Friedrich Halm
Das Haus an der Veronabrücke
Friedrich Halm

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Die Gesundheit des alten Kriegsmannes, durch Ruhe und Landluft scheinbar gekräftigt, im stillen aber vielleicht eben durch den zu raschen Übergang von einem Leben voll Anstrengung und Beschwerden in einen Zustand völliger Untätigkeit erschüttert und untergraben, schien nämlich plötzlich erst vorübergehenden, bald aber vielerlei ernsten und immer bedenklicher auftretenden Störungen erliegen zu wollen; alte Wunden begannen aufzubrechen, und nachdem böswillige Fieber monatelang ihre Heilung verzögert hatten, drohten wütende Anfälle von Gicht und Zipperlein vollends aufzuzehren, was Schüttelfrost und Fieberhitze dem Kranken an Lebenskraft noch übrig gelassen hatten. Nur der unermüdeten Pflege Ambrosias, der treuen Sorgfalt, mit der sie jede Regung des Kranken bewachte, jedem seiner Bedürfnisse entgegen kam, nur dem Übergewicht, das sie allein den Ausbrüchen seiner Ungeduld, dem Aprilwetter ähnlichen Wechsel seiner Laune gegenüber zu behaupten wußte, hatte Ruggiero es zu verdanken, daß er von dem Krankenlager wieder erstand, an das ihn schweres Siechtum mondelang gefesselt hielt. Der beste Teil seiner Kraft war gleichwohl unwiederbringlich dahingeschwunden; der rüstige, in allen seinen Bewegungen rasche, stets drall und aufrecht einherschreitende Graukopf, war zum kahlköpfigen, gebückt am Stabe hinschwankenden Greise geworden, und was noch schlimmer war, wie der Körper seine Spannkraft, so hatte auch sein Geist das kaum durch Ambrosias Einfluß gewonnen Gleichgewicht eingebüßt, und Launenhaftigkeit, grämlicher Mißmut und wild aufbrausender Jähzorn gewannen wieder ihre alte Herrschaft über Ruggieros Gemüt. Ambrosia konnte unter diesen Umständen die Fortsetzung ihres Landaufenthaltes bei der gänzlichen Vereinsamung, die er namentlich in den Wintermonaten ihnen auferlegte, für den Seelenzustand ihres Gemahls nicht mehr für zuträglich erachten, und sparte daher keine Mühe, ihn zur Rückkehr nach Venedig zu bewegen, wo Zerstreuungen aller Art Gelegenheit darboten, die krankhafte Aufregung seines Geistes nach außen hin abzuleiten. In dieser Ansicht und in diesen Bestrebungen wurde sie ganz unerwartet durch die übeln Nachrichten bestärkt, die um diese Zeit aus Venedig von dem Neffen Ruggieros einliefen, der nach Beendigung seiner Studien diese Stadt zum Schauplatz seiner Taten erwählt hatte und daselbst Beweise so bodenlosen Leichtsinns, so wahnsinniger Verschwendung lieferte, als ob er alle Lebenslust, um die ihn seine Schwäche und Kränklichkeit in früheren Jahren gebracht hatte, nun auf einmal im Zeitraum weniger Monate hätte einbringen wollen. Wenn nun auch bei dieser Lebensweise des jungen Mannes und bei dessen gleichmäßigem Losstürmen auf seine Gesundheit wie auf seinen Beutel die erstere für den Augenblick sich eisern und unzerstörbar bewies, so war doch aus dem letzteren gar bald der letzte Rest des kargen, väterlichen Erbes in die Lüfte hingeschwunden. Der tolle Wüstling stürzte sich nun den Kopf vor, in sinnlose Schulden, und es fanden sich Geldmäkler und Wucherer genug, die ihm für schwere Zinsen und auf den Namen des reichen Oheims hin bedeutende Summen vorstreckten; da aber die geborgten Beträge niemals berichtigt, die bedungenen Abschlagszahlungen niemals eingehalten, und im Gegenteil Woche für Woche neue Schulden der Reihe der alten hinzugefügt wurden, so kam es endlich dahin, daß Messer Ruggiero von beiden Teilen, von dem verschwenderischen Neffen mit den flehentlichen Bitten, von dessen beunruhigten Gläubigern mit der Drohung, den letzten Sprossen des Hauses Malgrati in den Schuldturm werfen zu lassen, um seine Vermittlung in dieser Angelegenheit, das heißt, um Bezahlung der Schulden Anselmos bestürmt wurde. Ambrosia hatte die ersten Forderungen dieser Art bei ihrem Gemahl befürwortet und unterstützt; als dieselben aber sich immer wieder erneuerten, und die Sache immer ernster sich anließ, benützte sie diese Wendung der Dinge als einen Hebel mehr, um Ruggiero zur Rückkehr nach Venedig zu bewegen, der denn auch mit minderem Widerstreben, als sie erwartet hatte, zuletzt ihrem Wunsche entsprach.

