sinne, daß aller Augen sich den bürgerlichen Reitern zuwandten.

Auf zehn Schritt nahe gekommen, hielten diese plötzlich ihre Pferde an, stiegen ab und näherten sich zu Fuß, ihre Rosse am Zügel führend. Der Schultheiß, Klaus von Büchorn, nahm seine Helmhaube ab, trat vor den stille haltenden Grafen und begrüßte ihn: »Hochedler, fürstlicher Herr und Graf! Ich heiße Euch und Euere Frau Gemahlin und Euere erlauchten Gäste im Namen des Rats und der gemeinen Bürgerschaft von Hasela hier an unserer Grenze ehrerbietig willkommen. Wir alle in Hasela freuen uns, daß von heute an ein Zweig vom altadeligen Stamme, dem seit Jahrhunderten die Herrschaft über uns zusteht, sich in unserer kleinen Stadt bleibend niederlassen will. Möge Gottes, des allmächtigen Segen auf diesem neuen Zweige ruhen und stets der Friede unsere Stadt verbinden mit unserem neuen Herrn und allen seinen Nachkommen.«

»Ich dank' Euch, Schultheiß, dem Rat und allen Bürgern von Hasela«, sprach sichtlich ergriffen der Graf, dem Sprecher seine eiserne Rechte entgegenstreckend. »Ich dank' Euch herzlich für meine Frau, für meine Freunde hier und für mich für den Willkomm, den Ihr uns bereitet, und für die Glückwünsche, die Ihr mir und meiner Familie entgegenbringt. Ihr wißt, ich war immer gern in dem schönen Hasela, schon als Knabe. Drum wollt' ich auch bei Euch meinen Sitz aufschlagen. Ich weiß, daß ich nicht fehlgegriffen, ich kenne die Herzen derer von Hasela wie mein eigenes. Und Gott wird Menschen, die so zusammenpassen, wie wir, nie in Feindschaft trennen.

Und nun, ihr Herren vom Rat alle, steigt wieder auf euere Rosse, wir folgen dann zum fröhlichen Einzug, den Gottes Gnade segnen möge.«

Nach wenig Minuten war der stattliche Reiterzug am obern Tore von Hasela.

Hier hatte sich das fahrende Volk versammelt und empfing die Herrschaften mit Flöten, Fiedeln, Hörnern, Harfen und Schalmeien, jeder nach seiner Kunst.

Der Schultheiß stieg vom Pferde, nahm den bereit gehaltenen silbernen Pokal und kredenzte, bei der Gräfin anfangend, den »Osterwein« zum Willkomm.

»Der läßt sich beißen, Herr Schultheiß«, meinte Graf Heinrich von Freiburg, als die Reihe an ihn gekommen war. »Ist der an den Halden dort drüben über der Kinzig gewachsen?«

»Doch nicht, Herr Graf, dort drüben wächst auch ein guter Tropfen, aber nicht so gut, wie der in eurer Gnaden Humpen. Das ist Ungarwein.«

»Dann füllt ihn nochmals frisch, Herr Schultheiß, ich will auch dran denken, daß ich den besten Osterwein in Hasela getrunken habe.«

Nachdem alle bis auf den letzten Reitersmann Bescheid getan, ritt man in die Stadt ein.

Die in der Gasse paradierenden Zunftleute und die Frauen und Kinder an den Fenstern der Häuser riefen laut dem jugendlichen Grafenpaare, das unmittelbar hinter den Ratsherren einritt, den Gruß zu: »Heil und Segen!«

An der Burg stunden zum Empfang, hoch zu Roß, die Ritter und Edelknechte der Umgegend, die wir kennen, und die eben auch angekommenen »freien Herren« von Geroldseck und der Abt von Gengenbach.

Herzlich war auch hier die Begrüßung. Besonders zeichnete der Graf den Edelknecht Töbelin von Vischerbach und den Ritter Hans Vasant aus, die getreuen Knappen seines Vaters.

Es war ein majestätisch Schauspiel für die Völker vom Lande, als bald darauf die Huldigung stattfand auf dem Marktplatz und Graf und Bürger mit »aufgehebten Händen« zu den Heiligen schworen, sich gegenseitig Treue zu halten.

