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6

Die Elster hatte ihr Nest gebaut, ihre Eier gelegt und ausgebrütet; es war jetzt ein volles Familienleben in den Birkenwipfeln, und die Eltern taten ihre Pflicht in ihren Heimstätten.

Lars Manuelsen ging zu Bertel in Sagvika hinüber; Bertel selbst war in der Mühle, aber die alte Katrine war daheim und nähte an ihren Mehlsäcken. Lars Manuelsen fragte, ob er die Leiter entlehnen könne.   Ja, nimm sie nur, sagte Katrine: aber was willst du damit?   Ich will auf mein Dach steigen und meinen Rauchfang ausbessern, antwortete Lars Manuelsen.

Er trug die Leiter heim, und da seine Frau drunten im Hotel war, befand er sich also allein zu Hause. Die Leiter war sehr schwer, erfuhr sich mit seinem Taschentuch über Gesicht und Perücke. Eine Elster flog aus dem großen Nest gerade vor ihn hin, und kurz nachher kam auch die andere Elster heraus und flog zur Erde herunter. Da legte Lars Manuelsen die Leiter an die Birke und stieg zu dem Nest hinauf.

Er wollte wohl nach seiner Brille sehen, aber als er ins Nest hineinschaute, sah er nur die Jungen.

Welch ein widerlicher Anblick waren diese nackten Geschöpfe! Sie hatten noch keine Federn und sperrten ihre unnatürlich großen Schnäbel weiter auf als die Alten. Bald schrien sie, bald zischten sie, Lars Manuelsen konnte sie nicht greifen und hinauswerfen; aber er wollte die Sache gründlich machen, das ganze Nest wollte er losmachen und hinunterwerfen. Es saß ordentlich fest in einem Gabelzweig, und das Losmachen war eine anstrengende Arbeit für Lars Manuelsen. Schließlich hatte er doch ein gutes Stück losgebrochen, ungefähr die Hälfte, und ließ es auf den Boden hinunterrollen. Er sah dem Stück nach, das Elternpaar saß gerade unter ihm. Seine Brille aber fand Lars Manuelsen nicht; die Jungen rissen die Schnäbel weit auf und schrien und zeterten wie kleine Teufel. Zornig riß Lars Manuelsen den Rest des Nestes los und ließ es mitsamt den Jungen und dem ganzen sonstigen Inhalt hinunterfallen. Da lag es.

Das Elsternpaar saß drunten und sah zu.

Lars stieg die Leiter hinunter und begann das Nest auseinanderzureißen. Lumpen, Knochen, Glasstückchen, ein glänzendes Stück Nickel, was ist das? Die Brille fand er nicht, dagegen eine Handvoll reine Wolle und einen noch brauchbaren Messingkamm; Lars Manuelsen steckte beides zu sich. Da lag noch das Nickelstück; Lars Manuelsen sah näher hin und dachte: Das ist gewiß der kleine Schlüssel, den Frau Irgens bei Holmengraa verloren hat! Den ganzen Winter hindurch hat sie alle Leute nach dem Vorratshausschlüssel gefragt, und da ist er nun! Lars Manuelsen steckte den Schlüssel sorgfältig in die Tasche und suchte wieder in dem Nest, nein, nun fand er nichts mehr. Der Schluß seines Unternehmens war, daß er die Jungen zertrat, eins nach dem andern, und so die Nachkommenschaft der Elstern ausrottete. Die Elstern saßen daneben und schauten zu.

Als Lars Manuelsen die Leiter nach Sagvika zurückbrachte und sich bedankte, sagte die alte Katrine: Es ist nicht der Rede wert. Ist dein Rauchfang jetzt in Ordnung?

Ja, antwortete Lars Manuelsen.

Er ging nach Hause und schaffte das Nest auf die Seite, danach machte er sich auf den Weg nach dem Hotel. Das Hotel war seine zweite Heimat, seine Frau kochte das Essen dort, und er selbst schaffte die Koffer der Reisenden hin. Julius war für seine Mutter eine Art Versorger, und sie arbeitete dafür für ihn; der Vater lebte von den Trinkgeldern.

Julius war kein schlechter Geschäftsmann. Er konnte nicht gut lesen und schrieb zu seinem eigenen Gebrauch nur mit allerlei Zeichen; aber er hatte Verstand und ein unglaublich gutes Gedächtnis; die Hotelrechnungen hatte er jederzeit genau und klar im Kopf. Und war es nicht schon ein Hexenwerk gewesen, daß er dieses Hotel mit ganz leeren Händen gegründet hatte? Natürlich hatte er zum Beginn bei der »Segelfosser Spar- und Leihkasse« ein Anlehen aufnehmen müssen, wie damals alle anderen Leute auch, das er dann aber für das Haus, für Bauholz und Einrichtung, und nicht für Staat und feine Kleider verwendete. Er schien Glück zu haben. Er bekam zwar die kleine Pauline im Segelfosser Herrenhause nicht, die dem Hotel so gut angestanden hätte, nein, die bekam er nicht, das dumme Kind liebte ihn wohl nicht; aber sonst hatte Julius wirklich Glück. Als das erste Haus abbrannte, nachdem er es glücklich fertig eingerichtet hatte, verlor er nichts dabei. Hoho! er verdiente sogar noch, es war sogar ein gutes Geschäft. Julius bekam ein neues Haus und überdies noch die Einrichtung mit dem Profit, daß er vorher zwei Betten gehabt hatte, jetzt aber sechs. Der Brand war das reine Glück gewesen, ein Schweineglück.