Nach Venedig zurückgekehrt, bezog Messer Ruggiero mit seiner Gemahlin ein wohnliches, am Canal grande gelegenes Haus, das er vor kurzem erkauft und fürstlich eingerichtet hatte. Die nächste Veranlassung zu diesem Schritte lag allerdings in dem Wunsche, künftig einen belebteren Stadtteil zu bewohnen und Ambrosien die schmerzlichen Empfindungen zu ersparen, die sie bei der Heimkehr in das alte finstere Haus an der Veronabrücke bestürmt haben würden! allein auch der längst im stillen in Ruggiero herangereifte Entschluß, dieses letztere einem andern Zwecke zu widmen, war hierbei nicht ohne Einfluß geblieben. Ruggiero nämlich hatte von dem Augenblicke an, als der früher schwächliche und scheinbar dem Tode verfallene Anselmo zum lebenskräftigen Jüngling sich entwickelt hatte, seine eheliche Verbindung mit Ambrosia gewissermaßen als ein seinem Neffen zugefügtes Unrecht empfunden, da ein aus dieser Ehe hervorgegangener Sohn denselben um den Besitz der Familiengüter gebracht haben würde. Dieses Ereignis war zwar bisher nicht eingetreten, da jedoch Ruggiero gleich bei seiner Verehelichung darauf bedacht war, dereinst seiner Witwe ein ansehnliches Vermögen zu sichern, und alle von seinem Bruder ihm zugefallenen Kapitalien und Schuldforderungen hierzu gewidmet, ja selbst zu diesem Behufe einen Teil der Familiengüter belastet hatte, wodurch seinem Neffen auch im besten Falle immerhin ein nicht unbedeutender Teil seines dereinstigen Nachlasses entging, so hielt er sich um so mehr für verpflichtet, demselben nicht nur in seiner gegenwärtigen Bedrängnis zu Hilfe zu kommen, sondern auch dafür zu sorgen, daß er sobald als möglich und für immer dem Taumel wüster Schwelgerei entrissen werde. In dieser letzteren Beziehung erschien dem Gemahl der schönen Ambrosia, der des veredelnden Einflusses recht wohl sich bewußt war, die seine Ehe auf sein eigenes Gemüt geübt hatte, kein Mittel so zweckmäßig und sicher zum Ziele führend, als das eine, seinen Neffen durch eine glückliche Heirat gleicher Vorteile teilhaftig zu machen, und kaum hätte Ruggiero zur Rückkehr nach Venedig sich wo willfährig gezeigt, wenn nicht der Wunsch, Anselmo zu einem eigenen Haushalte zu verhelfen und ihm zu diesem Behufe das Haus an der Veronabrücke einzuräumen, die Bitten Ambrosias so nachdrücklich unterstützt hätte.