Alsdann nahten die Zunftmeister und übergaben die Huldigungsgeschenke der Handwerker und Kaufleute. »Seht ihr«, sprach der Graf zu seinen Freunden, »so was wär den Villingern nicht eingefallen. Die von Hasela sind Leute, die wissen, was sich schickt.«

Alle Herren gaben diesen Worten ihren Beifall und bewunderten mit dem Grafen Egino die sinnigen Gaben der einzelnen Gilden.

Nachdem auch in der Kirche Gott um seinen Segen angefleht worden war zu den heutigen Gelöbnissen, gehörte der Rest des Tages der Freude.

Die Bürger zogen daheim ihre Harnische aus, legten ihre bürgerliche Tracht an, die langen farbigen Röcke mit dem Schwerte darüber, nahmen die Mützen auf den Kopf und ihre Weiber mit – und losging der Festjubel am Sebastianibrunnen und beim Grafenkeller.

Der Wein begann zu fließen, das fahrend Volk ließ seine Künste los, bald mitten in den Gassen, bald drüben auf der Burg, wo die Grafen, Ritter und Edelknechte tafelten, bald auf dem Rathaus, wo die Geschlechter ihr Festgelage abhielten. Überall fanden sie Beifall und reichen Lohn.

Doch nicht bloß Musikanten und Sänger sind unter ihnen, auch Taschenspieler, Jongleure, Springer, Tänzer, Leute, die Steine zerkauten und Feuer fraßen und wieder ausspieen.

Gegen Abend zog alles hinaus auf die grünen Matten vor dem untern Tor, und jung und alt tanzte zu den Weisen des fahrenden Musikantenvolks.

Auch die Grafen und Ritter kamen von der Burg her und mischten sich hier unter die Leute und schäkerten oder tanzten mit schönen Frauen und Dirnen von Stadt und Land.

»Meiner Treu«, sprach Graf Friedrich von Freiburg zum Ritter Sneweli, »da unten an der Kinzichen hat es schönere Frauen als selbst in Neuenburg.«

»Aber laßt die Frauen nur in Ruhe, Herr Graf«, meinte der alte Ritter lächelnd, »denn gebrannte Kinder sollen das Feuer fürchten!« –

Längst war die Sonne hinter dem Strickerwald niedergegangen, und die Mondscheibe erhob sich über dem Urwald, als der Schultheiß nach des Grafen Wunsch zum Heimgang bieten ließ.

Thomme, der Schuster, und Jörg, der Bäcker, kehrten weinselig mit ihren Weibern auch heim und redeten noch ein wenig vor ihren Häusern.

»Das war ein schöner Tag, Nachbar«, meinte der erstere. »Noch schöner als der, an dem ich meine Nese (Agnes) heimgeführt habe; damals hat mich das Vergnügen Geld gekostet, und heute hatt' ich's umsonst.

Und der neue Herr hat mir auch gut gefallen.« –

»Und mir auch«, fiel die schöne Schusterin ein. »Er hat lang mit mir gesprochen und mir die Backen gestreichelt, und wenn die Frau des Schultheißen nicht so nahe dabei gestanden wäre, hätt' er sicher auch mit mir getanzt.«

»Du wirst ihm hoffentlich auch gesagt haben«, fuhr ihr Mann fort, »daß du des Schuster-Thommes Weib bist, damit er an mich denkt, wenn er was an Schuhzeug braucht!«

»Er hat mich gleich gefragt, und ich hab' es ihm gesagt«, beruhigte den Schuster seine Nese.

»Meine Alte und ich«, sprach der Bäcker, »haben uns aus der Tanzerei nicht viel gemacht, wir saßen unter einem Apfelbaum und schauten zu. Unsere Tanzzeit ist vorüber.

Aber jetzt guat Nacht allerseits, behüt uns Gott und 's heilig Kreuz.«

»Gute Nacht« wünschten auch der Thomme und die Nese und verschwanden in ihrem alten Holzhause.

So ward die Linie der Grafen von Fürstenberg-Hasela gegründet am Verenentag des Jahres 1286. Gerade hundert Jahre später, am 9. Juli 1386, am Schlachttag von Sempach, sollte sie, wie wir sehen werden, wieder erlöschen. –


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