Und im Herbst waren dann die ersten Geschäftsreisenden gekommen. Der erste traf mit dem Postschiff ein und kam mit seinem Pelzrock auf dem Arm und einem Musterkoffer in der Hand in den Laden. Später kam ein zweiter, der sah noch mehr nach einem Geschäftsreisenden aus; er trug in jeder Hand einen Musterkoffer, und Julius trat herzu und nahm ihm die Koffer ab. Aber es dauerte nicht lange, da kamen große Geschäftsreisende mit eisenbeschlagenen Koffern, und die konnten nicht im Laden auspacken, man mußte zu ihnen ins Hotel kommen, in den großen Saal. Von da an war Julius richtiger Hotelwirt, er stellte seinen Vater als Gepäckträger an und sich selbst als Administrator. Aber in den toten Monaten mitten im Sommer und mitten im Winter, da tat Julius alles, was sich gerade bot, und er war dabei so eifrig wie ein Rabe, wenn es keinen anderen Verdienst gab, ja, er half sogar dem Theodor im Laden beim Fischtrocknen.

Julius ging es also gut und auch den anderen Kindern von Lars Manuelsen ging es gut. Daverdana hatte ihr eigenes Haus und ihr sicheres Auskommen; wenn viele Reisende im Gasthaus einkehrten, half sie auch da mit. Drei andere Geschwister waren auswärts versorgt, eine Schwester war in Drontheim verheiratet, einen Bruder hatte Pastor Lassen als Leuchtturmwächter untergebracht, und einen weiteren Bruder, der nicht einschlagen wollte, hatte er nach Amerika geschafft. Im ganzen genommen hatte also Bruder Lassen das Seinige für die Familie getan, und er selbst war ja der große Mann, der etwas tun konnte, wer hätte das leugnen wollen! Aber er tat nicht mehr, als er verantworten konnte. So zum Beispiel wollte sich Julius auf billige Weise ein Schild für sein Gasthaus verschaffen, Kornelius sollte den Namen umsonst mit Druckschrift auf eine Eisenplatte malen, und Julius hatte seinen Bruder geschrieben, ob er Hotel Lassen auf die eiserne Platte setzen dürfe. Aber das ging nicht. Wie zu erwarten war, wollte Pastor Lassen seinen Namen durchaus nicht auf einem Gasthausschild haben. Setz Du Hotel Larsen, und ich werde ganz gewiß da einkehren, wenn ich einmal nordwärts komme! Weiter schrieb er, ob Herr Holmengraa sein großes Mühlwerk noch betreibe und auch noch derselbe reiche Mann sei wie früher, und zum Schluß schrieb er noch über Mariane, daß er sie ein paarmal zufällig in Christiania getroffen habe und daß sie ganz reizend geworden sei; grüße sie von mir!

Der Lars macht sich lächerlich! sagte Julius mit einem verächtlichen Auflachen.

Doch der Vater, der dazugekommen war, schalt und sagte, Lassen sei nicht der Mann, über den man lache.

Ich schere mich den Teufel um ihn, sagte Julius. Steht sonst noch etwas in dem Brief?

Daverdana, die herbeigeholt worden war, um ihn vorzulesen, las den Schluß:

Vergiß das Folgende nicht, Bruder Julius: Die Reisenden lassen in den Gasthäusern oft Bücher liegen oder werfen sie weg, nachdem sie sie gelesen haben; hebe solche Bücher, wenn du welche findest, freundlich auf und schicke sie mir, damit ich sie meiner Bibliothek einverleiben und so vor dem Untergang bewahren kann.

Ja, ja, der Lars und Bücher! murmelte die Mutter kopfschüttelnd.

Ja, das werde ich wohl tun! sagte Julius spöttisch. Er sagt nicht, was er mir dafür bezahlen will.

Du müßtest dich schämen als ein guter Christ! rief Lars Manuelsen. Drunten im Saal liegen gerade zwei solche Bücher, und ich werde sie gleich holen.

Lassen kann mir gestohlen werden, erklärte Julius.

Lars Manuelsen kehrte mit den Büchern zurück und sagte: Wenn du sie nicht für Lassen aufheben willst, dann tu ich es.

Daverdana las den Titel: »Der Mordbrand in Tetervik«, »Der Bluthund auf der Fährte«, und sagte: Gebt sie doch mir!

Es sind zwei gute Bücher, wenn ich sie einbinden lasse, sagt Julius, um den Vater zu reizen. Ich gebe sie nicht um zwei Kronen her, das kannst du Lassen bestellen, Vater.

Doch plötzlich verflog der Scherz von seinem Gesicht, durchs Fenster sah er den Lensmann herankommen.

