Friedrich Halm
Das Haus an der Veronabrücke
Friedrich Halm

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Ruggiero, der, während das Schicksal seines Neffen zur Entscheidung gipfelte, längst im voraus wohl erwogen hatte, wie dieser letzteren die seinem Zwecke dienlichste Wendung zu geben wäre, erwiderte hierauf nach kurzem Bedenken in wohlgesetzter Rede: Er seinerseits, das müßten Gott im Himmel und die Menschen auf Erden, insbesondere aber seine lieben Freunde und Nachbarn zu Venedig ihm bezeugen, habe es seit Wochen und Monaten weder an Mühe, Zeit noch Geld, weder an Bitten und Ermahnungen, noch an Verweisen und Drohungen fehlen lassen, um seinen Neffen seinen traurigen Verirrungen zu entreißen, allein alle seine Anstrengungen seien nicht nur völlig fruchtlos geblieben, sondern sein Neffe habe sie im Gegenteil mit so hartnäckigem Trotze, so bitterem Undanke vergolten, daß er als ehrlicher Mann nicht wagen dürfe, die ihm zugemutete Bürgschaft für sein künftiges Wohlergehen zu übernehmen. Andererseits könne er nicht leugnen, daß es sowohl ihm selbst als den mit ihm vielfach verwandten Adelsgeschlechtern Venedigs zum tiefen Schmerze und zur empfindlichsten Kränkung gereichen müßte, wenn durch eine gerichtliche Verfolgung seines Neffen der edle Name der Malgrati verunehrt und geschändet würde. Bei diesen Umständen und bei dem Vertrauen, das ihm das hohe Tribunal dadurch bewiesen, daß es in dieser Angelegenheit ihn vorläufig zu Rate zu ziehen gewürdigt habe, wage er zur möglichst schonenden Entwirrung dieser peinlichen Verhältnisse folgendes vorzuschlagen: er seinerseits wolle allen von seinem Neffen Anselmo sowohl der Republik und deren Anstalten, als der Kirche und einzelnen Bürgern erweislich zugefügten Schaden aus seinem Säckel ersetzen und vergüten; dagegen möge das hohe Tribunal diesen seinen Neffen aus Rücksicht für ihn, seinen unschuldigen Namensgenossen, zwar von der Schmach gerichtlicher Ahndung seiner Vergehen loszählen, ihn aber gleichwohl, da nur noch von der Anwendung der strengsten Maßregeln eine Besserung des verstockten Sünders zu erwarten wäre, einer väterlichen Züchtigung unterwerfen, und ihn durch längere oder kürzere Zeit in gefänglicher Haft halten, was ihn ohne Zweifel endlich zur Einsicht seiner Fehler und zur Rückkehr auf den Pfad des Rechts und der Ehre bewegen würde. Dieser ganz mit den von dem Rate der Zehn bisher unwandelbar befolgten Regierungsgrundsätzen übereinstimmende Vorschlag wurde denn auch von dem Tribunal nicht nur beifällig gutgeheißen, sondern auch augenblicklich in Vollzug gesetzt, so daß noch desselben Tages Anselmo bei Nacht und Nebel aufgehoben und dann von Sbirren des Messer grande ohne richterliches Verhör und Urteil nach Malghera, einem gegen Mestre hin einsam aus den Lagunen emporragenden Wachtturme, gebracht wurde, woselbst die väterliche Fürsorge des Tribunals ihn zu seiner Besserung drei Monate gefangen zu halten beschlossen hatte.