Ruggiero fand jedoch zu Venedig, woselbst er, kaum angekommen, unverzüglich die Herstellungsarbeiten in dem Hause an der Veronabrücke in Angriff nehmen und mit allem Eifer betreiben ließ, die Lage der Dinge wesentlich verändert und seinen Neffen viel weniger geneigt, auf die wohlgemeinten Vorschläge des Oheims einzugehen, als dieser erwarten durfte. Anselmo hatte in seiner Bedrängnis sich den damals in Venedig eben eingebürgerten Glücksspielen, die mit Würfeln oder mit Karten mitunter auf offenem Markte betrieben wurden, um so rücksichtsloser hingegeben, als der Zufall seine ersten Schritte auf dieser Bahn so entschieden begünstigte, daß er nicht nur seinen dringendsten Gläubigern gerecht werden konnte, sondern auch noch Mittel fand, seine Stellung als den Mittelpunkt eines Haufens gleichgesinnter junger Patrizier und der ihn, wie Rabe und Geier den verendenden Hirsch, umkreisenden Schar wüster Raufbolde, falscher Spieler und anderer Glücksritter auf das glänzendste zu behaupten. Vergebens führte Ruggiero dem verwilderten Burschen erst in ruhiger Milde, später mit immer zunehmender, bis zum Zorne gesteigerter Heftigkeit zu Gemüte, wie wenig auf die Laune des Glückes zu rechnen, wie Spielgewinn nur der Lockvogel der Hölle und der Vorbote sicheren Verderbens sei; vergebens beschwor er ihn, seiner edlen Abkunft, seines guten Leumundes, seines redlichen Vaters zu gedenken, dessen Namen er noch im Grabe schände: er predigte tauben Ohren, ja im Taumel des Glücks, das ihn damals wie sein Schoßkind auf den Armen trug, wagte der lockere Geselle den greisen, wohlmeinenden Oheim mit Redensarten wie: Jugend habe keine Tugend! Junger Wein müsse gären! Glück sei wie Eisen und müsse geschmiedet werden, solange es warm wäre! abzufertigen, oder wohl gar hinzuwerfen: Es ertrinke nicht gleich jeder, der ins Wasser gehe, und wessen Hilfe man nicht begehre, der möge nur mit seinem Rate haushalten! Ließ aber Ruggiero ab und zu den Wunsch durchblicken, ihn verheiratet und in der Stille eines geregelten Hauswesens wie in einem sichern Hafen geborgen zu sehen, so war vollends der Spöttereien kein Ende. Ob ihn des armen Gänschens nicht daure, frug er, das er jetzt in seine Krallen zu liefern gedächte? Warum er so eile? Noch in zwanzig Jahren würde sich irgendein frommer Unschuldsengel mit den Resten seiner Jugend hochbeglückt fühlen! Es gehe ihm mit der Ehe wie mit dem Geflügel; für jetzt ziehe er wilde Zugvögel dem zahmen Federvieh vor; er schätze übrigens auch ehrbare Frauen, wie sie es verdienten, aber für seinen Bedarf genügten einstweilen die seiner Freunde! Ruggiero, durch solche Äußerungen aufs tiefste verletzt und erbittert, war nach manchem heftigen Wortwechsel im wilden Ausbruch seines Zornes nahe daran gewesen, die Herstellungsarbeiten in dem Hause in der Veronabrücke einzustellen und von seinem ungeratenen Neffen für immer sich loszusagen, doch Ambrosias begütigende Fürsprache und die sichere Hoffnung, Anselmo, wenn nur sein Spielglück einmal umschlüge, nachgiebiger zu finden, hielt ihn bei seinem Vorsatze fest.