Julius war wohl nicht in allem so ehrenhaft, wie er sein sollte, und er sah den Lensmann nicht gern in seinem Hotel. Julius war gegen alle Leute unverschämt, aber gerade wenn er sich beherzt hätte zeigen sollen, dann wurde er freundlich und machte ein ängstliches Gesicht, so war er schon in seiner Kindheit gewesen. Da kam nun der Lensmann, er trug die Mütze mit der goldenen Tresse und über der Schulter seine Amtstasche.

Guten Tag! sagte er.

Einen friedlicheren Mann gab es nicht. Er war schon öfters gekommen, wenn Lars Manuelsen gepfändet werden sollte, oder wenn Lars Manuelsen als Schafdieb angezeigt worden war, aber immer sagte er Guten Tag! wenn er kam, und Behüt Gott! wenn er ging. Er war zu Julius gekommen wegen eines bösaussehenden Tauschs zwischen seiner und Aslaks Uhr; Aslak von der Mühle hatte sowohl Rückerstattung als Bestrafung verlangt; aber der Lensmann hatte nur den Uhrentausch rückgängig gemacht und die beiden Männer wieder versöhnt. Ja, so war der Lensmann von Ura.

Er setzt sich und unterhält sich mit den Hausleuten über dies und jenes; erst nachdem er dies getan hat, rückt er mit dem Geschäftlichen heraus. Ich komme wegen der Auktionsrechnung, Julius, sagt er. Aber ich weiß nicht, ob es dir paßt.

Julius ist ein schlechter Kerl, Milde verträgt er nicht. Da es sich nur um eine verfallene Auktionsrechnung handelt, wird er frech und übermütig.

Deshalb hättet Ihr Euch nicht herbemühen brauchen, erwidert er. Ich wäre aufs Amtszimmer gekommen und hätte das Geld gebracht.

Ich habe in der Nähe hier Geschäfte gehabt.

Aber heut habe ich das Geld nicht bereit, sagt Julius. Ich werde es in den nächsten Tagen bringen.

Aber die Bank will es eben jetzt gleich haben, wendet der Lensmann ein. Der Rechtsanwalt hat mir eine neue Mahnung geschickt.

Julius wird noch frecher und sagt:

Wieviel ist es denn? Es ist ja nicht der Mühe wert! Im übrigen möchte ich wissen, ob die anderen alle schon bezahlt haben?

Nein, antwortete der Lensmann, die meisten geben die gleiche Antwort wie du, daß sie später kommen werden.

Ich will sehen, daß ich heute abend noch komme, erklärt Julius; ich werde die paar Groschen entlehnen.

Als der Lensmann glücklich zur Tür draußen ist, schüttelt sich Julius und ist wieder oben auf. Er   nein   was kümmert mich der! Die Lotsen haben auch eine goldene Tresse um ihre Mütze.

Du hättest ihm das Geld nicht für heute abend versprechen sollen, äußerte die Mutter. Wo willst du es denn hernehmen?

Julius überhört dies, dafür entwickelt er eine Idee, die ihm eben gekommen ist.

Ich will sechs kleine Rahmkännchen kaufen, damit jeder sein eigenes haben kann. Wenn sie eine große Kanne miteinander haben, dann leert sie der erste als wäre es Milch; wenn dann der nächste kommt, klopft er einfach auf den Tisch und verlangt mehr Sahne. Nein, dafür danke ich!

Ja, so ist es allerdings, stimmte die Mutter bei.

Aber es wird nicht länger so sein, sagt Julius. Und die Bücher   wo sind die Bücher hingekommen, Daverdana?

Der Vater hat die Bücher weggelegt; Julius sucht sie und läßt sie dann nicht mehr aus den Händen. Und nun ist Julius so ganz oben auf, daß er den Vater noch ein wenig reizen muß.

Wenn sie eingebunden sind, kann Lars sie mir abkaufen, sagte er.

Du bist ein gemeiner Kerl, sagte Lars Manuelsen.

Hehe!   Was scher ich mich darum! Er soll die Hände davon lassen! Ich weiß nicht, wie es zugeht, er kommt mir allmählich recht einfältig vor.

Wer ist einfältig?

Der Lars! Ja, das behaupte ich steif und fest. Was meinst du, Vater?

Ach, du hast nur ein großes Maul!

Hehehe! Ja, willst du nicht gleich hingehen und es ihm sagen? Es ist unglaublich, Lars denkt wahrhaftig an ein paar lumpige Bücher, die die Reisenden in den Ofenwinkel schmeißen und da liegen lassen! Ist das nicht großartig!

Nun greift Daverdana ein. Dann soll wohl Pauline die Bücher bekommen?

Pauline? Und wenn es so wäre?

Du, laß das lieber bleiben! Sie will nichts von dir wissen.

Das traf; Julius wurde wütend. Ich schere mich den Kuckuck um Pauline! Alle Frauenzimmer sind nichts nutz! Meinst du, ich mache mir was aus ihnen! Aber die Bücher bekommst du nicht, Daverdana.

O, ich will sie auch gar nicht.

Nie bekommst du sie, beteuerte Julius.

Na ja, du bist ja heute recht von oben herab! Aber du wirft mich vielleicht schon wieder brauchen.