Ruggiero, des Gelingens seiner Pläne nun vollkommen versichert und gewiß, den von Malghera zurückkehrenden Anselmo völlig gebrochen und zerknirscht und zu allem willig zu finden, was er mit ihm verfügen würde, ergab sich der Freude über diese Wendung der Dinge mit derselben fieberhaften Aufregung, mit der er früher gegen die Hindernisse, die der Erfüllung seiner Wünsche im Wege standen, angekämpft hatte und würde dadurch Ambrosia in die lebhafteste Unruhe versetzt haben, wenn nicht gleichzeitig seine Gesundheitsumstände sich wesentlich gebessert und sein Gang, wie seine Haltung beinahe die frühere Spannkraft wiedergewonnen hätten. Da dies jedoch der Fall war, so nahm sie zwar nicht ohne ein unheimliches Gefühl, aber doch mehr erstaunt als besorgt, die wunderlichen Selbstgespräche und die seltsamen, die verschiedensten Gegenstände berührenden und wieder abspringenden Reden ihres Gatten hin, wenn er mit funkelnden Augen und hochgeröteten Wangen im Gemache auf und nieder ging, und heftig die Hände hin und her werfend bald von seinen Plänen für die Zukunft Anselmos, bald von den Einrichtungen sprach, die er dem Hause an der Veronabrücke zu geben beschlossen hatte. Die Herstellungsarbeiten an diesem letzteren waren der Vollendung nahe; die Fenster waren mit kunstreicher Glasmalerei geschmückt, der Estrich der Gemächer mit orientalischen Teppichen belegt, die Wände mit köstlichen französischen Hautelisse und Ledertapeten aus Arras behangen und mit Gemälden Tizians und seiner Schüler bedeckt und das alte Hausgeräte durch neueres, geschmackvolleres ersetzt: aber nicht nur im Innern, auch von außen hatte der alte Bau wichtige Veränderungen erfahren, ja, mit Ausnahme der Porphyrsäulen an den Spitzbogenfenstern der Vorderseite des Hauses, den marmornen Balustraden der Balkone und des in einigen Gemächern angebrachten, mit kunstvollem Schnitzwerk versehenen Holzgetäfels war eigentlich vom Dachfirst bis zur Haustür nichts unverrückt an seiner Stelle geblieben, und Ruggiero, als er gegen Ende des dritten Monats der Gefangenschaft Anselmos in Malghera die Räume des alten Hauses durchschritt, hatte nur noch die Stunde herbeizuwünschen, die durch die Bekehrung des Neffen zu seinen Plänen sein Werk krönen sollte. Endlich schlug ihm diese heißersehnte Stunde; der Rat der Zehn hatte nach Ablauf der Bußzeit Anselmos dessen unmittelbare Übergabe in die Hände seines Oheims angeordnet, und dieser hatte ihn in dem Hause an der Veronabrücke zu empfangen beschlossen, damit die Fülle des Glanzes und der Bequemlichkeiten des wohleingerichteten Hauses den durch die Entbehrungen harter Gefangenschaft gedemütigten Neffen um so leichter bewege, auf das idyllische Glück stiller Häuslichkeit einzugehen, das Ruggiero ihm wiederholt aufzudringen gedachte.

Der feuchte, schwere Nebel eines grauen Wintermorgens hing über den Lagunen Venedigs und machte die weiten Räume des Hauses an der Veronabrücke noch trüber und dunkler, als sie gewöhnlich waren, als Anselmo, von Malghera herübergebracht und dem Befehle des Tribunals gemäß von Messer grande der Obhut seines Oheims übergeben, auf der Schwelle des glänzenden Gemaches erschien, in dem Ruggiero ungeduldig auf und nieder schreitend ihn erwartete. Als die Türe sich öffnete, war dieser letztere mit würdevoller, dem Ernste des Augenblicks entsprechender Haltung dem Neffen entgegengetreten, allein bei dem ersten Blick auf den Eintretenden wich er unwillkürlich einige Schritte zurück. Abgemagert, hohlwangig, die dürren Glieder wie von Fieberfrost geschüttelt, wankte ihm eine Schattengestalt entgegen, die nur aus dem