In der Tat rechtfertigte der Erfolg nur zu bald seine Erwartungen: die Würfel, die so lange und beharrlich für Anselmo gefallen waren, begünstigten plötzlich mit derselben Beharrlichkeit seine Gegner, und der verwegene Spieler, der dem Glück seine früheren freiwilligen Gaben nun mit Gewalt abtrotzen wollte, geriet bald aufs neue und um so tiefer in die alte Bedrängnis, je länger sein Stolz sich sträubte, vor dem früher verspotteten Oheim sich zu demütigen und seine Hilfeleistung in Anspruch zu nehmen. Zuletzt mußte der saure Schritt denn doch getan werden; gleichwohl verweigerte Anselmo auch dann noch, auf die Heiratspläne des Oheims einzugehen; er sei noch zu jung, sagte er, in den Sarg Ehebett verschossen und in die Totengruft Häuslichkeit versenkt zu werden; niemand lasse sich gerne lebendig begraben, und wenn er schon jetzt die größte aller Torheiten beginge, welche blieben ihm im reiferen Alter noch zu begehen übrig! Ruggiero jedoch, der die mißliche Lage Anselmos diesmal besser zu benützen und dem Trotzkopf seine Abhängigkeit von der Großmut seines Oheims allmählich begreiflich zu machen beschlossen hatte, stellte sich erst an, als ob er mit den Angelegenheiten seines Neffen durchaus nichts mehr zu schaffen haben wollte, gab ihm dann bei dessen erneutem Andringen zu erwägen, wie oft er ihm bereits seine hilfreiche Hand geboten hätte, und von welchem Erfolge seine Bemühungen gewesen wären, beklagte sich dabei bitter über den Leichtsinn, mit dem er seine Ratschläge und Ermahnungen mißgeachtet hätte, versprach endlich widerstrebend und widerwillig, zu helfen, und tat es auch, aber erst auf wiederholte Mahnungen und auch dann noch kärglich und ungenügend, so daß die Bitten immer wieder erneuert und die Gewährung mit der Hinnahme neuer Ratschläge und Zurechtweisungen erkauft werden mußte. Dieses Verfahren aber, statt wie Ruggiero gehofft hatte, den Starrsinn Anselmos zu beugen, hatte nur die Wirkung, den ohnehin durch die Schwierigkeit seiner Lage gereizten und an und für sich sehr hochfahrenden jungen Mann vollends zu erbittern und zu noch frecherer Unverschämtheit aufzustacheln.

Was er bisher von dem Wohlwollen des Oheims erfleht hatte, begann er nunmehr als eine Forderung der Billigkeit, ja des Rechtes in Anspruch zu nehmen. Was er verlange, wäre nichts als ein Vorschuß von seinem künftigen Erbe; denn er, das werde sein Oheim nicht leugnen, sei nach seinem Tode sein Nachfolger im Besitze der Familiengüter! Ob er ihm diese Abschlagszahlung verweigern, ob er ihm auf die Gefahr hin, Schimpf und Schande auf das Wappenschild der Malgrati zu häufen, vorenthalten wolle, was er doch nicht mit sich ins Grab nehmen könne? Ob er auch noch dieses Unrecht auf sich laden wolle? Ob er nicht einsehe, daß er ihn ohnehin, durch das Vermögen, das er im voraus für seine Witwe ansammle, empfindlich genug beeinträchtige, und ob er nicht gutzumachen gedenke, daß er ihn eigentlich ganz und gar um Erbe, um Zukunft und Leben betrogen und bestohlen haben würde, wenn nicht der Himmel, weiser und gerechter als ein altersschwacher verliebter Graubart, ihn seinerseits um die Hoffnung des Kindersegens aus seiner törichten Ehe betrogen, und auf diese Weise ihm, dem Neffen, erhalten hätte, was von Gottes und Rechts wegen sein wäre!

Ruggiero, von diesen Worten wie mit einem Keulenschlage getroffen, würde sie zu jeder andern Zeit mit der ganzen rasenden Wut lang zurückgehaltenen, aber endlich Dämme und Schleußen durchbrechenden Zornes beantwortet haben; allein durch den hartnäckigen Widerstand Anselmos auf die Erreichung seiner Zwecke immer erpichter geworden, und begreifend, daß hier nur hartnäckige Ausdauer, nicht übersprudelnde Hitze siegen könne, unterdrückte er mit riesiger Anstrengung das Aufwallen seines wildempörten Blutes und erwiderte gelassen und ruhig: Gott, der Anselmo so gnädig für die Zukunft erhalten, was sein wäre, werde in seiner Weisheit wohl auch die Mittel finden, ihn seiner gegenwärtigen Bedrängnis zu entziehen; er seinerseits gedenke, was für den Augenblick unleugbar sein eigen sei, einstweilen auch ausschließlich für sich zu behalten, statt es ebensogut wie in den Schlamm der Lagune in den Pfuhl so unerhörten Leichtsinns, in den Abgrund so schamlosen Undankes zu versenken, wie unter Tausenden nur sein Herz sie zur Schau trüge! Und damit wies er ihm ein für allemal die Türe und wankte taumelnd und unsichern Schrittes die Flur entlang dem Gemach Ambrosias zu, wo er zitternd vor Zorn und knirschend vor unterdrückter Wut kaum Worte fand, der Gattin, was ihm widerfahren, zu berichten.