Nein, ich brauche dich nicht. Warum sollte ich dich denn nötig haben? Ich werde mir eine Haushälterin aus der Stadt kommen lassen, die alles besorgt. Was meinst du dazu, Mutter? Dann kannst du wieder heimgehen.

Die Mutter fing an zu weinen.

Ja, ja, unser Herrgott hat mich bis zu dieser Zeit mit seinen gnädigen Brosamen genährt, er wird wohl auch ferner für mich sorgen.

Ganz recht, sagt auch Lars Manuelsen, unser Herrgott wird ja auch weiter für uns alte Eltern zu sorgen wissen, weiter wie bisher.

Ja, und dann Lars! höhnt Julius. Der große Lassen! höhnt er.

Da richtet sich Lars Manuelsen erzürnt auf und sagt mit Nachdruck:

Ich werde keinen Fuß mehr in dieses Haus setzen, da kannst du dich darauf verlassen. Da ist mein Sohn Lassen, der ist ein heiliger Mann, du aber, ich schäme mich über dich vor Gott und Menschen. Und wenn du nur des Reiches Gottes so sicher wärest wie er.

Was hat er dir geschickt? fragt Julius. Für euch beide müßte schon längst die Gemeinde sorgen, wenn ich nicht gewesen wäre.

Die Mutter weint; Lars Manuelsen steht mit der Türklinke in der Hand unter dem Eingang. Ach was, das Ganze war wohl nur einer jener kleinen Zwiste, die mit Versöhnung endeten. Daverdana war wegen der neuen Haushälterin beleidigt.

So, du willst eine Haushälterin aus der Stadt kommen lassen?

Und wenn ich das täte?

Und sechs Rahmkännchen   du wirst immer großartiger.

Sechs Rahmkännchen, nickt Julius; heute abend noch werden sie gekauft.

Aber du hast ja den Lensmann nicht bezahlen können!

Häng deinen Mund nicht in alles, hörst du! rief Julius. Hab ich den Lensmann nicht bezahlen können? Er hätte nur seine Rechnung herausziehen sollen, dann hätte ich ihn auf der Stelle bezahlt.

Daverdana lachte, und die beiden Alten lachten auch. Julius griff in die Tasche, zog eine Brieftasche hervor und holte Geldscheine heraus, es war eine Menge Geld. Laut und prahlerisch warf er jeden Schein auf den Tisch, daß es klatschte, und als er den letzten auflegte, schlug er dröhnend mit der Hand auf.

Nun, was meint ihr jetzt? Hätte ich den Lensmann nicht bezahlen können?

Er ließ seine Augen umherwandern, alle waren sprachlos. Der verflixte Julius, er hatte Geld zusammengescharrt, er trug es auf der Brust, er war reich! Daverdana tat, als sei es gar nicht viel Geld, nicht so besonders viel, sie deutete darauf und sagte:

Ach, du meinst, mit den Scheinen da könntest du prahlen? Ich habe einmal dreitausend gesehen.

Der Vater aber änderte seine Gesinnung.

Du solltest nicht so gegen Julius sein, Daverdana, das will ich nicht hören. Über Julius ist nicht zu klagen, das habe ich immer gesagt, und deine Mutter weiß es auch. Und wenn du so viel Geld hast, Julius, dann solltest du deinen alten Vater nicht geradezu verschmachten lassen, das ist unrecht von dir.

Verschmachten lassen? Schreib an Lars! erwiderte Julius.

Ach, eine Krone oder zwei, Julius, deshalb bist du noch ebenso reich.

Nicht einen Öre! Schreib an Lars!

Laß ihm nur seine Scheine! rief Daverdana, indem sie erzürnt aufstand. Da ist kein Segen darauf. Im Hinausgehen rief sie noch Julius über die Schulter zurück zu: Daß du dir nicht einfallen läßt, mich wieder einmal holen zu lassen!

Aber natürlich vergingen nicht viele Tage, bis Julius wieder nach Daverdana schickte und Daverdana wieder kam. Im Grunde genommen waren sie nicht uneinig, die ganze Familie hielt auf ihre Weise zusammen, und Julius noch auf seine ganz besondere. Das taten die andern auch. Hatte sich Julius je vorher klüger gezeigt? Er hatte Schulden im Laden, hatte Schulden beim Lensmann, hätte er nun vielleicht seine Schulden bezahlen und sich ausbeuteln, sich ruinieren sollen? Hoho! Julius wußte, was er tat, er hatte seine Absicht und seine Gedanken dabei: die Steuern, es handelte sich darum, so niedrig wie möglich eingeschätzt zu werden. Hier hatte er das ganze Verständnis der Familie, die hatte ihrer Lebtag gerade daraufhin geschafft. Steuern, was war das? Nie ist das Geld unnötiger aus des armen Mannes Mark und Knochen herausgepreßt worden, sagte Julius. Steuern, sie waren für die Reichen, die Herren, und seit Segelfoß ein selbständiges Kirchspiel geworden war, nahmen die Abgaben und Steuern kein Ende. Er wollte die Herren ausrotten helfen, jawohl, er würde den ersten Schuß auf sie abgeben.