stechenden Blicke des dunklen Auges und dem eigentümlichen Lächeln, das um die dürren Lippen spielte, als Anselmo, als der Anselmo zu erkennen war, der noch vor wenig Wochen im vollen Schmucke männlicher Schönheit aller Augen auch sich zog und die Jugend Venedigs, wie Mondlicht das Glimmern von Leuchtkäfern, überstrahlte. Nun flogen Haar und Bart wirr und struppig um seine gelben Wangen; seine Kleider, dieselben, in denen er verhaftet worden, und die seitdem nicht von seinem Leibe gekommen waren, hingen verwahrlost, schmutzig und zerrissen um seine Glieder, und seine zitternden Hände langten krampfhaft nach der Lehne eines Stuhles, um sich aufrecht zu erhalten. Ruggiero hatte nach einer Pause peinlichen Stillschweigens sich soweit gesammelt, daß er den Neffen begrüßen und ihn mit ernsten, aber freundlichen Worten ermahnen konnte, durch die Leiden der Vergangenheit belehrt, gleichsam ein neugeborener Mensch, beherzt einer besseren Zukunft entgegenzuschreiten, als Anselmo plötzlich zusammenbrechend auf den Stuhl hinsank und mit erlöschender Stimme dem Oheim zurief: »Wein, schafft mir Wein, oder ich verschmachte!« Ruggiero, durch den Zustand des Neffen ernstlich beunruhigt, rief ängstlich nach seinen Dienern, traf Anstalt, den Halbohnmächtigen zu Bette zu bringen, und wollte nach Ärzten senden; erst als Anselmo, nachdem er hastig einige Becher Weines hinabgestürzt hatte, sich wieder gekräftigt zeigte und alle ärztliche Hilfe ablehnte, gab er sich allmählich zufrieden und kam zuletzt, den Faden des abgebrochenen Gespräches wieder aufnehmend, auf die Wünsche zurück, die er stets für die Zukunft des Neffen gehegt habe und die dieser, so hoffe er zuversichtlich, nun endlich mit ihm teilen würde. »Meine Wünsche,« sagte Anselmo, von dem vor ihm stehenden Korbe mit Kuchen und Backwerk aufblickend, von denen er gierig wie von lange entbehrten Leckerbissen gegessen hatte, »meine Wünsche sind für jetzt nur zwei: einmal den Schurken zu kennen, der mich in den Turm von Malghera stecken ließ; denn nicht Gesetz und richterliches Urteil, sondern Willkür und Gewalttat haben mich dort festgehalten, dann aber diesem Schurken das Messer bis in den Wanst zu bohren, soweit die Klinge reicht! Das sind meine Wünsche!« Und damit warf er das Messer, mit dem er eben ein Stück Kuchen zerschnitten hatte, auf den Tisch hin, daß es klirrend zwischen Kanne und Becher hinfahrend auf den Teppich vor Ruggieros Füße fiel. Dieser, nicht wenig betroffen über eine so unerwartete Äußerung, die Anselmo noch überdies mit einem flammenden Blicke unsäglichen Ingrimms begleitet hatte, bemühte sich, seinem ungebärdigen Gaste auseinanderzusetzen, daß er das von dem Tribunal gegen ihn eingehaltene Verfahren vielmehr als einen Beweis seiner Schonung und Milde zu betrachten habe, indem gerichtliche Verfolgung nicht nur den Namen Malgrati überhaupt mit unaustilgbarer Schande befleckt, sondern auch insbesondere ihm selbst jede standesgemäße eheliche Verbindung erschwert, wo nicht unmöglich gemacht haben würde; zu einer solchen müsse er sich aber nun doch wohl endlich entschließen, wäre es auch nur, damit sein für seine Wohlfahrt so zärtlich besorgter Oheim die Räume des Hauses, in dem sie sich befänden, nicht umsonst für seinen Haushalt eingerichtet habe. Und damit gewährte er, rasch die beiden Flügel der nahen Türe öffnend, ihm den Anblick einer langen Reihe von Gemächern, die, von Samt und Seide, kostbaren Tapeten und noch köstlicheren Gemälden strotzend, in fast märchenhaftem Glanze funkelten und leuchteten. Anselmo aber, alle die Herrlichkeiten kaum eines flüchtigen