Ambrosia, deren reines, unbefangenes Gemüt weder dem Neffen so hartnäckiges Beharren in seinen Verirrungen, noch dem Oheim solchen Feuereifer, ihn denselben zu entreißen, zugetraut hatte, wußte dem Gange der Ereignisse gegenüber kaum, wozu sie sich entscheiden, ob sie die traurige Lage des nun jeder Stütze beraubten Anselmo beklagen, oder sich für Ruggiero des völligen Bruches mit dem unverbesserlichen Wüstling erfreuen sollte. Sie tat beides zugleich und beides mit Unrecht. Anselmo, in der solchen Naturen eigentümlichen Verblendung, fühlte sich weder hoffnungslos noch verlassen, sondern jubelte, der Abhängigkeit von den wunderlichen Launen und knauserischen Bedenklichkeiten des Oheims los und ledig zu sein, und Ruggiero seinerseits hatte sich keineswegs der Hoffnung begeben, den Neffen zuletzt dennoch zu Paaren zu treiben, und harrte nur der Zeit, da der Bursche reif, das heißt gänzlich verkommen und völlig zerknirscht und daher genötigt sein werde, sich auf Gnade und Ungnade seinem Willen und seiner Führung zu ergeben. Für den Augenblick mußte er sich damit begnügen, Anselmos Benehmen von ferne zu beobachten, was ihm eben nicht schwer wurde, da sein Neffe, der letzten Fessel und der letzten Stütze ledig, nun rasch immer tiefer sank, und dafür Sorge trug, sich selbst und seinen guten Namen auf alle Weise an den Prange zu stellen. Als unablässiger Borger von seinen Standesgenossen gemieden, von seinen Gläubigern auf Schritt und Tritt verfolgt, trieb sich der Erbe der Malgrati in Verkleidungen aller Art in schmutzigen Kneipen und verrufenen Häusern unter Diebshelfern, Beutelschneidern und Gaunern jeder Gattung herum, bediente sich beim Spiel verdächtiger Würfel, zettelte aller Orten Schlägereien und Rufhändel an, und erwarb sich durch Schlauheit und verwegenen Mut unter dem Gesindel, das ihn umgab, zuletzt eine hervorragende Stellung, so daß binnen kurzem in Venedig kein Schelmenstück verübt wurde, das man nicht mit auf Anselmos Rechnung geschrieben hätte. Der zwar verunglückte, aber mit beispielloser Frechheit unternommene Versuch, eine Nonne aus dem Kloster der Karmeliterinnen zu Murano zu entführen, dessen, wie die Sage ging, Anselmo im Solde eines jungen Patriziers sich vermessen hatte und der plötzliche Umlauf von falschen Zechinen, deren Münzstätte in einem seiner gewöhnlichen Schlupfwinkel entdeckt wurde, bestimmte endlich die oberste Polizeibehörde der Republik, den Rat der Zehn, zu dem Beschlusse, die bisher gegen den vornehmen Frevler geübte Schonung aufzugeben und so bedenklichen Störungen der öffentlichen Sicherheit um jeden Preis ein Ziel zu setzen. Da man gleichwohl aus Rücksicht für Anselmos Namen und Geschlecht noch einen letzten Versuch machen wollte, die Sache ohne eigentliche gerichtliche Verhandlung beizulegen, so wurde Messer Ruggiero vor das Tribunal berufen, und ihm die Wahl freigestellt, für das künftige gesetzliche Verhalten seines Neffen mit Leib und Leben als Bürge einzustehen, oder zu gewärtigen, daß fortan mit aller Schärfe der Gesetze gegen den Schuldigen vorgegangen werde.


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