Lars Manuelsen hielt es mit seinem Sohne; gegenwärtig fand sich kein Widerspruch in seinem Munde, denn eben jetzt waren die toten Monate ohne Trinkgelder im Anzug, und da war es sehr gut, wenn ihm die Küche im Hotel Larsen offen stand. So kam also Julius zuerst und Julius zuletzt, und Vater und Sohn waren die besten Freunde.

Ein verflixter Kerl, der Julius! Er wußte andere, die hätten mit ihrem Gelde geprahlt, aber Julius, der noch dazu auf Freiersfüßen ging, der verbarg es in seiner Tasche und hatte überdies da und dort Schulden aus lauter ungeheurem Verstand. Nun hätte er doch eigentlich eine Flagge auf dem Hotel haben sollen, die Landungsstelle hatte eine Flagge, der Laden hatte eine Flagge, die Segelfosser Zeitung hatte eine Flagge, aber hatte Julius dazu Geld?

O, er war ein feiger, erbärmlicher Kerl, aber ein durchtriebener Schelm!

Aber nun der Lensmann von Ura, der kein Geld bekommen hatte? O, das war seine eigene Schuld, er verstand Segelfoß nicht mehr, die Krallen mußten gezeigt werden, aber das war dem Lensmann nicht aufgegangen. Ein Mann wie Rechtsanwalt Rasch war nicht leicht zu verstehen. Die Auktionsrechnung auf den Tag bezahlen   gut; aber wenn man nun das Geld nicht hatte? Der Lensmann und seine Frau waren ja sogar vor ein paar Jahren auf der Hochzeit des Rechtsanwalts gewesen, da waren sie doch wohl Mitmenschen, ja Freunde? Wie hatten doch die Zeiten die Menschen verändert! Nachbarn stritten sich um eine Lände; die Arbeiter in der Mühle zeigten einander wegen Überfällen und Messerstechereien auf dem Tanzboden beim Lensmann an; ein Bursche, der weit oben im öden Gebirge Schneehühner gejagt hatte, war wegen unerlaubten Jagens angezeigt worden. Nichts war mehr wie früher. Und jetzt war der Lensmann selber in Gefahr. Als er das letztemal bei Rechtsanwalt Rasch gewesen war, hatte er nicht ganz genaue Rechnung ablegen können, und da war ihm gedroht worden. War so etwas verständlich?

Der Lensmann von Ura hatte leider den größten Teil von den Auktionsgeldern für die Bank eingezogen und sie dann selbst verbraucht. So viel war sicher, er war im Rückstand. Er hatte ja wohl aus früheren Zeiten noch manche gute Forderung ausstehen; aber da er keine Krallen hatte, bekam er nichts. Der Rundgang in seinem Bezirk, den er in den letzten Tagen wie ein gewöhnlicher Kassenbote gemacht hatte, hatte ihm nicht viel anderes als Enttäuschung eingebracht. Es sah düster für ihn aus. Er hatte zwar einen fast fertig gemästeten Ochsen, es wäre jedoch schade, wenn er ihn jetzt, da der Sommer kam, hergeben müßte; aber Herr Holmengraa würde ihn vielleicht kaufen, er war ja immer ein hilfsbereiter Herr. Die paar hundert Kronen würden eine große Hilfe sein. Der Lensmann hatte auch ein prächtiges Pferd, er konnte sich mit einem billigeren begnügen.

Sie sind heute so wortkarg und verdrießlich, Lensmann, sagte Fräulein Mariane im Scherz zu ihm. Was habe ich Ihnen denn getan?

Nur Gutes, heute wie sonst auch, antwortete der Lensmann.

Nein, so bitter und aufgebracht sind Sie, wie ich Sie noch nie gesehen habe, obgleich ich Ihnen meine Freundschaft nicht gekündigt habe, fährt Mariane neckisch fort.

Darauf erwidert der Lensmann nichts, er lächelt nur und schüttelt den Kopf über ihre lustigen Einfälle.

Dann sprechen sie über Verschiedenes, und Mariane ist fortwährend zum Scherzen aufgelegt.

In allernächster Zeit kommt Jung-Willatz, dann werde ich ihm schon sagen, daß er sich nicht auf Sie verlassen soll, sagt der Lensmann nun seinerseits.

Das sollen Sie sich nur einfallen lassen! droht Mariane. Wollen Sie mir den einzigen nehmen, den ich bekommen kann?

Soll in diesem Jahr etwas draus werden? fragt der Lensmann.

Ich weiß es nicht, antwortet sie. Im übrigen haben Sie nichts weiter im Kopf als die Hochzeit, damit Sie dabei sein und die ganze Nacht hindurch rauchen und trinken können. Hahaha, Bummelfritze seid ihr, Sie und Papa.

Kann ich Ihren Vater sprechen?

Damit Sie das, was ich gesagt habe, ausklatschen können? Im übrigen ist Papa noch verdrießlicher als Sie; er muß sich in der Stadt verlobt haben, denn er ist mit einem Ring am Finger heimgekommen.

Ich habe es gehört.