Blickes würdigend, griff nach dem Becher, den er eben aufs neue gefüllt hatte und sagte: »In der Tat ein schmucker Käfigt, aber doch ein Käfigt! Ein goldenes Haus, aber die Freiheit ist noch goldener! Ihr freilich versteht das nicht, alter Herr! Sitzt nur erst drei Monate im Turm von Malghera, dann werdet Ihr wissen, was Freiheit sagen will! Rosenketten, goldene Ketten, zum Teufel mit allem, was Kette ist! Die Freiheit über alles! Hoch die Freiheit! und damit stürzte er rasch den Becher hinunter. Ruggiero, wenig erbaut von der Wendung, die das Gespräch zu nehmen schien, schritt zur Türe, winkte aus dem Vorzimmer einen der Diener herbei und hieß ihn Kanne und Becher wegnehmen, da die Lebensgeister seines Neffen, wie er sagte, hinreichend erfrischt wären. Als der Diener aber sich wieder entfernt hatte, hieß er Anselmo ihm in eines der anstoßenden Gemächer folgen, wo ein für dessen künftige Braut bestimmter Juwelenschmuck, Perlenhalsbänder, Armringe und andere Kostbarkeiten zur Schau lagen, während aus einem Elfenbeinkästchen kunstvoller Arbeit Goldmünzen jeder Größe und jedes Gepräges hervorblitzten. »Kommt zur Besinnung,« wandte sich hier Ruggiero, auf sein Rohr gestützt, zu seinem Neffen, »kommt zur Besinnung, Anselmo, und stellt Euch nicht an, als ob Ihr die Unabhängigkeit des Bettlers dem Zwange vorziehen könntet, dem Ihr Euch zu unterwerfen habt, um Reichtum zu erwerben und zu besitzen wie diesen. Begreift, daß Ihr Euch verdienen müßt, mein Erbe zu werden. Ich bin ein alter Mann, und Ihr werdet nicht lange zu warten haben.« Auf diese Worte, deren Gewicht Ruggiero noch dadurch zu verstärken suchte, daß er in das Elfenbeinkästchen griff und die Goldstücke klingend und klirrend durch seine Hände laufen ließ, erwiderte jedoch Anselmo, indem seine weingeröteten Wangen sich zu einem häßlichen Lächeln verzogen: »Oho, alter Herr, meint Ihr, das Lagunenfieber, das mir die Sumpfluft Malgheras in die Glieder jagte, habe auch mein Gehirn rein aufgezehrt, oder glaubt Ihr, ich könne, weil ich in Lumpen vor Euch stehe, vergessen, wer Ihr seid und was ich bin? Ihr seid mein Oheim und ich, der letzte Malgrati, bin Euer Erbe durch eigenes Recht, nicht durch Eure Gnade Euer Erbe; denn, wenn Ihr gleich vermählt seid, Eure schlotternden Lenden werden keinen Sohn mehr in die Welt setzen, und Base Ambrosia in ihrer fischblütigen Tugend schaudert Gott sei Dank vor dem Gedanken, Euch anderwärtig einen zu verschaffen. Gebt Euch nur drein, alter Herr! Was Ihr habt, ist mein, wenn Ihr absegelt, und eher wollt' ich mich bei Messer grande als Sbirre verdingen, als mir erst noch die Mühe zu geben, es zu verdienen.«

Anselmo hatte kaum diese Worte gesprochen, als Ruggiero, dem das Blut in allen Adern zu sieden begann, mit hochgeröteten Wangen und zornfunkelnden Augen mit einem dumpfen Schrei der Wut auf ihn losfuhr; aber ehe er noch den unverschämten Gesellen erreicht hatte, der indes ganz unbefangen an den Juwelenschrank getreten war und ein kostbares Armband vor sich hinhaltend, sich an dem Schillern seiner Steine ergötzte, hielt er plötzlich inne, fuhr sich mit der Hand über die Stirne und wandte sich, die Lippen fest übereinander gebissen, ans Fenster. Er hatte begriffen, daß er sich in Beziehung auf die Gemütsstimmung, die sein Neffe von Malghera heimbringen würde, arg verrechnet habe, und daß der ungezügelte Ausbruch seines gerechten Zornes die Erfüllung seiner so mühevoll vorbereiteten, ihm allmählich zum Lebensziele gewordenen Pläne auf immer vereiteln würde. Alle Macht seiner Willenskraft aufbietend, gelang es ihm auch wirklich, den Sturm seiner