Mit einem komischen Ring, in dem nicht einmal ein Stein sitzt. Ich habe ihm angekündigt, daß ich ihn um keinen einzigen von den meinen eintauschen würde.

Fräulein Mariane, meinen Sie, ich könnte Frau Irgens einen Augenblick sprechen?

Sie sieht ihn rasch an und fragt:

Um was handelt es sich?

Ach, es handelt sich, antwortet er,   nein, es ist nichts, ich möchte nur einen Ochsen verkaufen.

Mariane überlegt, sie sieht den alten Mann lächeln, traut aber diesem Lächeln nur halb. O, Mariane war kein kleines Mädchen, das nichts verstand!

Ist Ihnen dann geholfen? fragt sie.

Er schweigt und sieht sie nur verwundert an. Als sie ihre Frage wiederholt, antwortet er:

Geholfen? Jawohl.

Denn wir brauchen gerade einen Ochsen, sagt sie. Erst heute haben wir wieder davon gesprochen, daß wir uns vielleicht im Bezirk nach Fleisch umsehen müßten. Nun kommt ja Jung-Willatz heim, der meist noch jemand mitbringt; wenn sie dann zum Essen kommen, haben sie alle einen ausgezeichneten Appetit. Und dann kommen Sie auch, Lensmann, und versuchen den Ochsen   jawohl, ich kenne Sie.

Haha! Ich muß lachen, denn Sie sagten geholfen. Der Ochse ist noch nicht ganz fett. Ich könnte ihn bis zum Herbst behalten, aber wenn Sie ihn so notwendig brauchen  

Nun will ich Frau Irgens rufen.

Herr Holmengraa kam nicht zum Vorschein, nein, er war fast für alle unsichtbar, er hielt sich oben in seinem Schlafzimmer auf. Wie vorher machte er auch jetzt noch seinen Gang nach seinem Kontor im Lagerhaus, wo der Lagermeister das Feld seiner Tätigkeit hatte, von da ging er nach der Mühle und dann in den Laderaum. Er begegnete einer Reihe Mehlwagen, die vollbeladen nach dem Landungsplatz fuhren, aber er sprach mit niemand. Nein, er hatte sich eine neue Art zugelegt   wahrhaftig eine gute Art! Er sagte nicht ein Wort zu den Arbeitern, sondern richtete seine Rede nur an Bertel von Sagvika, den Mühlenmeister, und an Ole Johan, den er mit erhöhtem Lohn zum Arbeitervormann gemacht hatte. Das heißt, er sagte auch zu diesen nicht viel, sondern gab seine Befehle in kurzen Worten: Die große Lieferung muß heute abend in das nach Norden gehende Postboot geschafft werden, vergeßt es nicht!   Wir arbeiten schon daran, antwortet Bertel.   Sieh zu, daß alles glatt geht, Ole Johan, du hast ja deine Leute dazu!   Und Ole Johan, der mit der Verantwortung und dem höheren Lohn gewachsen war, arbeitete wie ein rechter Mann. Natürlich war er übermäßig dumm, aber eine Kraft, ein Stier, mit mehligen Kleidern, gutmütig, von gewaltiger Armweite. Er hatte vom ersten Tag an in der Mühle gearbeitet und verstand alle und jede Arbeit; als er Vormann wurde, verwuchs er noch fester mit der Mühle, und selbst am Sonntag ging er hin und betrachtete sie mit einer Art von Mitbesitzergefühl. Wir, sagte er von der Mühle. Wir mahlen Mehl, sagte er von den Mahlgängen. Ja, Ole Johan würde schon machen, daß es glatt ging.

Wenn Herr Holmengraa das Mühlwerk verließ, so ging er gleich wieder nach Hause. Das war die neue Art. Es war, als befolge er einen Rat, den man ihm gegeben hatte, er war angelernt und war ihm selbst wohl langweilig. Sein feiner mit Seide gefütterter Anzug erlaubte ihm nicht, sich frei zu bewegen, das war ihm eine Strafe und eine Plage, und die einsamen Stunden in seinem Schlafzimmer waren ihm höchst unbehaglich. Was sollte er sich vornehmen? Der Frühling war da. Die Erde wurde wieder jung, die ganze Schöpfung wurde wieder verrückt, selbst der alte Mühlenbesitzer fühlte noch einmal das Wunder in sich. Früher war er ein wenig umhergeschlendert in seinen eigenen Häusern und in denen von anderen, je nachdem ihm der Kopf stand, und er hatte auf diese Weise manches plötzliche Abenteuer zustande gebracht, hoho! manches gestohlene Glück, reine Funde. Jetzt war das vorbei, seine neue Art band ihn.

Nein, darüber konnte kein Zweifel herrschen, Herr Holmengraa versuchte es auf eine neue Art. Um sich bei seinen Leuten wieder Achtung zu verschaffen, wollte er sich nicht länger mit ihnen einlassen, sondern sich rar machen, sich vornehm kleiden und sich in gemessener Entfernung halten. Er trug auch den geheimnisvollen Ring am Finger, vielleicht konnte er ihm von Nutzen sein. Seine Leute verstand er, denn er war von Geburt selbst einer von ihnen, ein Emporkömmling aus der Tiefe des Volkes, ein Kenner der Welt, aus der er herstammte. Wenn er früher einem von seinen Arbeitern begegnete, dachte er sofort mit geheimer Angst: Wird er grüßen? Wird er nicht grüßen? Jetzt hatte sich der Zustand gebessert, die Arbeiter griffen nach der Mütze. Das war schon etwas, der Ring und seine neue Art hatten gewirkt, nun galt es, klug zu sein! Wie weit sollte er selbst mit der Erwiderung des Grußes gehen? Vielleicht folgte er auch hier einem Rat: Er wollte nicht eigentlich grüßen, fast nicht die Spur, sondern nicken, und auch fast nicht nicken, sondern den Mann nur erkennend anblicken, an ihm Vorbeigehen und mit anderen Gedanken beschäftigt sein. Am Nachmittag konnte er wohl ein wenig ausgehen, er brauchte das Tageslicht nicht zu scheuen. Manche Leute meinen, es sei am besten, das Tageslicht zu scheuen, das meinte vielleicht Herr Holmengraa nicht, Gott weiß es; aber er hatte sich nicht gescheut, in seinen eigenen Häusern und in denen von andern herumzulungern.

Drunten auf dem Wege fuhren den ganzen Nachmittag hindurch die mit Mehl beladenen Wagen nach dem Landungsplatze. Spät am Abend pfiff dann das Postschiff und legte an. Herr Holmengraa mischte sich nicht darein und sah nicht dort hinunter, durchaus nicht. Es ging auch ohne ihn, sein Lagermeister wirkte überwältigend mit seinen Mehlsäcken, er beaufsichtigte selbst das Einladen, obgleich er einen Angestellten dafür hatte. Und warum trat der Lagermeister so ungewöhnlich auf? Das sagte er niemand, aber nun war Frau Rechtsanwalt Rasch schon bei den drei vorhergehenden Postschiffen am Landungsplatz gewesen und hatte dem Verladen zugesehen, und dreimal hatte der Lagermeister das Laden selbst beaufsichtigt. Jetzt stand sie wieder da, und es war wirklich ein Anblick und ein Erlebnis, wenn der große Lagermeister am Landungsplatz hin und her eilte und mit lauter Stimme Befehle über die Mehlsäcke erteilte. Na, er hatte wenigstens eine gute wohltönende Stimme; vor vielen Jahren hatte er den Segelfosser Gesangverein gegründet und war noch dessen erster Sänger.

Und Frau Rechtsanwalt Rasch   was hatte sie so spät am Landungsplatz zu tun? Sie wollte sehen, ob nicht Jung-Willatz ankäme, das war ihr Zweck. Außer ihr war niemand zu seinem Empfang da, nein, ein Holmsen war nicht mehr groß in Segelfoß; jetzt waren alle groß, und alle waren gleich klein. Natürlich Herr Holmengraa, der war groß, aber sonst niemand mehr, und auch Herr Holmengraa war nicht mehr derselbe wie früher. Als Frau Rasch da am Ufer stand, um den letzten Holmsen zu begrüßen, war sie nur wie ein ganz kleiner Felsen draußen auf der See, ja wie ein Nichts war sie gegen alle die andern. Die Leute hatten jetzt an anderes zu denken, als an sie und ihr Vorhaben. Eben vorhin war die letzte Nummer der Segelfosser Zeitung herausgekommen, und darin stand ein hochgestimmter Artikel über den Pastor L. Lassen; der Artikel stammte wohl von Rechtsanwalt Rasch, denn er war bewunderungswürdig abgefaßt, und im Augenblick unterhielten sich nun die Leute eifrig darüber. Pastor L. Lassen, die Segelfosser Leuchte, hatte angefangen, in das Nachbarland Schweden einzudringen, seine Wissenschaft fuhr weit umher in den Landen, er wurde zweifellos noch Bischof. Und hier in Segelfoß lebten seine alten berühmten Eltern und lasen alles in den Zeitungen über ihren achtbaren Sohn. Bewunderungswürdig abgefaßt, niemand anders als Rechtsanwalt Rasch konnte der Urheber sein, in mehr als einer Beziehung war er wohl der einzige. Und am Schluß stand noch, Herr Theodor Jensen im Laden müßte eigentlich einen Konkurrenten in seinem Handel haben.

Da hatte Rechtsanwalt Rasch einen goldenen Gedanken zur Welt gebracht.

Aber seine Gattin, Frau Rasch, sie stand schmählicherweise doch am Ufer und horchte auf die Stimme des Lagermeisters, ihre Augen waren starr auf das Schiff gerichtet und spähten nach Jung-Willatz aus; etwas anderes hatte keinen Raum in ihrem kleinen Kopf. Und dann kam endlich Jung-Willatz an Land, da kam er wirklich, jung, grau gekleidet und wie jeder andere. Ja, er war natürlich ein reicher und eleganter Mann, was ihm von jeher angelegen gewesen war; seine Lackschuhe waren spitz, die Perle in seinem Schlips hatte einen veilchenblauen Schimmer, sie war nicht von den weißen, die aus Email gemacht werden können, seine Reisekoffer waren auch geradezu gelbe Kleinode; aber er schritt nicht anders aus als andere Menschen, und zu Frau Rasch sagte er Guten Tag! indem er den Handschuh auszog und den Hut abnahm.