Seele soweit zu beschwören, daß er nach einigen Augenblicken sich gelassen zu Anselmo wenden und, obgleich mit bebenden Lippen und zitternder Stimme, hinwerfen konnte, für den Augenblick wolle er sich alles Streites mit seinem Neffen begeben, der vor allem sorgsamer Pflege und erquickender Ruhe bedürfe, und da er diese beiden wohl am besten und sichersten in seinem Hause und unter der Obhut seiner Base finden würde, so lade er ihn ein, einstweilen ihr Hausgenosse zu werden; vielleicht, setzte er mit einem mühsamen Lächeln hinzu, werde der Umgang mit einer ehrbaren, sanften und pflichtgetreuen Hausfrau wie Ambrosia ihn von seiner seltsamen Ehescheu heilen und zur Erkenntnis seines wahren Vorteils bringen. Anselmo jedoch, in ein schallendes Gelächter ausbrechend, erwiderte hierauf, indem er Ruggiero vertraulich auf die Schulter klopfte: »Nichts da, alter Herr! Gebt mir ein Stück Geldes und laßt mich laufen, wohin mir's gefällt und mich leben, wie mir's zusagt. Ich will weder in einem Käfigt noch in eine Kostschule mich stecken lassen, weder Eure Sittenpredigten anhören, noch Eure Dame die Nase rümpfen sehen, wenn ich mit irgendeinem Zöpfchen ein lustiges Stückchen angebe! Wie, oder meint Ihr etwa, ich sollte wie ein eben vom Neste geflogener Starmatz mich an Frau Ambrosia anmachen und Euch zu meinem eigenen Nachteil einen Erben aus dem Blute der Malgrati verschaffen?«

Das leichtfertige Wort war kaum den Lippen Anselmos entschlüpft, als auch schon Ruggiero im vollen Ausbruche übermächtigen Zornes mit einem Tigersprunge auf ihn zufuhr und ihn bei der Brust fassend, keuchend und atemlos mit wutheiserer Stimme die Worte hervorstieß: »Schamloser Bube! wagst du mit dem Pestqualm deines Atems den Spiegel solcher Ehren anzuhauchen! Kröte, soll ich dich wieder nach Malghera hinausschicken und unter deinesgleichen verfaulen lassen?« und damit schwang er mit zornbebender Hand drohend sein Rohr über Anselmos Scheitel. Dieser aber hatte im selben Augenblick es ihm entwunden, mit nervigen Armen den vergebens sich Sträubenden umschlungen und mit einem kräftigen Ruck ihn zu Boden gerissen. »Du also bist es, Verräter,« schrie er, indem blaß bis in die Lippen mit hochgeschwungenem Rohre drohend über ihn gebeugt dastand; »du bist es, der mich ohne Recht und Urteil in jenem Sumpfloche verkommen ließ! Dachte ich es doch gleich, du scheinheiliger Sauertopf, und stände nicht mein Erbe auf dem Spiel, bei allen Teufeln der Hölle, ich spießte dich dafür mit deinem eigenen Degen an den Boden wie eine Ratte. Aber darf ich dir nicht kaltes Eisen zu verkosten geben, ungebrannte Asche wird dir nicht schaden!« Und damit führte er mit dem Rohr einige derbe Schläge auf die Schultern und den Nacken Ruggieros, der regungslos mit geschlossenen Augen zu seinen Füßen hingestreckt, nur durch das stoßweise Atemholen der krampfhaft sich hebenden Brust noch Leben verriet. – »So,« rief endlich Anselmo, das Rohr hinwerfend, »nun bist du bezahlt, greiser Schurke, und nun geh hin und laß dich sobald als möglich begraben, damit ich zu meinem Erbe komme! Denn ich bin dein Erbe, hörst du! Ich bin es und bleibe es, Gott selbst kann es nicht hindern!« So sprechend sprang er zu dem Elfenbeinkästchen, füllte seine Taschen mit Gold und verließ das Gemach. Im Vorzimmer hieß er die Diener ihrem Herrn beispringen, den eine Ohnmacht angewandelt habe; er selbst eile Ärzte herbeizuschaffen, sagte er, und damit stürzte er aus dem Hause, warf sich in eine Gondel und schlug zu Mestre angelangt die Straße nach Ferrara und Rom ein.


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