Seht, das war kein Einzug, er erregte kein Aufsehen wie sein Vater es nach einer langen Abwesenheit getan hätte. Jung-Willatz, jawohl, in einer Christnacht geboren, einen Stock mit goldenem Knopf unter dem Arm, der Stock übrigens ein feines Erbstück! Aber sonst? Und überdies war er ja ein bekannter Mann im Reiche. Nachdem er seinen Handschuh wieder umständlich angezogen hatte, begrüßte er Julius, der ein Stück entfernt stand, und sagte: Guten Tag, Julius! Das war Julius keineswegs unangenehm. Willkommen daheim! erwiderte Julius und begrüßte den Handschuh. Aber sofort wendete sich Jung-Willatz wieder an Frau Rasch und redete weiter mit ihr in einem leicht scherzhaften Ton.

So sind Sie doch endlich gekommen, sagte Frau Rasch. Wir haben Sie mit jedem Schiff erwartet.

Ich danke Ihnen, liebe Frau Kristine, versetzte er. Sie sind wahrlich die einzige treue Seele der Welt.

Und wenn es jetzt nicht so spät geworden wäre, so hätten Sie zuerst mit zu uns kommen und wenigstens eine Tasse Tee trinken müssen. Warum kommen Sie denn so spät?

Spät? wiederholte er und scherzte göttlich. Ich komme zu Ihnen, Kristine, in dieser späten Stunde. Ich komme zu meiner alten Liebe und flüstere: Laß mich ein! So etwas tut man nicht vor dem Frühstück. Kommen Sie, ich gehe gleich mit.

Und Ihr Gepäck? sagte sie.

Dafür sorgt der Lagermeister.

Ja, aber bei mir   Rasch ist gewiß schon zu Bett gegangen.

Um so besser, wir gehen in die Küche.

Er war also nicht abzuschütteln.

Nun erschien Knecht Martin, der mit Pferd und Wagen kam, das Reisegepäck zu holen. Und dann gingen die beiden miteinander fort: Frau Rasch, eine gutherzige, barhäuptige Frau mit Schal, und Willatz Holmsen vom Hofe Segelfoß, Musiker und Junggeselle, ein Mann, der mit dem Schiff heimgefahren kam, um nach seinem Eigentum zu sehen. Das war kein Einzug.

Die Leute standen noch am Landungsplatz und unterhielten sich miteinander. Das Mehl wurde eingeladen, immer fünfzehn Säcke auf einmal; aber der Lagermeister hatte die Aufsicht abgegeben, seine Stimme war verstummt, denn Frau Rasch war gegangen. Lars Manuelsen ging ab und zu und redete von seinem Sohn und von dem Artikel, der in der Segelfosser Zeitung stand, jedes Wort war ja wahr darin, die Leute durften sich wohl daran erinnern, wer Lassen war und wer seine Eltern waren.

Das war der Willatz, der angekommen ist, sagt Julius, ich habe ihn begrüßt.   Ja, es war der Willatz, sagen die Leute. Er sieht dem Vater ähnlich, er hat keinen Bart. Aber er ist größer von Statur.   Er ist ungefähr von meiner Größe, sagte Julius.   O, Lassen ist viel dicker als einer von euch hier, sagt Lars Manuelsen. Ihr seid nichts gegen ihn!   Lars Manuelsen ging wieder ab und auf, nur von einem in dieser Welt erfüllt: Willatz vom Gut war heute abend angekommen, aber es gab viele Geschäftsreisende, die mehr Geld in der Tasche hatten als er. Ja, lüge ich etwa? Ein Musikante, irdischer Tand und Narrenpossen! Nein, Lassen! Hier ist er umhergegangen und hat als Kind gespielt. Die Leute nannten ihn Lars, auf diesen Wegen ist sein Fuß gegangen, auf allen diesen Klippen und Holmen haben seine Augen geruht. Noch steht die Hütte seiner Kindheit, Vater und Mutter wohnen noch darin. Ach, es war so merkwürdig, an dies alles im Zusammenhang mit Lassen zu denken.

Das Postschiff dampfte ab, es war spät in der Nacht. Auf dem Landungsplatz stehen wohl noch zehn an Per im Laden adressierte Kisten; aber Theodor war nirgends zu sehen. Natürlich waren dies die erwarteten Frühjahrsartikel; aber Theodor zeigte sich nicht, wohl weil es nur zehn Kisten und nicht hundert waren. Julius traf den Ladendiener Kornelius und sagte: Die Haarkämme sind angekommen, zehn Kisten voll.   Du Schafskopf! sagte Kornelius zornig.

Aber in dieser späten Nachtstunde zeigte sich Herr Holmengraa doch draußen. Er hatte wohl einen Drang nach Sonne und Licht, gerade wie andere Menschen, und am Abend, als alle am Landungsplatz unten waren und die Wege sich verlassen zeigten, kam er daherspaziert. Gott mochte wissen, woher er kam, er ging heimwärts. Die Sonne schien.


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